Geschichte der Herrschaft Lahr-Mahlberg
Dr. Hermann Wiedtemann: Die ehemalige Herrschaft Lahr-Mahlberg (I) (Der Altvater, 30.12.1950)
Wer sich mit der Geschichte der Gegend um Lahr befaßt, stößt auf das seltsame Gebilde der Herrschaft Lahr-Mahlberg mit ihren komplizierten und wechselvollen Besitzverhältnissen. Diese bestimmten, abgesehen von den kriegerischen Ereignissen, die sich auf dem Boden der Ortenau abspielten und europäisches Ausmaß hatten, weithin die innere Geschichte eines Großteils des Gebietes zwischen Kinzig und Bleich. Sie waren besonders entscheidend auch für die konfessionelle Auseinandersetzung und Entwicklung der Landschaft im Reformations- und Gegenreformationszeitalter. Auch die Geschichte der Stadt Lahr ist in diesem Rahmen zu sehen. Auf sie bezogen, lautet die historische Fragestellung, um die es hier geht: wie Lahr nassauisch und badisch wurde.
Daß die Markgrafen von Baden hier zu Besitz und Herrschaftsrechten gelangten, erscheint von der späteren Entwicklung her nicht verwunderlich. Und doch sind sie die jüngeren Landesherren im Gebiet. Dagegen wird nicht jedem einsichtig sein, was Nassau hier zu suchen hatte. Das liegt doch weit im Norden ... Die Geschichte unseres Gebietes, die hier in kurzen Zügen betrachtet werden soll, gibt darauf Antwort.
1. Das Mittelalter
Die beherrschende Rolle spielten im Hochmittelalter in der Gegend die Geroldsecker, denen das Schuttertal, ein großer Teil der Rheinebene zwischen Offenburg und Mahlberg, Orte im Kinzigtal, verstreute Besitzungen im Norden bis zur Oos, im Süden bis ins Dreisamtal, und auch solche über dem Rhein gehörten. Walter I. war mit der Erbin von Mahlberg, Heilika, vermählt. Damit kam diese Grafschaft an Geroldseck. Er starb 1277 und wurde im Stift zu Lahr, einer Gründung der Geroldsecker, begraben. Die Geroldsecker Lande wurden geteilt. Von seinen zwei Söhnen bekam Heinrich, der sich nach seiner Heirat mit Agnes von Veldenz Graf von Veldenz nannte, Hohengeroldseck, die Vogtei über das Kloster Ettenheimmünster, Zunsweier und Berghaupten, das Land östlich der alten Bischofsmühle, was nach Schwaben zu lag und das dortige Gut, ferner Ottenheim und die Burg Schwanau zur Hälfte. Der ältere Sohn Walters war bereits 1262 in der Schlacht von Hausbergen bei Straßburg als kaiserlicher Landvogt gefallen. So erhielten den übrigen Teil des Geroldsecker Gebietes dessen Söhne Heinrich, Walter und Hermann. Dieser umfaßte das Gebiet westlich der Bischofsmühle: Lahr, Mahlberg und anderes, Ottenheim und die Burg Schwanau zur anderen Hälfte, dazu den elsässischen Besitz. Einiges blieb gemeinsam.
Durch diese Teilung von 1277 wurde die Herrschaft Lahr-Mahlberg begründet und war bis 1426 in Händen dieser Geroldsecker Linie. Heinrich III. aber hatte keine Söhne. Die Erbtochter Adelheid war seit 1419 mit dem Grafen Johann von Mörs-Saarwerden vermählt. So kam der Anteil dieser Linie des Hauses Geroldseck an dieses gebietsfremde Grafengeschlecht, nicht ohne Streitigkeiten mit den Hohengeroldseckern. Die Folge dieser Auseinandersetzungen war eine Verschuldung beider Häuser. 1442 mußte darum Johann von Mörs-Saarwerden die Hälfte seiner Herrschaft an den Markgrafen Jakob von Baden-Baden verpfänden. Er konnte sie vorübergehend wieder auslösen, verpfändete sie aber nach der Urkunde von 1463 erneut, diesmal an Markgraf Karl von Baden-Baden und die Stadt Straßburg. 1480 löste Baden-Baden das Straßburg zugefallene Viertel für sich ein. Vertraglich war bestimmt worden, daß Schultheißen und Gerichtsleute nur gemeinsam eingesetzt oder des Amtes enthoben werden durften. Nur besondere Amtmänner und Schaffner wurden den Partnern zugestanden. Gebote und Verbote bedurften der Zustimmung der Teilhaber. Es fällt nicht schwer, sich die Schwierigkeiten für Obrigkeit und Untertanen vorzustellen, die sich aus einer solchen Herrschaftsgemeinschaft ergeben mußten. Gleichzeitig hatten aber auch die Hohengeroldsecker und die Klöster alte Rechte innerhalb der Herrschaft. In ein und derselben Ortschaft überschnitten sich die verschiedenen Ansprüche, landes- und gutsherrliche, weltliche und geistliche. Kein Wunder, daß unter diesen Umständen des Haders kein Ende war. Von Zeit zu Zeit mußten hier Verträge immer wieder ausgleichen. Auch weiterhin vollzogen sich Besitzveränderungen in der Herrschaft. So wurde schließlich die bisher nur verpfändete Hälfte der Herrschaft Lahr-Mahlberg "mit Schlössern, Dörfern, Weilern, Höfen, Leuten und Gütern .... allen Obrigkeiten, Herrlichkeiten, Ehren, Würden, Rechten, Gewohnheiten, Bergwerken, Wildbann, Wasser, Wurmen, Weiden, Renten, Nutzen, Gefallen und allen anderen Zu- und Eingehörungen, genannten und ungenannten, gesuchten und ungesuchten über und unter der Erde, großen und kleinen ... ohne Ausnahme", wie es in dem Kanzleistil der Zeit heißt, 1497 von den Mörs-Saarwerdern endgültig an Markgraf Christoph von Baden-Baden verkauft und dieser Kauf an Kaiser Maximilian I. 1498 bestätigt. Und 1503 verkauften auch die Hohengeroldsecker an ihn ihren seit 1481 pfandweise in seiner Hand befindlichen Anteil an Friesenheim, Schopfheim, Oberweier, Heiligenzell, dazu ihren in Friesenheim befindlichen Bauhof und die Erlachmatte bei Schuttern. Mit diesen beiden Käufen hatte Baden-Baden festen Fuß gefaßt.
