Der Kinzigtäler Bergbau - Eine Zusammenfassung über Gesichertes und Ungesichertes - Günther Knausenberger - die Ortenau 2001 - S. 157 ff.


Seit wann in unserem Raum Bergbau betrieben wird, kann uns bis heute leider niemand sagen. Die Literatur seit der Römerzeit berichtet nicht über den Bergbau. So können wir nur die Bodenfunde befragen. Dabei müssen wir jedoch bedenken, daß viele Spuren des frühen Bergbaus längst durch später an diesen Stellen umgegangenen Tätigkeiten zerstört worden sind. Wie schnell solche Zerstörungen vor sich gehen, konnte man in den vergangenen Jahren immer wieder bemerken. So sind einige Stollenmundlöcher, die noch vor zwei Jahrzehnten offenstanden, heute nicht einmal mehr an irgendwelchen Merkmalen erkennbar. Sie sind spurlos verschwunden. Und wer aufmerksam durch unsere Heimat wandert, hat vielleicht schon bemerkt, wie kleinere und größere Mulden mit dem Abfall der Waldbewirtschaftung, den Ästen und Zweigen aufgefüllt wurden (Abbildung 1). 

Abbildung 1: Pingen am Hohberg bei Wolfach, z. T. mit Reisig angefüllt
Abbildung 1: Pingen am Hohberg bei Wolfach, z. T. mit Reisig angefüllt

Abbildung 2: Vergittertes Stollenmundloch des mittleren Wolfgangstollens in Alpirsbach
Abbildung 2: Vergittertes Stollenmundloch des mittleren Wolfgangstollens in Alpirsbach

Viele dieser Mulden waren einst die letzten Spuren des Bergbaus, also zugefallene Stollenmundlöcher oder Schachtpingen. Auch die zugehörigen Halden vor und unterhalb der einstigen Stollen sind oft schon eingeebnet worden oder dienten als Schottermaterial für den Straßenbau. Einige Stolleneingänge sind nur vergittert, bleiben aber geöffnet, damit die Fledermäuse ein Domizil finden (Abb. 2). Mineraliensammler sollten sich nach anderen Veröffentlichungen richten, z. B. in der Zeitschrift des Vereins der Freunde von Mineralien und Bergbau Oberwolfach e.V. "Der Erzgräber".

Gab es nun in unserem Raum schon in vor- oder frühgeschichtlicher Zeit Bergbau? Haben wir irgendwelche Möglichkeiten, wenigstens einigermaßen sichere Kenntnisse von einem so frühen Bergbau zu erlangen? Erst in den 1930er Jahren hat man bei uns begonnen, diese alten bergbaulichen Tätigkeiten wissenschaftlich zu erforschen. Man begann damit zunächst im Südlichen Schwarzwald. Dabei konnte man steinzeitlichen Bergbau auf Hämatit (Roteisen) vor 7000 Jahren nachweisen(1). Auch einen Untertagebau auf Silex (Feuerstein) für die Anfertigung der damaligen Werkzeuge stellte man beim Isteiner Klotz fest(2). Dort wurde in zwei Stollen gegraben. Dürfen wir nun von diesen Feststellungen auch auf zu erwartende Nachweise im Kinziggebiet schließen?

Abbildung 3: Tagebau-Pingen im Giesental bei Reichenbach
Abbildung 3: Tagebau-Pingen im Giesental bei Reichenbach

Ich denke, daß wir gewisse Schlußfolgerungen ziehen dürfen. Doch beweisen lassen sich diese naturgemäß noch nicht. Einige vorsichtige Überlegungen seien mir hier gestattet. Wenn schon in der Steinzeit nach dem roten Farbstoff gegraben wurde, wenn die Menschen jener Zeit das Grundmaterial für ihre Werkzeuge bergmännisch gewannen, dann haben sicher auch die Menschen der Bronzezeit für die Gewinnung der Bronze das dafür nötige Kupfer und Zinn bei uns abgebaut. Die Kelten jener Zeit haben nicht nur ihre Werkzeuge und Waffen aus Bronze hergestellt, sie verarbeiteten dieses Material auch zu wundervollen Schmuckgegenständen. Ja sie benützten schon das Gold nicht nur als Schmuck, sondern auch als Münzmetall. Wir kennen ja die sog. Regenbogenschüsselchen, die einseitig geprägten und daher seitlich hochgewölbten Geldstücke. Und diese Kelten sollen keinen Bergbau betrieben haben? Und als die Eisenzeit um das Jahr 800 v. Chr. bei uns begann, wurde sicher auch das Eisen bei uns abgebaut. Nur an welchen Stellen dieser Abbau im Kinziggebiet stattfand, konnte noch nicht festgestellt werden. Vielleicht geschah dies bei den an die Erdoberfläche tretenden Eisenerzvorkommen von Reichenbach-Diersburg-Zunsweier [20] (Abb. 3).

Gesicherte Kenntnisse über keltischen Eisenerz-Bergbau liegen uns im Raum Ringsheim vor. Dort wurden die Eisen-Oolithe dieser Gegend verarbeitet.

Abbildung 4: Keltische Opferschale beim Hauenstein (Hornberg)
Abbildung 4: Keltische Opferschale beim Hauenstein (Hornberg)

Man mußte also nicht lange nach den Erzen suchen(3). Auch fand man in einem Grab des 6. Jahrhunderts v. Chr. einen Brocken geschmolzenen Eisens(4). Damit ist zwar bewiesen, daß die Kelten bei uns Bergbau betrieben haben, doch wissen wir damit noch immer nicht, ob dies auch im Kinzigtal geschehen ist. Wir müssen also warten, bis auch in unserem Raum entweder montanarchäologische Ausgrabungen durchgeführt werden oder eine Zufallsentdeckung uns neue Erkenntnisse schenkt.

Der Schwarzwald war nicht so unzugänglich, wie das immer wieder behauptet wird. Natürlich war es ein bewaldetes Gebirge. Aber es war sicher kein so dichter Urwald, daß die Menschen der Frühzeit ihn nicht hätten durchstreifen können. Aus dem Triberger Raum kennen wir jungsteinzeitliche Funde, die sogar auf eine echte Besiedelung schließen lassen(5). Auf dem Flachenberg (Gemeinde Mühlenbach) wurden ebenfalls Steinzeitgeräte aufgefunden(6).

