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Begegnung mit Mühlenbesitzer Eberhard Glatz


Der Mühlenbesitzer - Dipl. Ing. Eberhard Glatz1987 wurde die Mühle beim historischen Hochwasser der Schutter schwer in Mitleidenschaft gezogen. Eberhard Glatz ist stolz, dass die Wiederherstellung in vollem Umfang gelang und auch von der Architekturkammer Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde.

Meyer, Klaus: "Beispielhaftes Bauen 1981 - 1991 im Ortenaukreis" - Geroldsecker Land, Heft 35 - 1993, Seiten 168 - 169

Durch das Hochwasser der Schutter wurde das unter Denkmalschutz stehende Mühlengebäude 1987 zum Einsturz gebracht und sollte wieder aufgebaut werden. An gleicher Stelle wurde der Anbau, selbstverständlich alles in Holzkonstruktion zimmermannsmäßig zusammengefügt, erstellt. Pfosten, Riegel, Streben und Balken bestimmen das statische Gefüge.

Außenwände sind mit einer Deckelschalung geschlossen, soweit nicht kleinteilige, alte Fenster die Flächen unterbrechen. Das Dach ist wie das Hauptgebäude mit gebrauchten, alten Biberschwänzen, teils handgestrichen und mit Prägestempeln aus dem Jahr 1821, abgedeckt. Der Mühlenboden besteht aus kräftigen Holzbohlen aus feuchtigkeitsunempfindlichem Akazienholz.

Nachdem auch die Inneneinrichtung weitgehend wieder hergestellt wurde, steht, nach Auskunft von Experten, eine im Schwarzwald und wohl in ganz Deutschland einmalige kultur- und technikgeschichtlich bedeutsame Anlage hier in der Ortenau. Konzentriert befinden sich im neu entstandenen alten Mühlengebäude die Einrichtungen für Ölmühle mit Keilpresse, Kollergang und Ofen / Getreidemühle / Gerstenstampfe / zwei kleine Mühlen / zwei Wasserräder und nebenan im Hauptgebäude das Sägewerk mit Vollgatter und Hochgang mit Wasserradantrieb sowie einer Mosttrotte. Interessant sind die einzelnen Bauelemente aus Holz wie Zahnräder, Transmission und dgl., schlechthin ein Stück Kulturgeschichte aus der Mitte des letzten Jahrhunderts im Inneren und Äußeren.

Voraussetzung für die Konstruktion von Gattersägen war die Möglichkeit, die Drehbewegung zum Beispiel eines Wasserrades in die Schubbewegung der Säge umzuwandeln. Solche Mechaniken standen Ende des 15. Jahrhunderts zur Verfügung, zu dieser Zeit wurden die ersten Gattersägen gebaut. Zahlreiche Erfindungen und Verbesserungen an diesen Venezianer Sägen werden dem Universalgenie Leonardo da Vinci zugeschrieben. Um Wassermühlen auch an Wasserläufen mit wenig Wasser oder mit geringem Gefälle errichten zu können, ist es notwendig, die Kraft des Wassers zu verstärken. Die Fallhöhe des Aufschlagwassers wird vergrößert. Das Wasserrad wird seitlich auf Höhe der Welle (mittelschlächtig) oder von oben (oberschlächtig) mit dem Kraftwasser beaufschlagt. Die historische Mühle Glatz arbeitet mit mittelschlächtigem Aufschlag. Der Kollergang ist ein Mahlwerk zum Zerkleinern und zum Mischen von Steinen, Erzen, Papierrohstoffen oder Lebensmitteln. Ein bis zwei aufrecht stehende schwere Scheiben, die sogenannten Läufer, drehen sich auf einer Bodenplatte um eine senkrechte Achse und zermahlen so den Inhalt. Mechanischer Stampfmechanismus zum Einschlagen der Keile in die Ölpresse. An Daumen von der Welle gehoben fallen die Stempel auf die Keile und drücken das Pressgeschirr zusammen Der Begriff Getreidemühle umfasst alle technologischen Prozesse zur Gewinnung von pulverförmigen (mehlartigen) oder auch nur entspelzten oder gequetschten Produkten aus groben, festen pflanzlichen Stoffen, hier einerseits die Aufbereitung von Getreide zu Mehl, Grieß, Dunst und Schrot und andererseits im Rahmen der Schälmüllerei nur die Entspelzung des Getreidekorns

