Kinzigtor - Kinzigtorturm Gengenbach


Kinzigtor - Insofern kann der Kinzigturm in seiner Grundlegung von mittelalterlicher Erbauung überzeugen Historische Ortsanalyse:

Mehrgeschossiger, am Zugang zum südlichen Hauptstraßenabschnitt situierter Torturm mit steilem Zeltdach und seitlichen Erkern sowie bekrönender Laterne mit darin befindlicher Glocke; als Teil der ehemaligen Stadtbefestigung massiv aus Bruchstein errichtet und bis auf die seitlichen Bossenquader verputzt; die Tordurchfahrt spitzbogig; im Torraum seitlich auf Konsolen aufruhendes Kreuzrippengewölbe mit rundem Schlussstein;

stadtseitig über einem Tonnengewölbe kleiner Vorbau, der ehemals der Fortführung des an der Stadtmauer angebrachten Wehrganges diente. Errichtet im 13. / 14. Jahrhundert und mehrmals umgebaut und erneuert; der Dachstuhl stammt aus der Zeit um 1700.

Der Turm als Teil des im 13. / 14. Jahrhundert errichteten Befestigungssystems (§ 28 Sachgesamtheit Stadtmauer) und als wichtige, die südwestliche Stadtansicht prägende bauliche Dominante ist von hohem Zeugniswert für die Stadtgeschichte und Stadtgestalt. (Denkmalpflege BW - Historische Ortsanalyse Gesamtanlage Gengenbach, Ortenaukreis)

Bereits im 30jährigen Krieg wurde Gengenbach mehrfach feindlich belagert und teilweise zerstört. Zur absoluten Zerstörung führte 1689 der Befehl des französischen Königs König Ludwig XIV, alle Städte rund um Offenburg niederzumachen. Dennoch widerstanden die schweren Mauerwerke einem großen Brand und von der Stadtmauer, zu welcher auch der Kinzigturm gehört, blieben große Teile erhalten. Insofern kann der Kinzigturm in seiner Grundlegung von mittelalterlicher Erbauung überzeugen. Von der Türmerwohnunng wurde der Floßverkehr auf der Kinzig überwacht und die anreisenden Händler mussten ihren Zoll entrichten. Eine weitere wichtige Aufgabe war die Feuerüberwachung. Heute befindet sich im Kinzigtor das Wehrgeschichtliche Museum der Stadt Gengenbach.

Historie und Bauanalyse Kinzigtorturm

So gelangt man beim Rundgang um die Stadtbefestigung allmählich zum Gewann "Deichelweiher", in welchem nochmals die ganze Mächtigkeit der südlichen Zwingeranlage spürbar wird, um abschließend noch den dritten Durchlaß und gleichzeitig die Dominante unter den drei Eckpunkten der Stadtbefestigung, den "Kinzigtorturm", zu erleben. Er ist ebenfalls eingebunden in eine dichte Bebauung, und gerade dies will uns heute in städtebaulich-historischer Sicht als so besonders wichtig erscheinen; denn nur in der direkten Anbindung an die benachbarten Häuser wird die Wesensart eines solchen Bauwerks, einstens Durchlaß und Beschützer in einem gewesen zu sein, voll verständlich. So sieht man, vom Rathaus herkommend, als Point de Vue der nach Süden führenden Hauptstraße den Kinzigtorturm als schlanken, bis zum Dach fast 24 Meter hohen Baukörper zwischen den zweigeschossigen Fachwerkgiebeln aufragen. Seine Aufgabe, neben der Stadtverteidigung die Sicherung der Kinzigbrücke und die Stadt nach außen zu repräsentieren, wird ihm von seinen Erbauern die außergewöhnliche Höhe gegeben haben. Auch er ist stadtseits mit einem Vorbau ausgestattet, welcher den beiderseits anschließenden Wehrgang verbindet und gleichzeitig den Zugang zu den oberen Turmgeschossen ermöglicht.