Daß die Kelten schon in der Bronzezeit im Mittleren Schwarzwald anwesend waren, zeigen z. B. der große Grabhügel Magdalenenberg bei Villingen und die zahlreichen "Opferschälchen" im Gebiet zwischen dem Hauenstein bei Hornberg-Niederwasser und Schonach (Abb. 4). Auch die 4 km nordwestlich von Villingen nachgewiesene Siedlung(7) aus der Zeit, in der der Magdalenenberg als Begräbnisstätte diente (6. Jh. v. Chr.), deutet darauf hin, daß der Schwarzwald auch von Osten her schon in der Bronzezeit besiedelt wurde. Diese Siedlung lag nur wenige 100 m entfernt vom Uhufelsen, bei dem alte Bergbauspuren auf frühen Bergbau zur Eisengewinnung hinweisen. Wir können sicher davon ausgehen, daß damals hier die Kelten nach Eisenerz schürften.

Aus der Hallstattzeit - dem ersten Abschnitt der Eisenzeit (etwa 800 - 400 v. Chr.) - haben wir leider noch keine Belege für Besiedlung und Bergbau in unserem Raum. Doch ist es sehr wahrscheinlich, daß beides weiterging, denn die Kenntnisse der vorhergehenden Zeiten werden ja nicht einfach vergessen. Die ersten sicheren Nachweise über einen Bergbau in unserer Gegend haben wir aus der sich anschließenden Latènezeit. In Reichenbach bei Lahr [23] konnte ein Erz-Schmelzplatz entdeckt werden, der etwa von 200 v. Chr. bis 190 n. Chr. in Betrieb war(8). Nur wenige Kilometer oberhalb - bei Wittelbach - muß eine weitere Schmelzhütte gestanden haben. Aus der tiefen Lage der blauen Schlacken einer Blei-Silber-Verhüttung muß man auf ein hohes Alter schließen. J. Leiber denkt an ein keltisch-römisches Alter(9).

Gerade diese Zeit war von enormen Umwälzungen geprägt: Erst sickerten die Alamannen in dieses keltisch bewohnte Gebiet ein, dann überschritt Ariovist mit seinem Heer den Rhein, um den jenseits wohnenden Sequanern gegen deren Nachbarn, die Häduer, zu Hilfe zu eilen. Nach seinem Sieg über die Häduer siedelte er seine Alamannen im Elsaß, in der Pfalz und in Rheinhessen an. Ein Hilferuf der Häduer an Caesar, den römischen Feldherrn, veranlaßte diesen, einzugreifen und damit seinen Gallischen Krieg zu beginnen. Er besiegte Ariovist bei Mühlhausen (Mulhouse) im Jahre 58 v.Chr, so daß dieser sich mit seinem Heer über den Rhein zurückziehen mußte. Um 50 n. Chr. überschritten nun auch die Römer den Rhein und besetzten das rechtsrheinische Gebiet, die "agri decumates", bis an den Limes, den Grenzwall, der sich von Miltenberg am Main bis zur Donau bei Kehlheim hinzog. Nur 6 km vom Reichenbacher Schmelzplatz entfernt entstand eine größere römische Siedlung bei Lahr-Dinglingen, wo mehrere Töpferöfen in Betrieb waren(10). Von dieser Siedlung führte eine wichtige Verbindungsstraße über den Paß beim Schönberg ins Kinzigtal, also am Reichenbacher Schmelzplatz vorbei.

Die dort verhütteten Erze stammten wahrscheinlich nicht nur vom in der Nähe liegenden Michael-Silbereckle-Gangzug, sondern wahrscheinlich auch von Prinzbach, da dort römische Anwesenheit nachgewiesen ist, aber keine Verhüttungsspuren aufzufinden waren. Die in Prinzbach [17] gefundenen Römischen Münzen stammen aus der Regierungszeit des Kaisers Hadrian (117 - 138 n. Chr.)(11) und seiner Nachfolger. Man darf wohl mit Sicherheit davon ausgehen, daß den Römern die dortigen Blei- und Fahlerzvorkommen mit ihrem nicht unwesentlichen Silbergehalt bekannt waren. Es führte ja auch die wichtige Militärstraße (ab 73 / 74 n. Chr, angelegt) von Straßburg (Argentorate) nach Rottweil (Arae Flaviae) knapp nördlich von Prinzbach vorbei. 

Kinzigtäler Bergbau
1 Grube Clara, Oberwolfach
2 Grube Friedrich-Christian, Wildschapbach
3 Grube Sophia, Wittichen
4 Grube St. Anton, Heubach
5 Grube Herzog Friedrich-Neuglück, Reinerzau
6 Gruben Wolfgang und Eberhard, Alpirsbach
7 Hohberger Revier
8 Grube Wenzel, Oberwolfach
9 Grube Johannis Segen, Gutach
10 Grube Erzengel Gabriel, Hausach-Einbach
11 Grube St. Bernhard, Hausach-Hauserbach
12 Grube Ludwig im Adlersbach
13 Grube Bergmanns Trost, Welschbollenbach-Baberast
14 Grube Segen Gottes, Haslach-Schnellingen
15 Grube Otto, Unterharmersbach-Schottenhöfe
16 Grube Silberbrünnele, Gengenbach-Haigerach
17 Grube St. Mauritius, Prinzbach
18 Grube St. Michael, Reichenbach-Weiler
19 Grube Silbereckle, Reichenbach-Gereut
20 Gangzug Zunsweier-Diersburg-Reichenbach
21 Steinkohlengruben Berghaupten-Hagenbach-Diersburg
22 Achatfundplätze am Geisberg bei Schweighausen
23 Schmelzplatz bei Reichenbach

Auf ihr herrschte damals reger Verkehr, war es doch die wichtigste Verbindung vom Legionslager Argentorate an die Donau. So wurde bestimmt auch in der Umgebung dieser Straße nach Erzvorkommen gesucht. So ließen sich am Kahlenberg Spuren des römischen Bergbaus nachweisen(12). Ebenso konnte bei Kenzingen ein Verhüttungsplatz nachgewiesen werden(13). Und vom Osten her drangen die Römer ebenfalls weit in den Schwarzwald vor. Das beweist u. a. der Reliefstein vom Hirzwald (bei St. Georgen), der 1932 aufgefunden wurde, und der in der römischen Zeit entstanden ist(14).

