Das Obere Tor Ettenheim


Oberes Tor Ettenheim - Ende des 18ten Jahrhunderts wurden die beiden Tore (Oberes und Unteres Tor) im barocken Stil an den alten Turmstandorten erbautDie Stadt Ettenheim wurde bis ins 17te Jahrhundert von Stadtmauer, Mauergräben und vier Toren (Oberes-, Unteres-, Thomas- und Ringsheimer Tor) bewacht, die heute allesamt verschwunden sind.

Ende des 18ten Jahrhunderts wurden die beiden Tore (Oberes und Unteres Tor) im barocken Stil an den alten Turmstandorten erbaut - nicht mehr "um zu wehren und Zölle einzutreiben" - sondern in repräsentativer Bauweise, wie Martin Hesselbacher in seiner denkmalpflegerischen Studie 1957 schreibt (vergl. Unteres Tor).

Die barocken Stadttore sind mit ihren Volutengiebeln architektonisch den Portalen von Kirche und Spital sehr verwandt. Beim großen barocken Stadtausbau, der vom Kirchenneubau (1768 - 71) angestoßen worden sein dürfte, wurde das hier abgebildete Obere Tor 1778, das Untere Tor 1783 erbaut, etwa gleichzeitig mit dem Spital und den Brunnen.

Auf der Grenze des alten Stadtkerns schließen sie den Ring der Stadtmauerbebauung und machen damit den Verlauf der alten, im Dreißigjährigen Krieg geschleiften Stadtbefestigung für jeden bis heute augenfällig.

Die barocken Stadttore schließen nicht mehr aus, wie es Aufgabe der alten, befestigten Stadttürme war; sie öffnen sich vielmehr zu weiten Pforten, durch die man freundlich und bequem in der Stadt Einlaß findet. Sie sind Symbol für die Stadtwürde, wie dies auch die schönen Stadtwappen in den Giebelfeldern versinnbildlichen.

(Obiger Text Auszug aus: Barocke Landschaft. - Robert Furtwängler: Ettenheim)

Alte Ettenheimer Stadterweiterungen vor 1800 - Müller, Karl Friedrich - Beiträge zur Geschichte der Stadt Ettenheim (Waldkirch 1977) 58 S.

"Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden", lautet eine bekannte Redensart.

Für die Ettenheimer Altstadt gilt genau dasselbe, obwohl es in der Heimatliteratur für selbstverständlich angesehen wird, daß das Gebiet der Ettenheimer Altstadt von der Stadtgründung an denselben Umfang gehabt habe wie am Ausgang des 18. Jahrhunderts, als Ettenheim die Residenz des letzten Straßburger Fürstbischofs war, des Kardinals Louis-René-Édouard Prince de Rohan-Guémené.

Schon früher wies ich darauf hin, daß man nicht annehmen darf, daß der Grundriß der ganzen Ettenheimer Altstadt so bereits bei der Stadtgründung geplant war, sondern nur der Kern der Altstadt.

Die Geschichte der Ettenheimer Tortürme  arrowRight

Man muß den Grundriß der Ettenheimer Altstadt als das Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung betrachten. Im Laufe der Jahrhunderte ist der Kern der Altstadt mehrmals erweitert worden, bis er um 1800 den Umfang der heutigen Altstadt erreicht hat: vom Kirchberg zum jetzigen Oberen Tor - durch die Alleestraße zum jetzigen Unteren Tor - durch die Festungsstraße zum abgerissenen Ringsheimer Tor - zum Kirchberg zurück. Der hochgelegene und von Mauern umgebene Friedhof war in die Stadtbefestigung einbezogen. Der Kirchberg ist vom rückwärtigen Berg künstlich abgetrennt.

Schriftliche Nachrichten über die alten Stadterweiterungen sind uns nicht überliefert. Man muß sich darüber anhand des Stadtgrundrisses Gedanken machen und mit aufmerksamen Augen durch die Altstadt gehen.

Dabei gibt es mancherlei Auffallendes:

Der östliche Hang des Kirchberges (gegen das Münstertal zu) ist dichter bebaut als der westliche Hang (gegen den Rhein zu); außerdem ist der östliche Teil durch Gassen gegliedert. Ich halte den östlichen Teil für das alte Bürger-, Handwerker- und Bauernviertel, den dünn bebauten westlichen Teil für das alte Adels- und Herrenviertel mit dem einstigen Fronhof der Bischöfe von Straßburg, mit Adelsbesitz (z. B. der Herren von Endingen; im 18. Jahrhundert der Familie von Ichtratzheim in der oberen Rohanstraße), mit den Gärten der Adeligen, mit Klosterbesitz (Klöster Ettenheimmünster und Tennenbach). Der Name "Pfaffenbach" (von lateinisch papa; früher ein geachtetes Wort, ohne beleidigenden Sinn) erinnert an alten geistlichen Besitz.

Vom östlichen Kirchberg laufen drei Gassen hinab zur Friedrichstraße:

blueCircle  die Torgasse (früher Geißberg = Ziegenberg),
blueCircle  die Berggasse (früher Fledermausberg, Kirnbergers Berg oder einfach Berg),
blueCircle  die Zunftgasse (früher Totengäßle genannt, weil die Toten von Ettenheimweiler durch diese Gasse hinauf zum Friedhof gebracht wurden).

