Das Schloß Gaisbach

Das Schloß Gaisbach - Bertha Freifau von Schauenburg - die Ortenau 1934 - 270/272

Schloß Gaisbach, seit Menschengedenken im Besitze der Freiherren von Schauenburg, liegt in der Mitte des Dorfes Gaisbach zu Füßen der Ruine Schauenburg, mit der es von jeher eine Einheit bildete. Es ist ein Neubau bzw. Umbau aus dem Jahre 1870. Aus einem älteren Verwaltungsgebäude wurde das Schlößchen durch Veränderung und Anbauten in neugotischem Stil hergestellt


Schon 1351 werden im Gaisbach "Trotte" und "Scheuer" als Besitz eines Herrn von Schauenburg genannt. Wahrscheinlich an der Stelle, wo das jetzige Schloß steht, ist die erste Ansiedlung des kleinen Tales überhaupt zu suchen; vielleicht bewachte hier im Mittelalter ein zur Schauenburg gehörendes Vorwerk den Taleingang Urkundlich lag hier das Wirtschaftsgebäude für die Burg; geräumige Keller dienten zur Aufnahme der Weinzehnten. Es war zugleich Verwaltungssitz, Schaffnei der Grundherrschaft Gaisbach und die obere Gastwirtschaft des Dorfes.

Im 16. Jahrhundert trennten sich die Freiherren von Schauenburg in zwei Linien; sie teilten ihren auswärtigen Grundbesitz und den Burgwald in zwei Hälften. Die Feste Schauenburg blieb gemeinsames Eigentum sowie die grundherrschaftlichen Rechte in Gaisbach, dazu kam das von einer Mauer umschlossene Gebiet der Verwaltungsgebäude von circa 1 Hektar. Aber auch dieser Komplex wurde durch ein Mäuerchen quergeteilt, so daß nun zwei getrennte Wirtschaftsgebäude bestanden: der obere Hof, jetziges Schloß, und der untere Hof, das "untere Haus" genannt. Erst dem 19. Jahrhundert war es vorbehalten, alle Gebäude wieder in einer Hand zu vereinigen.

Über dem rundbogischen Kellertor des Schloßgebäudes ist in Stein gehauen das Schauenburgische Wappen und die Jahreszahl 1713. Demnach ist der Bau in diesem Jahre renoviert worden. Vermutlich war das alte Haus im Pfälzer Erbfolgekrieg der Zerstörungswut der Franzosen zum Opfer gefallen, denn das Innere des Hauses, wie es vor dem letzten Umbau 1870 war, stimmt nicht mit den Beschreibungen überein, die uns aus dem 17. Jahrhundert von der Hand des Dichters und Schaffners Joh. Jacob von Grimmelshausen erhalten sind. Wo das berühmte Schreibstübel war, in dem er seine Werke schrieb, läßt sich nicht mehr feststellen. Grimmelshausen, als Verwalter der Freiherren von Schauenburg, hat im Jahre 1656 dieses Haus als Schaffnei und Wirtschaft übernommen. Hier verfaßte er seine Gaisbacher Polizeiordnung, die für die damalige Handhabung der niederen Gerichtsbarkeit außerordentlich interessant ist.

Das untere Haus hat seine alte, unscheinbare Gestalt bewahrt. Das angeschlossene Trotthaus ist aus dem 17. Jahrhundert, enthält eine große Halle, die ein Saal für Gerichtssitzungen gewesen sein mag. An der Wand sieht man in Fresko gemalt die Wappen des Hans Reinhard von Schauenburg, des Kommandanten Offenburgs im Dreißigjährigen Kriege, und seiner Gemahlin Bonn von Wachenheim und einige Reste von Malerei, die eine Justitia mit der Waage andeuten sollen. Eine buntgemalte Holzsäule im Renaissancestil trägt das Gebälk. Die Jahreszahl 1661 ist an der Außenwand und 1619 an dem danebenstehenden Gartentörchen zu lesen. Die in die Gartenmauern eingelassenen Schießscharten werden kaum jemals zur Verteidigung von Schloß Gaisbach gedient haben; und die Steinkugeln stammen von der Schauenburg und wurden vermutlich im 17. Jahrhundert, als die Herren von Schauenburg die ihnen lästige Pflicht der Erhaltung der alten Burg auf Schloß Gaisbach übertragen ließen, hier eingemauert. Neben dem unteren Tor steht noch ein jetzt ungedeckter Turm. Wahrscheinlich war er das Ortsgefängnis, "das Käfig", das nach einer Urkunde aus dem 17. Jahrhundert baufällig war und mit "allen Bequemlichkeiten" erneut werden sollte.

Schloß Gaisbach enthält eine schöne Sammlung von Altertümern, vornehmlich Ausgrabungen aus der Schauenburg. Im Gartensaal des Schlosses sind eingemauert zwei romanische Bodenfließe, einen schreitenden Löwen darstellend, stammend aus der alten Kirche in Oberkirch; ein gotischer Türsturz aus Sandstein von der Burg Windeck mit den Wappen Schauenburg und Windeck; ein kreisrunder Schlußstein aus der alten Gaisbacher St. Jörgenkapelle mit spätgotischem krausem Blätterwerk und den vier Wappen: Sickingen, Schauenburg, Landschad, Neuneck ein Wappenstein, vom Haupttor der Schauenburg stammend, mit Inschrift 1423; ein kleines Epitaph (Sandstein) mit dem Allianzwappen des Philipp Wezel von Marsilien und der Claranna Calwe von Schauenburg; der Stein war als Altarstein umgestürzt in der Kirche von Lautenbach verwendet gewesen, die Figur des Calwischen Adlers ist wunderschön erhalten.

Hilfsmittel: Schauenburger Archiv in Gaisbach.

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