Daß der Reichenbacher Schmelzplatz während der keltischen, alamannischen und römischen Zeit ungestört in Betrieb war, zeigt uns deutlich, wie wichtig solch eine Anlage auch für Eroberer oder Besatzer war. Ob nun Alamannen oder Römer die keltischen Arbeiten übernommen und fortgesetzt haben, oder ob sie die Kelten haben weiterarbeiten lassen, ist zweitrangig. Jedenfalls gingen die technischen Kenntnisse nicht verloren.

Die Römer mußten schließlich wieder den Alamannen weichen, die 260 n. Chr. den Limes durchbrochen hatten und nun das Land, das sie über 300 Jahre zuvor schon zum Teil besiedelt hatten, wieder in Besitz nahmen. Kurze Zeit danach überschritten auch wieder Teile von ihnen den Rhein und bewohnten das größtenteils immer noch alamannisch bewohnte Gebiet des Elsasses endgültig. Zwar versuchten die Römer immer wieder, die Alamannen zu vertreiben, doch mußten sie im Jahre 405 endgültig auf die Herrschaft über dieses Gebiet verzichten(15).

Aus dieser Anfangszeit der alamannischen Landnahme fehlen uns fast alle schriftlichen Quellen. Natürlich sorgte ein sich gerade ansiedelndes Bauernvolk zunächst um Wohnung und Ackerland. Für die landwirtschaftlichen und häuslichen Geräte jedoch wurde Eisen benötigt, und für den Schmuck suchte man sicher auch noch Silber und Gold. Überliefert aber ist uns darüber aus dem 3. bis 5. Jahrhundert nichts. Wir kennen nur die eisernen Geräte und Waffen und ihren Schmuck aus zahlreichen Gräbern. Dies alles aber setzt ein Mindestmaß an Bergbau voraus.

Den Alamannen scheint jedoch das Kinzigtal nicht unwichtig gewesen zu sein. Sonst hätten sie nicht am Taleingang auf zwei Bergvorsprüngen bei Ortenberg (Kügeleskopf) und gegenüber Ohlsbach (am Geißkopf) Schanzen angelegt, deren Funde auf das 4. und 5. Jahrhundert hinweisen(16). In Prinzbach jedenfalls wurden eiserne Münzen aus dem 5. bis 7. Jahrhundert gefunden(17). Ein Hinweis darauf, daß schon in der ersten Siedlungszeit der Alamannen, der Völkerwanderungszeit, Bergbau zumindest auf Eisen erfolgt ist. Schmelzplätze aus dem 6. bis 9. Jahrhundert fanden sich im Raum Orschweier-Kippenheim. Das Erz stammte vom Kahlenberg bei Ringsheim (heute eine mächtige Mülldeponie)(18). Ob auch im Raum von Prinzbach Schmelzplätze für Eisenerz lagen, konnte noch nicht bestätigt werden. Doch ist dies naheliegend, da sowohl die Eisenvorkommen entlang der Schwarzwaldrandverwerfung zwischen Reichenbach und Diersburg [20], als auch die am Hornkopf bei Zell am Harmersbach nicht weit entfernt liegen.

Ein weiterer Hinweis auf bei uns erfolgten Bergbau liefert uns Otfried von Weißenburg(19), ein im nördlichen Elsaß beheimateter Mönch in seinem fünfbändigen Evangelienbuch. Er schreibt darin, daß in Franken, also im karolingischen Reich, zu dem auch Alamannien gehörte, "Erz und Kupfer, Eisen und zur Genüge Silber" gewonnen würden, und daß Gold aus den Flußsanden gewaschen würde. Damit waren sicher nicht nur die Vogesen und der Rhein gemeint. Aber das läßt uns wieder nur auf hier erfolgten Bergbau schließen, doch kennen wir damit noch immer keinen Abbauplatz.

Im 9., 10. und 11. Jahrhundert wurden in Bollschweil (südlich von Freiburg) Blei, Silber und Kupfer erschmolzen. Der zugehörige Bergbau muß in der Nähe geschehen sein. Urkundlich wurden 1028 von Kaiser Konrad II. dem Bischof von Basel Silbererzgänge und Silberbergwerke verliehen, die in diesem Raum lagen.(20) Wir haben zwar noch immer keinen Beweis für hier erfolgten Bergbau auf Blei, Kupfer und Silber, doch in einer Urkunde von 1234 werden Bergwerke im Gebiet der Kinzig von König Heinrich VII. an Graf Egino (Egen) von Freiburg vergeben(21). Einige Forscher bezweifeln, ob damals schon bei uns Bergbau betrieben wurde. Doch wenn man 1028 zwischen Erzgängen und Bergwerken unterschied, dann sicher 200 Jahre später auch. Wir dürfen getrost davon ausgehen, daß schon sehr früh im Kinzigtal und seinen Nebentälern Bergbau betrieben wurde. Die einstigen Bergleute stießen öfter auf "uralte Baue", was ebenfalls auf frühen Bergbau schließen läßt, zumal unterhalb von Reichenbach eine Silberschmelze nach der 14C-Methode auf 910 n. Chr. festgelegt werden konnte(22).

Eine immer wieder gestellte Frage ist die nach der jeweiligen Entdeckung der Erzlagerstätten. Hier soll nur kurz darauf eingegangen werden, wie man sie auffinden konnte. Die einfachste Methode lag darin, im Geröll der Flüsse und Bäche nach Quarz und Schwerspat zu suchen, den Begleitern der Erze. Dort wo die Gesteine ausblieben, mußte man nur noch an den Talhängen links und rechts nach den Gangaustritten suchen. Eine andere Art war es, die Pflanzenvorkommen nach Art- und Anzahl zu beobachten. Bestimmte Pflanzen sind an bestimmte Bodenarten (Metallgehalte) gebunden. Schließlich fahndeten auch Rutengänger nach Erzgängen, sehr oft mit erstaunlichem Erfolg. Und manche Lagerstätte wurde auch durch Zufall entdeckt.

