[X]
Aus Lahr?Lageplan Gemeinde Lahr


Hans Furler
Hans Furler - Europ?er der erten Stunde

Hans Furler - Europ?er der ersten Stunde aus Lahr

Hans Furler (* 5. Juni 1904 in Lahr/Schwarzwald; ? 29. Juni 1975 in Achern) war ein deutscher Politiker der CDU.

Leben und Beruf

Nach dem Abitur auf dem Humanistischen Gymnasium in Lahr studierte Furler, der r?misch-katholischen Glaubens war, Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau, Berlin und Heidelberg. 1925 bestand er das erste juristische Staatsexamen, im Dezember 1928 das Assessorexamen. Bereits ein halbes Jahr zuvor wurde er bei Gerhard Ansch?tz in Heidelberg mit einer Arbeit ?ber "Das polizeiliche Notrecht und die Entsch?digungspflicht des Staates" promoviert. Zun?chst war er als Rechtsanwalt in Pforzheim t?tig, nahm aber bereits 1930 nebenher eine Dozentent?tigkeit f?r Patentrecht auf. 1932 habilitierte er sich an der TH Karlsruhe mit einer Arbeit ?ber "Besitz, Verkehrsgeltung, Verwirkung im Wettbewerbsrecht", die ihn 1940 zum au?erplanm??igen Professor f?r gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht ernannte.

Von 1945 bis 1948 war er Justitiar in der Papierfabrik seiner Schwiegereltern. 1948 er?ffnete er eine neue Anwaltskanzlei in Freiburg. Ab 1950 lehrte er an der Albert-Ludwigs-Universit?t Freiburg. Von 1958 bis 1966 war er ehrenamtlicher Pr?sident des Deutschen Rates der Europ?ischen Bewegung.

Partei

Furler trat 1952 der CDU bei. Noch im selben Jahr wurde er Vorsitzender des wirtschaftspolitischen Beirates des Landesverbandes Baden.

Abgeordneter

Furler geh?rte dem Deutschen Bundestag von 1953 bis 1972 an. Er vertrat den Wahlkreis Offenburg im Parlament. Von 1953 bis 1957 war er stv. Vorsitzender des Bundestagsausschusses f?r Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Vom 10. Mai 1957 bis zum Ende der zweiten Legislaturperiode war er Vorsitzender des Sonderausschusses "Gemeinsamer Markt/Euratom". Vom 29. Januar 1959 bis zum 25. Mai 1960 war er Vorsitzender des Bundestagsausschusses f?r Ausw?rtige Angelegenheiten.

Er war au?erdem vom 1. Juli 1955 bis zum 19. M?rz 1958 Mitglied der Gemeinsamen Versammlung der Europ?ischen Gemeinschaft f?r Kohle und Stahl (EGKS), von 1956 an als deren Pr?sident. Von 1958 bis 1973 war er Mitglied des Europ?ischen Parlaments, von 1960 bis 1962 als sein Pr?sident, bis 1973 als Vizepr?sident.

Auszeichnungen

Furler wurde 1958 mit dem Gro?kreuz des Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet. Am 3. Juli 1962 verlieh ihm sein Wohnort Oberkirch (Baden) die Ehrenb?rgerw?rde.

Am 22. Mai 1976 wurde der Neubau des Gymnasiums in seiner Heimatstadt Oberkirch eingeweiht, das fortan seinen Namen tr?gt: Hans-Furler-Gymnasium

Ver?ffentlichungen

* Das polizeiliche Notrecht und die Entsch?digungspflicht des Staates, Diss.jur., Heidelberg 1928
* Parlamente ?ber den Nationen. Entwicklung, Zustand und Aussichten in Europa, in: Die Politische Meinung, 1957, Heft 11, Seiten 17 bis 28.
* Reden und Aufs?tze 1953-1957, o.O. (Baden-Baden), o.J.
* Im neuen Europa. Erlebnisse und Erfahrungen im Europ?ischen Parlament, Frankfurt/Main 1963