2. Die Grafen von Nassau
Am Vorabend der Reformation trat das Geschlecht der Grafen von Nassau auf den Plan. Es herrschten damals die Grafen Johann und Jakob von Mörs-Saarwerden. Katharina, die Tochter Johanns, war mit dem Grafen Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken vermählt. Graf Jakob hatte 1514 noch keine Kinder. Katharina war also Erbtochter des Geschlechtes. Der Graf von Nassau wurde darum mit kaiserlicher Bestätigung als Mitregent eingesetzt. Als 1518 Johann von Mörs starb, Jakob noch immer kinderlos war, erhielt der Nassauer Graf von Kaiser Maximilian I. die Zusicherung der Lehensfolge, falls Jakob ohne männlichen Erben sterben sollte. Beim Tode Jakobs war jedoch ein spätgeborener Sohn vorhanden, Johanns (Hans) Jakob. 1521 wurde daher der Graf von Nassau von Karl V. in Gemeinschaft mit diesem, zugleich als dessen Vormund, mit dem Anteil an der Herrschaft Lahr-Mahlberg belehnt. Schon 1527 starb dieser Johann Jakob. Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken erhielt den ganzen Mörsischen Besitz. Auch diesen Wechsel der Dynastie fochten die Hohengeroldsecker an. Sie forderten die Rückgabe ihrer alten "Mann- und Stammlehen", der Burg Mahlberg "mit Zugehörde" und der Dörfer Kippenheim, Kippenheimweiler, Allmannsweiler, Nonnenweier, Wittenweier, Ichenheim, Dundenheim und Altenheim. Ebenso wie darum klagten sie beim Reichskammergericht wegen des bisherigen Mörser Teils der Dörfer Friesenheim, Oberweier, Oberschopfheim, Ottenheim und Heiligenzell. Diese sollten nach ihrer Meinung nach dem Aussterben des Mannesstammes der Grafen von Mörs als frühere Stammlehen ebenfalls wiederum an die Geroldsecker zurückfallen. Sie anerkannten also die Nassauer Erbfolge nicht. Das Urteil ließ lange auf sich warten. Es erfolgte erst 1595 und lautete auf Rückgabe. Nassau beantragte Urteilsrevision. Bis 1625 war jedoch daraufhin noch nichts erfolgt. Die einstigen Kläger waren darüber gestorben und an die Stelle der Nassau-Saarbrücker war das Haus Nassau-Weilburg getreten. Derzeitiger Herr von Hohengeroldseck war Graf Jakob. Zwischen ihm und Ludwig von Nassau kam es unter Mitwirkung des Grafen von Limburg und des Erbmarschalls von Papenheim zu einem Vergleich. Da die Grafen von Mörs und ihre Nachfolger, die Grafen von Nassau, nunmehr "in die zweihundert Jahre" im Besitze der Herrschaft waren, verzichtete Geroldseck auf das Gebiet. Der schwebende Prozeß sollte niedergeschlagen werden. Nassau zahlte einhunderttausend Gulden und übernahm eine Schuld der Geroldsecker an den Markgrafen von Baden-Baden aus dem Jahre 1603. Nassau blieb [sic!]
Dr. Hermann Wiedtemann: Die ehemalige Herrschaft Lahr-Mahlberg (II) (Der Altvater, 13.01.1951)
3. Reformations- und Gegenreformationszeit
Die Herrschaft war also seit 1527 unter der gemeinschaftlichen Regierung der Häuser Baden-Baden und Nassau. Das hatte schwerwiegende Folgen in der Reformations- und Gegenreformationsepoche. Es kam bei Einführung, Gestattung oder Hinderung der reformatorischen Bewegung bei Geltung des konfessionellen Bestimmungsrechtes durch den Landesherrn ("cuius regio eius religio") hier jeweils auf die Stellung zweier Fürstenhäuser an. Das begünstigte und hemmte je nach ihrer Einstellung sowohl die Verbreitung des Protestantismus wie die Rückführung zum Katholizismus im Laufe von zwei Jahrhunderten. Man kann durchweg sagen: Nassau unterstützte die Reformationsbewegung; selbst ein Fürst wie Johann IV. von Nassau, der geradezu den Beinamen "der Katholische" trug, ließ den Dingen ihren Lauf. Weniger einheitlich war die Haltung der Markgrafen von Baden-Baden. Philipp I. (1515 - 53) war der Reformation nicht abgeneigt, sah aber bei seinen Maßnahmen auf den jeweiligen politischen Vorteil. Der ihm folgende Neffe Philibert wurde erst 1556 volljährig. Er war von seinen Vormündern streng katholisch erzogen worden; diese hatten die reformatorischen Ansätze in der Markgrafschaft wieder beseitigt. Trotzdem nahm Philibert eine reformationsfreundliche Haltung ein und traf 1558 mit Adolf von Nassau eine Vereinbarung, die Gewissensfreiheit zugestand und den Evangelischen die gleichen Rechte wie den Katholiken gewährte. So konnte die Reformation 1567 in der Herrschaft gesetzlich eingeführt werden. 1574 kam es zu einer allgemeinen Kirchenordnung. In den Gemeinden, die der Reformation zugetan waren, wurden evangelische Pfarrer angestellt. Anders wurde das unter Philiberts Nachfolger. Als Philibert 1569 in der Schlacht von Montcontour gefallen war, wurden seinem neunjährigen Sohn Philipp II. katholische Vormünder bestellt. Er und der ihm folgende Eduard Fortunatus nahmen eine reformationsfeindliche Haltung ein.
