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Hans Jakob Christoffel von Grimmelshauen - 1621 bis 1676

Mit Stolz darf die B?rgerschaft der Stadt Oberkirch vermerken, da? Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen, der bedeutendste deutsche Erz?hler des 17. Jahrhunderts, fast 20 Jahre lang unmittelbar vor den Toren der Stadt Oberkirch, im heutigen Stadtteil Gaisbach und auf der Ullenburg, im heutigen Stadtteil Tiergarten gelebt und hier auch den H?hepunkt seines literarischen Schaffens erreicht hat. Grimmelshausens Leben und Pers?nlichkeit waren lange Zeit in Dunkel geh?llt und sind auch zum Teil von R?tsel umgeben. Die r?hrt vor allem daher, da? Grimmelshausen meist unter Pseudonymen geschrieben und seine pers?nlichen Erlebnisse und Empfindungen in seinen Schriften "mit romanhaft-fiktiven oder gar phantastischen Elementen" in Verbindung gebracht hat. Mit anderen Worten hei?t dies, da? die Angaben, die in Grimmelshausens Werk zu R?ckschl?ssen auf die Person des Schriftstellers verleiten, kaum oder nur bedingt als Elemente zur Biographie Grimmelshausens verstanden werden k?nnen.
Trotz dieser Schwierigkeiten ist es den Grimmelshausenforschern - besonders Gustav K?nnecke - gelungen, den Lebensweg Grimmelshausens mehr oder weniger l?ckenhaft nachzuzeichnen und damit Heinrich Kurz zu widerlegen, der 1863 ?u?erte: "?berhaupt wissen wir von seinen (=Grimmelshausen) Schicksalen durchaus nichts, bis wir ihn in Renchen antreffen". Grimmelshausen wurde wahrscheinlich um den 17. M?rz 1621 in Gelnshausen, einer kleinen Stadt nord?stlich von Frankfurt a.M., geboren. In Gelnshausen verbrachte er seine Kindheit und besuchte dort auch die lutherische Lateinschule, in der er allem Anschein nach eine ordentliche Schulbildung vermittelt bekam.
In den Wirren des Drei?igj?hrigen Krieges kam Grimmelshausen bereits im jugendlichen Alter an den Oberrhein. Zu welchem Zeitpunkt dies genau geschah und unter welchen Umst?nden, daf?r gibt es keine urkundlichen Belege. Vermutlich diente Grimmelshausen als Musketier im kaiserlichen Regiment des Grafen G?tz, das von Westfalen aus zu Beginn des Jahres 1638 nach S?ddeutschland kommandiert wurde, wo es dabei helfen sollte, die bedr?ngte Stadt Breisach zu entsetzen. Nach dem Scheitern dieses Auftrages setzte sich Grimmelshausen wohl zum G?tzschen Regiment ab und trat in Offenburg einem Regiment bei, das unter dem Kommando des Freiherrn Hans Reinhard von Schauenburg die bedrohte Reichsstadt Offenburg verteidigte.
Von diesem Zeitpunkt an, d.h. etwa vom Sommer des Jahres 1639 an, ist Grimmelshausens Lebensweg dokumentarisch nahezu l?ckenlos nachweisbar. Hans Reinhard von Schauenburg, dem es gelang, die Stadt Offenburg bis Kriegsende erfolgreich zu verteidigen, d?rfte schon bald auf den einfachen Soldaten Grimmelshausen aufmerksam geworden sein. Sp?testens seit dem Jahre 1645 war Grimmelshausen Schreibgehilfe in der Regimentskanzlei des Offenburger Festungskommandanten von Schauenburg. Dort kam Grimmelshausen in Kontakt mit dem akademisch gebildeten Kanzleisekret?r Johann Witsch, der die geistige Fortbildung Grimmelshausens entscheident f?rderte. Einige Schreiben, die Hans Reinhard von Schauenburg in den Jahren 1645 - 47 an den Kurf?rsten Maximilian von Bayern richten lie?, zeigen die Schriftz?ge des Kanzleigehilfen Grimmelshausen.
