Niggelturm (Niklasturm) Gengenbach


Gengenbach Niggelturm - der Niggelturm, zwischenzeitlich auch Niklausturm genannt, ist das bedeutenste Bauwerk im Zug der Befestigungsanlagen. So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt? Am Ende eines Fototages in Gengenbach und auf dem Wege zum Bahnhof wollte ich noch kurz wissen, warum man den Niggel von keiner Seite bodenständig beschauen kann.

Da liegt gegenüber der alten Post ein schmaler Eingang - darüber der Aushänger des Narrenmuseums - und ein kleines Gässchen führt nun tatsächlich in den Niggel.

"36 Meter, 132 Stufen - Der Niggelturm ist einer von fünf Türmen, die sich entlang der alten Stadtmauern um die ehemalige Freie Reichsstadt verteilen. Er ist 36 Meter hoch, und um die Balustrade im obersten Stockwerk zu erreichen, muss man über 132 Treppenstufen steigen" schreibt dazu das Narrenmuseum. In der tat in meinem Alter und meiner körperlichen Einschränkung ein "harter Weg" - ein Weg allerdings, den es sich trotz aller Mühen lohnt zu gehen.

Beim Erreichen der Balustrade wird man von einer wunderschönen Aussicht über das Städtchen überrascht und gewinnt auf einmal Einblick in die mittelalterliche Stadtstruktur, welche sich auf dem Fußweg in den Gassen so nicht erschließen lässt.

Der Niggelturm, zwischenzeitlich auch Niklausturm genannt, ist das bedeutenste Bauwerk im Zug der Befestigungsanlagen. Im 13. Jahrhundert errichtet, erhielt er beim Umbau 1582 die heutige Forrn. Er diente sowohl als Wehrturm, als auch als Gefängnis. Im Jahre 1875 verkaufte die Stadt den Turm und das Gefängniswärterhaus an Hutmacher Dippel für 120.00 Mark, der Keller und Erdgeschoß des Turmes um 1.200 Mark an die danebenliegende Brauerei Bühler weiterverkaufte. Dippel riß alles im Turm, selbst das 'Niet- und Nagelfeste' heraus und verkaufte es. Selbst vor dem sogenannten "Armsünderglöckle" im Turmhelm machte er nicht halt. Heute ist der Turm wieder ganz im städtischen Besitz. (aus: europese-bibliotheek.nl - in alten Ansichten)

Es ist der Niggelturm und seines Zeichens nichts geringeres als der schönste badische Wehrturm. Bauten dieser Art, zunächst immer trutzig und abweisend, nahmen hier und da durchaus Anlass auch zur Anbringung von Schmuckelementen. Alleine dass ein Wehrturm am Ende vor allem dem kunstvollen Ausdruck verpflichtet ward ist ausgemachte Seltenheit und deutet auf eine selbstbewusste wie vermögende Bürgerschaft. So der Niggelturm. Der Unterbau stammt noch aus dem 14. Jahrhundert, der achteckige Aufsatz und der Umgang mit reizvollster gotischer Umwehrung dagegen ergänzten zwei Jahrhunderte später. Wohl hat das Gebäu seine Bulligkeit nicht verloren, der Aufsatz aber wurde mit einer Sorgfalt bedacht, die eher an die Spitze eines Kirchturmes gemahnt. Das überhaupt bringt den entscheidenden Effekt, jene sich eigentlich widersprechende Verbindung - Wucht und kunstvolle Ausbildung. Der Niggelturm übrigens, auch das merkwürdig genug, stand als ein Wachturm innerhalb der Stadtmauern und er wurde wohl noch im 19. Jahrhundert ganz umbaut, so dass man ihn in seiner ganzen Länge nicht mehr erfassen kann. Das ganze nimmt sich den lustigen Eindruck, als sei ein Riese von Zwergen nicht nur ganz umzingelt sondern förmlich gefangen gesetzt. (badischewanderungen.de - Siddhartha Manuel Finner, Dipl. Ing. Architektur)

Historische Ortsanalyse:


Markant auf Höhe des alten westlichen Stadteingangs und hier als Eckturm der Stadtbefestigung bzw. des vormaligen Offenburger Tores stehender hoher Massivbau aus Bruchstein, dieser bis auf die Gliederungselemente (Eckquaderung, Brüstung, Gewände) verputzt; über quadratischem Unterbau mit Schießscharten errichtet und von einem oktogonalen Aufsatz mit Umgang mit Maßwerkbrüstung sowie geschweiftem Zeltdach mit Laterne bekrönt; der Zugang zum Turm erfolgt über den Hof des Anwesens Hauptstraße Nr. 39; an der ehemals stadtauswärts gewandten Südwestseite Sandsteintafel mit Gengenbacher Wappen (Fisch und Adler, bez. 1582); die ältesten Bauteile aus der Zeit um 1400 stammend und nachträglich erweitert bzw. umgebaut, u. a. 1582 sowie um 1700 (Dach und Laterne), zudem 1978 / 79 größere Instandsetzungsarbeiten und 1982 Eröffnung des "Narrenmuseums". Der Turm als Teil des im 13. / 14. Jahrhundert errichteten Befestigungssystems (§ 28 Sachgesamtheit Stadtmauer und Graben) und als wichtige, die südwestliche Stadtansicht prägende bauliche Dominante ist von hohem Zeugniswert für die Stadtgeschichte und Stadtgestalt. (Denkmalpflege BW - Historische Ortsanalyse Gesamtanlage Gengenbach, Ortenaukreis)

