Martin Straßburger: Archäologie und Geschichte der Grube Segen Gottes bei Haslach-Schnellingen (Geroldsecker Land, Heft 50 - 2008) S. 73 ff.


Einführung

Seit dem 19. Jh. wurden zahlreiche geologisch-lagerstättenkundliche und historische Abhandlungen zum Kinzigtaler Bergbau verfasst, die auch die Grube Segen Gottes und ihre Geschichte berücksichtigen. Einige Bergwerke im Kinzigtal wurden detailliert vermessen, jedoch fanden kaum archäologische Untersuchungen statt mit Ausnahme der Grabungen in der ehemaligen Bergstadt Prinzbach in einem Seitental der Kinzig. Montanarchäologische Forschungen in einem Bergwerk des Kinzigtales sind bisher nur in der Grube Segen Gottes bei Haslach-Schnellingen durchgeführt worden (Abb. 1).

Abb. 1: Lage der Grube Segen Gottes (Auschnitt TK 25 7114 Haslach im Kinzigtal des Landesvermessungsamtes Baden-Württemberg). - oben Abb. 1: Lage der Grube Segen Gottes (Auschnitt TK 25 7114 Haslach im Kinzigtal des Landesvermessungsamtes Baden-Württemberg). - unten
Abb. 1: Lage der Grube Segen Gottes (Auschnitt TK 25 7114 Haslach im Kinzigtal des Landesvermessungsamtes Baden-Württemberg).


Geologie und Lagerstätte

Im Schwarzwald weist das Gebiet des Kinzigtales und seiner Nebentäler die größte Zahl bekannter Erz- und Mineralgänge auf, die zu verschiedenen Zeiten Grundlagen für einen intensiven Bergbau waren. Das Bergwerk Segen Gottes liegt nördlich der Kinzig am Südosthang des Scheibenbühls beim Haslacher Ortsteil Schnellingen in einer nach Südwesten geöffneten Eintalung. Der Gang, auf dem die Grube baute, ist ein für das Kinzigtal typischer Fluss- und Schwerspatgang im Flasergneis als Nebengestein.(1) Er ist bis zu 3 m mächtig, streicht NW-SE und biegt im Bereich des Oberen Stollens in NNE-SSW-Richtung um. Sein Einfallen beträgt 54 - 80° nach NE. Die Mineralisation sitzt auf einer älteren, bereits spätvariszisch (vor ca. 300 Mio. Jahren) mineralisierten Störungszone mit Quarz, Hämatit und Spuren von Gold. Die Fluss- und Schwerspatmineralisation entstand wahrscheinlich während der kreide- bis tertiärzeitlichen (vor 200 - 100 und 15 - 20 Millionen Jahren) Blattverschiebungstektonik und beinhaltet teilweise eine zink- und bleireiche Erzführung. Lokal treten Nester von Silberfahl- und Rotgültigerzen auf. In den Gangartmineralisationen finden sich ferner Pyrit und Markasit. Konzentrate ergaben ein quarzreiches, kupferarmes Blei-Zinkerz mit 0,05 - 0,1% Silber und 6 - 16% Blei, wenig Fluorit, Baryt, Pyrit und Tonmineralen. Der Silbergehalt entspricht damit dem der meisten anderen Gangerzlagerstätten im Schwarzwald.

Geschichte des Bergbaus bei Schnellingen

Das genaue Alter des Bergbaus im Kinzigtal konnte bisher weder historisch noch archäologisch festgestellt werden. Keltischer Bergbau ist nicht belegt und eine Besiedlung lediglich anhand von Gewässer- und Ortsnamen nachgewiesen. Die römischen Funde aus Haslach deuten eventuell auf einen Straßenvicus hin, von dem aus möglicherweise ein Abzweig nach Süden in Richtung Elztal ging, der aufgrund des 1778 gefundenen Weihesteins der Diana Abnoba von Mühlenbach vermutet werden kann. Die römische Straße durch das Kinzigtal und die Ansiedlung in Haslach müssen jedoch keine Abbautätigkeiten zur Folge gehabt haben, wie das Inntal bei Innsbruck zeigt. Selbst im Peak District (Großbritannien) ist die Nähe von Militärlagern, romano-britischen Siedlungen und Straßen zu den Erzgängen allein nicht ausreichend, um Rückschlüsse auf Bergbau dieser Zeitstellung anzustellen.(2) Ein Abbau von Blei-Silber-Erzen im Schwarzwald während römischer Zeit ist nach der bisherigen archäologischen Quellenlage für Sulzburg im Zusammenhang mit der villa urbana von Heitersheim am wahrscheinlichsten. Allerdings fehlen hier noch direkte Nachweise in Form von Grubenbauen bzw. Funden unter Tage.

