Hammerschmiede und Ölmühle im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof


Badische Heimat 55 (1975) - 259 ff. - Hermann Schilli, Freiburg - Hammerschmiede und Ölmühle im Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach im Schwarzwald

Hammerschmiede u. Ölmüble - Foto: E. Baur, WolfachRechtzeitig zum Jahr der Denkmalpflege 1975 konnte das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach/Schwarzwald mit einem weiteren Zugstück bereichert werden. Bei der Wiedereröffnung dieser Anlage zu Ostern 1975 weist dieses Museum ein neues, nunmehr das 19te Objekt auf. Es erhielt eine Hammerschmiede und eine Ölmühle als Zeugen ausgestorbener Schwarzwälder Kleingewerbe. Als solche gehörten sie nicht zu der üblichen Ausstattung eines Schwarzwälder Bauernhofes, aber sie waren eng verbunden mit den Arbeiten auf diesen Höfen, insbesondere den Höfen im Kinzig-Gutachgebiet. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts hämmerte hier bald in jedem Tal eine Hammerschmiede und rumpelte hier eine Ölmühle.

In der Hammerschmiede wurde das Kleineisenzeug, wie Äxte, Beile, Karste, Erdhacken, Pikkel, Sapis, Hämmer, Schlösser und die Beschläge für die Wagen hergestellt, alles Werkzeuge und Geräte, die der Bauer benötigte.

Ecksäule - Foto: E. Baur, WolfachIn den Ölmühlen wurde aus dem Raps Speiseöl und Öl für die damals üblichen Lampen, aus dem Samen des Flachses, dem Lein und aus Nüssen Speiseöl gewonnen.

Beide Gewerbebetriebe nutzten die Wasserkraft. Die Hammerschmieden und Ölmühlen waren in Massiv- und in Fachwerkhäuschen untergebracht. Im Gutacher Museum nimmt sie aus Ersparnisgründen ein Gebäude in zwei getrennten Räumen auf, das in "alemannischem" Fachwerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts erbaut ist (Abb. 1). Es ist die Zeit, in der die Bauernhäuser des Museums erstellt worden sind. Das "alemannische Fachwerk" ist aus dem konstruktiven Denken heraus entstanden. Für diese Bauweise ist bezeichnend das Fehlen eines Schwellenkranzes; die Säulen gehen bis zur Unterlage über dem Boden durch, wobei die Wände durch Fußriegel, die in die Säulen eingelassen sind, nach unten abgeschlossen werden. Charakteristisch sind ferner die weite Säulenstellung, wohl eine Erinnerung an die ursprüngliche Ausfachung mit Bohlen und die Sicherung der Ecksäulen durch wandhohe, gegenseitig sich überblattende Streben (Abb. 2). Die in die Säulen eingelassenen Blätter dieser Streben sind reich konturiert, eine Eigenschaft, die ebenfalls dem alemannischen Fachwerk eigen ist. Das alemannische Fachwerk ist die ältere gemeindeutsche Stilart, die bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts üblich gewesen ist. Der ernste Eindruck dieses altväterischen Fachwerks entspricht wohl der gemessenen Eigenart des Alemannen und hat sich daher in seinem Stammesgebiet länger gehalten als in den fränkischen Landschaften. Und nun zum Inhalt dieses Gebäudes.

Die Hammerschmiede (Abb. 3)

Sie enthält, bis auf den Schwanzhammer, die Werkzeuge und Geräte, mit denen sie nach einem herzoglich-württembergischen Dekret im Jahre 1664 in Gutach errichtet wurde. Zu ihrer Ausstattung gehörte damals auch ein Schwanzhammer, den aber der letzte Besitzer kurz nach dem Ersten Weltkrieg abbaute, weil das Kleineisenzeug, das mit dem Schwanzhammer geschmiedet worden ist, durch billigere Fabrikware verdrängt wurde.

Der jetzige Schwanzhammer, der zu den am meisten in die Augen springenden Einrichtungsgegenständen gehört, stammt aus Ottenhöfen. Er war dort bis zum Jahre 1938 in Betrieb. Sein vormaliger Besitzer, Schmiedemeister Springmann in Ottenhöfen, hat noch sein Meisterstück mit diesem Hammer gefertigt. Der Schwanzhammer besteht aus einem zweiarmigen Hebel, der in einem Lager wippt. Das eine Ende wird durch ein Nockenrad - das ist eine kreisrunde Scheibe, auf deren Umfang kurze Zapfen, Nocken, aufgebracht sind, - das auf dem Wellbaum des Wasserrades sitzt, gehoben und gesenkt. An dem anderen Ende ist ein schwerer Hammer befestigt, der auf eine stählerne Unterlage schlägt. Mit diesem Hammer wird geschmiedet.