Seine von spitzbogigen Öffnungen eingefaßte, hauptsächlich in Buckelquadern gemauerte Tordurchfahrt wird von einem Kreuzrippengewölbe mit Kreisschlußstein eingewölbt, durch welch letzteren der Türmer seine Verpflegung hochgezogen bekam. Nach der Kinzigseite zu ist hinter der Werksteinfassung der Toröffnung noch der Schlitz für das Fallgatter zu sehen. Über der Tordurchfahrt baut sich der schlanke, ungegliederte Turmschaft auf, verputzt und mit Eckquaderung eingefaßt. Einfache Schlitze und Schießscharten zeigen auch hier wieder die Entwicklung der Kampftechnik. Das oberste Turmgeschoß erhält sein Licht durch je zwei Spitzbogenfenster auf allen vier Seiten. An Stadt- und Kinzigseite befindet sich zwischen den Fenstern jeweils das große Zifferblatt der Turmuhr. Bei der Wiederherstellung nach 1689 erhielt auch dieser Turm einen originellen Dachaufbau. Die steile Pyramide wurde an allen vier Traufseiten mit Erkeraufbauten geziert, die noch ganz im Stile der Renaissance mit Volutengiebeln und Obelisken bekrönt sind. Beim Herannahen eines zollpflichtigen Floßes auf der Kinzig stieß der Türmer in sein Messinghorn, um den Flößer auf seine Abgabepflicht hinzuweisen. Außerdem hatte er noch allstündlich die Zeit auszurufen. Die Spitze der steilen Dachpyramide wird nochmals von einem kleinen Glockentürmchen geziert.

Gengenbach von Süden nach Norden gesehen
Gengenbach von Süden nach Norden gesehenGengenbach von Süden nach Norden gesehen

In der Turmstube ist heute in paritätischer Behandlung zum Pfadfinderheim im Haigeracher Tor das Heim der evangelischen Jugend untergebracht. Die Monumentalität des Kinzigtorturmes kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser Turm dringend der Sicherung bedarf. Denn gewisse Symptome an seinen Außenwänden lassen eindeutig auf eine Änderung seines statischen Gefüges schließen. An drei Seiten des Turmes wurden seit 1932 auf ein Drittel der Turmhöhe Risse im Mauerwerk beobachtet. Diese Risse begannen nach dem Zweiten Weltkrieg urplötzlich, dann aber unaufhaltsam nach oben zu wandern, bis sie am Dachfuß angelangt waren. Die Hinzuziehung einer Kapazität auf dem Gebiete der Baustatik wurde zur Notwendigkeit! In seinem Gutachten hat Direktor Dipl.-Ing. A. Mayer der Firma Brenzinger & Cie. Freiburg i. Br., die möglichen Ursachen dieser Rissebildungen ergründet und die zu treffenden Gegenmaßnahmen dargelegt. Wir zitieren aus seinen Feststellungen, die sowohl bauingenieurtechnisch als auch denkmalpflegerisch von Interesse sein dürften, im Nachstehenden die wesentlichsten Punkte:

Zunächst besteht keinerlei ursächlicher Zusammenhang zwischen den aufgetretenen Rissebildungen im Mauerwerk und den Einwirkungen aus der Konstruktion des meistermäßig ausgeführten Holzdachstuhles. Die drei Turmseiten weisen im Innern tiefe, verhältnismäßig breite und hohe Nischen in jedem Turmgeschoß auf, die nach außen nur zum Teil durch Schießscharten kenntlich sind. Bei diesen Nischen handelt es sich um die Schießkammern für Armbrust- und Bogenschützen. In der vierten Turmseite befinden sich keinerlei Nischen. Eine nennenswerte aussteifende Wirkung des Turmes durch die Balkenlagen der sechs Zwischendecken kann keinesfalls vorausgesetzt werden. Im Turm wurden bis zu 5 cm weit klaffende, auf die gesamte Turmhöhe durchlaufende Rissebildungen im Zuge der übereinanderliegenden Nischen an drei Seiten festgestellt. An den Turmaußenseiten sind diese Rissebildungen nur z. T. und mit geringen Spaltweiten sichtbar, woraus gefolgert werden darf, daß es sich um sehr alte Schäden handelt, die bei Ergänzungen des Außenputzes überdeckt worden sind. Die vierte, nischenlose Turmseite weist keinerlei Risse auf. Die Rissebildungen wurden seit 1932 verfolgt. Damals und auch 1939 wurden über eine Anzahl Risse Gipsbänder gezogen, die zum großen Teil gerissen sind! Doch ist die Spaltbreite der Risse in den Gipsbändern gering (zwischen 1 bis 3 mm). Wenn die Standsicherheit des Turmmauerwerks nur nach dem derzeitigen Zustand dieser Gipsbänder zu beurteilen wäre, dann könnte eine Gefährdung durchaus nicht unmittelbar gefolgert werden. Doch muß wohl nach den seit Kriegsende gemachten Beobachtungen über das Weiterwandern der Risse die Ursache in den Sprengungen der Brücke und ihrer Pfeiler im Flußbett gesucht werden.