Die ältesten schriftlichen Nennungen von Bergbau im Kinzigtal bzw. bei Prinzbach stammen aus dem 13. Jh. Eine erste Erwähnung von Bergwerken am Schnelling erfolgte im 15. Jh. In der Zeit von 1478 - 1506 bezog Bischof Albrecht von Straßburg den Bergzehnten von den Haslacher Gruben. Graf Wolfgang zu Fürstenberg sicherte dem Bischof 1491 die halbe Nutzung eines Bergwerks "am Schnelling" zu. Der aus Offenburg stammende Hans Ruchmann Tödinger betrieb die Grube in der Mitte des 16. Jhs. unter der Bezeichnung "Barbara zu Unserer lieben Frauen bei Illenbad".(3) Weitere Nachrichten finden sich für die Jahre 1562 und 1568. Danach sind erst zwischen 1711 und 1786 mehrere, kürzere Bergbauphasen bei Schnellingen belegt. Seit der Wiederaufnahme durch Bergdirektor Michel in der Zeit von 1711 - 1714 heißt das Bergwerk Segen Gottes.(4) 1911 ließ sich das Fürstenbergische Fürstenhaus das Grubenfeld Segen Gottes verleihen, das heute Heinrich Fürst zu Fürstenberg in Donaueschingen gehört. Im Rahmen der Autarkiebestrebungen während des Dritten Reiches führte die Schürfkolonne Teike im Oberen Stollen für knapp drei Wochen während des Oktobers 1938 Untersuchungen durch.

Abb. 2: Perspektivische Ansicht der Grube Segen Gottes (Luz 2003). - oben Abb. 2: Perspektivische Ansicht der Grube Segen Gottes (Luz 2003). - unten
Abb. 2: Perspektivische Ansicht der Grube Segen Gottes (Luz 2003).


Archäologie der Grube Segen Gottes

Ab 1999 wurde das Bergwerk Segen Gottes unter der Leitung von G. Allgaier wieder zugänglich gemacht. Es folgten geologische Kartierungen, dendrochronologische Untersuchungen und 2004 die offizielle Eröffnung als Besucherbergwerk. Seit 2005 werden die Befunde und Funde aus der Grube archäologisch dokumentiert. Die Grube Segen Gottes ist bisher das einzige montanarchäologisch untersuchte Bergwerk im Kinzigtal.

Das Grubengebäude besteht aus vier Sohlen, von denen die drei oberen im Besucherbergwerk zugänglich sind (s. Abb. 2). In dem 127 m langen Oberen Stollen wurden mehrere Überhauen und Gesenke angelegt. Über Schächte ist der 85 m lange Rotgüldenstollen erreichbar. Sein Mundloch ist verstürzt und im Gelände nur noch als grabenförmige Vertiefung sichtbar. Der Mittlere Stollen besteht aus dem 160 m langen Wasserlösungsstollen und dem bislang 76 m weit geöffneten Abbau im Gangbereich. Die einzelnen Sohlen sind durch Schächte miteinander verbunden. Am tiefsten Punkt liegt der Badstollen, der zur Wasserlösung angesetzt wurde, die Gangzone aber nicht erreichte. Die gesamte vertikale Aufschlusshöhe von den Überhauen im Oberen Stollen bis auf den Mittleren Stollen beträgt 57 m. Zugänglich sind heute fast 500 m Stollen und Strecken. Zur Grube gehören ferner acht Schächte, von denen zwei als Tagesschächte angelegt wurden.(5)

Rekonstruktion des Grubengebäudes der Segen Gottes im Mittelalter

Rekonstruktion des Grubengebäudes der Segen Gottes im 16./17. Jahrhunden

Rekonstruktion des Grubengebäudes der Segen Gottes im 18. Jahrhundert
Abb. 3, 4. 5: Entwicklungsstadien der Grube Segen Gottes vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert (M. Straßburger auf Grundlage von Luz 2003).