Wiederum aber änderten sich die Herrschaftsverhältnisse in der Herrschaft. Eduard Fortunatus war stark verschuldet und wollte darum sein Gebiet an die Fugger verkaufen. Da griff der evangelische Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach ein und besetzte es im November 1594 mit Zustimmung einer protestantischen Fürstenversammlung, denn die Durlacher Linie war nach früherer Erbfolgeordnung für die Schulden der anderen haftbar. Damit war auch Lahr-Mahlberg bis zum Jahre 1622, in dem der Durlacher Markgraf Georg Friedrich in der Schlacht bei Wimpfen dem katholischen Heer unterlag, im Mitbesitz der evangelischen badischen Linie.
Sie hatte zugesagt, bezüglich der katholischen Religion keine Veränderung vorzunehmen. Nach dieser Niederlage aber entschied 1622 der Kaiser, daß die markgräflich baden-badischen Gebiete an den Erben Eduard Fortunatus, an den katholischen Markgrafen Wilhelm, zurückzugeben seien. Dieser versprach zwar bei der Huldigung, in der Herrschaft an den bestehenden konfessionellen Verhältnissen nichts zu ändern, war aber entschlossen, wie er auch dem päpstlichen Gesandten in Wien zusagte, die Gegenreformation durchzuführen. So wurde z. B. versucht, bei Neubesetzung von Pfarreien anstelle evangelischer Pfarrer katholische einzusetzen. Damit stieß Markgraf Wilhelm auf den Widerstand der Nassauer. Es kam fortwährend zu Mißhelligkeiten.
4. Die Teilung und Wiedervereinigung der Herrschaft
Wilhelm strebte nun die Teilung der Herrschaft in zwei unabhängige Gebiete an. Nassau widerstrebte. Kaiser Ferdinand II. befahl 1628 die Teilung. Nach langen Verhandlungen kam man überein, das Los entscheiden zu lassen. Lahr wurde nassauisch. Denn durch das gezogene Los A erhielt Nassau die Stadt Lahr mit Burgheim, Dinglingen, Mietersheim, Hugsweier und Altenheim, - Baden-Baden, mit Los B Mahlberg, Kippenheim, Kippenheimweiler, Wagenstadt, Sulz, Langenhard, Kürzell, Schutterzell, Ichenheim, Dundenheim, Ottenheim, Friesenheim, Oberweier, Heiligen-zell und Oberschopfheim. Am 1. Oktober 1629 wurde die Teilung durch den kaiserlichen Kommissar Domdechant Graf Solm vollzogen und am 12. Oktober der Teilungsvertrag unterzeichnet. Hinfort gab es zwei Oberämter, das nassauische in Lahr und das baden-badische in Mahlberg. In der Herrschaft Mahlberg setzte die Gegenreformation ein: die evangelischen Pfarrer hatten das Land zu verlassen, eine Polizeiordnung vom 18. Oktober 1629 traf im einzelnen Bestimmungen über die künftige Stellung der Protestanten im Mahlberger Oberamt. Des öftern intervenierten die Nassauer.
Während des Dreißigjährigen Krieges erlitt das Gebiet ein wechselvolles Geschick. Die Schweden hoben zur Zeit ihrer Herrschaft darin die Teilung von 1629 auf. Markgraf Wilhelm erlitt einige Niederlagen und mußte außer Landes gehen. 1633 wurde der Anteil Baden-Badens von den Schweden dem Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach übergeben. Aber nach der Niederlage der Schweden in der Schlacht von Nördlingen (1634) wandte sich das Schicksal wieder. Im weiteren Verlauf des Krieges war der Erfolg bald auf der Seite der einen Partei, bald auf der der anderen. Zu leiden aber hatte die Bevölkerung des Gebietes um Lahr und Mahlberg von den Truppen beider. Sie mußte, ob katholisch oder protestantisch, häufig flüchten, wurde ausgeplündert und gebrandschatzt. Im August 1638 kam es zum Gefecht bei Friesenheim und der Schlacht bei Wittenweier.
Der Friedensschluß von 1648 sagte den Konfessionen Gleichberechtigung zu. Das stille Ringen ging weiter. In der Herrschaft Mahlberg wurden 1651 die Amtleute angewiesen "die Fortpflanzung der Catholischen Religion eyffrig Sich angelegen seyn zu lassen". Der Landschreiber Sommervogel hielt sich daran, ebenso später, nach der toleranten Amtszeit des Obersten von Schauenburg und seines Schwiegersohns Oberstleutnant von Bödigheim, der Amtmann Olisy. Die evangelischen Markgrafen von Baden-Durlach ergriffen oft intervenierend Partei für die Protestanten. Andererseits war im Nassauer Gebiet, so in Lahr, auf lange Zeit hinaus es Katholiken nicht möglich, sich bürgerlich niederzulassen.
Die Besitzverhältnisse in den beiden Herrschaften erfuhren auch in der Folgezeit noch einige Aenderungen. So war das Oberamt Lahr von 1658 bis 1727 an Baden-Durlach verpfändet. 1799 löste das Haus Nassau-Usingen das von Weilburg ab. Und schon zuvor, im Jahre 1771, war das Mahlberger Gebiet nach dem Tode des letzten Markgrafen von Baden-Baden auf Grund des Erbvertrages von 1765 an das Haus Baden-Durlach gefallen. 1803 aber wurde nach dem Reichsdeputationshauptschluß auch das bis dahin nassauische Gebiet der alten Herrschaft, und damit Lahr, badisch. Die verwickelten Verhältnisse unserer Gegend überhaupt hatten durch Mediatisierung und Säkularisation im Zuge der napoleonischen Maßnahmen in den Rheinbundstaaten ein Ende. Nur die Grafschaft Geroldseck, die unter österreichische Oberherrschaft geraten war, stand bis 1819 noch außerhalb des badischen Landesverbandes. Dann aber war das ganze einstige Geroldsecker Gebiet in dessen Grenzen im Großherzogtum Baden wieder vereinigt, der Hauptteil im Oberamt, dem späteren Amtsbezirk und Kreis Lahr.
