Von Bodeck und die Oppenauer Bürger - Oberkirch um 1700


Geschichte des Oppenauer Tales - Seiten 352 / 353

Diese Ausarbeitung wurde um 1950 vom damaligen Ratschreiber Josef Börsig aus den Archivunterlagen seines Vorgängers Josef Ruf und aus eigenen Rechercheergebnissen erstellt.

Nicht weniger schroff als unter Herzog Friedrich von Württemberg sollten dazu im Frühjahr 1700 die neuen Maßregeln durchgeführt werden. So waren auch ihre Wirkung und ihr Erfolg keine anderen, wobei noch merkwürdig ist, dass Württemberg bei dem Unternehmen auch den bewaffneten Arm lieh. Der Unwille der Bevölkerung machte sich in Unruhe und Zusammenrottung Luft und richtete sich vor allem gegen den Oberkircher Obervogt Johann Evangelist von Bodeck und Ellgau – sein Wappen mit der Jahreszahl 1701 findet sich noch am Oberkircher Amtshaus –, in dem man, indes die Regierung ja weit weg in Zabern und Kardinal Wilhelm Egon damals in Paris abwesend war, den Hauptschuldigen sah.

Nicht mit Unrecht, denn Freiherr von Bodeck war es auch der von dem ihm befreundeten Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg 700 bis 800 Mann Truppen anforderte, mit denen die Oppenauer ihr Städtchen eines Morgens unversehens besetzt fanden. Die Bauern und Bürger hatten dem Militär - während "doch Oppenau. ein stattlicher Pass in das Reich seye", wie sie dem obersten Reichsgericht mit deutlicher Spitze gegen den ausländischen Sitz der Landesherrschaft nachher klagten und dabei klug die Interessen des Reiches einspannten - die Gewehre abzuliefern; die Einwohner des Städtchens aber hatten die Soldaten nicht nur zu unterhalten, sondern jedem Mann auch noch 5 Batzen für den Tag zu verabreichen.

Ob Bodeck die Anwesenheit der Truppen wirklich für notwendig erachtete, um größere Ausschreitungen hintanzuhalten oder ob er darin mehr eine günstige Gelegenheit erblickte, die Talbewohner mit ihrer Hilfe den neuen Vorschriften gefügig zu machen, ist nicht ganz klar. Jedenfalls erreichte er so, dass die Bewohner des Städtchens, die die Besetzung auszuhalten hatten, sich damals vollends auf die Seite der Bauern stellten und sich das Tal in der Abwehr "der allerhand einführende scharffe Befehl", wodurch sein "altes Herkomen, Freyheit, Brauch und Gewohnheit... wo nicht gar abgetan so doch geschwächet" worden, einig fand. Es erbat sich gegen von Bodeck und den Herzog von Württemberg bis zum gerichtlichen Austrag seiner vor dem Reichsgericht in Wetzlar angestrengten Klage in Gestalt eines kaiserlichen Geleitbriefs eine einstweilige Verfügung, da die Bürger eingeschlossen und an der Wahrnehmung ihrer Rechte und Obliegenheiten gehindert seien.

Der kaiserliche "Salvus Conductus" für die "Lieben, Getreuen, sämtliche Burgere und Eingesessene zu Oppenau" erging am 30. Oktober 1700, und die Oppenauer versäumten nicht, ihn sogleich drucken zu lassen und zu verteilen. Kaiser Leopold verbot darin dem Herzog Eberhard Ludwig, seinem "lieben Vetter und Fürsten", jede Art Rechtswidrigkeit durch die Truppen, ohne indes einen Befehl zu ihrer Wegnahme zu geben.

Inzwischen waren von Oppenau aus Beschwerden nach Zabern wie nach Paris gegangen. Die Klage vor dem höchsten Reichsgericht in Wetzlar zählt die Anklagepunkte auf, ohne der Misshandlung eines Anführers, des Schlossers Georg Armbruster, durch die Soldaten zu vergessen. "Burger und Hintersaßen" klagten die fürstbischöfliche Verwaltung, vertreten durch von Bodeck - die Abwesenheit ihres "Schirmherrn", des Bischofs, ist nur nebenbei erwähnt - der Verletzung ihrer alten Rechte an, worunter neben Einschränkung und herrschaftlicher Auflage der Waldnutzung, sowie Entzug der Jagdrechte, auch die Lostrennung des Vordergetöses vom Oppenauer Gericht durch die fürstbischöfliche Regierung aufgeführt wird.

Früher sei außerdem, so wird geklagt, ein Amtshaus in Oppenau gewesen und darin ein Vogt, und sogar in Malefizgerichtssachen habe das Zwölfergericht selbst Recht geschöpft; jetzt sei anstelle des Vogtes ein Schultheiß gesetzt, das Richten und Hubspruchurteilen abgeschafft, das Amtshaus verkauft und der Bürgerausschuss aufgelöst. Die Talbewohner sollten jetzt sogar [für die Herrschaft] Handfronen leisten, was im Hintertal niemals Herkommen gewesen sei. Sie verweisen auf die Formel "Dieß sprechen die Huber zu recht" in dem, neben einer ganzen Reihe rottweilischer Urkunden und der Weistümer, auch beigefügten Hubrecht und unterlassen nicht, gegen die anderen fürstbischöflichen Gerichte zu unterscheiden, sie seien selbst "freye leüthe, seindt auch nicht eigen leüth einer Stift Straßburg, sondern stehen in Schirm Unserer Herrn von Straßburg". Erbitten sie dann aber im gleichen Atemzuge doch wieder die Hilfe des höchsten Reichsgerichts "als baadische Lehens Leuthe und Reichs Unterthanen extra Imperium", so suchen sie damit ihre Schutzbedürftigkeit gegenüber ihrer "Schirmherrschaft" als einer gewissermaßen fremden Gewalt anderseits desto eindringlicher zu machen.

Über die grundherrliche Zugehörigkeit der Stadt zum Bischof ist bei dieser Bezugnahme, in der zugleich der Einfluss der hinter den markgräflichen Bauern stehenden Adeligen zu spüren ist, hinweggesehen. Wieder einmal hatte das Tal, was auszunützen stets nahe lag, die beiden Herrschaftsgewalten widereinander ausgespielt.

Der Streit hatte mit der Zurückziehung der württembergischen Besatzung die vorübergehende Beurlaubung Bodecks zur Folge. Der Oppenauer Schultheiß Christoph Fischer, dessen Rücktritt oder Entlassung die Talbewohner von der fürstbischöflichen Regierung gefordert hatten, weil er sie "beschimpfe und schände", wurde abgelöst und zunächst nochmals durch den Badwirt Johann Adam Goll, bald darauf schon aber durch Leonhard Bartmann ersetzt.

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