Mittelalterlicher Bergbau

Die ältesten Bereiche der Grube sind der Obere und Rotgüldenstollen (Abb. 3). Es handelt sich um kleine Stollen von 1,2 m Höhe und 0,6 m Breite, die mit Schlägeln und handgeführten Spitzmeißeln aufgefahren wurden. Aufgrund ihrer Form und der Vortriebstechnik können sie grob ins 13. / 14. Jh. datiert werden. In den nachfolgenden Bergbauphasen wurden diese Stollen vielfach vergrößert. Lediglich im Oberen Stollen haben sich Reste unverändert erhalten.

Bergbau der frühen Neuzeit

Die Stollen des 16. Jhs. sind trapezförmig und wurden in Schlägel-Eisenarbeit angelegt (Abb. 4,1). Die erhaltenen Spuren erlauben eine genaue Rekonstruktion der Vortriebstechnik. Im hinteren Bereich des Oberen Stollens hat sich ein einzelnes Bohrloch mit 5 cm Durchmesser erhalten, das um 1700 oder älter datiert. Es wurde von Hand mit einem ca. 80 cm langen Bohrmeißel angelegt und ist bisher der erste bekannte Befund dieser Art im Kinzigtal.

Bergbau in der Blütezeit des 18. Jahrhunderts

Erbstollen und Mittlerer Stollen stammen aus dem 18. Jh. (Abb. 3). Im Abbaubereich über dem Mittleren Stollen haben sich Spuren älteren Bergbaus erhalten, der vom Hauptschacht her den Erzgang anfuhr. Der Erbstollen diente u. a. dazu, Wasser aus diesen Bereichen der Grube abzuleiten. Darunter wurde es mittels handbetriebener Pumpen gehoben. Die noch vorhandenen, originalen Türstöcke aus Tannenholz im Mittleren Stollen konnten dendrochronologisch in die Zeit 1721 - 30 datiert werden (Abb. 4,2), der Holzausbau in einem Gesenk auf 174l.(6)

Archäologische Funde aus dem Bergwerk

Die während der Aufwältigungsarbeiten geborgenen Funde stammen aus dem Zeitraum des 16. - 18. Jhs. Bei den meisten handelt es sich um Werkzeuge, die beim Stollenvortrieb und im Abbau eingesetzt wurden, wie z. B. Bergeisen, Bohrmeißel und Schlägel (Abb. 5). Die Holzfunde umfassen Werkzeugstiele, Tröge zum Fördern des Erzes und einen Wasserkübel. Zusammen mit den zugänglichen Grubenbauen erlauben die Funde einen ersten Blick auf die Entwicklung eines Bergwerkes im Kinzigtal und die Arbeitswelt der Bergleute seit dem späten Mittelalter. Die Informationen aus den montanarchäologischen Untersuchungen der Grube Segen Gottes gehen damit weit über die bekannte schriftliche Überlieferung hinaus.

Abb. 4: Stollen des 16. (1) und 18. Jahrhunderts (2) in der Grube Segen Gottes.


Weitere Bergbauspuren bei Schnellingen

Von den anderen Gruben im Bereich Schnellingens liegen kaum archäologische Daten vor. Soweit sie zugänglich waren, wurden sie bereits vor mehreren Jahren oder Jahrzehnten befahren, in den günstigsten Fällen fotografiert sowie einige Funde geborgen, wie z. B. in der Grube Drey (Abb. 5,8). Ein trapezförmiger, mit Schlägel und Eisen aufgefahrener Stollen dieses Bergwerks ist dem 16. Jh. zuzuweisen, wie auch möglicherweise zwei gefundene Bergeisen. 1722 wurde das Bergwerk unter dem Namen "Heilige Dreifaltigkeit" gemutet.(7) In späteren Berichten und Grubenrissen erhielt es den Namen "Drey" oder "Treu" und wird als "sehr alte" Grube bezeichnet. Mit einem alten oberen Stollen war der Gang bei etwa 9 Lachter Querschlagslänge aufgeschlagen. Im Gang war in einer früheren Betriebsperiode ein Gesenk niedergebracht worden, in dem er zwar sehr mächtig, jedoch zertrümmert und ohne Erze anstand.

