Die Oppenauer Kabinettscheiben


Beschreibung der Kabinettscheiben - Renchtäler Heimatmuseum© 2014 - Stadt Oppenau, Text: Wolfram Brümmer.

Scheibe 1 - Oppenauer Rats- und Gerichtssitzung um 1620

Diese, wohl die schönste Scheibe, eine Miniatur in der Originalgröße von 9 cm x 23 cm, stellt eine Oppenauer Rats- und Gerichtssitzung dar. In der Mitte sitzt der Vogt Jeremias Rebstock, er hält den Gerichtsstab, am mit Akten beladenen Tisch sitzt federführend der Amtsschreiber.

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Beeindruckend ist die sorgfältige Bearbeitung und die Darstellung der Gesichter, eine fast "fotografische" Liebe zum Detail ist zu erkennen, wie dieser Ausschnitt zeigt, der im Original nicht einmal die Größe einer Briefmarke hat.Rechts und links neben dem Vogt sitzen je sechs Gerichtszwölfer. An dem linken Rand des Bildes, unweit der Türe, steht Hans Mertz, der Amts- und Gerichtsbott (= Gerichtsdiener), der richterlichen Befehle harrend.

Denn die Gerichtszwölfer übten die "untere Gerichtsbarkeit" aus. Beeindruckend ist die sorgfältige Bearbeitung und die Darstellung der Gesichter, eine fast "fotografische" Liebe zum Detail ist zu erkennen, wie dieser Ausschnitt zeigt, der im Original nicht einmal die Größe einer Briefmarke hat. Wenn man die Kleidung betrachtet, muss man feststellen, dass sich die Ratsherren schon herausgeputzt hatten, alle mit weißem Kragen, buntem Wams und gepflegten Schuhen.

Diese Scheibe erscheint 1927 noch in einem Katalog des "Zähringer-Museums" zu Baden-Baden. Nachforschungen in Baden-Baden sowie bei der Schlossverwaltung in Salem ergaben jedoch, dass diese Scheibe leider nicht mehr vorhanden wäre.

Als der Markgraf von Baden 1995 zur Tilgung von Millionenschulden (ca. 200 Millionen DM) Tausende von Gegenständen versteigern ließ, tauchte diese Scheibe dennoch wieder auf und die Stadt Oppenau konnte sie mit Hilfe von Sponsoren abermals in ihren Besitz bringen (d. h. bei der Auktion ersteigern).

Scheibe 2 - Oppenauer Wappenscheibe von 1617

Auf einem Schild in der Mitte ist das althergebrachte Wappen der Stadt Oppenau: Ein Torhaus mit zwei flankierenden von Mauern und Zinnen umgebenen Türmen. Ein die Zunge herausstreckender, auf den Hinterfüßen aufrecht stehender Bär, das Sinnbild der Stärke, hält mit den Vorderpfoten eine Fahne, auf der die Oberkircher und Oppenauer Wappen gemeinsam dargestellt sind.

Auf einem Schild in der Mitte ist das althergebrachte Wappen der Stadt Oppenau: Ein Torhaus mit zwei flankierenden von Mauern und Zinnen umgebenen Türmen.Ein die Zunge herausstreckender, auf den Hinterfüßen aufrecht stehender Bär, das Sinnbild der Stärke, hält mit den Vorderpfoten eine Fahne, auf der die Oberkircher und Oppenauer Wappen gemeinsam dargestellt sind "Alls wardt gezalt nach gepurt Christi (= als man nach der Geburt Christi zählte) im Monat den dreysigsten Augusti Eintausend Sechshundert fünfzehn jar, da war Oppenaw in Höchster gefahr Durch ein entstanden Schröckliche Brunst eß war alles Löschen umb sonst.
Damit sollte die Zusammengehörigkeit und Einigkeit der beiden Stadtwesen zum Ausdruck gebracht werden, wie sie im damaligen Gerichtswesen zwischen Oppenau und Oberkirch verankert war. (Jede Stadt entsandte Gerichtszwölfer in den Rat der Nachbarstadt).