Erste verläßliche Angaben über Abbauzeiten erhalten wir erst 1257 über Prinzbach(23), wobei wir aber nur erfahren, daß schon vorher Blei, Zink, Kupfer und Silber gewonnen wurden. Eine Grabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg vom Sommer 1989 ergab, daß im ausgehenden 12. und im 13. Jahrhundert sowohl im Tage- als auch im Tiefbau ein intensiver Bergbau stattgefunden hat(24).

Abbildung 5: Reste der Prinzbacher Stadtmauer vom ehem. Stadtgraben aus gesehen
Abbildung 5: Reste der Prinzbacher Stadtmauer vom ehem. Stadtgraben aus gesehen

Dieser brachte großen Wohlstand in die Gemeinde, welche daher schon im 13. Jahrhundert eine Stadtmauer (Abb. 5) errichtete. Doch da ging bereits die Blütezeit des Bergbaus zu Ende und damit auch die der Bergstadt Prinzbach. Nutznießer waren vor allem die Geroldsecker, die ihre neue Burg um 1250 auf dem Gipfel des Schönbergs errichtet hatten. Der Bergbau auf diesem Gangzug, der bis Biberach reichte, endete erst 1877.

Ein ebenfalls hohes Alter des Bergbaus finden wir im Revier von Wittichen [3]. Der Beginn dürfte deutlich vor 1300 liegen, muß aber schon wieder erloschen sein, als die Klostergründung im Jahre 1324 erfolgte. Im Gründungsbericht heißt es nämlich, daß nicht genug Holz zum Bau des Klosters vorhanden gewesen sei(25). Da man in jener Zeit das Gestein im Berg durch Feuersetzen mürbe machte, muß der Bergbau vor der Klostergründung schon recht intensiv gewesen sein. Natürlich benötigten auch Köhler und Glasmacher enorme Mengen an Holz. Wir dürfen auch nicht die Flößerei vergessen, die auch stark am Holzeinhieb beteiligt war. Jedenfalls wissen wir, daß beim Bau des Speyerer Doms (1050) und des Straßburger Münsters (1060) geflößtes Holz aus dem Schwarzwald Verwendung fand(26).

Abbildung 6: Halde der Grube Sophia in Wittichen
Abbildung 6: Halde der Grube Sophia in Wittichen

Nicht unerwähnt bleiben soll hier die Tatsache, daß zum Schutze der Bergwerke häufig kleinere Burgen oder Türme angelegt wurden. Etwa ein gutes Dutzend der im Bereich der Kinzig einst errichteten Burgen können nur zur Sicherung von Bergwerken angelegt worden sein, denn sie befinden sich an Plätzen, die sonst keine andere Bedeutung zulassen. Von der Burg Wittichenstein wissen wir zuverlässig, daß sie zum Schutz der Bergwerke in Wittichen gedient hat, zumindest seit 1293(27). Das Kloster aber wurde, wie oben geschrieben, erst 1324 gegründet.

Erst im Jahre 1517 wird die Verleihung eines Bergwerks beim Gotteshaus zu Wittichen urkundlich erwähnt(28). Es war die Landgräfin Elisabeth zu Fürstenberg, die dem Wolfacher Schulmeister und Stadtschreiber J. Wäscher von Markdorf Berg (wohl den Silberberg) und Bergwerke beim Gotteshaus Wittichen zum Abbau von Silbererzen verlieh. Die zahlreichen Gruben dieses Reviers waren (mit Unterbrechungen) bis 1856 in Betrieb. Bis um 1700 galt der Abbau hauptsächlich dem Silber, danach jedoch auch dem Kobalt, das zu der damals sehr begehrten blauen Farbe als sog. Smalte in den Blaufarbenwerken verarbeitet wurde.

Die früher als wertlos auf die Halde geschütteten Kobalterze(29) wurden nun wieder aus den Halden (Abb. 6) herausgeklaubt. Der steigende Bedarf an Kobaltfarben erzeugte einen deutlichen Aufschwung des Wittichener Bergbaus. 

Abbildung 7: Tiefer Stollen der Grube St. Bernhard im Hauserbach
Abbildung 7: Tiefer Stollen der Grube St. Bernhard im Hauserbach

Die Smalte wurde größtenteils als sog. Oblasten auf den Kinzigund Rhein-Flößen nach Holland verfrachtet und dort in Delft als Farbe für die Kacheln ("Delfter Blau") verwendet. Während der Blütezeit der Blaufarbenwerke wurden noch einige kleinere Bergwerke eröffnet, um den steigenden Bedarf an Kobalt decken zu können. Schließlich führte man sogar Kobalt aus entfernten Ländern ein(30).

Wie bereits dargestellt, galt der alte Bergbau zunächst dem Kupfer, Blei, Zinn und Silber. Hauptblütezeit des Silberbergbaus im Kinzigtal waren das 13. und 14. Jahrhundert (Siehe Prinzbach!). Waren bisher die Gruben handwerklich und von wenigen Menschen betrieben worden, so wurden vom 14. Jahrhundert an kapitalkräftige Gewerkschaften Eigentümer und Betreiber der Bergwerke. Der immer stärker werdende Handel machte es nötig, mehr und mehr Silbermünzen zu prägen. Das zwang zu aufwendigeren Bergbaumethoden in immer tieferen Abbauen. So war schließlich im 15. Jahrhundert der Wettstreit zugunsten der Gewerkschaften entschieden, deren Mitglieder zumeist aus Handelsleuten, Adligen und Kirchenherren bestanden, also einer kapitalkräftigen Gesellschaftsschicht(31).