Europ?ische Spuren in Baden-W?rttemberg

Hans Furler - ein Europ?er der ersten Stunde

Zum 100. Geburtstag von Hans Furler von Claudia Philipp:

Wenn vom 10. bis 13. Juni 2004 die B?rger in der Europ?ischen Union zum sechsten Male dazu aufgerufen sind, das Europ?ische Parlament zu w?hlen, dann hat dazu wesentlich ein Mann beigetragen, der wenige Tage zuvor seinen 100. Geburtstag h?tte feiern k?nnen. Am 5. Juni 2004 w?re Prof. Dr. Hans Furler 100 Jahre alt geworden. Obwohl er f?r lange Zeit der erste und einzige deutsche Pr?sident des Europ?ischen Parlaments war, ist sein Name heute nur noch wenigen bekannt. Dabei geh?rt er zu den "Europ?ern der ersten Stunde" und hat entscheidende Weichen gestellt.

HANS FURLER - EIN EUROP?ER DER ERSTEN STUNDE.



WERDEGANG

Hans Furler wurde am 5. Juni 1904 im badischen Lahr geboren. Dort besuchte er das humanistische Gymnasium und begann nach seinem Abitur im Jahre 1922 das Jurastudium. Er studierte in Freiburg, Berlin und Heidelberg, wo er nach insgesamt sieben Semestern 1925 das erste Staatsexamen mit "sehr gut" bestand. W?hrend seiner Referendarzeit schrieb er seine Dissertation ?ber das Thema: "Das polizeiliche Notrecht und die Entsch?digungspflicht des Staates". Die Arbeit wurde vom Heidelberger Verfassungsrechtler Gerhard Ansch?tz betreut, der allen Grund hatte, auf seinen Sch?ler stolz zu sein. Im Februar 1928 wurde Furler von der juristischen Fakult?t der Universit?t Heidelberg der Doktortitel mit dem Pr?dikat "summa cum laude" zuerkannt. Die Promotionsurkunde wurde vom damaligen Dekan Gustav Radbruch unterschrieben, der von 1920-24 SPD-Reichstagsabgeordneter und zeitweise Reichsjustizminister war. Trotz der Arbeit an der Promotion legte Furler auch das zweite Staatsexamens im Dezember 1928 mit der Note "sehr gut" ab. Er war gerade 24 Jahre alt, als er seine Berufst?tigkeit als Rechtsanwalt in Pforzheim aufnahm.

Schon im Sommersemester 1930 erhielt er an der Technischen Hochschule Karlsruhe einen Lehrauftrag f?r Patentrecht, wo er sich im M?rz 1933 mit der Schrift: "Besitz, Verkehrsgeltung, Verwirkung im Wettbewerbsrecht" habilitierte. Hans Furlers weiterer Werdegang wurde wesentlich von der Zeit des Zweiten Weltkrieges gepr?gt. Sp?testens nach dessen Ende erkannte er die Bedeutung der deutsch-franz?sischen Freundschaft f?r die europ?ische Einigung. Er trat 1952 der CDU bei, wurde kurz nach seinem Eintritt Vorsitzender des "Wirtschaftspolitischen Beirats der Badischen CDU" und zog nur ein Jahr sp?ter in den zweiten Deutschen Bundestag ein.

Am 1. Juli 1955 wurde Furler eines von 18 deutschen Mitgliedern der Gemeinsamen Versammlung der Europ?ischen Gemeinschaft f?r Kohle und Stahl (EGKS). Er wurde vom Deutschen Bundestag als Nachfolger von Heinrich von Brentano gew?hlt, den Konrad Adenauer am 6. Juni 1955 zum Au?enminister ernannt hatte. Furler wurde auch Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und in der Versammlung der Westeurop?ischen Union.