Die Fahne trägt die hergebrachten Farben der Stadt (Rot-Weiß des eigentlichen Landesherrn Bistum Straßburg), ergänzt um das Gelb der damaligen Landesherrschaft Württemberg. Rechts und links befinden sich weibliche Tragefiguren, die das Gebälk stützen. Eine davon könnte Justitia darstellen, zur Verdeutlichung der Gerichtsbarkeit der beiden Städte.

Die linke Seite ist noch vollständig lesbar: Auf der rechten Seite lässt sich noch
folgender Text bruchstückhaft entziffern:
"Alls wardt gezalt nach gepurt Christi(1)
im Monat den dreysigsten Augusti
Eintausend Sechshundert fünfzehn jar,
da war Oppenaw in Höchster gefahr.
Durch ein entstanden Schröckliche Brunst
eß war alles Löschen umb sonst.
Daß gantze Stättlein Abbronen jst.
Nicht ein hauß uffrecht gebliben ist
Nachmalen dises Ratthauß ..."(2)
Allerdings von Neu ...
Durch nachgesetzte ...
In der gebauwen an ...
Daher .... feiner ...
Gott wolle so ferner vor B ...

Ihnen nach disen zu ...
Drauff absterben dass ...
Ahnen dass werde auch ...
Gott behuett weitter vor Feu ...
  1.) = als man nach der Geburt Christi zählte
2.) = später dieses Rathaus

Das Oppenauer Stadtwappen im Jahr 1617 in der Wappenscheibe

Dies ist eine der ältesten Darstellungen des Oppenauer Wappens.Dies ist eine der ältesten Darstellungen des Oppenauer Wappens. Die Beschreibung des heutigen Wappens lautet: "In Silber auf rotem Sockel eine Burg mit zwei spitzbedachten beknauften Zinnentürmen und niedrigerem giebelartigem Mittelturm mit offenem Tor und Fenster, beiderseits und unten umschlossen von einer runden, nach außen umgeklappten roten Zinnenmauer." In den unruhigen Zeiten im Jahr 1617 war die wehrhafte Zinnenmauer noch notwendig und sie bestand auch rund um das Städtchen.

Die Gerichtszwölfer und ihre Gattinnen

Der Bildaufbau ist bei den folgenden Scheiben selbst über die Jahrzehnte hinweg gleichermaßen schematisiert. Das Ehepaar steht in einer Art Halle oder Säulenbau. Beide Personen stehen durch eine Säule getrennt und die Ehefrau (immer rechte Seite, wie in der Kirche!) serviert ihrem Gatten einen Kelch.

Oben befindet sich bei den jüngeren Scheiben (1617) eine Szene aus dem Alten Testament aus der Schöpfungsgeschichte mit einem zugehörigen Spruch. Die älteren Scheiben dokumentieren wohl "Szenen aus dem Leben" des jeweiligen Ratsherrn.

Das Haus- oder Hofzeichen unten (meist in der Mitte) lässt auf den Beruf oder Herkunft des betreffenden Zwölfers schließen, sie sind (Zunft-) Wappenmotive oder die Initialen des Ratsherrn. Darunter die Namen des Paares und die Jahreszahl. Die Kleidung der Personen soll typisch für Patrizier jener – ihrer Zeit sein, wobei wenige Jahre doch deutliche Unterschiede machen, siehe 1588 im Vergleich zu 1617. Soweit über die dargestellten Personen im Kirchenbuch noch ein Eintrag zu finden war, so ist dieser hier im folgenden Text angefügt.

Die Beschreibung der Scheiben ist in der Struktur schematisch dargestellt: Oberes Bild (soweit vorhanden), Bild des Paares, Inschrift, Namensfeld, Hauszeichen, Kirchenbucheintrag. Bei einigen Bildern werden Details besonders – in Ausschnittvergrößerung – hervorgehoben. Die Bilder sind im Original nicht viel größer als ein DIN A4 Blatt, einzelne vergrößerte Ausschnitte sind daher im Originalbild oft nicht größer als eine Briefmarke.