Nach seiner Entlassung aus dem Milit?rdienst kehrte Grimmelshausen im Jahre 1649 nach Offenburg zur?ck. Dort heiratete der achtundzwanzigj?hrige Grimmelshausen, der inzwischen zum Katholizismus ?bergewechselt war, am 30. August 1649 die um sieben Jahre j?ngere Catharina Henninger, die Tochter eines aus dem Elsa? stammenden, recht wohlhabenden Wachtmeisterleutnants. Noch im gleichen Jahr trat Grimmelshausen die Stelle eines Schaffners, d.h. Verwalters, bei seinem ehemaligen Kriegsherrn Hans Reinhard von Schauenburg und dessen Vetter Carl in Oberkirch-Gaisbach an. Als Dienstwohnung stellte ihm Hans Reinhard von Schauenburg sein Schaffneihaus in Gaisbach zur Verf?gung. Grimmelshausen, den Hans Reinhard von Schauenburg als f?higen und selbstst?ndig arbeitenden Mann kennengelernt hatte, bekam eine F?lle von Aufgaben aufgetragen. Er mu?te sich um die w?hrend des Drei?igj?hrigen Krieges vernachl?ssigten Felder, Wiesen, Weinberge, Gew?sser und W?lder der Schauenburger k?mmern; er mu?te ferner darauf bedacht sein, da? die mannigfaltigen und teilweise in Vergessenheit geratenen Abgaben ordnungsgem?? entrichtet wurden; er mu?te aber auch zahlungsunwillige Bauern zur Abgabeleistung anhalten; er hatte ferner Vertr?ge, Klageschriften und Schaffneirechnungen, d.h. die j?hrliche Aufstellung der Kosten, Abgaben sowie der Au?enst?nde an Geld und Naturalien, anzufertigen; er schlichtete ?berdies Streitigkeiten, ?bernahm die Verwaltung der Schauenburger Familienkapelle St. Georg, k?mmerte sich um das Bauwesen und vertrat vor Gericht die Forderungen und Streitf?lle der Adligen von Schauenburg.
Dieser Katalog von Aufgaben, der noch erg?nzt werden k?nnte, gibt zu erkennen, da? Grimmelshausen ein schwieriges Amt ?bernommen hatte, das er erst nach etwas mehr als 10 Jahren abgab, um in die Dienste des literarisch gebildeten Stra?burger Arztes Johannes K?ffer zu treten, der ihm das Amt eines Schaffners und Burgvogtes auf der von ihm erworbenen Ullenburg anvertraute. Mindestens 3 Jahre lang, von 1662 bis 1665, arbeitete Grimmelshausen f?r seinen Dienstherrn, der ihm seine Ullenburger Bibliothek zur Verf?gung stellte, ihm dar?ber hinaus weitere Literatur, auch zeitgen?ssische, zur Lekt?re besorgte und ihm mit dem literarischen Stra?burg in Verbindung brachte. M?glicherweise verschaffte sich Grimmelshausen auch schon zu dieser Zeit den Zugang zu der reichhaltigen Bibliothek des Klosters Allerheiligen.
Seine Verwaltert?tigkeit hatte Grimmelshausen nicht zu einem wohlhabenden Mann gemacht, sie erm?glichte ihm aber, und zwar schon in der Zeit des Dienstes bei den Schauenburgern, den k?uflichen Erwerb einiger Grundst?cke. Darunter befand sich die sogenannte Spitalb?hnd in Oberkirch-Gaisbach, auf der er sich zwei H?user erbaute. Eines dieser beiden H?user wurde das Gasthaus "Zum Silbernen Stern", in dem Grimmelshausen sich nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei Dr. K?ffer (1665) selbst zwei Jahre lang als Gastwirt bet?tigte.
W?hrend dieser beiden Jahre fand Grimmelshausen mehr Zeit als zuvor, um sich seinen literarischen Arbeiten zu widmen, denn die Gastwirtschaft besorgten in erster Linie seine Frau und die heranwachsenden T?chter. Jetzt trat Grimmelshausen zum ersten mal mit kleineren Schriften an die ?ffentlichkeit. Im Jahre 1666 erschien: Satyrischer Pilgram I, Keuscher Joseph, Anhang zum "Wandersmann" von Venator. Auch die Vorbereitung des gro?en Romans, wie der vielen, fast gleichzeitig publizierten Werke, mu? in den Gaisbacher Jahren im vollen Gange gewesen sein. Auf Grund dieses Sachverhaltes darf man wohl die Gaisbacher Zeit als die fruchtbarste f?r das literarische Schaffen Grimmelshausens bezeichnen. Wahrscheinlich in dem Bem?hen um die wirtschaftliche Absicherung seiner gro?en Familie bewarb sich Grimmelshauen im Jahre 1667 um die Stelle eines bisch?flichen-stra?burgerischen Schulthei?en in Renchen, denn in dieser Funktion war ihm ein relativ gutes Einkommen sicher. Nachdem er von seiten der bisch?flichen Regierung die Zusage erhalten hatte, trat er noch im Jahre 1667 seinen Dienst an, den er bis zu seinem Todestag, dem 17. August 1676, aus?bte.