Diese drei Gassen und die heutige Ettikostraße, früher Schläfergasse genannt nach dem Steinbild, dem "Schläfer", am Haus Josef Henninger Nr. 3, enden an der heutigen Friedrichstraße. Keine der vier ist bis zur alten Stadtmauer (siehe unten) an der Innenseite der östlichen Ringstraße weitergeführt. Es sieht so aus, als ob der Kern der Altstadt, das Ettenheim der Stadtgründung, im Osten nur bis zur heutigen Friedrichstraße, im Norden bis zur Ettikostraße reichte und im Westen bis zur Innenseite des letzten Abschnitts der Westlichen Ringstraße, die Fläche des "Palais Rohan" bis zum Pfarrhof einbeziehend. Noch eine Zwischenbemerkung zu den drei Straßen, die die Bezeichnung -gasse führen; ich wiederhole einige Sätze, die ich früher schrieb unser Wort "Gasse" ist kein minderwertigeres Wort als "Straße", sondern ist ein altes germanisches Wort, das im Dänischen, Schwedischen, Norwegischen, Finnischen, im Englischen und Amerikanischen seine Entsprechungen hat. Im Wiener Straßenverzeichnis zählte ich 964 "Gassen". Ursprünglich war "Gasse" die allgemeine Bezeichnung für die Wege in Dörfern und Städten, ohne Unterschied, ob sie breit waren oder schmal. Unser aus dem Lateinischen stammendes "Straße" bedeutete früher nur die Landstraße; im Namen der Stadt Straßburg eine alte Römerstraße.

Wie ein Ring umschließen die Östliche Ringstraße und die Westliche Ringstraße einen Großteil des mittelalterlichen Stadtkerns

Den Ettenheimer Stock, umgeben von der Ettiko-, der Friedrich- und der unteren Rohanstraße, halte ich für eine alte Stadterweiterung.

Aus der Rundung der Turmstraße schließe ich, daß sie um eine Erweiterung des "Stocks" herumführte, daß die Turmstraße die heutige Friedrichstraße fortsetzte in einem Bogen bis zur Thomasstraße.

Was außerhalb dieses skizzierten Altstadtgebiets lag, wurde zu unbekannter Zeit ins Stadtgebiet einbezogen, nämlich

1. die Fläche östlich von der Friedrichstraße bis zur Innenseite der östlichen Ringstraße; die heutige östliche Ringstraße blieb außerhalb der Stadtmauer;

2. die Fläche zwischen der Turmstraße und der Innenseite der Westlichen Ringstraße; auch die heutige Westliche Ringstraße blieb außerhalb der Stadtmauer, wie auch ihr letzter Abschnitt von der Thomasstraße bis zum Kirchberg.

Eine andere Stadterweiterung kann man deutlich erkennen, wenn man vom heutigen Oberen Tor durch die Östliche Ringstraße zum heutigen Unteren Tor geht. Dann sieht man auf der linken Straßenseite, von der Bäckerei Henninger bis zum Alten Spital, eine hohe Mauerfront, durch die die innere Altstadt gegen das Münstertal abgeschlossen wird. An der Stelle ohne Verputz (gegenüber von den Häusern Nr. 5, 6, 7 und 9) ist das alte Mauerwerk sichtbar.

Diese Mauer muß die alte, mittelalterliche Stadtmauer sein. Da, wo man heute geht, muß einst der Stadtgraben gewesen sein; ihn hat man aufgefüllt und die Häuser auf der äußeren Straßenseite erbaut. Diese Häuser sehen einander ziemlich ähnlich, wurden also zur selben Zeit erbaut. Die Jahreszahlen 1778 am Oberen Tor und 1783 am Unteren Tor geben Anhaltspunkte, wann diese kranzförmige Stadterweiterung erfolgte. Das wird bestätigt durch die Jahreszahl 1778 am Haus Nr. 2 der östlichen Ringstraße.

Als die östliche Ringstraße angelegt und die Häuser an ihr erbaut wurden, wurde diese neue Straße, die außerhalb des alten Rings der Stadtmauer lag, durch eine neue Mauer und einen neuen Graben geschützt.

Zum Durchlaß wurden einige Meter vor den alten Tortürmen zwei neue einfache Tore gebaut, das heutige Obere Tor (1778) und das heutige Untere Tor (1783).

Das waren also nur Vortore vor den eigentlichen Toren.

Zwischen ihnen, den neuen einfachen Toren, und den hinter ihnen stehenden alten starken Tortürmen, mündete die neu angelegte östliche Ringstraße in die alte Verbindungsstraße der zwei Tortürme, in die heutige Friedrichstraße.

Die alten Stadttore mit ihren Türmen blieben noch einige Jahrzehnte stehen.

Mit der heutigen Westlichen Ringstraße verhält es sich ähnlich wie mit der östlichen Ringstraße. Auch sie wurde (um 1780) als Stadterweiterung kranzförmig außerhalb um die alte mittelalterliche Stadtmauer gelegt. Auch sie mündete zwischen dem alten Torturm und dem neuen Vortor, dem heutigen Unteren Tor (1783). Verfolgt man sie vom Unteren Tor ab, so steht die alte Stadtmauer links, und die damals neu erbauten Häuser liegen auf der rechten Straßenseite; das gilt bis zum Ende der Westlichen Ringstraße. Auf ihrem letzten Abschnitt, von der Thomasstraße ab, ist die alte Stadtmauer links frei sichtbar. Ich wiederhole: Etwa nach 1775 wurde um die alte Stadtmauer eine Stadterweiterung vorgenommen, die heutige östliche und Westliche Ringstraße, kranzförmig vor die alte Stadtmauer gelegt, und die heute noch stehenden Tore erbaut, die man nur als Vortore betrachten darf; denn die alten Stadttore standen hinter ihnen (bis vor rund 150 Jahren).


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