Scheibe - Jacob ....r 1617


Postreiter? Amtmann? Zöllner?Jacob ... r im Läupach und eheliche hausfrau. Das Hauszeichen unten links, eine Schippe, weist auf den Beruf des Bauern hin.
Jacob ... r im Läupach und eheliche hausfrau. Das Hauszeichen unten links, eine Schippe, weist auf den Beruf des Bauern hin.


Scheibe Christma Bechlin grichtszwölfer und Gertraut sein Hausfraw


Christma Bechlin grichtszwölfer und Gertraut sein Hausfraw  Adam und Eva machen sich die Erde untertan: "Adam fieng an Pflantzen und Bawen zu Gott stellt er all sein verthrawen."  Das Wappen weist auf das verbriefte Mahlrecht hin: Metzgerbeil und halbes Zahnrad. Er war wohl Metzger und Müller.  Kirchenbuch: gestorben im August 1635 Christianns Bechlin aus dem Städtchen. Seine EhefrauGertraut wird 1632 als Hexe hingerichtet.Kirchenbuch: gestorben im August 1635 Christianns Bechlin aus dem Städtchen. Seine EhefrauGertraut wird 1632 als Hexe hingerichtet.Das Wappen weist auf das verbriefte Mahlrecht hin: Metzgerbeil und halbes Zahnrad. Er war wohl Metzger und Müller.
Adam und Eva machen sich die Erde untertan: "Adam fieng an Pflantzen und Bawen zu Gott stellt er all sein verthrawen."


Das Wappen weist auf das verbriefte Mahlrecht hin: Metzgerbeil und halbes Zahnrad. Er war wohl Metzger und Müller.

Kirchenbuch: gestorben im August 1635 Christianns Bechlin aus dem Städtchen. Seine Ehefrau Gertraut wird 1632 als Hexe hingerichtet.


Scheibe Hanß Braun
1617


"Die Eva hat der Welt das Glück verloren - Inn Schmertzen ihre Kinder geboren"Hanß Braun Gerichtszwölfer und Apolonia sein HausfrawHauszeichen: Zwei Sterne
"Die Eva hat der Welt das Glück verloren - Inn Schmertzen ihre Kinder geboren" - Hanß Braun Gerichtszwölfer und Apolonia sein Hausfraw - Hauszeichen: Zwei Sterne.

Am Baume der Erkenntnis:

Kirchenbucheintrag: 1635 Januar 6. stirbt Hanß Braun ab dem sustedt(= Suschetbauer, Suschet)


Scheibe Hanß Kössler 1617


"Gott nam ein Ripp aus Adams Leib - schuoff Eva draus jm zuo eim Weib"Hanß Kössler Gerichtszwölfer und Eva sein HausfrawHauszeichen: Schippe über Dreiberg bedeutet, der Gerichtszwölfer war ein Hofbauer.
"Gott nam ein Ripp aus Adams Leib - schuoff Eva draus jm zuo eim Weib" - Hanß Kössler Gerichtszwölfer und Eva sein Hausfraw - Hauszeichen: Schippe über Dreiberg bedeutet, der Gerichtszwölfer war ein Hofbauer.


Die Erschaffung Evas

Kirchenbucheintrag: 1629 den 3. Augusti starb der ersam Hans Khesler, Gerichtszwölfer, 1636 Juli starb seine Frau


Scheibe Hanß Feger 1617

"Cain schluog seinen Bruoder zuo Todt Gott strafft in, daß er lief in not"Hanß Feger gerichtszwelfer und Agada sein ehelich hausfrawHauszeichen: Buchstaben H. F.
Ermordung Abels - "Cain schluog seinen Bruoder zuo Todt Gott strafft in, daß er lief in not" - Hauszeichen: Buchstaben H. F.