Abbildung 8: Oberer Stollen der Grube Johannis Segen im Gutachtal
Abbildung 8: Oberer Stollen der Grube Johannis Segen im Gutachtal

Gruben, die bei uns im 15. und 16. Jahrhundert förderten, seien in der folgenden Darstellung aufgelistet mit Beginn und Ende, wobei dazwischenliegende Zeiten des Ruhens nicht erwähnt sind:

vor 1455 bis 1887 St. Bernhard im Hauserbach (Abb. 7) (Blei, Zink, Silber) [11]
vor 1468 bis 1905 St. Michael im Weiler (Blei, Silber) [18]
1471 bis 1771 St. Anna, Fischerbach (Blei, Silber, Kupfer)
vor 1478 bis um 1570 Heilig-Drei-König-Stollen am Schöllkopf (Fluorit, Silber, Kupfer)
vom 15. Jh. bis 1839 Amalienstollen, Nordrach (Kupfer, Silber)
vor 1515 bis nach 1903 Silberbrünnele, Haigerach (Kupfer) [16]
1525 bis 1891 Baberast, Welschbollenbach (Silber) [13]
Anf. 16. Ih. bis ca. 1770 St. Peter beim Schlangenbrunnen, Gutach (Kupfer)
1562 bis 1786 Segen Gottes, Schnellingen (Blei, Zink, Silber) [14]
vor 1564 bis ca. 1350 Hohberg, Wolfach (Eisen, Mangan) [7]
ca. 1570 bis 1783 Prosper, Bad Rippoldsau (Kupfer)
1575 bis ca. 1850 Mittelberg bei Tennenbronn (Hämatit, Fluorit, Calcit, Baryt; anfangs auch Silber und Kupfer)
vor 1597 bis 1725 Johannissegen, Gutach (Abb. 8) (Kupfer) [9]

Zwei bedeutsame Ereignisse traten inzwischen ein, die zum Erliegen des Bergbaus im Schwarzwald entscheidend beitrugen. Durch die Eroberung der süd- und mittelamerikanischen Indianerreiche gelangten mit den spanischen Schiffen sehr große Mengen an Silber und Gold nach Europa. Dadurch wurde der Bergbau auf Silber bei uns fast unrentabel. Und als dann auch noch die Bauernkriege und vor allem der Dreißigjährige Krieg die deutschen Lande verwüsteten, war das Aus für den Kinzigtäler Bergbau gekommen. Morde, Hunger und Krankheiten vertrieben auch noch die letzten Bergleute.

Nach diesen verheerenden Kriegswirren waren nur noch ganz wenige Menschen da, welche noch Kenntnisse vom früheren Bergbau hatten. Aber ohne die entsprechenden Fachleute konnte der Grubenbetrieb nicht wieder aufgenommen werden. Also mußte man sich diese aus Gegenden kommen lassen, die durch den Krieg nicht so stark gelitten hatten. So wanderten vor allem Hauer, Steiger und Markscheider (Vermessungsingenieure) bei uns ein. Sie kamen vorwiegend aus Böhmen, Österreich, Sachsen und der Schweiz(32). Die große Zahl dieser "Gastarbeiter", welche auch noch manche Privilegien gegenüber der einheimischen, überwiegend bäuerlichen Bevölkerung genossen, trug immer wieder zu Streitigkeiten und auch handgreiflichen Auseinandersetzungen mit den Einheimischen bei. Auch verdienten diese Fachleute meist deutlich besser als die örtliche Bevölkerung.

Schon frühzeitig war es zu Problemen unter den "Waldnützern"(33) gekommen. So war es kein Wunder, daß die Bergwerksordnung Kaiser Maximilians von 1517 vom badischen Markgrafen im Jahr 1530 übernommen wurde. Die im Jahre 1553 von Kaiser Ferdinand erlassene Bergwerksordnung(34) wurde im Jahr 1562 auch in ganz Vorderösterreich, also in großen Teilen des Schwarzwaldes gültig und später auch für das ganze badische Gebiet verbindlich(35). In ihr wird u. a. in 20 von 208 Artikeln alles geregelt, was mit dem Wald und dem Bergbau zu tun hat. Der ungeheure Holzbedarf jener Zeit (Holländerstämme für den Schiffsbau, für den Brückenbau, Grubenholz, Bauholz allgemein, Bretter, Holzkohle, Pottasche, Rinden, Terpentin, Floßwieden usw.) und das noch nicht organisierte Forstwesen sorgten für einen gewaltigen Kahlschlag in unseren Wäldern.

Gewerkschaften mit zu wenig Kapital, weitgehend abgebaute Lagerstätten, schwindende Holzvorräte, Betrügereien mit Kuxen (Papiere |Aktien] über die Beteiligung an bergbaulichen Gewerkschaften), sog. Kuxkränzlereien, ließen immer wieder Gruben unrentabel werden, so daß sie mehrfach den Besitzer wechselten und oft genug ins Bergfreie fielen, d. h. zumindest vorübergehend aufgegeben wurden. Vor allem die Erschöpfung vieler Lagerstätten führte dazu, daß der heimische Bergbau zum großen Teil in der Mitte des 19. Jahrhunderts einging. 

Abbildung 9: Neuer Einfahrtstollen der Grube Klara in Oberwolfach
Abbildung 9: Neuer Einfahrtstollen der Grube Klara in Oberwolfach

Zunächst wurden gleich nach dem großen Krieg die folgenden Gruben bei uns eröffnet:

von 1649 bis 1727 St. Georg an der Greifhalde, Bad Rippoldsau (Kupfer, Silber)
von 1650 bis 1955 Friedrich-Christian im Wildschapbach (Kupfer, Blei, Silber, Fluorid) [2]
von 1650 bis 1858 Streckfeld, Oberwolfach (Eisen)
von 1650 bis 1720 Daniel im Gallenbach, Wittichen (Silber, Wismut, Kupfer, nach 1700 Kobalt)
von 1652 bis 1930 Fortuna im Gelbach, Oberwolfach (Blei, Silber, Baryt, Fluorit)

Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang wohl die Grube Clara [1] (Abb. 9) ein. Sie wird zwar erst 1652 urkundlich genannt, doch berichteten die damaligen Bergleute von einem "Zug uralter, teils verfallener, teils noch offener und sehr tiefer Schächte"(36)