Er sah f?r die seit dem 23. Juli 1952 arbeitende EGKS eine doppelte Aufgabe. Einmal galt es, im Rahmen des Vertrages die unmittelbar gestellten Ziele zu erreichen, also vor allem den gemeinschaftlichen Markt f?r Kohle und Stahl zu verwirklichen. Zum anderen aber sollte sie die Grundlage f?r eine umfassendere europ?ische Wirtschaftsgemeinschaft sein, nachdem der Plan einer politischen Gemeinschaft mit der Ablehnung des Vertrags ?ber die Europ?ische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) durch die franz?sische Nationalversammlung im August 1954 gescheitert war. Im Juni 1956 schrieb Furler in der "Politischen Meinung": "Die Montan-Union blieb St?ckwerk. Sie tut aber in dem begrenzten Rahmen das ihr M?gliche, und sie wird eine entscheidende Rolle spielen, wenn die sechs Staaten sich entschlie?en, das Projekt des gemeinsamen Allgemeinen Marktes zu realisieren."

PR?SIDENT DER GEMEINSAMEN VERSAMMLUNG

Furler muss die damals 78 Abgeordneten der Gemeinsamen Versammlung der EGKS nachhaltig beeindruckt haben. "Das Parlament" charakterisierte ihn am 21. M?rz 1962 wie folgt: "Er brachte f?r sein europ?isches Amt Eigenschaften mit, die ein so junges, in rascher Entwicklung stehendes parlamentarisches Organ ben?tigt: viel Geduld und Ausdauer, z?hes Festhalten an den f?r richtig erkannten Positionen bei stets sachlichem Auftreten." Nach nur 17-monatiger Mitgliedschaft in der Versammlung wurde er am 27. November 1956 in Stra?burg per Akklamation zu ihrem neuen Pr?sidenten gew?hlt. Er wurde Nachfolger des italienischen Christdemokraten Giuseppe Pella, der von 1954 bis 1956 Pr?sident war. Am 5. November 1957 wurde Hans Furler im Amt best?tigt, das er bis zum Ende der Gemeinsamen Versammlung der EGKS am 28. Februar 1958 innehatte.

In der Rede nach seiner ersten Wahl zum Pr?sidenten erkl?rte Furler: "Durch dieses Parlament soll eine neue, Gewalt und Unrecht ausschlie?ende Ordnung gewahrt und der Geist der Gemeinschaft in einem Raume gest?rkt werden, der auch schon durch tragische und nicht verschuldete Konflikte zerst?rt war. Dieses erste und einzige Parlament, dessen Befugnisse ?ber das Gebiet eines nationalen Staates hinausreichen, erwies sich als Hort europ?ischen Denkens und als Anreger gro?er Entwicklungen. Aus seiner Mitte kamen die Gedanken, die in den Begriffen "Allgemeiner gemeinsamer Markt' und "Euratom' umschlossen sind." Zugleich ?u?erte er sich auch zum Ziel der Gemeinschaften: "Montanunion, Euratom und Allgemeiner gemeinsamer Markt erf?llen ihren Sinn nur dann, wenn durch sie die sozialen Probleme einer gro?z?gigeren und besseren L?sung zugef?hrt werden k?nnen. Nur dadurch k?nnen sichere Grundlagen f?r eine freiheitliche und die W?rde des Menschen achtende politische Ordnung geschaffen werden."

Als Pr?sident suchte Furler Wege, um die Gemeinsame Versammlung zu einer funktionierenden politischen Institution auszugestalten. Nach dem Vertrag konnte sich die Versammlung ihre Gesch?ftsordnung selbst geben. Furler baute die in der Gesch?ftsordnung vorgesehenen Verfahren aus, um besonders das Generalsekretariat zu einem arbeitsf?higen und wirkungsvollen Instrument zu machen. Die Gemeinsame Versammlung wurde durch periodische Plenarsitzungen und h?ufige Ausschusssitzungen fast zu einem permanenten Parlament, obwohl der EGKS-Vertrag nur von "j?hrlich einer Sitzungsperiode" sprach. Die Hohe Beh?rde bereitete nun zusammen mit der Gemeinsamen Versammlung ihre Entscheidungen vor. Es entwickelten sich wirksame Arbeitsmethoden und ein neuer Stil f?r einen eigenst?ndigen Parlamentarismus, der den Einfluss der Gemeinsamen Versammlung st?rkte.