Hanß Feger gerichtszwelfer und Agada sein ehelich hausfraw

Im Kirchenbuch: 1629 den 27. Dezember ist gestorben Hanß Feger Gerichtszwölfer aus dem Peterstal.

Am 28. / 18. Juli 1631 ist Agathe Feger als Hexe hingerichtet worden


Scheibe Jacob Schmidt 1610


Bewirtung und WachhundJacob Schmidt und margarete Brauerin sein Eheliche hausfrawBeede Burger zu Dornstetten An Jetzo Gastmeister Uffem KniebisSchmidt war auch Wirt auf der "Sonne" in Oppenau, der "Obere Wirt"
Bewirtung und Wachhund - "Adam fieng an Pflantzen und Bawen zu Gott stellt er all sein verthrawen."


Aus dem Leben des Gastwirts und Zöllners Jacob Schmidt

Jacob Schmidt und margarete Brauerin sein Eheliche hausfraw

Beede Burger zu Dornstetten. An Jetzo Gastmeister Uffem Kniebis. Schmidt war auch Wirt auf der "Sonne" in Oppenau, der "Obere Wirt" - Wohlhabende Familie, das Kind hat eine Spielzeugpuppe.


Scheibe Hans Felder 1588

Eine Herde wird getriebenHans Felder grichtszwelffer zuo Openau margret veglerin sein HausfrauHauszeichen: Lässt auf einen Handwerker schließen. Oder deutet das obere Bild auf den Beruf Viehhändler? Hinweis auf Stabhalter?
Hans Felder grichtszwelffer zuo Openau margret veglerin sein Hausfrau

Hauszeichen: Lässt auf einen Handwerker schließen. Oder deutet das obere Bild auf den Beruf Viehhändler? Hinweis auf Stabhalter?


Scheibe Matheus Braun 1588

Ob dieser Zierrat etwas Berufliches anzeigen soll ist fraglich. Auf jeden Fall weisen der Degen des Mannes und das restliche Wappenschild auf eine höhergestellte Persönlichkeit hin. Dtäus ... gerichtszwelffer zu Openaw ... Roneckerin sein Eheliche ...Das Wappen könnte auf Drechsler oder Wagner hinweisen
Dtäus ..... gerichtszwelffer zu Openaw ... Roneckerin sein Eheliche ...

Ob dieser Zierrat etwas Berufliches anzeigen soll ist fraglich. Auf jeden Fall weisen der Degen des Mannes und das restliche Wappenschild auf eine höhergestellte Persönlichkeit hin.

Oberes Bild fehlt, kein Text. Da vor dem Stadtbrand datiert, könnte die Beschädigung daher rühren. Dtäus ... wird als Matheus Braun vermutet. Das Wappen könnte auf Drechsler oder Wagner hinweisen


Wappenscheibe des Bischofs Erasmus


Wappenscheibe des Bischofs Erasmus - HelmzierDiese Wappenscheibe des Fürstbischofs von Straßburg, Erasmus Schenk von Limpurg (1541-1568) wurde im Jahre 1551 der Stadt Oppenau geschenktWappenscheibe des Bischofs Erasmus - Legende
Die Wappenscheibe (Abbildung - Ausschnitt) des Fürstbischofs von Straßburg, Erasmus Schenk von Limpurg (1541-1568)wurde im Jahre 1551 der Stadt Oppenau geschenkt.Diese Wappenscheibe des Fürstbischofs von Straßburg, Erasmus Schenk von Limpurg (1541 - 1568) wurde im Jahre 1551 der Stadt Oppenau geschenkt.

Die Wappenscheibe des Landesherrn wurde der Stadt Oppenau 1551 als Geschenk übereicht, wie aus der heute nicht mehr lesbaren Inschrift hervorgeht. Erasmus Schenk von Limpurg (1507 - 1568) war 1541 zum Bischof von Straßburg gewählt worden.