Abbildung 10: Tiefer Wolfgangstollen in Alpirsbach 1999 (fast ganz zugeschüttet
Abbildung 10: Tiefer Wolfgangstollen in Alpirsbach 1999 (fast ganz zugeschüttet

Von einem anschließenden Bergbau ist uns nichts bekannt. Erst 1726 wurden die Grubenanlagen unter dem Namen "Clara" wieder untersucht. Aber bereits ein Jahr später kam die Grube zum Erliegen. 1769 wurden die alten Stollen wieder aufgewältigt. Doch scheinen die meist fein im Schwerspat verteilten Fahl- und Kupfererze die gehegten Erwartungen nicht erfüllt zu haben. 1782 versuchte man dann von Nordwesten her, von der Wogets, den Gang aufzufahren. Doch ließ man die Grube schon im gleichen Jahr wieder auf. Der "Kinzigtäler Bergwerksverein" stellte 1826 neue Untersuchungen an, gab jedoch im gleichen Jahr den Bergbau wieder auf. 1850 erinnerte man sich des in großer Menge vorkommenden Schwerspats (Baryt), nach dem eine immer größer werdende Nachfrage bestand. Aber schon nach wenigen Jahren mußte der Betrieb wieder eingestellt werden, weil die Qualität des Spats nicht ausreichend war. Erst mit der Gründung der "Schwarzwälder Barytwerke" begann 1898 der sich nun endlich lohnende Abbau von Baryt. Bis heute arbeitet die Grube endlich mit Erfolg und mit modernsten Geräten und Einrichtungen, wobei dann auch seit 1978 der Flußspat (Fluorit) aufbereitet werden kann, der bis dahin nur als Nebenprodukt anfiel. Inzwischen werden nun auch wieder Kupfer und Silber gewonnen. 

Abbildung 11: Verfallenes Stollenmundloch der Grube Ludwig im Adlersbach
Abbildung 11: Verfallenes Stollenmundloch der Grube Ludwig im Adlersbach

Aus diesem Silber wurden jetzt zwei Ausbeutetaler geprägt, die ersten wieder seit über 200 Jahren. So ist die Grube Clara inzwischen das einzige im ganzen Schwarzwald noch tätige Bergwerk(37).

Im 18. Jahrhundert wurde nochmals verstärkt nach Erzen gesucht. Aus der o.a. Geschichte der Grube Clara wird dies recht deutlich. So wurden in unserem Raum nochmals einige Gruben eröffnet:

von 1706 bis 1856 Wolfgang (Abb. 10) und Eberhard, Alpirsbach (Baryt, Kobalt) [6]
von 1720 bis 1845 Herzog Friedrich-Neuglück, Reinerzau (Silber, Kobalt) [5]
von 1721 bis 1856 Sophia im Böckelsbach, Wittichen (Silber, Kobalt) [3]
von 1726 bis 1755 Heiliger Dreikönigsstern, Reinerzau (Silber, Kobalt)
vor 1730 bis 1850 Erzengel Michael im Wildschapbach (Kupfer)

Abbildung 12: Merkstein Nr. 202B am Dierlisberg (Welschbollenbach)
Abbildung 12: Merkstein Nr. 202B am Dierlisberg (Welschbollenbach)

vor 1740 bis 1857 Ludwig im Adlersbach, Hausach (Abb. 11) (Antimon) [12]
von 1747 bis 1833 Erzengel Gabriel, Hausach-Einbach (Silber, Blei, Baryt, Fluorit) [10]
von 1755 bis 1798 Eisenerzgruben im Gangzug ZunsweierDiersburg-Reichenbach [20]
von 1760 bis 1823 Wenzel im Frohnbach, Oberwolfach (über 4 Tonnen Silber) [8]
von 1766 bis 1861 St. Anton im Heubach, Schiltach (Silber, Kobalt) [4]

Diese Zusammenstellung zeigt uns schr deutlich, wie etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts viele Bergwerke ihren Betrieb wegen Unrentabilität einstellen mußten.

Auch im 19. Jahrhundert wurden nochmals zwei Gruben in Betrieb genommen, allerdings beide nur für knapp 100 Jahre:

von 1857 bis 1950 Otto, Unterharmersbach-Schottenhöfe (Eisen, Mangan, Baryt) [15]
von 1858 bis 1937 Flußspatgrube am Rauhen Bühl im Ettengraben, Zunsweier (Flußspat als optischer Spat)

Abbildung 13: Merkstein Nr. 132 C der Grube Segen Gottes in Schnellingen
Abbildung 13: Merkstein Nr. 132 C der Grube Segen Gottes in Schnellingen

Abbildung 14: Renaturierte Halde der Grube St. Anton im Heubach mit darauf erichteter Baracke der Seismologischen Station
Abbildung 14: Renaturierte Halde der Grube St. Anton im Heubach mit darauf erichteter Baracke der Seismologischen Station

Abbildung 15: Steinkohlenhalden im Hagenbacher Revier
Abbildung 15: Steinkohlenhalden im Hagenbacher Revier

Außer den genannten Gruben wurde noch an zahlreichen Orten nach Erzen aller Art gesucht und gegraben. Allein im Flußgebiet der Kinzig lassen sich heute noch annähernd 1.000 Bergbaustellen nachweisen. Manche sind nicht mehr feststellbar, viele sind kaum noch zu erkennen. Dann gehört ein geübter Blick und auch die Kenntnis vom Pflanzenwuchs an erzhaltigen Stellen sowie eine Portion Finderglück dazu, wenn man diese alten Stellen aufsuchen will.