Dass sich ein Besuch der Historischen Mühle Glatz in Seelbach lohnt, schreibt uns Endrik Baublies von der Lahrer Zeitung im Juni 2014:

Lahrer Zeitung, 10.06.2014 - Endrik Baublies

Die Säge, der Mahlstein, der Kleiekotzer oder die Ölpressen zeugen von der glanzvollen Vergangenheit des heutigen Museums. Sie erzählen aber auch die Geschichte, wie mühsam die Vergangenheit einst war, die heute mitunter romantisch verklärt wird. Eberhard Glatz, der das Museum im Nebenberuf vertreibt, erklärte die aufwendige Art und Weise, wie hier gearbeitet wurde.

Beim Betrieb der Mühle wirken enorme Kräfte

Nachdem das gewaltige Mühlrad die Säge in Betrieb gesetzt hatte, erkannten die Besucher der Führung unschwer, welche Kräfte hier im Spiel sind. Dazu stellte Glatz fest, dass ein modernes Sägewerk die Menge Holz an einem Tag verarbeiten würde, die hier in Jahren verschafft wurde. In welchem Verhältnis Aufwand und Ertrag noch im vergangenen Jahrhundert standen, zeigte Glatz anhand eines Beispiels im Mahlraum. Dort sind ein Mahlstein, eine Ölpresse, die hölzerne Mechanik und der Kleiekotzer zu sehen. Dort wurde das gemahlene Getreide produziert. Wobei gemahlen hier relativ gesehen werden muss. Der heutige Besitzer erklärte den Gästen, dass ein Dutzend Mahlgänge notwendig waren, bis eine "Art Vollkornmehl" fertig war. Da das Mahlwerk aus weichem Sandstein besteht, den es in der Gegend gibt, enthielt das Mehl entsprechend Abrieb, der im Brot und zwischen den Zähnen landete. Ähnlich aufwendig verhielt es sich mit der Ölpresse. Das Schlagwerk konnte einen Druck bis zu zehn Tonnen aufbauen. Aus zehn Kilogramm von Hand geschälten Walnüssen gewannen drei Knechte und der Müller in zwei Pressgängen fünf Liter Öl. Dafür war ein halber Arbeitstag notwendig, das Schälen der Nüsse nicht mit eingerechnet. "Rechnen sie aus, was ein Liter Öl heute kosten würde", forderte Glatz rhetorisch seine Besucher auf. Dass Glatz, in dessen Familienbesitz die Mühle seit einem Jahrhundert ist, und der selbst die Mühle noch im Betrieb erlebt hat, von den früheren Mühen so nebenbei erzählt, hat aber noch einen anderen Grund. Im Jahr 1987 zerstörte ein Jahrhunderthochwasser der Schutter nicht nur die historische Mühle. "Ich habe meiner Frau schlüssig und überzeugend erklärt, dass wir in zwei Jahren mit der Renovierung fertig sind." Es wurden fünf Jahre daraus, bis das Museum etwa die heutige Form bekommen hat. Im Raum mit der gesamten Mahltechnik erklärte Glatz, was restauriert wurde und was erhalten werden konnte. "Es hat sich toll entwickelt", stellte Glatz fest. Er dankte ausdrücklich dem Landesdenkmalamt, dem Landratsamt in Offenburg und der Gemeinde Seelbach, die ihn unterstützt hätten. Aber: "Ein Museum ist niemals fertig".

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