Das Bergwerk St. Barbara am Herrenberg wird von W. M. Vogelsang als eines der ältesten Bergwerke im Haslacher Revier bezeichnet.(8) Es war zu seiner Zeit unter dem Namen "Silberbrünnle" bekannt. Durch die Anlage eines Felsenkellers wurde es wieder geöffnet. Die Strecken sind in Schlägel- und Eisenarbeit mit unregelmäßigen Sohlen vorgetrieben worden, wie sie nach W. M. Vogelsang "nur in den ältesten Zeiten des Bergbaus vorkommen." Die trapezförmigen Stollen datieren ebenfalls ins 16. Jh. Im Stoß haben sich ferner zwei Vermessungspunkte in Form von Kreuzen erhalten. Bei früheren Befahrungen konnten Nägel und ein Erzrechen geborgen werden (Abb. 5, 9).

Gezähefunde aus den Bergwerken Segen Gottes, Drey, Barbara und Anton: 1-5 Bergeisen aus der Grube Segen Gottes, 6 Vorschlaghammer aus der Grube Segen Gottes, 7 Axt aus der Grube Segen Gottes, 8 Bergeisen aus der Grube Drey, 9 Erzrechen aus der Grube Barbara und Anton. - oben Gezähefunde aus den Bergwerken Segen Gottes, Drey, Barbara und Anton: 1-5 Bergeisen aus der Grube Segen Gottes, 6 Vorschlaghammer aus der Grube Segen Gottes, 7 Axt aus der Grube Segen Gottes, 8 Bergeisen aus der Grube Drey, 9 Erzrechen aus der Grube Barbara und Anton. - mitte Gezähefunde aus den Bergwerken Segen Gottes, Drey, Barbara und Anton: 1-5 Bergeisen aus der Grube Segen Gottes, 6 Vorschlaghammer aus der Grube Segen Gottes, 7 Axt aus der Grube Segen Gottes, 8 Bergeisen aus der Grube Drey, 9 Erzrechen aus der Grube Barbara und Anton. - unten
Gezähefunde aus den Bergwerken Segen Gottes, Drey, Barbara und Anton: 1-5 Bergeisen aus der Grube Segen Gottes, 6 Vorschlaghammer aus der Grube Segen Gottes, 7 Axt aus der Grube Segen Gottes, 8 Bergeisen aus der Grube Drey, 9 Erzrechen aus der Grube Barbara und Anton.


Im Jahre 2006 wurden bei Bauarbeiten am Sonnenrain Keramik des 13. - 16. Jhs. und eine Holzrinne aus einem Tannenstamm zutage gefördert. Da die ursprüngliche Lage im Boden nicht mehr genau ermittelt werden konnte, ist lediglich zu vermuten, dass die Rinne in Verbindung mit einigen verbrochenen Stollen im Hang steht. Konstruktionsgleiche Rinnen bzw. Holzleitungen sind z. B. auch von Stauweihern bekannt. Das Alter der Rinne konnte dendrochronologisch mit 1287 bestimmt werden.(9)