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Blick in die Hammerschmiede - Foto: E. Baur, Wolfach

Ölmühle: Königsstock mit Kammrad und Läufer - Foto: E. Baur, Wolfach
Ölmühle: Königsstock mit Kammrad und Läufer - Foto: E. Baur, Wolfach

Baumpresse Foto: - E. Baur, Wolfach
Baumpresse Foto: - E. Baur, Wolfach

Das zu gestaltende Stahlstück wird in der daneben stehenden Esse mit Blasbalg erhitzt und damit formbar gemacht. Verfeinert wird dann das Werkstück auf dem in nächster Nähe stehenden Amboß und auf der Werkbank mit ihrer Vielzahl von Hämmern, Zangen und Gesenken an der Wand. Zum Schluß wird das Werkstück auf dem großen, ebenfalls vom Wasser angetriebenen Schleifstein, abgeschliffen. Eine Gesenkplatte für besondere Formstücke vervollständigt die Einrichtung.

Staunen erregt immer der gute Zustand des immerhin 300 Jahre alten Blasbalgs mit seinen schönen Ziernägeln. Ihm galt in der Vergangenheit die besondere Pflege des Meisters, der ihn alljährlich einfettete und flickte.

Die Betriebsmittel des Schmiedes waren Eisen (heute sagen wir Stahl) und Holzkohlen. Beide waren im Schwarzwald leicht zu beschaften. In der allernächsten Umgebung standen Hüttenwerke zur Gewinnung von Stabeisen - "Zaineisen", wie die Schwarzwälder sagten -, das dann von den Schmieden zu Kleineisenzeug weiter verarbeitet wurde.

Die Olmühle

Ihre wichtigste Einrichtung ist eine Vorrichtung zum Zerquetschen des Ölgutes, Raps, Lein, Nüsse und gelegentlich auch Mohn. Sie besteht aus einer sandsteinernen, zylindrischen, senkrecht stehenden Walze von 120,0 cm Durchmesser (Läufer), die in einer kreisrunden Rille, die in ein ebenfalls rundes Sandsteinbett mit 300,0 cm Durchmesser eingehauen ist, abrollt. Die Achse des Läufers steckt in einer senkrecht stehenden, 30,0 cm dicken, Eichensäule, dem "Königsstock" (Abb. 4). Dieser trägt oben ein waagerecht liegendes Kammrad mit 340,0 cm Durchmesser. Das Kammrad dreht sich in einer waagerechten Ebene. Das antreibende Wasserrad kreist dagegen in einer senkrechten Ebene.

Spindel, auch Kolben genannt. - Foto: E. Baur, Wolfach
Spindel, auch Kolben genannt. - Foto: E. Baur, Wolfach

Die Umwandlung der Drehbewegung des Wasserrades in die des Kammrades erfolgt durch ein Stockgetriebe, das auf dem Kammrad sitzt (Abb. 5). Dieses Stockgetriebe nennt der Schwarzwälder "Spindel" "Kolben".

Beim Drehen des Kammrades läuft der "Läufer" in der Rille des Sandsteinbettes und zerquetscht dabei das Ölgut. Die zerquetschte Masse wird hierauf in einer eisernen Trommel, über dem Feuer des Herdes, der an der Wand steht, unter Drehen derselben erwärmt. Anschließend wird das Ölgut in der großen, einarmigen hölzernen Presse ausgepreßßt (Abb. 6). Wird auf das Erwärmen verzichtet, so spricht man von "kalt geschlagenem Öl".

Die Rückstände, die "Ölkuchen", enthalten pflanzliches Eiweiß; sie sind daher als Kraftfutter für die Milchkühe sehr geschätzt. In Zeiten der Wasserklemme konnte die Ölmühle mit einem im Kreis gehenden Esel angetrieben werden. Hierzu ist am Kammrad eine waagerechte Stange angebracht, vor die der Esel gespannt wurde. Die Ölmühle stand in Bickelsberg / Kreis Bahlingen.



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