Freiherr Joseph von Ried - Palais Ried Offenburg


Palais Ried - Gustav Rommel [Auszug: die Ortenau 1956 - S. 231 - 238]

Für seine von seinem Vater 1764 ererbten Güter bei Durbach setzte Joseph von Ried 1766 bei der Badischen Herrschaft durch, daß seine Meier auf den Höfen nicht "praegraviert"" werden sollten, worauf die Einquartierung von Soldaten zurückgezogen wurde. Schon in den 1760er Jahren besaß Exzellenz die in der Oberlausitz gelegenen drei Herrschaften Ratibor, Quoos und Bornitz, über deren Erwerb keine Nachrichten vorliegen. Vielleicht sind sie ihm für seine militärischen Verdienste im Siebenjährigen Krieg zugeteilt worden oder sie kamen von seiten seiner Gattin. Noch kurz vor seinem Tode überließ er diesen entfernt gelegenen Besitz käuflich seinem Bruder, dem Oberstleutnant Louis von Ried.

von Ried'sches Palais, heute Vinzentiushaus
von Ried'sches Palais, heute Vinzentiushaus

Im Jahre 1767 wollte Joseph von Ried das Rieß-Hofgut bei Fessenbach, das dem Kloster Gengenbach gehörte, erwerben, weil die Ritterschaft Ortenau das Losungsrecht darauf hatte. Es gelang ihm aber nicht trotz einer Audienz beim Kaiser. Das Kaiserliche Gericht sprach 1770 dem Kloster unter dem Abt Jacobus Trautwein den Besitz zu, den es schon seit 1684 innehatte. In Offenburg hatte sich Joseph von Ried nach dem Siebenjährigen Krieg und seiner Berliner Gesandtschaftszeit 1764/65 in der Nähe der Pfarrkirche ein Palais erbaut, das heutige noch wohlerhaltene Vinzentiushaus in der Kornstraße.

Das Anwesen erstand aus dem ehemaligen Haus des Oberamtmanns Solaty, das 1764 von Joseph von Ried nebst Küchengarten, Scheuer, Stallung und Weintrotte mit 880 Ohm Fässern erworben wurde. Es lag an der alten Stadtmauer beim Bollwerk "Schwarzer Hund". Auf diesem Haus ruhte die Verpflichtung, "einen brennenden Leuchter in der Pfarrkirche ewig zu erhalten. Ein weiterer Garten neben dem Haus wurde noch dazu um 300 fl. gekauft. Ferner erhielt der Feldmarschall-Leutnant vom Magistrat der Stadt ein Allmendplätzlein gegen gewöhnlichen Allmendzins sowie die Erlaubnis zur Abbrechung der inneren Stadtmauern gegen die untere Mühle zur Erbauung eines neuen Flügels des Gebäudes seitwärts gegen die alte, dabei zu erhöhende Stadtmauer.

Von dem Nachbarhaus des Domkapitels wurde der vorgebaute Kellerhals, der der Einfahrt zum von Riedschen Haus hinderlich war, vom Magistrat "hinwegerkannt", da das Domkapitel nie das Recht zu diesem Vorbau hatte. Das Palais selbst ist ein dreistöckiger Barockbau mit einem Portal von dorischen Säulen flankiert und mit gebrochenem Rundgiebel(36). Die Fenster gleichfalls mit gebrochenen Rundgiebeln unter Obelisken und Kugeln. Das Palais hat in den letzten Jahrzehnten im Innern manche Umänderung erfahren. Noch aber weisen in einigen Zimmern alte Tapetenreste auf die einstige vornehme Einrichtung hin. Gut erhalten ist die an der Hofseite liegende Holztreppe in Rocaille. Aus einem ehemaligen Saal ist heute die Hauskapelle geworden.

In dem geräumigen Hof sind mit der Zeit einige Um- und Anbauten entstanden.

Wappenstein vom ehemaligen Palais von Ried
Wappenstein vom ehemaligen Palais von Ried

Der Name des Baumeisters ist bis jetzt nicht bekannt. Da in den Jahren zuvor am Rathaus umgebaut und das Bezirksamt (Portalbau) vollendet wurde, könnte nach Stil und Gestaltung auf gleiche oder verwandte Urheberschaft geschlossen werden, wenn nicht der Offenburger Matthias Fuchs, der Erbauer des Ritterhauses u. a. m. in Frage kommt.