Offensichtlich behielt Grimmelshausen bis zum Jahre 1669 seinen Wohnsitz in Oberkirch-Gaisbach bei, denn sein h?fischer Roman "Dietwald und Amelinde", den er seinem einstigen Herrn Hannibal von Schauenburg gewidmet hat, tr?gt die Datierung "Hybspinthal, den 3. Merzt Anno1669". Hybspinthal ist nichts anderes als das Anagramm f?r die in Oberkirch-Gaisbach gelegene Spitalb?hnd, wo Grimmelshausen bekanntlich zwei H?user erbaut hatte. Den Roman "Dietwald und Amelinde" d?rfte Grimmelshauen seinem ehemaligen Herrn zum Abschied aus Oberkirch-Gaisbach zugeeignet haben. W?hrend seiner neunj?hrigen Schulthei?enzeit in Renchen war Grimmelshausen erneut ein vielseitig besch?ftigter Mann, wie ?berlieferte Quellen zu erkennen geben. Erstaunlicherweise fand Grimmelshausen neben seiner Schulthei?ent?tigkeit in Renchen immer wieder die Zeit, neue literarische Werke zu schreiben, sie zu ?berarbeiten und im Druck herauszugeben. Wahrscheinlich bew?ltigte er diese Arbeit zu einem gro?en Teil in Oberkirch-Gaisbach in seinem zweiten Haus, das er nicht, wie er es mit dem "Silbernen Stern" getan hatte, beim Weggang aus Gaisbach verpachtete. In diesem Haus auf der Spitalb?hnd konnte Grimmelshausen, zur?ckgezogen von seinen Amtsgesch?ften, ungest?rt seiner literarischen Arbeit nachgehen.
Im Jahre 1668 erschien mit dem Verfassername German Schleifheim von Sulsfort Grimmelshausens Hauptwerk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teusch - Das ist: Die Beschreibung des Lebens eines seltsamen Vaganten - genannt Melchior Sternfels von Fuchshaim - wo und welcher gestalt Er nemlich in diese Welt kommen - was er darinn gesehen - gelernt - erfahren und au?gestaden - auch warumb er solche wider frywillig quittirt". Der gro?e Erfolg, den dieser Roman beim Leser fand, f?hrte dazu, da? bald eine zweite bis f?nfte Ausgabe desselben Werkes im Buchhandel erschien.
Simplex Simplizius Simplizissimus

Hier im Walde bringt der einf?ltige Knabe, der keinen anderen Namen als "Bub" f?r sich wei? und dieser Einfalt wegen vom Klausner Simplicius genannt wird, ?ber zwei Jahre zu, lernt lesen und auf Birkenrinde schreiben und wird "aus einer Bestia" zum Christenmenschen. Nach des Einsiedlers seligem Tode ist er schutzlos der fremden Welt preisgegeben, in der er alles seltsam findet und in der Mord und Brand des Krieges w?ten.
Illustration aus der Ausgabe von 1671 Im Narrenkleid wie Parzival betritt er diese Welt, wird gefangen vor den Gouverneur von Hanau gef?hrt, der ihn in seinen Dienst nimmt, und ist erst ein Narr, um bald den Narren nur noch zu spielen. Unter der Maske der Einfalt sagt er seinen Qu?lgeistern die derbsten Wahrheiten und f?hlt sich recht behaglich, als feindliche Kroaten ihn aufgreifen und fortschleppen. Von nun an f?hrt er ein Abenteuerleben unter der Soldateska. Mit "Hertzbruder" schlie?t er eine ihn adelnde Freundschaft auf Tod und Leben; die Narrenkleider vertauscht er mit Frauenzimmergewandung, erweckt aber in solcher Tracht mannigfache Liebespein; nach einer weiteren Pr?fungszeit als Rossbub ist er endlich alt genug, um ein rechter Soldat zu werden.
