Das Untere Tor Ettenheim


Das Untere Tor Ettenheim - errichtet, jedoch an gleicher Stelle wie die mittelalterlichen Tore stehend, was uns namentlich das Untere Tor durch seine Lage beweistStadtbefestigungen - Denkmalpflege an Stadttoren - Von Martin Hesselbacher, Freiburg i. Br.

Das Untere Tor errichtet, jedoch an gleicher Stelle wie die mittelalterlichen Tore stehend, was uns namentlich das Untere Tor durch seine Lage beweist. Denn es ist eingezwängt in eine Häuserzeile, deren Krümmung deutlich den Verlauf der alten Stadtmauer erkennen läßt. Dieses Tor wurde ausweislich der im Bogenscheitel eingeschlagenen Zahl im Jahre 1783 errichtet, also zu einer Zeit, als Kardinal Rohan schon den Straßburger Bischofsstuhl innehatte.

Schon lange hatten die Stadttore ihren fortifikatorischen Wert verloren. Daher wurde auch dieses Tor nicht als massives Bauwerk nach dem System eines Wehrturms errichtet, sondern nur zweidimensional, d. h. als dünne Wand, die ihre Stabilität durch einen hintermauerten Korbbogen und eine senkrecht darauf stoßende Mauerzunge bekam, in welch letzterer wir ein Überbleibsel des mittelalterlichen Torturms vermuten dürfen. Der strategische Zweck eines Torturmes früherer Jahrhunderte war somit der Repräsentation gewichen, in welcher die Baulust jener Zeit ihren Ausdruck fand.

In gleicher Front wie die flankierenden Wohnhäuser liegend, besteht diese Torwand nur aus einer einzigen Rundbogenöffnung mit einer lichten Breite von 4.20m und einer Scheitelhöhe von 4.30m. Im Schlußstein des Bogens ist das Wappen des Straßburger Bischofs zu sehen.

Das Bauwerk wird eingefaßt von zwei rustizierten Ecklisenen auf hohen einfachen Steinsockeln und einem schmalen Gesims, über dem sich der geschwungene Giebel mit Volutenenden aufbaut bis zu einer Gesamtbauhöhe der Torwand von rd.8.00m.

Einziger Schmuck dieses Giebels ist die in Sandstein ausgehauene Rokoko­kartusche mit dem Wappen der Stadt Ettenheim: Drei Türme mit welschen Hauben, der mittlere mit goldenem Kreuz bekrönt. Bemerkenswert sind die noch vorhandenen ausgebohrten Kragsteine an der Innenseite des Tores, in deren Löchern sich heute noch die Eisenringe befinden, in welchen sich die Zapfen der hölzernen Torflügel drehten.

Die Geschichte der Ettenheimer Tortürme  arrowRight

In der "guten alten Zeit" wurden bei Einbruch der Dämmerung die Stadttore noch geschlossen. Die alten Torflügel sind längst verschwunden. Schon in den letzt vergangenen dreißiger Jahren erwies sich auch bei dem Unteren Tor in Ettenheim eine Verkehrsentlastung als dringend notwendig, die im Bau eines Durchganges für Fußgänger im östlichen der beiden flankierenden Bauten gefunden worden ist. Doch sie genügte auf die Dauer nicht! So wurde auf Drängen der Stadtverwaltung Ettenheim, mit Rücksicht darauf, daß das Tor "täglich mehrmals von Hunderten der die nahe Volksschule besuchenden Schülern passiert werden muß", im Jahre 1954 durch das westlich anschließende Gebäude ein zweiter Durchgang gelegt.

Diese Baumaßnahme erfolgte nach den Direktiven des damaligen Leiters unseres Amtes, Prof. Dr. Schlippe. Es wurde vor allem Wert darauf gelegt, daß die bis dahin durch einen häßlichen Ladeneinbau im Erdgeschoß verunstaltete Fassade dieses Gebäudes bereinigt wurde, in dem der Ladeneingang in den neuen Durchgang verlegt und das unvermeidliche Schaufenster neben der Rundbogenöffnung des Durchganges in bescheidenen Maßen, putzbündig und ohne aufwendige Umrahmung gestaltet wurde, sodaß die Mauerflächen des Torbaues dominierten.

Von außerhalb des Tores bietet sich uns nunmehr folgendes Bild: östlich der alten Toröffnung, deren Dimensionen wir oben schon genannt haben, in einem Abstand von 1.70m befindet sich ein kleines Rundbogentor für die Fußgängerpassage mit einer lichten Breite von 1.50m und einer Scheitelhöhe von2.55m; das neue westliche Rundbogentor, das dem östlichen möglichst gleich gestaltet wurde, hat einen Abstand von 1.60m vom alten Tor, eine lichte Breite von 1.60m und eine Scheitelhöhe von 2.70m. Auch hier sind die maßlichen Unterschiede durch die örtlichen Gegebenheiten bedingt.

Um den Ladeneinbauten innerhalb der beiden Durchgänge mehr natürliche Belichtung zu sichern, wurden auf beiden Seiten nach der Straße zu je eine weitere Rundbogenöffnung geschaffen, die durch zarte, schmiedeeiserne Gitter geschützt sind, um zu verhindern, daß Kinder in die Fahrbahn springen. Schon seit längerer Zeit ließ der sehr schlechte bauliche Zustand des östlich ­flankierenden Gebäudes eine gründliche Reparatur als angezeigt erscheinen.

Die genauere Untersuchung ergab schließlich jedoch die Notwendigkeit, dieses Haus ganz abzubrechen. Der Abbruch erfolgte im Sommer 1957. Anschließend wurde das Haus sofort wieder historisch getreu aufgebaut. Dies nahm man zum Anlaß, um hernach der gesamten Gebäudegruppe, Tor mit flankierenden Wohnbauten, ein neues Gewand in Verputz und Anstrich zu geben. Ein einheitlicher Kalkmörtelputz in hellem leuchtendem Ocker mit feinsandiger, fast glatter Oberfläche bindet über die in dunkelrotem Sandsteinton gestrichenen Architekturteile hinweg die ganze Bauanlage, sowohl vom Stadtinnern her gesehen als auch von außen, zu einer vollkommenen Einheit zusammen.

Ja, um der Einheitlichkeit willen hat die Stadt die Kosten nicht gescheut, das erst vor drei Jahren neu hergerichtete westliche Haus nochmals überputzen zu lassen. Über dem Torbogen leuchtet nun wieder das goldumrahmte Wappen der Stadt Ettenheim. Abschließend sei auch hier allen Beteiligten für die Schaffung dieses in seinem neuen Gewände wiederum so reizvoller gewordenen Schmuckstückes der Stadt herzlichst gedankt. Voran Bürgermeister Coenen mit seinen Stadträten, die ihr Interesse an der Erhaltung ihres historischen Stadtbildes so tatkräftig beweisen, sodann Stadtbaumeister Kern, der sich mit viel Liebe zur Sache dieser Arbeit gewidmet hat und endlich allen Handwerkern, von denen Maurermeister Helle, Gipsermeister Hessemann und Malermeister Bildstein, alle aus Ettenheim, besonders lobend hervorzuheben sind.

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