Siedlungen der Bergleute

Weder für das Mittelalter noch für die nachfolgende Zeit sind in den Bergbaugebieten um Haslach bisher Befunde von Bergbausiedlungen bekannt geworden. Vermutlich haben die Bergleute in den heute noch bestehenden Dörfern Schnellingen, Bollenbach, Welschbollenbach, Steinach, Welchensteinach und Fischerbach gesiedelt, in deren unmittelbarer Umgebung sich zahlreiche Stollen befinden. Für die Pfarrei Steinach finden sich Hinweise für das 18. Jh. im Kirchenbuch, in dem Namen von Bergleuten überliefert sind, die u. a. aus Tirol, dem Elsass und dem Breisgau stammen. Im Fall von Schnellingen, Bollenbach und Steinach handelte es sich nicht um ausschließliche Bergbausiedlungen. Auffällig sind die Ortsnamen mit "Welsch-" oder "Welschen-" in der Nähe von Haslach. Die Vorsilbe "Welsch-" wird immer wieder als Hinweis auf die Ansiedlung von Keltoromanen verstanden, die von den Alamannen so bezeichnet wurden.(10) Die Weitergabe von Namen aus diesem Zeitraum ist jedoch fraglich.(11) Überprüft werden sollten die Namen vor einem mittelalterlich-frühneuzeitlichen Verständnishintergrund unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Bergleute mit ihren Rechten, Privilegien und eigener Gerichtsbarkeit außerhalb der ländlichen und städtischen Gesellschaft standen. Zudem waren sie möglicherweise zugewandert, und aufgrund ihrer Mobilität dürfte es in den wenigsten Fällen zu einer Integration in die ansässige Bevölkerung gekommen sein.(12) Damit waren sie mit Sicherheit "Welsche" bzw. Fremde. Welschbollenbach liegt in der Nähe der Grube Baberast. Auch für die Gegend um Welchensteinach ist Bergbau belegt. Ein weiteres Beispiel im oberen Kinzigtal ist Welschdorf im Lehengericht. Es könnte sich möglicherweise um Ansiedlungen von Bergleuten auf dem Gebiet der Dörfer Bollenbach(13) und Steinach(14) handeln.(15) Steinach wird erstmals 1139 genannt(16), Welchensteinach 1240 als "Welscensteina".(17) 1309 werden "swaz silberberge in den bannen ze Welchensteina funden wirt" erwähnt.(18) Im 18. Jh. wurden in der Grube St. Ursula Antimonerze abgebaut.(19) Für Welschbollenbach setzen die Quellen im 15. Jh. ein. 1437 heißt es "in dem Welschen Bollenbach"(20) und 1568 "das thal Welschen Bollenbach" (Fürstenberg. Mitt. 2,210). Bergbau ist erstmals für 1575 historisch belegt.(21) Die genannten Dörfer haben eine ähnliche Lage wie die nach 1300 entstandene Bergbausiedlung Haigerach mit der Kapelle St. Michael. Abschließend kann festgestellt werden, dass die Bergbausiedlungen vorerst ein Desiderat für nachfolgende archäologische Forschungen bleiben. Nur bauarchäologische Untersuchungen sowie Baustellenbeobachtungen in den einzelnen Ortschaften können weitere Informationen liefern.

Burg Schnellingen und Bergbau

Die Burg des seit 1293 bekannten Rittergeschlechtes von Schnellingen wird 1324 erstmals erwähnt.(22) Das Kloster Gengenbach war Lehnsherr über einen Teil der zur Burg gehörenden Güter. In einem Schiedsspruch von 1425 werden als Bestandteile der Burg ein Turm mit "Sprachhuß", "ussern Tor und Brücke", das andere "Sprachhuß" über dem "Zwingolf", ein "Backhus", ein Weiher, verschiedene Gärten, darunter einer um den Brunnen, und Reben aufgezählt.(23) Die Schaffneirechnung von 1643 spricht nur noch von einem Schlossgraben, und die Karte von J. Mentzinger aus dem Jahre 1655 weist die Burg nicht mehr auf. Unter dem Außenputz der 1745 erbauten Maria Huf-Kapelle in Schnellingen wurde 1972 eine Spolie freigelegt.(24) Es handelt sich um den Teil einer Fensterlaibung aus Sandstein, der vermutlich von der Burg stammt und in das 12. Jh. datiert (Abb. 6). Weitere Funde oder sichere Baubefunde sind bisher nicht bekannt geworden. Bei den befestigten Adelssitzen des 11. / 12. Jh. handelte es sich überwiegend um Turmburgen. Die im Grundriss meist quadratischen oder rechteckigen Wohntürme sowie eventuell vorhandene Nebengebäude waren von einem äußeren Bering aus Palisade oder Schildmauer mit vorgelegtem Graben umgeben.(25)


Kapelle in Schnellingen mit Spolie

Nach den bisherigen Erkenntnissen stand die Burg Schnellingen in keiner Beziehung zum Montanwesen. Auch für die konstatierte Beteiligung anderer Ministerialen in der Umgebung am Bergbau fehlen jegliche Hinweise.(26) Für die Burg ist als wirtschaftliche Grundlage der Fischfang in Betracht zu ziehen.(27) Das Wort "Schnelling" bezeichnet das Schnellinger Kinzigwehr, das schon 1324(28) vorhanden gewesen sein muss und in späteren Urkunden von 1481 und 1494 als "Tych und wur" angegeben wird.(29) Beispiele für eine sicher nachgewiesene Verbindung von Herrschaft und Bergbau sind die Burg Wittichenstein im Kinzigtal(30) und die Birchiburg bei St. Ulrich im südlichen Schwarzwald. Ein Zusammenhang von Burg und Bergbau bleibt eher die Ausnahme, selbst bei unmittelbarer räumlicher Nähe.