Im Juni 1957 zog Furler vor der Gemeinsamen Versammlung eine erste Bilanz der parlamentarischen Arbeiten, die er als Pr?sident mitgepr?gt hatte: "Trotz der verh?ltnism??ig engen Bestimmungen des Vertrages ?ber ihre Kontrollbefugnisse hat die Gemeinsame Versammlung in der weiteren Entwicklung eine umfassendere parlamentarische Arbeit aufgebaut. Dies ist wohl die bemerkenswerteste Feststellung, die wir ?ber die T?tigkeit der Gemeinsamen Versammlung in den vergangenen Jahren treffen k?nnen. Aus den Verhandlungen zwischen der Versammlung, ihren Aussch?ssen und der Hohen Beh?rde und aus dem st?ndig fortschreitenden Ausbau der Fraktionen hat sich eine enge Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der Gemeinschaft entwickelt, durch die es unserer Versammlung m?glich war, ihre W?nsche und Bestrebungen im Rahmen der Zielsetzung des Vertrages immer genau und wirksam zum Ausdruck zu bringen (...). Die Versammlung hat sich (...) nicht auf die Pr?zisierung einzelner Punkte oder auf eine Kritik beschr?nkt. Vielmehr entwickelten ihre Arbeiten die Umrisse einer allgemeinen Konzeption. Dabei muss ich betonen, dass hier die Mitwirkung der Fraktionen besonders deutlich geworden ist. Die von der Versammlung entwickelte allgemeine Konzeption kann sicherlich die Grundlage einer wirkungsvollen europ?ischen Politik bilden, in der die verschiedenen in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Meinungen und politischen Kr?fte zusammengefasst werden."

Genau diese von Furler beschriebene Entwicklung eines europ?ischen Parlamentarismus in der EGKS-Versammlung erweckte Misstrauen nicht nur bei den Regierungen, sondern auch in den nationalen Parlamenten. Wie konnte es angehen, dass Parlamentarier eigenst?ndige Ideen in einem Parlament entwickeln konnten, dem doch von den Mitgliedstaaten keinerlei Entscheidungsbefugnisse ?bertragen worden waren?

F?R EIN EINHEITLICHES EUROP?ISCHES PARLAMENT

Seit der Konferenz der EGKS-Au?enminister in Messina am 1./2. Juni 1955 wurde ?ber die weitere europ?ische Integration beraten. Am 26. Juni 1956 begannen in Br?ssel die Verhandlungen ?ber eine Europ?ische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und eine Europ?ische Atomgemeinschaft (EAG). Nat?rlich wurde dabei auch ?ber deren institutionelle Ausgestaltung beraten. Bereits in der Euratom-Debatte des franz?sischen Parlaments im Sommer 1956 war die Idee eines neuen und eigenen parlamentarischen Organs f?r die EAG aufgekommen. In den Vertragsverhandlungen wurde dann von Vertretern Frankreichs der Vorschlag gemacht, jeder der beiden neuen Gemeinschaften eine eigene parlamentarische Vertretung zu geben. Es h?tte also drei parlamentarische Versammlungen gegeben, f?r jede der europ?ischen Gemeinschaften eine. Die Konsequenzen lagen auf der Hand: die parlamentarische Kontrolle der drei Gemeinschaften w?re so zersplittert worden, dass sie nicht wirksam h?tte wahrgenommen werden k?nnen. Um den parlamentarischen Einfluss noch weiter zur?ckzudr?ngen, sollten die Versammlungen in ver?nderbarer Zusammensetzung und spezialisierten Sektionen arbeiten. Wie h?tten Themen, die so eng zusammenhingen wie Kohle und Stahl, Gemeinsamer Markt und Euratom in verschiedenen Parlamenten mit unterschiedlicher Zusammensetzung sinnvoll behandelt werden k?nnen?