Der Kampf um die Herrschaft Lahr-Mahlberg, der sogenannte Geroldsecker Krieg 1426 - 1434 von Oskar Kohler, Die Ortenau 1964, S. 48 ff.
Dieser Krieg, in seinen Umrissen bekannt und in der einschlägigen Literatur oft erwähnt, ist in wesentlichen Einzelheiten noch nicht genügend erforscht. Es ging dabei im Grunde um eine Erbschaftsauseinandersetzung, die schließlich jene radikalen Formen annahm, wie sie auch sonst in der Geschichte in solchen Fällen nicht unbekannt sind. Auf verhältnismäßig engem Raum sich abspielend, wurde er zuletzt mit äußerster Brutalität geführt und wirkte sich folgenschwer für die ganze Landschaft und ihre Bewohner aus.
Es seien hier zunächst die geschichtlichen Voraussetzungen kurz skizziert. Mit der Teilung der Herrschaft Geroldseck vom Jahre 1277 waren zwei Linien dieses Hauses entstanden, von denen die Vertreter der einen Linie, die eigentlichen Hohengeroldsecker, auf der alten Stammburg sitzenblieben und das ihnen zugefallene Gebiet, die sogenannte obere oder hintere Herrschaft, verwalteten, während die Vertreter der anderen, der Lahrer Linie, mit dem Besitz von Lahr, Mahlberg und den dazu gehörenden Dörfern die untere oder vordere Herrschaft übernommen hatten. Diese Lahrer Linie starb mit Heinrich VI. 1426 im Mannesstamme aus. Es war aber der ausdrückliche Wunsch und Wille dieses letzten Lahrer Geroldseckers gewesen, daß seine älteste Tochter Adelheid die Herrschaft erben solle, und er traf noch zu Lebzeiten die nötigen rechtlichen Vorkehrungen, indem er deren Gemahl, den Grafen Johann von Mörs-Saarwerden, in den gemeinschaftlichen Besitz seiner Lande aufnahm und die kaiserliche Belehnung für ihn beantragte. Als dann im Jahre 1426 Kaiser Sigismund die Lehensbestätigung für Johann von Mörs-Saarwerden erteilte, waren in der Frage der Herrschaft Lahr-Mahlberg vollendete Tatsachen geschaffen.
Es ist verständlich, daß die Hohengeroldsecker Verwandten hinten auf der alten Stammburg diese Vorgänge mit wachsender Aufmerksamkeit verfolgten. Herr zu Hohengeroldseck war damals Walther, den man als den V. Träger dieses Namens in seiner Linie zählt. Er hatte vier Söhne, die, der Altersfolge nach geordnet, die Namen Diebold, Heinrich, Georg und Johann (Hans) trugen. Wie schon öfters waren auch damals die Familienverhältnisse auf Hohengeroldseck durch Zwist und innere Spannungen gekennzeichnet. Sie erregten und entzündeten sich gerade an der Frage der Herrschaft Lahr-Mahlberg und deren künftigem Schicksal. Von den Söhnen wollten die beiden älteren, Diebold und Heinrich, gewalttätige und entschlossene Naturen, keineswegs auf das schöne und reiche Gebiet dieser Herrschaft verzichten, auf das sie als männliche Vertreter des Geroldsecker Stammes ein Recht zu haben glaubten, und sie waren bereit, nötigenfalls mit Gewalt zu verhindern, daß es an einen fremden Herrn kam. Anders der Vater und die beiden jüngeren Söhne. Sie waren dem Kampf und der Fehde abgeneigt und wollten den Dingen, wie sie nun einmal lagen, ihren Lauf lassen. Der Vater vor allem kannte aus Erfahrung die Bösartigkeit dieser Kleinkriege. Er war bereits in jungen Jahren in den Lichtenbergischen Erbschaftsstreit verwickelt worden, war bei der Erstürmung des Städtchens Blankenburg unter eine einstürzende Mauer geraten, hatte dann lange Zeit in harter Gefangenschaft gelegen und dabei für sein ganzes Leben gesundheitlichen Schaden davongetragen. Jetzt, als müder alternder Mann, wollte er sich nicht mehr auf kriegerische Abenteuer einlassen, wie sehr auch die beiden älteren Söhne dazu drängten. In diesen regte sich offenbar mit zunehmendem Alter immer stärker der Sinn für wirtschaftliche Macht und für die Bedeutung von Grund und Boden in ihrem Stand. Nachdem sie noch vor kurzem ihrem Vater seinen Besitz urkundlich zugesichert und erklärt hatten, sich mit einem bescheidenen Anteil zufriedenzugeben, muß es bald nach dem Tode ihres Onkels zu scharfen Auseinandersetzungen in der Frage einer künftigen Erbteilung gekommen sein. Bei der Zahl der Söhne, die einmal ihre Ansprüche an das Erbe stellen würden, schien es den beiden Ältesten Pflicht und Aufgabe zu sein, das Gebiet der vorderen Herrschaft zurückzuholen, und sie überlegten sich, wie sie noch im letzten Augenblick die Entwicklung in diesem Sinne bestimmen könnten. Um der Rechtsanspruch aufzuwerten, heiratete Diebold 1428 die bejahrte Witwe seines verstorbenen Onkels, aber auch dies änderte nichts an der Sachlage. Je schlechter aber die Aussichten für eine friedliche Zurückgewinnung jenes begehrten Gebietes wurden, desto mehr verschärfte sich der Gegensatz zu dem untätigen Vater, und es kam zu einem vollständigen Bruch innerhalb der Familie. Diebold und Heinrich verdrängten Walther, den Vater, und die beiden jüngeren Brüder aus dem ganzen Besitz und hielten den alten Mann sogar eine Zeitlang gefangen. Bittere, harte und unversöhnliche Worte stehen in einer Urkunde, die Walther, ein zweiter König Lear, 1430 unterzeichnete: "Sie (Diebold und Heinrich) haben mich mortlichen verstoßen, übeltat an mir begangen, mich entsetzt und gefangen genommen, und sie sollen enterbet sin, und ich enterbe sie."