Titelillustration der Erstausgabe von 1669 Titelillustration der Erstausgabe von 1669 Schnell verbreitet sich sein Ruf; als waghalsiger "Jaeger von Soest" unternimmt er k?hne und erfolgreiche Beutez?ge, findet einen Schatz und steht, reich, sch?n, ber?hmt, in der Glanzzeit seines Lebens. Er ger?t dann in schwedische Gefangenschaft, aber sie ist recht ertr?glich: er erg?tzt sich an galanten Erlebnissen und kommt dabei auf etwas pl?tzliche Weise zu einer Frau. Von C?ln aus, allwo er seinen, bei einem dortigen Kaufmann hinterlegten Schatz abholen will, begleitet er zwei junge Adlige nach dem als sehr unsauber geschilderten Paris. Der "Beau Alman" muss hier den sittenlosen Gel?sten der vornehmen Damenwelt Gen?ge tun, bis er heimlich mit dem Gelde, das er "den gottlosen Weibsbildern durch sch?ndliche Arbeit abverdient" hat, auf und davon geht.
Auf der R?ckreise nach Deutschland trifft ihn das Ungl?ck: er erkrankt an den "Kindsblattern", die aus dem Meisterst?ck der Natur bald einen "grindigen Kuckuck" machen. Der Verunstaltete, dem rasch auch die Mittel ausgehen, hilft sich als Quacksalber fort, betr?gt die Bauern, wird im badischen Philippsburg wider Willen zum "Musquetirer" gepresst, von "Hertzbruder" befreit und ergibt sich schlie?lich in v?lliger sittlicher Verwilderung, von seinem b?sen Geist Olivier verf?hrt, einem R?uberleben. Oliviers Tod macht dem ein Ende, und mit Hertzbruder, den er in jammervollem Zustande antrifft und aufs beste pflegt, unternimmt Simplex eine Wallfahrt nach Einsiedeln. Sein Gewissen regt sich; er klagt um die verlorene Unschuld; er bekehrt und bekennt sich ?ffentlich zur katholischen Kirche, beichtet und kommuniziert, wird auf kurze Zeit wieder in die Kriegsl?ufe verwickelt, f?hlt aber mehr und mehr ein Ruhebed?rfnis.
Seine erste Frau ist im Kindbett gestorben; Hertzbruder wird ihm auch durch den Tod genommen. Eine zweite Ehe mit einem Bauernm?del verl?uft ungl?cklich: die junge Frau ist liederlich, l?sst das Hauswesen verlottern und trinkt sich ins Grab. Da ?bergibt Simplex das erstandene Bauerngut seinem alten Kn?n aus dem Spessart, den er wiedergefunden hat und der ihm seine adlige Abkunft enth?llt, lebt selber eine Zeitlang beschauhlich dahin und lernt dann auf einer phantastischen Fahrt die Wunder des Mummelsees kennen, durch den er zum Mittelpunkt der Erde gelangt. Weite Reisen f?hren ihn einige Jahre ?ber unterschiedliche Meere und zu vielerlei V?lkern, ehe er sich nach Friedensschluss von neuem bei seinem Kn?n niederl?sst. Da sitzt er vor seinen B?chern, ?berdenkt sein m?hsames Leben, und immer st?rker f?hlt er die Wahrheit, dass in der Welt keine dauernde Freude, dass nur der Wechsel best?ndig ist, dass - wie die Devise auf allen Kupfern der Simplizissimus-Ausgabe von 1671 lautet - "der Wahn betreugt". In dieser Erkenntnis sagt er der Welt, der unreinen Welt Ade und wird ein Einsiedler in Waldeinsamkeit, wie sein Vater gewesen.
Bis hierher hatte die erste, leider verlorene Ausgabe des Romans von 1668 gef?hrt. Der gro?e Erfolg rief die feigen Freibeuter der Literatur, die Nachdrucker auf den Plan, und um das Originalwerk vor den unberechtigten Ausgaben zu kennzeichnen, f?gte Grimmelshausen ein sechstes Buch hinzu. Es ist mit seinen Gespenster- und Teufelserscheinungen lange nicht mehr so notwendig und selbstverst?ndlich wie alles Fr?here, und wir k?nnten dieses Phantasiespiel, das den Simplex noch einmal in die Welt f?hrt, gut entbehren. Von Interesse ist nur der Schluss: schiffbr?chig wird Simplizissimus mit einem Gef?hrten auf eine einsame Insel im Meere verschlagen, und dort leben sie wie die ersten Menschen - eine Robinsonade f?nfzig Jahr vor Robinson Crusoe.
Weblinks:
Grimmelshausen Gesellschaft e.V.
koni online
Linksammlung FU Berlin