Schon in seiner Antrittsrede nach der Wahl zum Pr?sidenten der Gemeinsamen Versammlung am 27. November 1956 hatte sich Furler daf?r ausgesprochen, der EGKS-Versammlung die parlamentarischen Funktionen zu ?bertragen, die in einer erweiterten oder neu entstehenden wirtschaftlichen Gemeinschaft erforderlich waren. W?rtlich erkl?rte er: "Es kann f?r Euratom, f?r die Montan-Union und f?r den Allgemeinen gemeinsamen Markt nur eine einheitliche parlamentarische Institution geben, die aus unserer Gemeinsamen Versammlung hervorgehen muss." Im Gegensatz dazu hatten die Au?enminister Ende Januar 1957 beschlossen, zur Kontrolle der neuen Gemeinschaften Euratom und Gemeinsamer Markt auch neue parlamentarische Gremien zu schaffen. Dieser Beschluss war allerdings noch nicht endg?ltig und bindend. Furler erfuhr davon w?hrend seines Antrittsbesuchs als Pr?sident der Gemeinsamen Versammlung bei der italienischen Regierung in Rom.

Noch w?hrend seines Besuchs in Rom nahm Furler deshalb Kontakt mit der Beratenden Versammlung des Europarats und der Versammlung der Westeurop?ischen Union auf, denen er ebenso angeh?rte. Die drei Pr?sidenten der bestehenden parlamentarischen Organe trafen sich vor der Ministerrats-Konferenz am 4. Februar 1957 in Br?ssel. Sie wurden dabei von einigen Mitgliedern ihrer jeweiligen Versammlung begleitet. Furler setzte zun?chst im Pr?sidium der EGKS-Versammlung und anschlie?end bei den beiden anderen Pr?sidenten den Gedanken durch, die Gemeinsame Versammlung in die neue parlamentarische Institution mit ihrer materiellen Substanz und mit allen politischen Rechten und Befugnissen ?berzuf?hren. Dies musste unmittelbar mit der Entstehung der neuen Versammlung geschehen, damit in keinem Augenblick mehrere parlamentarische Institutionen nebeneinander best?nden. Mit dieser Fusion sollte ein einheitliches Parlament geschaffen werden, das alle Aufgaben aus den verschiedenen Vertr?gen wahrnehmen konnte.

Diese gemeinsame Position trug Furler als Leiter der Delegation der Pr?sidenten dem Ministerrat am Abend des gleichen Tages vor. Seine Argumente waren so ?berzeugend, dass ihnen die Minister am 5. Februar folgten. Dabei engagierte sich besonders der deutsche Au?enminister Heinrich von Brentano. Als Ergebnis der Regierungsverhandlungen wurde zusammen mit dem EWG- und dem EAG-Vertrag am 25. M?rz 1957 ein besonderes Abkommen ?ber zwei gemeinsame Organe f?r die drei Europ?ischen Gemeinschaften abgeschlossen, in denen f?r alle drei Gemeinschaften nur eine parlamentarischen Institution und ein Gerichtshof vorgesehen war.

Furler hat bei der Entstehung des einheitlichen Europ?ischen Parlaments eine wichtige Rolle gespielt. Ohne die Initiative zum Treffen der Pr?sidenten am Vortag des Au?enministertreffens in Br?ssel w?ren vermutlich getrennte Versammlungen entstanden. Ob ihre Zusammenf?hrung sp?ter, zum Beispiel mit dem Fusionsvertrag von 1965, m?glich gewesen w?re, ist fraglich.

PR?SIDENT DES EUROP?ISCHEN PARLAMENTS

In der konstituierenden Sitzung der nunmehr 142 Abgeordnete umfassenden "Versammlung", die f?r die drei Gemeinschaften zust?ndig war, wurde Robert Schumann am 19. M?rz 1958 gegen den Willen der Au?enminister, die sich ?ffentlich f?r ihren fr?heren italienischen Kollegen Martino ausgesprochen hatten, per Akklamation zum ersten Pr?sidenten gew?hlt. Furler wurde einer der Vizepr?sidenten und k?mmerte sich besonders um Rechts- und Verwaltungsfragen. Auf seinen Antrag beschloss die Versammlung bereits wenige Tage sp?ter am 21. M?rz 1958, dass die Bezeichnung "Versammlung" im Deutschen durch "Europ?isches Parlament" und im Niederl?ndischen durch "Europees Parlement" ersetzt werden sollte. Am 30. M?rz 1962 wurde diese Bezeichnung dann f?r alle vier damals bestehenden Amtssprachen beschlossen. Offiziell wurde "Europ?isches Parlament" allerdings erst durch die am 1. Juli 1987 in Kraft getretene Einheitliche Europ?ische Akte in die Vertr?ge aufgenommen.