Es ergab sich nun zu Beginn der Auseinandersetzung folgende Parteigruppierung:
Diebold und Heinrich standen in der Hauptsache für sich und wurden nur von ihren eigenen kleinen Lehensleuten, wie erwa den Herren von Keppenbach, unterstürzt. Mörs-Saarwerden aber fand bald Freunde und Helfer unter seinen Standesgenossen. Auf ihre Seite stellte sich der tief verletzte Vater von Diebold und Heinrich wie auch die beiden jüngeren Söhne. Gleich zu Beginn gesellte sich zu ihnen auch der mit einer Geroldseckerin verheiratete Reinbolt von Urslingen, der im Gutachtal auf der alten Hornburg saß. Als dann 1433 auch Jakob von Baden mit seinen Anhängern zu ihnen stieß, befand sich fast der ganze benachbarte Adel in Aufruhr gegen die beiden gewalttätigen Brüder, deren Verhalten dem Vater gegenüber allgemein moralisch verurteilt wurde. Die Staufenberg, Schnellingen, Lichteneck, Fürstenberg, Gyppichen und andere Adelige aus der Umgegend erscheinen so nach und nach in den Akten als Gegner Diebolds und Heinrichs.
Der Krieg wurde zunächst im engeren Rahmen als ein Familienstreit im Hause Geroldseck geführt. Die Feindseligkeiten scheinen gegen Ende 1428 eröffnet worden zu sein. Die Art der Kriegsführung war das aus jenen Jahrhunderten sattsam bekannte "Schädigen" des Gegners. Man überfiel die ungeschützten Ortschaften und Gehöfte im Gebiet des andern, vertrieb die Bewohner, raubte Vieh und Vorräte, steckte schließlich die Gebäude in Brand und schaffte die Beute an einen sicheren Ort. Kleinere Kämpfe, zu denen es dabei kommen konnte, spielten sich meist um Friedhof und Kirche ab, da ihre Mauern am ehesten Deckung bieten konnten. Dieses Schädigen des Gegners war die einfachste Art, zu Erfolgen zu kommen. Da aber beide Parteien das gleiche Verfahren anwandten, waren die Folgen für das betroffene Gebiet verheerend. Die Bauern und Leibeigenen flohen aus der gefährlichen Gegend und suchten in den benachbarten Herrschaften Schutz und Sicherheit. Unmittelbare Berichte über diese Vorgänge besitzen wir nicht, sie lassen sich aber aus späteren Zeugnissen nachweisen. Vom Jahre 1468 stammt eine Urkunde, in der es um leibeigene Bauern aus dem Dorf Altenheim und dessen Umgebung geht. Den meisten zum Verhör erschienenen Zeugen sind die Ereignisse des Geroldsecker Kriegs, die sie als halbwegs Erwachsene, manche auch als Kinder erlebten, noch in Erinnerung und kommen in ihren Angaben zum Ausdruck, so beispielsweise bei Michel Kopf: "er sei vor ziten in den kriegen, so zwischen Lahr und Geroltzegg gewesen, von sinem Vater Kopf Conrad in die Herrschaft Ortenberg geführt worden mit ettlichen Ackerpferden schirmwis ...", Hyrnen Jeggel: "er habe sich im Krieg Lahr gegen Geroldseck schutzwis Ortenberg ergeben", Mangolt Heinz: sie hätten sich mit Ortenberg verbunden, ihr Geschlecht als auch "vil ander Lüt in Kriegszwisten und anligenden Nöten", Sigfrid Schuttermeyer, Hussen Hans und andere: sie seien im Geroldsegger Krieg mit Lahr von Geroldseck beraubt worden "um willen, daß sie der Herrschaft Lahr eigene lüte wären".
In solchen und ähnlichen Aussagen findet sich der Niederschlag der Ereignisse um 1430. Der gemeine Mann auf dem Lande hatte also die Hauptlast der Überfälle zu tragen, ihn traf das gegenseitige "Schädigen" am härtesten. Als feste Plätze, nach denen man Raub und Beute brachte, dienten die Burgen des Landes. Bei den Hohengeroldseckern war dies vor allem die Stammburg auf dem Schönberg, dann das Schloß zu Schuttern vorne in der Ebene, ferner auch Schwanau bei Ottenheim, das, mehrmals zerstört, immer wieder zusammengeflickt wurde, und schließlich im oberen Kinzigtal die Burg Schenkenzell. Der mörs-saarwerdische Besitz lag enger beisammen und konzentrierte sich um die Städte Lahr und Mahlberg mit ihren Burgen. Die Gegner saßen sich somit hart auf dem Leibe, und an einigen Stellen schoben sich die Gebiete geradezu ineinander. Dies zwang beide zu einem dauernden Wachen, Lauern, Beobachten und Kundschaften. Im Jahre 1430 konnte nun die mörs-saarwerdische Partei einen entscheidenden Vorteil gewinnen. Es gelang ihr, Hohengeroldsek einzunehmen. Nachdem die Belagerer den Vorhof und die untere Terrasse eingenommen hatten, brachten sie, der Chronik zufolge, die Burg auf eine mysteriöse Weise zu Fall, indem sie mit Steinbrocken belegte Gerüste gegen die Felsen lehnten, diese dann umrissen und so das Getöse stürzender Mauern hervorriefen. Dadurch getäuscht sollen sich die Verteidiger in etwas übereilter Weise ergeben haben, nachdem ihr Hauptmann zuvor noch durch Ausschütten von Wasser gezeigt hatte, daß der Boden sich gesenkt habe und die Burg am Einstürzen sei.