Im Zentrum ein vierteiliges Wappenschild mit dem goldenen Schenkenbecher in der Mitte (als Zeichen für das Erbamt des kaiserlichen Mundschenken) vereinigt das Wappen des Hochstifts von Straßburg (links oben), den Fränkischen Rechen der Bischöfe von Würzburg (rechts oben), das Wappen der Landgrafschaft Unterelsass (rechts unten) und das Stammwappen der Schenken von Limpurg mit den fünf silbernen Heerkolben [Streitkolben]. - (Museum Digital)







Die Oppenauer Glasgemäldescheiben - von Erwin Schopferer - die Ortenau 1968 / 244 ff

Die Stadt Oppenau besitzt zwei kunsthistorisch wertvolle Objekte:
1. Die heutige Friedhofkapelle, als dem Chor der einstigen Tal- und Pfarrkirche Sankt Johann auf dem Hügel aus der Zeit von 1464;
2. die zehn Glasgemäldescheiben, sogenannte "Schweizer-Kabinettscheiben“ aus der Zeit von 1588 - 1623, die heute im Rathaus in den Fenstern des Heimatmuseums der Stadt Oppenau eingeglast sind.

Diesen Glasgemäldescheiben, die auch in dem Buche "Kunstwanderungen in Baden" von Lacroix / Niester Erwähnung finden, soll die folgende Abhandlung, die sich auf eine unveröffentlichte Arbeit von Josef Ruf, Ratschreiber und hernach Bürgermeister in Oppenau von 1906 - 1920, stützt, gewidmet sein. Diese Arbeit von Josef Ruf, die wohl aus der Zeit um 1910 stammen dürfte, hat eigentlich dazu geführt, der Geschichte und Entstehung der Glasgemäldescheiben nachzugehen und zu versuchen, sie zu deuten. Es sei gleich zu Anfang darauf hingewiesen, daß von den wohl anfangs vorhandenen 29 Schweizer-Kabinettscheiben heute nur noch 16 vorhanden sind und von einer weiteren Scheibe, der wohl schönsten und wertvollsten, sich nur noch eine gute Abbildung im Sitzungssaal des Rathauses in Oppenau befindet. Wie schon erwähnt, sind zehn Scheiben hier in Oppenau, und sechs Scheiben, ebenfalls noch sehr gut erhalten, befinden sich im Besitze der fürstlich-badischen Familie im Archiv des Herrn Markgrafen Max von Baden auf Schloß Salem.

Die ältesten Glasmalereien in Deutschland sind im Dom zu Augsburg in den fünf Rundbogenfenstern, David, Moses und drei Propheten darstellend, und stammen aus dem Jahre 1070, dem Jahre, in welchem Oppenau im "Hirsauer Codex" seine erste geschichtliche Erwähnung fand. Über Kirchen und Rathäuser fand auch später die Glasmalerei Eingang in die Häuser wohlhabender Bürger. Eine Nachblüte erlebte die Glasmalerei vor allem in der Schweiz, wo manche Amts- und Bürgerstube mit kleinen farbigen Glasbildern geschmückt wurde, die dann den Namen "Schweizer- oder Züricher-Kabinettscheiben" trugen. Hierzu zählen auch die Oppenauer Glasgemäldescheiben.

Zu jener Zeit gehörte das Renchtal zum rechtsrheinischen Territorium des Fürstbischofs von Straßburg. Mehrere Jahrhunderte stand das Renchtal unter dem kulturellen Einfluß der Freien Reichsstadt Straßburg. Dies fand seinen Niederschlag auch in der heutigen gotischen Friedhofkapelle in Oppenau aus dem Jahre 1464 sowie in dem Kleinod gotischer Baukunst, der Wallfahrtskirche zu Lautenbach, aus der Zeit von 1471 - 1488 und in den noch erhaltenen Ruinen der Klosterkirche zu Allerheiligen. Auf dem Gebiete der Glasmalerei sind es die Werke eines Peter Hemmel von Andlau zu Straßburg aus der Zeit von 1482 - 1496. In Oppenau sind es die Glasgemälde des Laurenz Link und seines Sohnes Bartholomäus. Dieser Laurenz Link hatte in Zürich bei Josias Murer gelernt. Aus den Kirchenbüchern von Straßburg lassen sich zu jener Zeit sieben Glasmalerwerkstätten in dieser Stadt nachweisen.