F?r die im M?rz 1960 anstehende Wahl des Parlamentspr?sidenten schlug die christlich-demokratische Fraktion Furler als Nachfolger Schumanns vor, der gesundheitlich angeschlagen war. Erstmals in der Geschichte des Europ?ischen Parlaments gab es einen Gegenkandidaten, denn die liberale Fraktion hatte Gaetano Martino vorgeschlagen, den die Au?enminister gerne bereits als ersten Pr?sidenten gesehen h?tten.

Hans Furler wurde als erster Deutscher am 28. M?rz 1960 zum Pr?sidenten des Europ?ischen Parlaments gew?hlt. Er setzte sich mit 68 Stimmen gegen seinen Konkurrenten durch, der 44 Stimmen erhielt. Da die erforderliche Mehrheit nur 57 Stimmen betrug, wurde Furler im ersten Wahlgang zum neuen Pr?sidenten gew?hlt. Seine Wiederwahl am 7. M?rz 1961 geschah durch Zuruf. Teile seiner Antrittsrede sind heute noch aktuell: "Es ist sicherlich die gr??te Aufgabe dieses Hauses, die nationalen Regierungen zu dr?ngen, vorw?rts zu gehen und unbeirrt auf unsere letzten gro?en Ziele hinzuschreiten. Es liegt aber auch in unserer Verpflichtung, zu verhindern, dass ?berwuchernde B?rokratien entstehen, die hart und undurchsichtig sind und ein technokratisches Eigenleben f?hren. Die Verwaltungen d?rfen den B?rgern nicht fremd werden. Der europ?ische Alltag darf die politischen Ideen nicht erdr?cken. Die notwendigen Institutionen haben st?ndig unseren gro?en Zielen zu dienen. Der Herzschlag der Politik muss un?berh?rbar bleiben."

Als Pr?sident war Furler f?r die Gestaltung der Plenardebatten verantwortlich. Er hatte einerseits sicherzustellen, dass sich jeder Abgeordnete frei ?u?ern konnte, musste aber andererseits darauf achten, dass sich die Debatten nicht endlos hinzogen. Jede Wortmeldung musste entgegengenommen, ihre zeitliche Reihenfolge konnte nicht ver?ndert werden. Eine Redezeitbegrenzung war damals nur durch besondere Plenarbeschl?sse m?glich. Redner unterschiedlicher Parteien aus verschiedenen L?ndern waren zu ber?cksichtigen. Bei der Festlegung der Tagungswochen des Europ?ischen Parlaments war darauf zu achten, dass sie sich nicht mit denen der nationalen Parlamente zeitlich ?berschnitten. Es gelang Furler, das Europ?ische Parlament unabh?ngig von seinen rechtlichen Befugnissen zu einem aktiven und beachteten Organ der europ?ischen Integration zu machen.

FURLER UND DIE DIREKTWAHL DES PARLAMENTS

In einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk im Januar 1957 wurde Furler, zu diesem Zeitpunkt Pr?sident der Gemeinsamen Versammlung der Europ?ischen Gemeinschaft f?r Kohle und Stahl (EGKS), nach seiner Ansicht zu einer m?glichen Direktwahl der Abgeordneten des Europ?ischen Parlaments befragt. Seine Antwort: "Ich glaube, eine Direktwahl, also die Entstehung wirklicher europ?ischer Parlamentarier, setzt gr??ere Zust?ndigkeiten voraus, die sich mit der Zeit entwickeln (...). Wenn wir soweit sind - wir wollen Geduld haben und Schritt f?r Schritt vorw?rtsgehen -, dann, glaube ich, kommen wir um die Direktwahl nicht herum. Sie wird alsdann notwendig und richtig sein."