Zweieinhalb Jahrhunderte lang dienten die nach außen wie nach innen vielfältigen Befestigungsanlagen Gengenbachs zu Schutz und Schirm von Kloster und Bürgerschaft. Doch den Kriegsstürmen des 17. Jahrhunderts waren auch sie nicht gewachsen. Die schwerste Leidenszeit des Dreißigjährigen Krieges bildete das Jahr 1643 mit der Besetzung der Stadt durch die Truppen des Herzogs Bernhard von Weimar, die bei ihrem Abzug die drei Tortürme in Brand steckten und einige Rondelle auseinandersprengten. Dies sollte aber nur der Auftakt sein, denn im pfälzischen Erbfolgekrieg mußte auch Gengenbach das Schicksal aller dem Rheine entlang gelegenen befestigten deutschen Städte teilen. Im Zuge der Verwüstung der Ortenau im Jahre 1689 wurde Gengenbach so gründlich zerstört, daß "alle Gebäu sammt dem Kloster und der Kirchen völlig abgebrannt, daß nit ein einzigs Häusle in der Stadt stehen geblieben...". Um den Verteidigungswillen der Stadt weitgehend zu brechen, wurden an verschiedenen Stellen breite Breschen in die Stadtmauer gelegt, die niemals mehr geschlossen worden sind. Denn die weitere Entwicklung der Kriegstechnik nahm der Stadtmauer ihre eigentliche Bestimmung. So wurden zwar im Rahmen des Wiederaufbaues der Stadt und des Klosters an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, welchem wir mit dem Turm der Klosterkirche einen der schönsten Barocktürme, die es überhaupt gibt, zu verdanken haben, auch die Tortürme wiederhergestellt und mit Dächern versehen; aber die Stadtmauern gerieten langsam in den Zustand der Vergessenheit, zumal da sie an vielen Stellen mit Wohnhäusern überbaut wurden, während Zwinger und Glacis [strategisches Vorfeld] zu Nutzgärten verwendet worden sind.

Ein flüchtiges Beschauen der Stadt läßt daher ihre Befestigungen kaum mehr gewahr werden. Indessen zeigt schon der Stadtplan, daß im Verlauf der Straßenzüge, der Häuserreihen und ihrer Baufluchten die Befestigungsanlagen allermeist noch ablesbar sind. Biegt man beim Wandern durch die Stadt von den Hauptstraßen einmal ab, um die bescheideneren Seitenstraßen und die fast verborgenen Gassen zu sehen, dann wird man sich plötzlich bei der Vielzahl vorhandener Mauerreste und in den Hofräumen, die den Maßen des alten Zwingers entsprechen, der Mächtigkeit der Stadtbefestigung erst richtig bewußt. So erkennt man hinter den Wohnhäusern auf der Südseite der Goldschmiedegasse, die erst nach einer schweren Feuersbrunst im Jahre 1789 den Namen "Feuergäßle" erhielt, den Zwinger mit der heute von Efeu übersponnenen Zwingermauer, vor der sich der ummauerte Wall entwickelte, mit dem Abflußgraben und mit der inneren Stadtmauer, an deren Stelle heute die Wohnhäuser stehen. Fast noch einprägsamer aber ist das Bild des Zwingers bei den Hintergebäuden der Grundstücke entlang der Hauptstraße in der Nähe des Niklasturmes. In zwei skizzenhaften Gegenüberstellungen zeigen wir den Zwinger zur Zeit des ausgehenden 14. Jahrhunderts und in seinem heutigen Zustand. Hier empfinden wir das Bedauerliche, daß an keiner Stelle der Inneren Stadtmauer der Wehrgang in seiner einfachen Holzkonstruktion mit Satteldach als bekrönendem Bauelement mehr vorhanden ist, wie es in dem unweit gelegenen Zell am Harmersbach noch der Fall ist. Der Wehrgang auf der Zeller Stadtmauer zeigt, wie auch die Gengenbacher Stadtmauer etwa ausgesehen haben muß; Otto Linde hat im Jahre 1907 für das Wingenroth’sche Kunstdenkmälerwerk die Stadtmauern beider Städte untersucht und maßgerecht aufgenommen und dabei die Ähnlichkeit der beiden Anlagen festgestellt.