Die noch vorhandenen Oppenauer Scheiben stammen, wie schon eingangs erwähnt, aus der Zeit von 1588 - 1623. Die meisten hiervon tragen die Jahreszahl 1617, und nur drei reichen in die Zeit vor dem großen Stadtbrand von 1615 zurück. Bis auf vier Scheiben zeigen alle das gleiche Motiv. Sie stellen einen Gerichtszwölfer, also einen Ratsherrn, mit seiner Ehefrau dar. Über beiden befindet sich eine biblische Szene mit einem entsprechenden biblischen Spruch, einem sogenannten "Gsetzel", darunter. Unter dem Ehepaar sind Name und Jahreszahl angegeben, und oft findet sich auch das Hauszeichen vor, das meist auf den Beruf des betreffenden Gerichtszwölfers schließen läßt.

Ein eingemauerter Stein mit der Jahreszahl 1616 am heutigen Hotel "Adler" in Oppenau besagt, daß hier das Amts- und Rathaus war sowie die sogenannte Amtsstube. Hier waren bis 1827 die Glasgemäldescheiben eingeglast. Die Amtsstube war mit einer Schildgerechtigkeit versehen und war später der Gasthof "Zum goldenen Adler". Leider ist dieser historische Bau 1895 einem Brande zum Opfer gefallen.

Die Oppenauer Gerichtszwölfer und vor allem ihr damaliger Vogt, Jeremias Rebstock, einem Straßburger Patriziergeschlecht entstammend, waren sehr selbstbewußte, freie Leute, und was der Renchtäler Adel in der Lautenbacher Kirche mit Wappenscheiben sich leisten konnte, das konnten sie sich doch für ihr Amts- und Rathaus auch erlauben. So sollten diese Scheiben auch hierin ihren Platz finden, wo sie, die Gerichtszwölfer, zum Wohle des Gemeinwesens zu Rate und Gericht saßen.

Daß über dem jeweiligen Bild des Gerichtszwölfers eine biblische Szene mit einem auf die Darstellung hinweisenden Spruch angebracht war, entsprach der Sitte jener Zeit und hatte auch belehrenden Charakter. Es ist für uns heute sehr bedauerlich, daß wir nichts wissen über die weiteren, nicht mehr vorhandenen zwölf Scheiben. Doch bevor über die geschichtlichen Begebenheiten dieser Scheiben berichtet wird, soll eine kurze Beschreibung derselben erfolgen: (Op) besagt im Besitze der Stadt Oppenau; (Sa) besagt im Besitze des Herrn Markgrafen von Baden im Archiv auf Schloß Salem.

Wie erging es nun den Oppenauer Glasgemäldescheiben weiterhin? Eine Rechnung vom 17. August 1666 besagt, daß der Glasmaler Dostellius aus Straßburg 29 Scheiben neu verbleit und ausgebessert habe. In einer Schrift von Zentner, "Das Renchtal", 1827 erschienen, waren diese Gemäldescheiben noch im Rarhaus; während sie in einer Neuauflage von 1839 nicht mehr erwähnt werden.

Die heutige Oppenauer Pfarrkirche wurde 1826 / 27 im Weinbrenner-Stil erbaut, und hier wurden dann diese Scheiben aus dem ehemaligen Amts- und Rathaus im Chor der Kirche eingeglast. Nun besteht aber keine Unterlage darüber, ob diese Glasgemäldescheiben in der Kirche nur einen neuen Aufbewahrungsort erhalten sollten oder ob sie der Kirche bzw. dem Kirchspiel geschenkt worden sind. Nach J. Ruf schenkte der Stadtrat von Oppenau 1831 der kunstsinnigen und allgemein beliebten Landesmutter, der Großherzogin Sophie, Oppenauer Scheiben für ihre Schlösser zu Staufenberg und Eberstein. Für diese Schenkung bestehen keine schriftlichen Unterlagen weder in Oppenau noch im Museum zu Baden-Baden.