So die Chronik, die sich hier in etwas seltsamen Berichten ergeht. Wie dem aber auch sei, Geroldseck befand sich jedenfalls nach 1430 in den Händen seiner Gegner. Dies ergibt sich auch aus einer Urkunde von 1433, in der die Verbündeten feststellen, daß sie "Geroltzeck, das slozz, gewonnen habent" und daß ein Viertel der Burg den Brüdern Georg und Hans zugestellt wurde, da diese ihrem Vater die Treue gehalten hätten. Von Hohengeroldseck aus trugen sie dann ihre Überfälle immer weiter in das Schuttertal hinein, so daß dieses Gebiet nach und nach der Zerstörung anheimfiel. Vergleiche dazu eine Beschwerde Diebolds vom 12. Januar 1433: "So sind mine vigent (Feinde) uff hür zistag fruge, als es daget, über unsere lüt, so in den delern zu Geroltzecke sitzent, gefallen, deren mannige gefangen, in (ihnen) daz ir genommen und gen Geroltzeck gefürt."
Während der Geroldsecker Krieg seinen wechselvollen Lauf nahm, war in Basel das große Konzil eröffnet worden (1431), das neben der Erledigung seiner geistlichreligiösen Aufgaben auch eine Befriedung des durch mannigfache Fehden zerrütteten Reiches anstrebte. Kaiserlicher Statthalter und zugleich Schirmherr des Konzils war damals Herzog Wilhelm, "Pfalzgraf by Rin, Herzog in Bayern". Ihm vor allem war es im Namen des Kaisers und des Konzils anvertraut, im Reich "alle Krieg, Fehden und Widerwärtigkeiten zu stillen, zu frieden und zu richten". Mit der Anwesenheit der höchsten Instanzen des Reiches zu Basel fand nun der verhältnismäßig nahe gelegene Geroldsecker Unruheherd besondere Beachtung, dies auch deswegen, weil durch ihn einer der wichtigsten Anreisewege für die Konzilsteilnehmer gestört und unsicher gemacht wurde. Pfalzgraf Wilhelm hat nun alles Mögliche versucht, um in diesem Gebiet wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen. Er bat und beschwor die Parteien, doch Vernunft anzunehmen, er drohte mit den, ach so fragwürdigen Machtmitteln des Reiches, er legte ihnen nahe, ihre Sache doch vor einen kaiserlichen Rechtstag zu bringen, und es gelang ihm schließlich auch, für einige Zeit einen ziemlich brüchigen Waffenstillstand zu erreichen, der, mehrfach verlängert, immer wieder durch Übergriffe von beiden Seiten in Frage gestellt wurde.
Es wäre nun eher zu einer Schlichtung gekommen, wenn nicht Anfang 1433 Markgraf Jakob von Baden zu den mörs-saarwerdischen Verbündeten gestoßen wäre und dem sich nun schon Jahre hinschleppenden Krieg neuen Auftrieb gegeben hätte. Die Rolle Jakobs in der Geroldsecker Sache ist nicht ganz durchsichtig. Eine seiner ersten Urkunden, die sich darauf beziehen, beginnt mit der moralischen Verurteilung des Verhaltens der Brüder Diebold und Heinrich ihrem Vater gegenüber, Diebolds und Heinrichs, die "iren Vater gevangen und usser dem slozz Geroltzecke und anderen slozzen unbesorgt und unbewahrt verstossen hant". In der gleichen Urkunde vom 17. April 1433 zeigen sich aber auch seine politischen Ziele, indem er verlangte, daß von allen weiteren Eroberungen, vor allem bei der Einnahme der Schlösser Schenkenzell und Schuttern, ihm und seinen Erben das "halbe teil" zufallen solle. Im übrigen war Jakobs Gegensatz zu den Geroldseckern älteren Datums. Bereits 1426 hatte Henrietta, Gräfin von Württemberg, einen Streit schlichten müssen, der zwischen ihm und den Brüdern Heinrich und Georg von Geroldseck wegen einiger "armen lüte im Pryssgoue", sprich Leibeigene im Breisgau, entstanden war. Heinrich von Geroldseck vor allem scheint der Markgraf als seinen erklärten Gegner angesehen zu haben.
Mit dem Eintritt Jakobs in den Geroldsecker Krieg wurden weitere Adelige in die Auseinandersetzung hineingezogen, so die Schauenburger, die Windecker und die Pfauen von Rüppurr. Zugleich kamen die beachtlichen Machtmittel des Markgrafen und seiner Anhänger ins Spiel. Der Markgraf gedachte offenbar, die Sache mit ein paar entscheidenden Schlägen möglichst rasch zu beenden.
Inzwischen war Walther von Geroldseck, der Varer, gestorben, und auf der mörs-saarwerdischen Seite hatte Graf Johann das Zeitliche gesegnet. Im Namen seiner Witwe leitete als Vogt von Lahr Jerg von Bach weiterhin die mörs-saar-werdische Sache, und bald erscheinen auch Johanns Söhne Jakob und Johann II. als Unterzeichner diesbezüglicher Akten.