Die Rissebildung in den drei mit Nischen versehenen Turmseiten ist auf die Schwächung des Turmmauerwerks durch eben diese Nischen zurückzuführen. Man muß sich den 21 m hohen Turmschaft als ein viereckiges Rohr mit 1,00 m starken Wandungen vorstellen, von denen drei Seiten jeweils in der Mitte praktisch auf die gesamte Höhe aufgeschlitzt sind. Wenn auch eine Rissebildung im Zuge der übereinanderliegenden Nischen potentiell eintreten konnte, so bleibt dennoch die Frage nach der eigentlichen Entstehungsursache offen, und diese ist höchstwahrscheinlich in der Absenkung des Grundwasserspiegels und einer überhöhten Bodenpressung zu suchen. Die statischen Untersuchungen des derzeitigen Zustandes, bei welchen von der Voraussetzung ausgegangen wurde, daß eine Gebäudeecke sich durch die in den Nischen entstandenen Risse aus dem Gesamtverband des Bauwerks herausgelöst hat, zeitigten das Ergebnis, daß bei starkem Sturm im ungünstigsten Falle Mauerwerkspressungen von 10 kg / qcm in Höhe Oberkante Torbogen und von 12 kg/qcm in Höhe des Straßenniveaus auftreten, was bei weitem die nach heutigen Begriffen zulässigen Spannungen überschreitet!

Wenn auch das Ergebnis dieser Untersuchungen noch nicht eine unmittelbare Gefahr für die Standsicherheit des Turmes bedeutet, so ist doch eine sehr beträchtliche Gefährdung vorhanden, die im Laufe der Jahre dauernd zunehmen dürfte. Als Sicherungsmaßnahme wird ein Stahlbeton-Ringankersystem in Vorschlag gebracht, das in drei Höhenlagen jeweils unmittelbar oberhalb der Balkenlagen der Zwischendecken einzubauen wäre. Die Anker, welche bündig mit den Innenseiten des Turmmauerwerks einzufügen wären, würden nur in den Nischen als Tritte sichtbar sein, im übrigen aber überhaupt nicht in Erscheinung kommen, was vor allem für das Äußere des Turmes aus denkmalpflegerischen Gründen sehr wesentlich ist. Zur Überprüfung der Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme wurde der Zustand des Turmes bei Annahme der eingebauten Stahlbetonanker nochmals statisch untersucht. Auch bei stärkstem Sturm dürften die ungünstigsten Mauerpressungen nur noch einen Wert von ca. 6 kg /qcm erreichen, was bei dem derzeitigen Zustand des Turmmauerwerks durchaus vertretbar ist.

Offen bleibt noch die Frage, inwieweit die zulässigen Bodenpressungen überschritten werden, doch darf erwartet werden, daß der Untergrund sich bei dem rund 800jährigen Bauwerk so stark verdichtet hat, daß, abgesehen von Grundwasserveränderungen, neue Bodensetzungen nicht mehr eintreten werden. Im Interesse der Erhaltung des für das Stadtbild Gengenbachs so wichtigen Bauwerks möchten wir hier den Wunsch aussprechen, daß die vorgenannten Sicherungsmaßnahmen doch recht bald zur Durchführung kommen können, für welche die Staatliche Denkmalpflege bereits eine angemessene Summe aus Lottomilteln vorgesehen hat. Nicht nur in den Resten seiner Stadtbefestigung, sondern in seinem ganzen Stadtbild strahlt Gengenbach auch heute noch die Kraft des hohen Mittelalters aus, in welchem es als geistlicher und weltlicher Mittelpunkt der weiten umgebenden Landschaft des Kinzigtales zu großer Bedeutung gelangt ist. (Die Stadtbefestigungen von Gengenbach - von Martin Hesselbacher, Freiburg i. Br. Bd. 3 Nr. 3 (1960): Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg – Organ der Staatlichen Ämter für Denkmalpflege)

Wehrgeschichtliches Museum im Kinzigtorturm

Hauptstraße, im Kinzigtorturm - 77723 Gengenbach
telefon 07803-930143
fax 07803-930142
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Öffnungszeiten
Mai - Oktober
blueCircle Samstags 14.00 - 17.00 Uhr
blueCircle Sonn- und Feiertags 10.00 - 12.00 und 14.00 - 17.00 Uhr
blueCircle Sonderführungen auf Anfrage ganzjährig buchbar

Preise:
Erwachsene 2,00 Euro
Kinder 0,50 Euro
Gäste 1,50 Euro


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