In einer Kirchspielrechnung vom 30. Dezember 1837 von Glasermeister Fidel Birk wird festgestellt, daß derselbe auf Befehl von Bürgermeister Lehmann fünf Stück gemalte Scheiben aus der Kirche herausgenommen habe. Des ferneren wird bestätigt, daß 1837 unter Oberamtmann Fauler zu Oberkirch Glasgemäldescheiben aus der hiesigen Kirche genommen wurden. Dies müssen also die Scheiben gewesen sein, die nach Schloß Staufenberg kamen, sowie die Scheibe der Rats- und Gerichtssitzung, die dann um 1910 im Zähringer-Museum zu Karlsruhe erscheint und von Josef Ruf beschrieben wurde. Die sechs Scheiben auf Schloß Staufenberg ließ der verstorbene Markgraf Bertold von Baden 1939 nach Salem bringen, wo sie heute im Archiv aufbewahrt werden. Im Jahre 1883 waren noch zwölf Scheiben vorhanden. Da kam man hier auf den Gedanken, die "Kirchenscheiben" zu verkaufen, um wohl mit deren Erlös die Kirche zu renovieren. Man wandte sich damals an den Kunsthistoriker Professor Friedegar Mone, Karlsruhe. Dieser schätzte den Wert der zwölf Scheiben auf 6.000 bis 8.000 Mark, und wenn man einen besonderen Interessenten finden würde - man hoffte dabei auf die damalige Königin von Württemberg -, könnte auch mehr herauszuholen sein. Zum Glück für uns heute, wurde aus dem Verkauf der "Kirchenscheiben" nichts. Eine Rechnung vom 20. Februar 1884 spricht nur noch von zehn Glasgemäldescheiben, die für den Betrag von 120 Mark verbleit wurden. An acht Scheiben wurde "Fehlendes" ergänzt. Von dieser Ergänzung können wir heute nur sagen, daß der betreffende Meister bestimmt kein großer Fachmann war. Somit waren in der Zwischenzeit zwei Scheiben verschwunden, jedenfalls zerbrochen.

Seit etwa 1913 war im heutigen Rathaus keine Lehrerwohnung und auch kein Schulunterricht mehr. Man hat nun immer wieder versucht, diese sogenannten "Kirchenscheiben" wieder in das Rathaus zu bekommen. Dies gelang erst, als 1939 seine Exzellenz Erzbischof Dr. Gröber in Freiburg die Erlaubnis zur Ausglasung gab. Seit dieser Zeit sind die Oppenauer Glasgemäldescheiben nun im Rathaus in den Räumen des Heimatmuseums eingeglast. Man hat auch Schwarzweiß-Glasaufnahmen - nach vorhandenen Schwarzweiß-Fotografien - der sieben im Besitze der fürstlich badischen Familie sich befindenden Scheiben machen lassen. Leider sind aber diese Schwarzweiß-Kopien durch die starke Sonnenbestrahlung heute auch zerstört. Durch einen Briefwechsel im Jahre 1967 mit der Markgräflich-Badischen Schloßverwaltung zu Salem ist es gelungen, daß der Herr Markgraf Max von Baden die Erlaubnis erteilte, von den sechs dort befindlichen Oppenauer Glasgemäldescheiben Farbdias herstellen zu lassen. Somit besitzt heute die Stadt Oppenau in ihrem Archiv sehr gute Reproduktionen der insgesamt 17 Oppenauer Glasgemäldescheiben.

Es ist nicht nur für den Heimatfreund interessant, etwas über die nun 350 Jahre alten Scheiben zu erfahren, sondern vielleicht regt dieser Aufsatz auch dazu an, die hier noch vorhandenen Scheiben im Heimatmuseum einmal zu betrachten.

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