Glücklicherweise veranlaßte der Fürst von Fürstenberg, dem das Bergrecht in großen Teilen des Kinzigtals zustand, kurz nach der Mediatisierung die Aufstellung sog. Merksteine (Abb. 12) bei allen seinen Gruben. Jeder Stolleneingang und jeder Schacht erhielten so seine bestimmte Nummer. Auf diesen Steinen war vorne die Nummer eingeschlagen, rechts das Bergwerkssymbol Schlägel und Eisen, links "FF" als Eigentümer-Kennzeichen. Leider sind fast alle Merksteine heute verschwunden. Manche wurden auch zweckentfremdet (Abb. 13). Aber ein Verzeichnis dieser Steine ist erhalten geblieben(38). Mit Hilfe dieses Verzeichnisses ist es möglich, fast alle der früheren Grubenstandorte und ihre Benennungen zu bestimmen. Insgesamt sind rund 500 Stollen und Schächte aufgeführt, von denen etwas mehr als 150 einen eigenen Namen führten. Manche Bergwerke hatten bis zu vier Stollenmundlöcher und bis zu elf Schächte. Auch sind in diesem Verzeichnis einige Angaben über den Zeitpunkt der Mutung (Entdeckung) und über die vorkommenden Erze enthalten.

Abbildung 16: Stollen der Grube Simson in Wittichen
Abbildung 16: Stollen der Grube Simson in Wittichen

In den Jahren 1938 bis 1941 wurden im Zuge der Rohstoffprospektion (Autarkiebestrebungen des Dritten Reiches) nochmals einige Gruben aufgewältigt und untersucht. Doch zu einer Wiederaufnahme des Bergbaus kam es nicht. Auch nach 1945 überprüfte man noch einige alte Bergwerke, diesmal bei der Prospektion nach Uranerzen. Im Kinzigtäler Gebiet lohnten auch Versuchsabbaue von Uran nicht, so daß darauf verzichtet wurde.

Als Besonderheit sei hier noch erwähnt, daß man in der ehemaligen Grube Anton im Heubach [4] eine seismologische Forschungsstation eingerichtet hat (Abb. 14). Sie soll mit ihren hochempfindlichen Meßgeräten die Gezeitenbewegungen der festen Erdkruste messen.

Wenn vom Bergbau die Rede ist, dann denkt man kaum daran, daß auch ohne Bergwerke wertvolles Gestein aufgesucht worden ist. So wurden am Geisberg [22] zwischen Welschensteinach und Schweighausen die schönsten Schwarzwälder Achate gefunden. Diese suchte man systematisch auf und verarbeitete sie zumeist in Karlsruhe, z. T. auch in Waldkirch zu Pokalen, Dosen und anderen fürstlichen Schmuckgegenständen. 

Abbildung 17: Schaft der Grube Erzengel Gabriel im Einbach
Abbildung 17: Schaft der Grube Erzengel Gabriel im Einbach

Im Raum um Baden-Baden wurden einst ebenfalls Achate gesucht. Die Haupt-Achatfundstelle bei Schweighausen ist leider dem Straßenbau zum Opfer gefallen. Ein weiteres Vorkommen von Achaten befindet sich im Lierbachtal.

Fast vergessen wurde, daß bei uns auch Steinkohlenbergbau stattfand. Zwischen Diersburg und Berghaupten liegt dieses einst recht ertragreiche Steinkohlenvorkommen [21] (Abb. 15). Auf ihm ging von 1753 bis 1909 ein für damalige Zeit bedeutender Bergbau um. Man unterschied das Berghauptener, das Hagenbacher oder Zunsweierer und das Diersburger Revier. Allein hier sind 42 Stollen und 14 Förderschächte sowie einige Luftschächte und Pingen festzustellen. Der größte Schacht erreichte immerhin eine Tiefe von 330 m. Gewonnnen wurden in der Hauptbetriebszeit (1850 - 1880) durchschnittlich 10.000 Tonnen Steinkohle im Jahr. Trotz günstiger Prognosen wurden die Gruben nach 1909 nicht mehr in Betrieb genommen(39), da die Kohle sehr kleinstückig war.

Ein weiteres kleines Steinkohlenvorkommen liegt am Südostfuß des Schönbergs (Hohengeroldseck), das mit drei Probebohrungen untersucht wurde, aber zu keiner Hoffnung Anlaß gab. 

Abbildung 18: Pinge im Areal der Grube Gnade Gottes in Wittichen
Abbildung 18: Pinge im Areal der Grube Gnade Gottes in Wittichen

Auch beim "Lindle", am Ende des Hinterohlsbachtales liegt ein kleines Steinkohlenvorkommen, das bei der Probebohrung auch keine Hoffnungen erweckte. Im Schramberger Raum brachte man von 1834 bis 1849 einige Bohrungen auf Steinkohle nieder, jedoch ohne diese anzutreffen(40).

Auf der beigefügten Übersichtskarte habe ich alle mir bekannten Bergbauspuren eingetragen. Jeder Punkt bedeutet einen Stollen (Abb. 16), einen Schacht (Abb. 17), eine Pinge (Abb. 18) (Mulde eines früheren Abbaus, meist nur an der Erdoberfläche) oder einen Verhau (Abb. 19) (Ausräumung eines zutagetretenden Erzganges). Die dickeren Punkte bezeichnen Bergwerke, deren Namen wir kennen. Die Ziffern in eckigen Klammern verweisen auf die Ziffern auf der Karte.

Abbildung 19: Verhau im Singersbach (Gutachtal)
Abbildung 19: Verhau im Singersbach (Gutachtal)

Mögen diese Ausführungen dazu anregen, mit offenen Augen durch unsere Heimat zu wandern. Viele Dinge harren noch der Entdeckung oder weiteren Erforschung. So bin ich dem Historischen Verein dankbar für die Einrichtung der Fachgruppe Bergwesen. Hier sollten alle Erkenntnisse zusammengetragen werden.