Um nun auf ihre Gegner Diebold und Heinrich zurückzukommen, so hatte sich nach Verlust von Hohengeroldseck deren Widerstand in den Schlössern Schenkenzell und Schuttern festgesetzt. Diese beiden festen Plätze zu brechen und den Krieg so zu einem raschen Ende zu bringen, war das Ziel des Markgrafen. Vom 27. Mai 1433 stammt eine Urkunde, die sich auf die geplante Eroberung von Schuttern bezieht und die an Deurlichkeit nichts zu wünschen übrigläßt. Darin heißt es unter anderem:
"Wir sind übereingekommen, daß wir vor das Schloß Schuttern ziehen und es belagern wollen, nämlich am Montag nach St.- Johannes-Tag. Da wollen wir mit dem Markgrafen hundert Reisige zusammenbringen und vier hundert Fußknechte, darunter nicht unter hundert Schützen sein sollen, dazu ein großes Geschütz, vier gute Steinbüchsen, dreißig gute Handbüchsen, dazu ettliche Schirmbüchsen und soviel Pulver wie zu den Geschützen nötig ist und außerdem vier tausend Pfeile. Wir wollen auch einen Mauerbrecher (antwerk) dorthin führen, einen Büchsenmeister und soviel Werkleute wie dazu nötig sind... Wir sind auch übereingekommen, daß wir inzwischen sechzig gewappnete Reiter dauernd zu Lahr und zu Schopfheim halten wollen, den Krieg aufs ernsthafteste und beste zu betreiben."(1)
Mit der Einschließung Schutterns durch ihre Gegner wurde die Lage für Diebold und Heinrich immer schwieriger, und sie drängten auf ein Schlichtungsverfahren. Mehrmals ritten sie in dieser Zeit an das kaiserliche Hoflager, sei es aus eigenem Antrieb, sei es auf kaiserliche Ladungen hin. Ihre Gegner aber wollten im Bewußtsein ihres Vorteils von Verhandlungen nichts wissen und fuhren fort, die Belagerung weiterzutreiben. Diebolds und Heinrichs Bitten an Kaiser und Konzil werden jetzt immer demütiger und wehmütiger. Auf den Feldern um Schuttern begann das Getreide zu reifen, aber würde man es ernten können? Bericht Diebolds vom 27. Juni: sie (seine Gegner) verwüsten den armen Leuten ihre Frucht, eine Schmach für den Kaiser, dessen Mann er, Diebold, doch sei. Man möchte dafür sorgen, daß die Leute, die zu Schuttern gehören, doch zu ihrer Frucht kommen (den armen lüten, die hie zu Schuttern hörent, doch ir frucht werden möcht).
Der Kaiser versicherte Diebold und Heinrich seiner Huld, sagte ihnen Schutz zu und ließ im Schloß zu Schuttern das Reichsbanner aufpflanzen. Man war offenbar empört über das Verhalten ihrer Gegner, die sich um kaiserliche Erlasse und Ladungen nicht zu kümmern schienen, sondern unentwegt die Einschließung und Belagerung betrieben. Es war an der Zeit, wirkungsvollere Maßnahmen gegen sie zu treffen. In einer Urkunde vom 22. November 1433 droht ihnen der Kaiser mit dem Verlust aller ihrer Reichslehen und mit einer Geldstrafe "by hundert mark golds" und fordert sie erneut auf, vor dem Kaiserlichen Hofgericht zu erscheinen. Diese Drohungen scheinen den Markgrafen doch nachdenklich gestimmt zu haben. Es gelang, einen befristeten Frieden zu erzwingen, einen Waffenstillstand, der schließlich "bis uff St. Jergen Tag, an den Tag, als biss die sunne untergeht", dauern sollte (23. April) und den Umständen nach verlängert werden würde.
In diesen Tagen ereignete sich nun ein Vorfall, der sich bedeutsam auf den weiteren Verlauf des Krieges auswirkte. Heinrich von Geroldseck wurde anfangs Mai in der Nähe des Schlosses Schuttern von markgräflichen Reitern erschlagen. Auszug aus einer Urkunde vom 16. Mai 1434: "also sint si (die Reiter) uf gestern Samstag uf ein stund nachmittage im feldt ob dem slozze Schuttern an den obgenannten Heinrichen von Geroltzecke gekommen und hat sich in dem felde gefüger und gemachert, dass derselbe junker Heinrich und siner eyn kneht tode bliben sint".
Somit hatte das Schicksal den einen der feindlichen Brüder ereilt, und die Geroldsecker Chronik vergißt nicht, Heinrichs Tod in Zusammenhang zu bringen mit seinem verbrecherischen Verhalten dem alten Vater gegenüber. Die mörs-saarwerdische Partei mit Jakob von Baden an der Spitze hätte das Ende des einen ihrer Gegner als Erfolg verzeichnen können. Aber der Markgraf wurde dieses Erfolgs nicht recht froh. Die Nachricht von dem Ereignis versetzte ihn nämlich in nicht geringe Sorge. Er wußte wohl, daß eine Verlängerung des bestehenden Waffenstillstands vereinbart war und daß diese Tat einen einseitigen Bruch dieses Waffenstillstands bedeutete. So setzte er alles daran, nachzuweisen, daß der diesbezügliche kaiserliche Gebotsbrief verspätet in seine Hände gekommen sei, indem der Bote zu lange in Straßburg hängengeblieben war. Er entschuldigte sich in aller Form, mußte aber trotzdem jetzt mit ernsthaften kaiserlichen Maßnahmen rechnen. Daraus erklärt sich wohl die Bereitschaft des Markgrafen, Verhandlungen zu führen und den Krieg so rasch als möglich zu beenden. Bereits am 1. Juli 1434 kommt ein Vertrag zwischen Jakob und seinen Anhängern einerseits und Diebold und dessen Leuten andererseits zustande. Es findet sich zu Beginn dieses Vertrages die Feststellung, daß Jakob dem Heinrich von Geroldseck "am ersten vint wart", was wohl dahin auszulegen ist, daß mit dem Tode Heinrichs ein Haupthindernis für die Verständigung beseitigt war. Im übrigen sollen die Gegensätze "gerichtet und geslichtet" sein, die Gefangenen sollen entlassen werden, und der Friede wird durch Schwur und Eid gesichert. Im August wird dann der Friedensvertrag zwischen den eigentlichen und ursprünglichen Gegnern Mörs-Saarwerden und Hohengeroldseck festgelegt. In feierlicher Schwurzeremonie "mit erhobenen Fingern und gelerten (vorgesprochenen) worten" erklären die bisherigen Gegner bei Gott und seinen Heiligen, daß die Feindschaft zwischen ihnen "absin, gericht und geslicht" sein solle. Damit kehrte endlich wieder der Friede in das durch den jahrelangen Erbschaftsstreit beunruhigte und zerrissene Gebiet ein.