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Stadt Gengenbach sich entschließen könnte, diesem Stück Zwinger beim Niklasturm durch Bereinigung des derzeitigen unschönen Zustandes und Anlegung einer einheitlichen Grünfläche wieder sein ursprüngliches Aussehen zu geben. Denn selten kann heute noch in einer mittelalterlichen Stadt die Verteidigungsanlage in solch imponierender Größe vor Augen geführt werden, wie gerade an dieser Stelle des Zwingers. Es wäre das eine Ergänzung der großartigen Leistungen, welche die Bürgerschaft jüngst zur Wiederherstellung ihres historischen Stadtbildes aufweisen kann. Hoch über die Dächer der Altstadt ragt der Niklasturm empor. Er soll erst Ende des 14. Jahrhunderts errichtet worden sein im Zusammenhang mit dem Bau der großen Stadtbefestigung zum Schutze ihrer exponiertesten Stelle an der Südwestecke der Stadt, wo sie mit allen Mauern und dem Zwinger im rechten Winkel umbiegen mußte, um scharf nach Norden weiterzuziehen. Sein schweres Buckelquadermauerwerk weist jedoch eigentlich auf eine frühere Erbauungszeit hin. Der Turm stand hart in der Ecke der Inneren Stadtmauer und hatte mehrerlei Aufgaben zu erfüllen. In seinem mächtigen quadratischen Unterbau befanden sich die Stadtgefängnisse. Über dem Turmschaft baut sich ein zweigeschossiger Achteckturm mit steilem Pyramidendach auf, dessen reiche architektonische Gestaltung dem Meister des Marktbrunnens vor dem Rathaus Ende des 16. Jahrhunderts zuzuschreiben ist und welcher die zweite Aufgabe des Turmes leicht erraten läßt, Repräsentant der Stadt Gengenbach für alle aus der Richtung Offenburg zu Pferd, mit dem Wagen oder zu Fuß Ankommenden zu sein. Es darf nicht vergessen werden, daß zu jener Zeit der späterhin alles überragende barocke Kirchturm der Abtei noch nicht vorhanden war und somit der Niklasturm der erste Turm war, den die talaufwärts Reisenden zu Gesicht bekamen. Deshalb ist die nach der Straße zu schauende Achteckseite des unteren der beiden Turmgeschosse mit einer reichgeschmückten Wappenkartusche geziert, welche über den Insignien des Reiches und der Stadt folgende Inschrift trägt:

WOL DER STAT DIE GOTT VOR AV
GEN HAT VND AVF IHN BAVT DIE WIRT
NIMMERMER BERAVBT ANNO 1582 JAR

Bekrönt wird dieses Geschoß von einer Maßwerkbrüstung mit noch aus der Gotik entlehnten Fischblasenmustern, welche auf einem Rundbogenfries aufsitzt. Der Kuriosität halber darf nicht verschwiegen werden, daß nach dem Zwinger zu sich an der Außenwand des unteren Geschosses der quasi in freier Luft schwebende Aborterker für den Türmer befand, der heute noch erhalten ist. Das obere Achteckgeschoß tritt um etwa 70 cm hinter das untere zurück, um hinter der Maßwerkbrüstung einem Umgang Platz zu machen, von dem aus der Türmer allabendlich sein "Laufher" ins Land hinausrufen mußte, um auf das baldige Schließen der Stadttore aufmerksam zu machen. Über dem zweiten Achteckgeschoß erhebt sich eine hohe steile Achteckpyramide, die in der Barockzeit nochmals eine kleine Laterne mit Zwiebelhaube erhalten hat. Alles in allem aber lag die Hauptaufgabe des Turms im Schutze des unmittelbar neben ihm liegenden Offenburger Tores. Wie schon erwähnt, ist dieses Tor selbst der Abreißwut des vergangenen Jahrhunderts zum Opfer gefallen. Die Erinnerung an seine architektonische Gestalt wird nunmehr durch ein Bild aufrecht erhalten, welches am Hause "Bühler" (dem jetzigen Haus Pfannkuch) an der Ecke Hauptstraße und Bundesstraße 33, also am Beginn des Altstadtbezirks, angebracht worden ist. Das von den Werkstätten V. Metzger, Überlingen, in Sgraffito-Technik geschaffene Bild stellt das Tor in Schrägansicht dar mit einem zur Zeit des Herbstens in die Stadt einfahrenden Weinfässergespann, ein Hinweis darauf, daß die Stadt einst ihren Wohlstand unter anderem auch dem edlen Rebengewächs zu verdanken hatte. Warum soll nicht auch einmal auf die Ausdrucksweise der Romantik zurückgegriffen werden? Dieses Haus "Bühler" steht mit einer Traufseite auf den Substruktionen der Inneren Mauer. Noch heute ist in seinem Keller die Quaderung zu sehen. (aus: Die Stadtbefestigungen von Gengenbach - Von Martin Hesselbacher, Freiburg i. Br. Bd. 3 Nr. 3 (1960): Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg – Organ der Staatlichen Ämter für Denkmalpflege )

Narrenmuseum im Niggelturm


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77723 Gengenbach
telefon 07803-930143
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blueCircle Di 15:00 Uhr - 18:00 Uhr - Im Advent
blueCircle Mi 14:00 Uhr - 17:00 Uhr - April bis Oktober
blueCircle Mi 15:00 Uhr - 18:00 Uhr - Im Advent
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