Anmerkungen

1. Goldenberge, G. / Steuer, H., in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes 4 / 1998, 198 ff.  
2.) Schmid, E.: Der jungsteinzeitliche Abbau auf Silex bei Kleinkems, Baden-Württemberg. Veröffentl. aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum 22, 1980, 141 ff.  
3.) Bliediner, M. / Martin M.: Erz- und Minerallagerstätten des Mittleren Schwarzwaldes. Freiburg 1986, 25  
4.) Bliedtner, M. / Martin M.: 25  
5.) Heimatbuch der Stadt Triberg, 1964  
6.) Naudascher, J.: Bericht der Fachgruppe Archäologie. In: Die Ortenau 1999, 79  
7.) Spindler, K.: Der Magdalenenberg bei Villingen. Stuttgart 1976, 8  
8.) Erläuterungen zu Blatt 7613 Lahr / Schw.-Ost der Geologischen Karte 1:25 000 von Baden-Württemberg, Stuttgart 1994, 227  
9.) Erläuterungen zu Blatt 7613 Lahr / Schw.-Ost der Geologischen Karte 1:25 000 von Baden-Württemberg, Stuttgart 1994, 226  
10.) Die Ausgrabungen auf dem sog. Mauerfeld sind noch im Gange. Die dortige römische Siedlung ist schon seit Jahrzehnten vor dem 2. Weltkrieg bekannt und durch zahlreiche Scherbenfunde belegt. Siehe auch Fingerlin, G.: Die römische Straßenstation in Lahr und ihre Töpfereibetriebe. In: Archäologische Nachrichten aus Baden 4 / 1970, 23 ff.  
11.) Ammann, H./Metz, R.: Die Bergstadt Prinzbach im Schwarzwald, Alemannisches Jahrbuch 1956, 283 ff. und Erläuterungen zu Blatt 7614 Zell am Harmersbach der Geologischen Karte 1 : 25 000 von Baden-Württemberg, Stuttgart 1984, 50  
12.) Kirchheimer, F.: in "Aufschluß" 27, 1976, 361 - 371  
13.) Metz, R.: Alter und neuer Bergbau in den Lahrer und Emmendinger Vorbergen. In: Alemannisches Jahrbuch 1959, 255 - 292  
14.) Die Kelten in Baden-Württemberg, 1981, 477  
15.) Naudascher, J.: Frühgeschichte der oberen Ortenau. In: Die Ortenau 1977, 67 ff.  
16.) Hoeper, M.: Der Geißkopf bei Berghaupten, Ortenaukreis - völkerwanderungszeitliche Höhensiedlung, Militärlager oder Kultplatz? In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1995. Stuttgart, 263 ff.  
17.) Erläuterungen zu Blatt 7614 Zell am Harmersbach der Geologischen Karte 1: 25 000 von Baden-Württemberg, Stuttgart 1984, 50  
18.) Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1989, Stuttgart, 247 If.  
19.) Weißenburg, Otfried von: Benediktinermönch. geboren um 790 im Elsaß, studierte bei Hrabanus Maurus in Fulda. Er vollendete zwischen 863 und 871 eine Evangelienharmonie in 5 Büchern, die erste deutsche Dichtung (in südrheinfränkischer Mundart) mit Endreim  
20.) Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes, 4 / 1998, 201  
21.) Bliedtner, M. / Martin M.: 193  
22.) Erläuterungen zu Blatt 7613 Lahr / Schw.-Ost der Geologischen Karte 1: 25000 von Baden-Württemberg, Stuttgart 1994, 228  
23.) Bliedtner, M. / Martin M.: 184  
24.) Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1989, Stuttgart, 240  
25.) Bliedtner, M. / Martin M.: 786  
26.) Stadt Wolfach (Hrsg.): Wolfach, Schwarzwaldstadt mit Tradition, Freiburg 1988, 137  
27.) Die Ortenau 1984. Burgen und Schlösser in Mittelbaden, 489 - 493. Hier sind auch einige der Burgen und Türme aufgeführt, die bergbaulichen Interessen dienten  
28.) Bliedtner, M. / Martin M.: 484  
29.) Kobalt erhielt seinen Namen nach dem Kobold, also einem bösen Geist, der dieses dunkle Erz nach Ansicht der alten Bergleute praktisch unbrauchbar gemacht hatte  
30.) Bliedtner, M. / Martin M.: 33 ff.  
31.) Bliedtner, M. / Martin M.: 26  
32.) Bliedtner, M. / Martin M.: 26  
33.) Bergwerke, Köhler, Flößer, Bauern, Grundherren  
34.) Kopien beider Bergwerksordnungen befinden sich im Besitz des Verfassers. Siehe auch: Knausenberger, G. Eine vorbildliche Bergwerks-Ordnung aus dem Jahr 1553. In: Der Erzgräber 3 / 1999 und Der Erzgräber 1 / 2000, Zeitschrift des Vereins der Freunde von Mineralien und Bergbau, Oberwolfach e.V.  
35.) Mitteilung des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg vom 2.8.1998 und Schrift "Bergrecht und Bergaufsicht im Wandel der Zeit", herausgegeben vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg. ohne Jahr  
36.) Bliedtner, M / Martin M.: 367  
37.) Ausführliche und genaue Angaben über diesen Bergbau in den Ausgaben 2 / 1994, 1 / 1996, 2 / 1996, 1 / 1997, 2 / 1997, 1 / 1998 des "Erzgräbers", der Zeitschrift des Vereins der Freunde von Mineralien und Bergbau Oberwolfach und in Bliedtner, M. / Martin, M. Erz- und Minerallagergstätten des Mittleren Schwarzwaldes, Freiburg 1986, 366 ff. und Hahn, F. Über hundert Jahre ununterbrochener Bergbau in der Grube Clara, Oberwolfach. In: Die Ortenau 2000, 577 ff.  
38.) Veröffentlicht im Alemannischen Jahrbuch 1956, 314 ff.  
39.) Ausführlich dargestellt bei: Kempf, Johann Karl: Geschichte der Kohlenbergwerke Berghaupten-Diersburg von 1755 - 1890. In: Die Ortenau 4 (1913), 81 - 92; 5 (1914), 68 - 83; 8 (1921) 20 - 28. - Hahn, F.: Das Steinkohlenbergwerk "Grube Hagenbach" bei Zunsweier. In: Der Erzgräber 1 (1992), 26 ff. und 2 (1992), 33 ff. Knausenberger, G. In: Der Erzgräber 2 (1992), 42 f.  
40.) Geologische Spezialkarte des Großherzogtums Baden, 1: 25000, Blatt Schramberg und Erläuterungen  

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