Kapelle in Schnellingen mit Spolie
"In Haslach gräbt man Silbererz ..."


Die Bewertung der Beziehungen der Stadt Haslach zum Bergbau gestaltet sich aufgrund der Quellenlage teilweise schwierig. Für das Mittelalter liegen keine Quellen in dieser Hinsicht vor. Haslach war zunächst als Markt an der Pfarrkirche St. Arbogast gegründet worden, deren Patrozinium auf eine Zugehörigkeit zum Kloster Gengenbach bzw. Bistum Straßburg hinweist. Ende des 13. Jhs. wurde die Siedlung zur Stadt erhoben.

Haslach war im 13. Jh. Markt, Reichssteuer- und Verwaltungsmittelpunkt im Kinzigtal, ferner ab dem 14. Jh. Residenz der Fürstenberger, die das Bergregal inne hatten. Daraus lässt sich jedoch nicht automatisch ein Status Haslachs als Bergstadt ableiten.(31) Im 16. Jh. sollen 400 - 500 Bergleute im Haslacher Revier gearbeitet haben, die einem eigenen Bergrichter unterstanden. In der Regel wohnten die Bergrichter allerdings nicht in der Stadt, sondern wie die Bergleute bei den Bergwerken. Haslach dürfte auf jeden Fall eine wichtige Rolle in der Versorgung der Bergleute zugekommen sein, ebenso wie auch Freiburg in dieser Zeit. Erst im 18. Jh. erhielt Haslach mit der Einrichtung des Fürstlich Fürstenbergischen Bergamtes in der Stadt eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Verwaltung des Bergbaus im Kinzigtal.

Ohne im Detail auf die Stadtgeschichte einzugehen, bringt ein Blick auf die allgemeine Siedlungsgeschichte und die vorhandenen Befunde Klarheit hinsichtlich des Status Haslachs im Mittelalter. Es kann folgendes grobes Schema erstellt werden: Vor 1000 existierten im Kinzigtal nur wenige Siedlungen, wie z. B. das Kloster Gengenbach seit dem 8. Jh. Insbesondere ab dem 11. Jh. kam es zu einem verstärkten Landesausbau. Zunächst spielten kirchliche Bauten und Niederlassungen eine wichtige Rolle in diesem Prozess. Die Bedeutung des Adels tritt ab dem späten 11. Jh. verstärkt in Erscheinung.(32) Als Wirtschaftsflächen der älteren Siedlungen im Kinzigtal dienten die Seitentäler, die bis zum 13. / 14. Jh. größtenteils erschlossen und besiedelt waren. Von dieser Zeit an kam es auch zu einer weitgehenden Festigung der Territorialherrschaften und in deren Zuge zu Stadtgründungen, wie z. B. Haslach, Wolfach und Prinzbach. Erst die Herrschaftsterritorien machten diese für den Adel wirtschaftlich, politisch und militärisch interessant.(33) Die Stadtgründungswelle erreichte im 13. / 14. Jh. ihren Höhepunkt, wobei die späten Beispiele meist nicht über den Rahmen einer Kleinstadt hinaus kamen. Auch Haslach, Hausach, Prinzbach und Wolfach wurden im 13. Jh. zu Städten erhoben. Haslach steht im Zusammenhang mit der Herrschaft der Fürstenberger und der Sicherung ihres Territoriums. Prinzbach gehörte zur Herrschaft Geroldseck, hatte jedoch Bergbau als Wirtschaftsgrundlage, der Anreiz für die Stadtgründung neben der Vorgängersiedlung mit der Pfarrkirche war.(34) Haslach hatte ebenfalls eine ältere zentralörtliche Funktion, u. a. durch die Pfarrkirche St. Arbogast, die ursprünglich an einen Herrenhof gebunden gewesen sein könnte. Ferner weist der Ort eine verkehrsgeografisch günstigere Lage und eine größere Wirtschaftsfläche in den nach Süden gelegenen Talschaften auf. Ähnliches ist für Hausach(35) und Wolfach zu beobachten, wobei hier eine Verlagerung des Siedlungsschwerpunktes stattfand, so dass die Pfarrkirchen, wie im Fall von Prinzbach, außerhalb der Stadtmauern liegen. Der Stadtwerdungsprozess verlief wahrscheinlich wie im Fall von Gebweiler in Form einer mehrere Generationen andauernden Siedlungskonzentration.(36) Soweit Lagerstätten vorhanden waren und abgebaut wurden, trug der Bergbau zum Wirtschaftsleben der Städte bei. Mit Ausnahme von Prinzbach entstanden jedoch keine Bergstädte, d.h. der Erzabbau spielte in der Stadtwirtschaft meist eine eher untergeordnete Rolle. Ein ähnliches Muster des Ausbaus ist im nördlichen Schwarzwald(37) und im Münstertal im südlichen Schwarzwald auszumachen.