Die Priorit?t "Erst Befugnisse, dann Direktwahl" ?nderte Furler allerdings wenige Jahre sp?ter. Als Pr?sident des Europ?ischen Parlaments setzte er sich schon 1960 mit folgenden ?berlegungen f?r die Direktwahl ein: "Unmittelbare Wahlen schaffen ein Band zwischen den Wahlberechtigten aller Mitgliedstaaten und dem Parlament, verankern dessen T?tigkeit im Bewusstsein der W?hler und vermitteln den Abgeordneten die im demokratischen Gef?ge h?chste Legitimation. Das Parlament bekommt damit ein gr??eres politisches Gewicht und eine verst?rkte politische Antriebskraft, die es besser als bisher in die Lage versetzt, dem Prozess der europ?ischen Integration zu dienen." Mit der ver?nderten Priorit?t sollte er Recht behalten. Allerdings erlebte er die Erweiterung der Rechte des Europ?ischen Parlaments durch die Einheitliche Europ?ische Akte 1987 und die Vertr?ge von Maastricht 1992, Amsterdam 1999 und Nizza 2003 nicht mehr.

Auch die Direktwahl der Abgeordneten kam sp?ter. Zwar sah schon der EGKS-Vertrag die M?glichkeit vor, die Abgeordneten der Versammlung direkt w?hlen zu lassen. Davon machte allerdings kein Staat Gebrauch. In den Regierungsverhandlungen zur Gr?ndung von EWG und EAG schlug der italienische Au?enminister Martino vor, die Mitglieder der Versammlung in allgemeiner und direkter Wahl durch die Bev?lkerung der einzelnen Mitgliedsstaaten zu bestimmen. Die anderen f?nf Au?enminister lehnten diesen Vorschlag jedoch ab, da sie den Zeitpunkt einer allgemeinen Direktwahl f?r verfr?ht hielten. Tats?chlich bef?rchteten sie Schwierigkeiten mit ihren nationalen Parlamenten, die an einem europ?ischen "Konkurrenzorgan" kein Interesse haben konnten. Erst 1976 beschlossen die Mitgliedstaaten den "Akt zur Einf?hrung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europ?ischen Parlaments". Erstmals wurden dann vom 7.-10. Juni 1979 die Wahlen abgehalten.

PARLAMENTARIERKONFERENZ MIT AFRIKANISCHEN STAATEN

Wenige Tage nach der Wahl Furlers zum Pr?sidenten beschloss das Europ?ische Parlament auf seine Anregung am 31. M?rz 1960, eine gemeinsame Konferenz mit den Parlamenten Madagaskars und derjenigen Staaten Afrikas durchzuf?hren, die vor ihrer Unabh?ngigkeit von Frankreich, Belgien, Holland und Italien abh?ngig waren. Im EWG-Vertrag hatten die Mitgliedstaaten 1957 vorgesehen, ihre Kolonien der Gemeinschaft zu assoziieren, um ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu f?rdern. Die entsprechenden Bestimmungen waren mit der Unabh?ngigkeit dieser Staaten ?berholt. Die darin formulierten Ziele sind allerdings noch heute Grundlage der europ?ischen Entwicklungspolitik. Der Weg der afrikanischen Staaten in die Unabh?ngigkeit verlief unterschiedlich und war teilweise durch erhebliche Spannungen mit den urspr?nglichen Kolonialm?chten gepr?gt. Diese Entwicklung war 1960 noch in vollem Gange. In dieser Situation war eine gemeinsame Parlamentarierkonferenz ein gro?es Wagnis.