Die Folgen des Geroldsecker Kriegs. Das Ziel, dessentwegen die beiden Brüder den unseligen Krieg entfesselt hatten, wurde nicht erreicht. Es blieb bei der Teilung des Gebiets in die Herrschaften Hohengeroldseck und Lahr-Mahlberg. Der Gegensatz zwischen beiden, wie er sich damals herausgebilder hat, dauerte durch Jahrhunderte und kam immer wieder in Grenzstreitigkeiten zum Ausbruch. Nur langsam erholte sich das Gebiet von den Verwüstungen und Zerstörungen; viele Höfe und einige kleinere Ortschaften waren endgültig von der Bildfläche verschwunden. Der Krieg wirkte sich auch insofern auf die Bevölkerung aus, als ganze Familien und Sippen die Gegend verlassen und sich in den Nachbargebieten angesiedelt hatten. Es brauchte lange Zeit, bis durch zusätzliche Verträge die Verhältnisse wieder einigermaßen geregelt waren. Mit dem Kloster Schuttern waren bereits im Juni 1434 Verhandlungen im Gange, mit dem Kloster Ettenheimmünster kam 1438 ein Vertrag zustande, und noch viele Jahre später, 1468, wurden Verhandlungen wegen der Leibeigenen und ihrer Zugehörigkeit geführt. Den eigentlichen Erfolg aus diesem Krieg konnte letzten Endes Markgraf Jakob für sich verzeichnen. Ihm gelang es, in der Herrschaft Lahr-Mahlberg festen Fuß zu fassen. Die wirtschaftliche Notlage der Grafen von Mörs-Saarwerden als Folge des Krieges gab ihm die Möglichkeit, die ungeteilte Hälfte der Herrschaft auf Wiederlösung für 30.000 Gulden zu erwerben, Da die Grafen von Mörs-Saarwerden und ihre Nachfolger aus den Schulden nicht herauskamen, wurde aus dem Kauf auf Wiederlösung 1497 nach Zahlung von weiteren 44.000 Gulden ein echter und endgültiger Kauf. Es entstand so eine Gemeinschaftsherrschaft zwischen den Markgrafen von Baden und dem jeweiligen Besitzer des anderen Teils.
Sie dauerte mit kurzen Unterbrechungen bis 1629, in welchem jahr eine Teilung der Herrschaft Lahr-Mahlberg durchgeführt wurde, bei der die badische Herrschaft Mahlberg als Ergebnis herauskam. Diese ist somit in letzter Folge aus dem hier geschilderten Erbschaftsstreit, dem "Geroldsecker Krieg", hervorgegangen.
Quellen und Literatur:
Generallandesarchiv, Akten Geroldseck.
Generallandesarchiv, Akten Lahr-Mahlberg.
F. Stein, Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr, 1827.
Ph. Ruppert, Geschichte der Mortenau, I. Teil, Geschichte des Hauses und der Herrschaft Geroldseck, 1882.
A. Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, 1905.
1.) Die Darstellung dieser Vorgänge bei Ruppert, Geschichte der Mortenau, S. 431, entspricht nicht recht den quellenmäßigen Unterlagen. Nach Ruppert soll Heinrich von Geroldsek "in einem nächtlichen Zusammenstoß" erschlagen und das Städtchen erstürmt worden sein, was nach der oben zitierten Quelle nicht der Fall gewesen sein kann. Auch ist der Ablauf der Ereignisse in der Darstellung Rupperts nicht zutreffend. Nach ihr hätte die Eroberung des Schlosses Schuttern die Einnahme der Burg Hohengeroldeck nach sich gezogen, was dann 1434 geschehen wäre. Es läßt sich aber nachweisen, daß die mörs-saarwerdische Partei bereits 1450 im Besitz der Burg war und von dort aus die Einfälle in das Schuttertal unternahm.
Generallandesarchiv, Akten Geroldseck.
Generallandesarchiv, Akten Lahr-Mahlberg.
F. Stein, Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr, 1827.
Ph. Ruppert, Geschichte der Mortenau, I. Teil, Geschichte des Hauses und der Herrschaft Geroldseck, 1882.
A. Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, 1905.
1.) Die Darstellung dieser Vorgänge bei Ruppert, Geschichte der Mortenau, S. 431, entspricht nicht recht den quellenmäßigen Unterlagen. Nach Ruppert soll Heinrich von Geroldsek "in einem nächtlichen Zusammenstoß" erschlagen und das Städtchen erstürmt worden sein, was nach der oben zitierten Quelle nicht der Fall gewesen sein kann. Auch ist der Ablauf der Ereignisse in der Darstellung Rupperts nicht zutreffend. Nach ihr hätte die Eroberung des Schlosses Schuttern die Einnahme der Burg Hohengeroldeck nach sich gezogen, was dann 1434 geschehen wäre. Es läßt sich aber nachweisen, daß die mörs-saarwerdische Partei bereits 1450 im Besitz der Burg war und von dort aus die Einfälle in das Schuttertal unternahm.