Schlussbetrachtung

Über den Bergbau im Kinzigtal sind mehrere geologisch-lagerstättenkundliche und historische Arbeiten erschienen. Vor allem aus der Blütezeit des 18. Jhs. haben sich zahlreiche Dokumente und Risse erhalten, die eine sehr gute Datenbasis bilden. Jedoch wurde kaum ein Bergwerk im Kinzigtal archäologisch untersucht. Lediglich in der Bergstadt Prinzbach, die in einem Seitental des Kinzigtales liegt, wurden kleinere archäologische Grabungen durchgeführt. Das bisher einzige archäologisch dokumentierte Bergwerk im Kinzigtal ist die Grube Segen Gottes bei Schnellingen.

Die Untersuchungen haben die Komplexität der Befunde gezeigt. Ferner wird deutlich, dass die Ergebnisse über die bekannten historischen Daten hinausgehen. Letztere müssen teilweise revidiert werden. So steht der Bergbau in keinerlei Beziehung mit den Zähringern oder den Ministerialengeschlechtern des späten Mittelalters. Auch kann den bisherigen Ausführungen hinsichtlich der Stadt Haslach und dem Bergbau(38) weder historisch noch montanarchäologisch gefolgt werden.

Anmerkungen und Literaturnachweis

1.) A. Luz, Geologische Kartierung, geochemische und strukturgeologische Untersuchungen in der Grube "Segen Gottes" und in ihrem Umfeld, Haslach-Schnellingen im Kinzigtal. Dipl.-Arbeit Universität Freiburg 2003; W. Werner, Der historische Bergbau im Kinzigtal (Schwarzwald) unter besonderer Berücksichtigung der Grube "Segen Gottes" bei Haslach-Schnellingen. Ztschr. zur Geschichte des Berg- und Hüttenwesens, H. 1/2004, S. 7 - 24; Ders. / V. Dennert, Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald, Freiburg 2004, S. 196 ff.  
2.) Dazu J. Barnatt, Prehistoric and Roman mining in the Peak District: Present knowledge and future research. Mining History, Vol. 14, No. 2, 1999, S. 19 - 30, hier S. 26.  
3.) Werner / Dennert 2004, S. 196.  
4.) M. Bliedtner / M. Martin, Erz- und Mineralfundstellen des mittleren Schwarzwaldes, Freiburg 1986, S. 235.  
5.) Werner 2004. - Werner / Dennert 2004, S. 196 f.  
6.) W. Tegel / A. Billamboz (Bearb.), Dendrochronologische Untersuchungen "Grube Segen Gottes", Bericht 1. Unveröff. Bericht Landesdenkmalamt Baden-Württemberg 2001; W. Tegel (Bearb.), Dendrochronologische Untersuchungen "Grube Segen Gottes", Bericht 2. Unveröff. Bericht Landesdenkmalamt Baden-Württemberg 2003; Ders., Dendrochronologische Untersuchungen in den Bergbaurevieren des Schwarzwalds. In W. Werner / V. Dennert, Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald, Freiburg 2004, S. 24 - 28.  
7.) W. M. Vogelsang, Geognostisch-bergmännische Beschreibung des Kinzigthaler Bergbaues. Beitr. Statist. Inn. Verwalt. Großherzogth. Baden, H. 21, Karlsruhe 1865, S. 124.  
8.) Vogelsang 1865, S. 121.  
9.) W. Tegel (Bearb.), Dendrochronologische Untersuchungen "Grube Segen Gottes", Bericht 3. Unveröff. Bericht Landesdenkmalamt Baden-Württemberg 2007.  
10.) Vgl. K.-E. Maier, Geschichte von Welchensteinach, Welchensteinach 1966, S. 30 ff., bes. S. 34 ff.  