Bei den Vorbereitungen f?r dieses Treffen wollte Furler um jeden Preis den Eindruck vermeiden, die angestrebten Kontakte gingen von den fr?heren Kolonialm?chten aus oder dienten einem "Pseudo-Kolonialismus". Er legte deshalb Wert darauf, die Souver?nit?t der afrikanischen Staaten und die Stellung ihrer Parlamente unabh?ngig von der jeweiligen Verfassungswirklichkeit zu respektieren. Deshalb verschickte er die Einladung zur Konferenz und den vorbereitenden Sitzungen direkt und weder ?ber den Ministerrat, noch ?ber die Botschaften der Mitgliedstaaten. Dieses eigenst?ndige Vorgehen des Parlaments wurde von Frankreich scharf missbilligt, bei den anderen Mitgliedstaaten erregte es Misstrauen. Was hatten Parlamentarier sich in Angelegenheiten der Regierungen einzumischen? Furler gelang es, in pers?nlichen Gespr?chen mit den Au?enministern alle Vorbehalte zu ?berwinden. Am 19. Oktober 1960 billigte der Ministerrat die Initiative des Europ?ischen Parlaments.

Nach vorbereitenden Konferenzen in Rom im Januar und in Bonn im Mai 1961 trafen sich im Juni desselben Jahres die 142 Mitglieder des Europ?ischen Parlaments und 112 Vertreter von Parlamenten sechzehn afrikanischer Staaten zu einer ersten parlamentarischen Konferenz in Stra?burg, wo sie ?ber ein zuk?nftiges Assoziationsabkommen diskutierten. Sp?ter tagte der "Parit?tische Ausschuss" zweimal j?hrlich. 1963 wurde dann in Yaounde (Kamerun) das Assoziationsabkommen unterzeichnet, das auch eine j?hrliche "Parlamentarische Konferenz der Assoziation" vorsah. Die Treffen der Parlamentarier auf Initiative des Europ?ischen Parlaments waren ein wesentlicher Schritt zur Vorbereitung dieses und der nachfolgenden Abkommen. Die Wochenzeitung "Das Parlament" urteilte im M?rz 1962: "Wenn die afrikanischen Staatsm?nner und Parlamentarier an dem gro?en Gedanken der Partnerschaft zwischen den beiden Kontinenten festhalten, so ist das sicherlich nicht zuletzt der positiven Einstellung des Europ?ischen Parlaments und seines Pr?sidenten zu verdanken."

Mit der Idee zu dieser Konferenz zeichnete Furler einen Weg vor, den das Europ?ische Parlament sp?ter oft eingeschlagen hat. Es ergriff Initiativen, zu denen es zwar nicht ausdr?cklich erm?chtigt ist, die ihm in den Vertr?gen aber auch nicht untersagt sind. Es ist eben diese Strategie, mit dem es die Integration voranbringt und seinen eigenen Einfluss verst?rkt hat.

DER EUROP?ER HANS FURLER

Eine pers?nliche W?rdigung des Europ?ers Hans Furler ist nur noch einigen Zeitzeugen m?glich. Seine Verdienste um ein b?rgern?heres und demokratisches Europa sind unbestreitbar. Als Pr?sident pflegte er die Tradition von Pressekonferenzen in Stra?burg, um ?ber die Arbeit der Gemeinsamen Versammlung und sp?ter des Europ?ischen Parlaments zu unterrichten. Der "gro?e K?mpfer f?r Europa", wie ihn Georges Sp?nale, der sozialistische sp?tere Pr?sident des Europ?ischen Parlaments bezeichnete, ?berzeugte durch Loyalit?t, Qualit?t und Aufrichtigkeit. Konfrontation oder Polemik lagen ihm nicht. Er versuchte lieber, Probleme im Gespr?ch bei einem gemeinsamen Essen zu l?sen. F?r seine Arbeit gilt, was er 1967 so ausdr?ckte: "Die stille, z?he Arbeit und das klare Ziel sind sehr viel entscheidender als (...) Deklamationen."

Wer anhand von Furlers Reden und Ver?ffentlichungen versucht, die Motive f?r sein europ?isches Engagement zu finden, kommt zwangsl?ufig zur Trias Frieden, Freiheit und Wohlstand, die auch in den EG-Vertr?gen erw?hnt ist. Er st??t aber auch auf immer noch aktuelle Forderungen wie die nach einer gemeinsamen Au?en- und Verteidigungspolitik oder die nach guten transatlantischen Beziehungen. Insofern hat Furler ein Verm?chtnis hinterlassen.