Auf dem Bollwerk "Schwarzer Hund" legte Joseph von Ried einen Lustgarten mit Orangerie und Treibhaus an und erhielt dazu vom Magistrat die Erlaubnis, vom Löwenbrunnen auf dem Fischmarkt unterirdische Deichel bis zu dem Garten legen zu lassen, um einen Springbrunnen einrichten zu können. von Ried verpflichtete sich, das Pflaster der Straße nach dem Legen der Deichel wieder instandsetzen zu lassen. Eine gleiche Leitung wurde auch vom Spitalbrunnen her gelegt. Diese besonderen Vergünstigungen seitens des Magistrats waren, wie es im Protokoll heißt, "leicht zu machen gegen einen großen General, der hiesiger Stadt vieles nützen könne". Zu dem Lust- und Ziergarten führt vom zweiten Stockwerk des Palais aus eine über die Straße gehende Brücke mit geschwungener Steintreppe. Den Eingang von der Straße bildet ein schmiedeeisernes Rocaille-Portal mit den gekrönten Initialen J. v. R. Der Garten schließt die Stadtmauer mit den zwei achteckigen Bastionen mit ein.

Verschiedene Bildhauerarbeiten, wie Sphinxe, Vasen, Statuen (sieben Genrefiguren des Wein-, Land- und Gartenbaues)(37), unbekannter Meister des 18. Jahrhunderts schmücken die Mauer. Die heute noch prächtige Anlage ist mit alten Bäumen bestanden. Das ganze Palais-Anwesen war nach 1779 im Erbgang an die von Blittersdorfsche und von Ritzsche Familie gekommen, schließlich von dem Ortenberger Schloßbesitzer von Bussiere erworben worden, von dem es an die Aktiengesellschaft Altersheim für 60 000 fl, überging. Im Jahre 1885 zogen die Vinzentius-Schwestern ein, die heute noch darin ihre segensreiche Tätigkeit ausüben.

Im Jahre 1773 hatte Exzellenz von Ried das hinten an sein Palais anstoßende Haus des Hafnermeisters Franz Anton Kienzle in der kleinen Kirchgasse für 450 fl. noch zu seinem Anwesen hinzugekauft. Der Verkäufer reservierte sich seinen Brennofen bis zur anderwärtigen Versetzung. Der große von Riedsche Haushalt erforderte zahlreiche Dienerschaft. Läufer und Kutscher, eigene Wagen und Pferde waren vorhanden neben anderem Personal. Zwei Adjutanten und ein Kanzlist sowie auch militärische Bedienung und Wache standen zu Gebote. Die Hauseinrichtung war entsprechend reich.

Als 1778 im Juli der Weihbischof in Offenburg anwesend war, erbat sich der Magistrat der Reichsstadt den Koch Fuchs von der Frau Exzellenz aus zur Gastierung des hohen geistlichen Herrn. Der Koch machte Vorschläge für ein Mittag- und Abendessen und reiste deswegen alsbald mit dem Stättmeister Witzel nach Straßburg zum Einkauf. Zur Galatafel stellte Frau von Ried auch die Tafelaufsätze zur Verfügung. Damals suchte der Adjutant von Exzellenz, Hauptmann von Grün(38), namens seines Herrn beim Magistrat um die Erlaubnis nach, daß vier Mann des Kaiserlichen Werbekommandos Offenburg als ständige Posten das von Riedsche Palais bei Tag und Nacht bewachen.

Offenburg, Schmiedeeisernes Torgitter am Vinzentiusgarten aus "Badische Heimat" 1935
Offenburg, Schmiedeeisernes Torgitter am Vinzentiusgarten aus "Badische Heimat" 1935

In der Reichsstadt Offenburg gehörte die Familie von Ried zur ersten der zehn Zünfte, der Konstabler-Zunft oder adeligen Gesellschaft, in der auch der Stadtmagistrat, die Gelehrten und Künstler sowie angesehene Bürger ohne Profession aufgenommen waren.

Vinzentiusgarten. Der Flötenbläser, Rokokoplastik aus "Badische Heimat" 1935
Vinzentiusgarten. Der Flötenbläser, Rokokoplastik aus "Badische Heimat" 1935

Als im Jahre 1766 / 67 von den Ritterkantonen die Stellung von Rekruten verlangt wurde, beauftragte der Feldmarschall-Leutnant seinen Adjutanten Oberleutnant Hamer mit der Rekrutenwerbung in der Ortenau, der in kurzer Zeit bei 60 fl. für den Mann und zehnjähriger Kapitulation 15 Rekruten für die Ortenauer Ritterschaft zusammenbringen konnte. Gleichwohl beschwerte sich Joseph von Ried im folgenden Jahr 1768 bei dem Ritterschaftsdirektorium, daß in den Ritterschafts-Dörfern, z. B. in Meißenheim, Wittenweier und Rust, den fremden, besonders den preußischen Werbern mehr Vorteil beschafft werde als den kaiserlichen. Er bat die Ritterschaft, Verfügungen zu erlassen, daß des Kaisers als des Reiches Oberhaupt Werbung vor andern vorzüglich zu begünstigen sei. Es bestanden damals in Offenburg ein kaiserliches und ein preußisches Werbekommando. Werbungen anderer Staaten waren in Baden im allgemeinen nicht zugelassen. Zum Abtransport seiner Rekruten stellte schon 1765 die Stadt Offenburg dem Feldmarschall-Leutnant vier Kontingents-Soldaten zur Verfügung.