11.) Vgl. H. Nortmann, Bezeichung und Deutung - zu den Namen archäologischer Stätten. Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier, 36, 2004, S. 21 - 28, hier S. 28.  
12.) Vgl. A. Westermann, Entwicklungsprobleme der vorderösterreichischen Montanwirtschaft im 16. Jahrhundert, Idstein 1993, S. 60.  
13.) A. Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, Bd. I, Heidelberg 1904, Sp. 243: FUB 11,285, 1370 "dorf Bollenbach gelegen nidewendig Snellingen in Steinacher kirchspiel."  
14.) A. Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, Bd. II, Heidelberg 1905, Sp. 1071: WUB. 2,8: 1139 Kop. 1276 "in Mortunagia Steinach"; 1240: "Steinahe" K. Gengenbach-Offenburgzell (Zell am Harmersbachl; 1250 FUB 1,196.  
15.) Vgl. auch Westermann 1993, S. 60 u. Anm. 178: "bevorzugte Fremdlinge".  
16.) Vgl. Krieger 1905, Sp. 1071.  
17.) Krieger 1905, Sp. 1417; Maier 1966, S. 26.  
18.) K. Haus- u. Staatsarchiv; Heinrich III. v. Hachberg-Hachberg; vgl. ReggMBaden 1, h 14.  
19.) Vogelsang 1865, S. 128; vgl. Maier 1966, S. 194.  
20.) FUB IV, 475; Krieger 1905, Sp. 1416.  
21.) Fürstenberg. Mitt. 2,258.  
22.) W. Scheurer, Die Burg Schnellingen. Die Ortenau 64 / 1984, S. 403 f., hier S. 403.  
23.) FUB IV, 517.  
24.) Vgl. Scheurer, 1984, S. 403.  
25.) H. W. Böhme, Burgen in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. In ders. (Hrsg.), Burgen der Salierzeit, Teil 2, Sigmaringen 1992, S. 7 - 80, hier S. 70.  
26.) M. Hildenbrand, Haslach im Kinzigtal - 700 Jahre Stadtrechte. In M. Hildenbrand (Hrsg.), Haslach im Kinzigtal. Aus Geschichte und Brauchtum, Haslach i. K. 1978, S. 10 - 16, hier S. 16.  
27.) F. Schmider, Die Burg Schnellingen. Die Ortenau 50/1970, S. 469 - 477, hier S. 471.  
28.) FUB II, 125.  
29.) FUB VII, 52 Anm. 5 u. 6.  
30.) Vgl. H. Harter, Adel und Burgen im oberen Kinzigtal, Freiburg 1992; G. Markl, Bergbau und Mineralienhandel im fürstenbergischen Kinzigtal, Filderstadt 2005, S. 28.  
31.) Vgl. Hildenbrand 1978, S. 12 ff.  
32.) Vgl. auch K. Hitzfeld, Geschichte der Abtei und Stadt Gengenbach bis 1803. In P. Schaaf (Hrsg.), Gengenbach: Vergangenheit und Gegenwart, Konstanz 1960, S. 12 - 106, hier S. 16 ff.  
33.) R. Schreg, Dorfgenese in Südwestdeutschland - Das Renninger Becken im Mittelalter, Stuttgart 2006 (=Materialhefte zur Archäologie, H. 76), S. 32.  
34.) Zu Prinzbach vgl. W. Westermann, 750 Jahre Prinzbach, Zell a. Harmersbach 2007.  
35.) Die Kirche im Hauserbach war bis 1894 Pfarrkirche für Hausach und Umgebung.  
36.) Vgl. W. Stolz (Bearb.), Die Hans Stolz'sche Gebweiler Chronik, Freiburg 1979, S. 76 u. 81.  
37.) Vgl. D. Lutz, Archäologische Beiträge zur Besiedlung des nördlichen Schwarzwaldes im Früh- und Hochmittelalter. In H. W. Böhme (Hrsg.), Siedlungen und Landesausbau zur Salierzeit, Teil 2, Sigmaringen 1991, S. 15-38; Ders., Der Beitrag der Mittelalterarchäologie zur Siedlungsgeschichte des oberen Murgtales. In S. Lorenz/M. Matzke (Hrsg.), Siedlungsgeschichte und Waldnutzungsformen, Baiersbronn 1994 (= Freudenstädter Beitr. 10), S. 83 - 100.  
38.) Vgl. Hildenbrand 1978, S. 12 ff.  

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