Vinzentiusgarten. Das Mädchen mit den Früchten, Rokokoplastik aus "Badische Heimat" 1935
Vinzentiusgarten. Das Mädchen mit den Früchten, Rokokoplastik aus "Badische Heimat" 1935

Unterm 18. September 1771 ernannte Kaiser Joseph II. den Feldmarschall-Leutnant und Wirklichen Geheimen Rat Joseph von Ried zum Kaiserlichen bevollmächtigten Minister im schwäbisch-fränkischen Kreis, akkreditiert am markgräflich-badischen Hof an Stelle des Grafen von Wellsberg(39).

Kurz darauf, am 21. Oktober, starb Markgraf August Georg von Baden-Baden ohne männliche Erben, und sein Land fiel dem Erbvertrag von 1765 gemäß an Baden-Durlach. Nun überreichte der neuernannte Kaiserliche Minister und Gesandte Joseph von Ried sein Beglaubigungsschreiben zu Karlsruhe an Weihnachten 1771 dem Landesherrn der vereinigten Markgrafschaften, Karl Friedrich.

Durch den Tod des Markgrafen August Georg war aber’ die Landvogtei Ortenau als Lehen wieder an das Erzhaus Österreich heimgefallen, und die Reichsstadt Offenburg kam dadurch unter den Schutz von Österreich. Offenburg blieb nach wie vor der Wohnsitz des Feldmarschall-Leutnants, Ministers und Wirklichen Geheimen Rates Joseph von Ried. Sein zu Mantua liegendes italienisches Linien-Infanterieregiment Nr. 48, das er als Oberst-Inhaber seit 1765 hatte, vertauschte er nach dem Tode des Markgrafen August Georg von Baden-Baden mit dessen Infanterieregiment Baden Nr. 23, das gleichfalls in Mantua stand. Dieses Regiment trug dann den Namen General von Ried bis zum Jahr 1809.

Als im Jahr 1772 die Besetzung der katholischen Stelle eines "General-Feldmarschall-Leutnants des Römischen Reiches" in Frage stand, wozu die Abstimmung der gesamten höchsten Reichsstände nötig war, bat Joseph von Ried den Markgrafen Karl Friedrich um dessen Stimme, die ihm auch zugesagt wurde, nachdem der ursprünglich für die Stelle vorgesehene Fürst Carl Thomas von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg zugunsten von Rieds verzichtet hatte. Auch die Reichsstadt Offenburg gab ihre Stimme für den einheimischen Joseph von Ried ab, "nit nur ohne weiteres, sondern auch wo es möglich, noch mehrere allenfalls ohninstruierte Stimmvertreter zu dessen Favor zu bewegen, damit dieser hochverdiente Herr hierunter werktätig bedenket werde". Freiherr Joseph von Ried erhielt diese bevorzugte hohe Stelle, und die Ortenauer Ritterschaft sandte ein Glückwunschschreiben.

Anmerkungen:
36.) Im Stadtmuseum Offenburg ist der große barocke Wappenstein aufgestellt, der einst das Portal zierte. Er zeigt die Allianzwappen Josephs von Ried und seiner ersten Gemahlin Maria Anna Dettina von Pivoda (siehe Abbildung).  
37.) Heute Kopien. Die Originale stehen im Stadtmuseum.  
38.) Hauptmann Joh. Gg. Heinrich von Grün aus Klingensporn in Franken, langjähriger erster Adjutant des Feldmarschall-Leutnants von Ried, heiratete 1769 in Offenburg Maria Antoinette Goll, Tochter des bischöflichen Straßburger Amtmanns Franz Remigius Goll in Oberkirch. Von Grün erbaute 1772 das Haus, Langestraße 23, in dem später die Bezirksforstei und die Bauinspektion untergebracht waren. Er wurde am 11. Juli 1777 vom Fürsten Jos. Wenzel von Fürstenberg mit dem Prädikat von Grünfeld in den Adelsstand erhoben. Wappen: Schild vierteilig, in zwei Feldern je zwei Löwen und zwei Hörner, Helmzier: zwei Hörner und Löwen mit Lorbeerkranz.  
39.) Großherzogliches Haus- und Staatsarchiv Karlsruhe, VI. Schwäbische Kreisakten, Gesandtschaftssachen, Faszikel 852.  

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