Alte Kanzlei - auch Pfaff'sches Haus Gengenbach


Die alte Kanzlei - Dem großen und übersichtlichen Marktplatz westlich noch angrenzend liegt die Alte (Rats)Kanzlei - auch das Pfaff'sche Haus genannt Dem großen und übersichtlichen Marktplatz westlich noch angrenzend liegt die Alte (Rats)Kanzlei - auch das Pfaff'sche Haus genannt. Die Kanzlei wendet ihre Giebelseite zum Marktplatz und präsentiert sich damit gegen die oft dachseitig angrenzenden Häuser am Marktplatz als Dominante. Die Jahrszahl 1699 auf dem Gesims am Torbogen lässt auf Mitwirken Franz Beers, einem Vorarlberger Baumeister, schließen. Beer hatte in dieser Zeit den Auftrag am klösterlichen Wiederaufbau mitzuwirken. "...

Eines der ersten wiedererstellten Gebäude, erbaut noch im 17. Jahrhundert, namentlich 1699. Ein vor allem deshalb interessantes Gebäu, weil es im Stile der Spätrenaissance ein seltenes Übergangswerk zum Barock. Noch der Renaissance verpflichtet findet man die Giebelstellung zur Straße, welche hier übrigens in schönem Kontrast zur sich im 18. Jahrhundert durchsetzenden Traufständigkeit (auch in Gengenbach). Der geschweifte Giebel selbst, durch Gesimse noch horizontalisiert und allgemein die Fensterrahmungen, die noch hinter die Putzebene zurücksinken - auch sie erzählen noch von der alten Zeit.

Die Profilierung jener Rahmungen dagegen und vor allem das barock geschwungene Vordach weisen auf den Barock. In seiner Gesamtheit, also auch jenseits des bauhistorischen Wertes, gewinnt der weiße Putzbau einen trefflichen Eindruck, zumeist vielleicht ob seiner Herbheit, der man die rauen Tage des Wiederaufbaus - nüchtern, wenig Schmuck, aber mit bestem Willen - förmlich ansieht..." (badischewanderungen.de - Siddhartha Manuel Finner, Dipl. Ing. Architektur)

Historische Ortsanalyse:

Dreigeschossiger und giebelständiger Bau mit Satteldach; über abgesetztem Kellersockel mit zwei rundbogigen Abgängen massiv errichtet und verputzt; die nach Osten ausgerichtete Hauptfassade dreiachsig und von Blendgiebel mit Voluten- und Pyramidenaufsatz und apokalyptischer Muttergottes bekrönt; die Fenster in den Hauptgeschossen durchgängig mit Dreiecksgiebelverdachungen versehen; das außermittig sitzende Eingangsportal (bez. 1699) über zweiläufige Außentreppe erschlossen und mit auf Säulen aufruhendem Kuppeldach versehen; im zweiten Obergeschoss zwei Wappensteine (u.a. Gengenbacher Adler) angebracht und im Inneren wandfeste historische Ausstattung erhalten; 1699 wohl unter Franz Beer (Architekt des Klosterneubaus) errichtet und nachträglich nur wenig verändert; die alte Kanzlei 1906 um das angrenzende Gebäude Nr. 13 erweitert: ein zweigeschossiger Fachwerkbau, der damals zu einem "Steinbau" mit Mansarddach umgestaltet wurde. Die Keller der beiden Gebäude sind baulich verbunden. Als ehem. Kanzleibau und repräsentativer Steinbau in zentraler städtebaulicher Lage ist das Gebäude von exemplarischer Bedeutung. (Denkmalpflege BW - Historische Ortsanalyse Gesamtanlage Gengenbach, Ortenaukreis)

Oft hört man ja zur Arbeit staatlicher Denkmalbehörden nur heftiges Schimpfen. Doch wer schimpft in der Regel? Wohl oft genug sind dies "Bauherren", die ihre Interessen durchsetzen wollen und die Prämisse dürfte in aller Regel kommerzieller Art sein. Dass Dank der Arbeit von Denkmalpflegern selbst Rückbaumaßnahmen durchzusetzen sind, zeigt das nachfolgende Beispiel in welchem sich Joseph Schlippe (* 23. Juni 1885 in Darmstadt; † 28. Dezember 1970 in Freiburg im Breisgau - war ein deutscher Architekt, Stadtplaner und Baubeamter. Er war Oberbaudirektor der Stadt Freiburg im Breisgau) von der damaligen Freiburger Denkmalbehörde (RP Freiburg) durchsetzen konnte. "Zum Wohl des Stadtbildes" wurden die Schlagläden an der Kanzlei - dem Pfaff'schen Haus - entfernt und das ehemalige Hotel Adler, welches zur Gründerzeit Ende des 19ten Jahrhunderts der Victor-Kretz-Straße - was sicher nie im Sinne des Namensgebers dieser Straße gewesen wäre -  "aufgepfropft". Diese "Zuckergießerei" musste auf Initiative Schlippes rückgebaut werden. Nach dem Rückbau strahlt die Kanzlei wieder ihre alte Würde aus.

Haus Pfaff in Gegenbach. Einer der wenigen Fälle der "Beseitigung kulturloser Zustände" nach §48 des Badischen Gesetzes war die Bereinigung des gründerzeitliche Gasthofs "Schwarzer Adler" in Gengenbach. Eine kritische Betrachtung des ähnlichen Hauses Pfaff in Gengenbach bot Schlippe im Nachrichtenblatt 1961. Zu einem bereinigenden Umbau kam es jedoch nicht mehr.

Im Vollzugserlass zum Denkmalschutzgesetz wird eingeräumt, dass an solche gestaltenden Aufgaben der Denkmal pflege angesichts dringlicher Nöte zunächst wohl nicht zudenken sei. Außerhalb Freiburgs ist wohl auch kaum Gebrauch von den Umgestaltungsbestimmungen gemacht worden - mit einer Ausnahme: Am Hotel Zum Adler in Gengenbach wurde noch 1959/60 die "hässliche Neorenaissancefassade" ohne konservatorische Notwendigkeit zur Verbesserung des historischen Stadtbildes in einen angemessen schlichten Zustand gebracht.
Man fragt sich schon, wer diese "Ortskernverschandelung" in der Victor-Kretz-Staße zu verantworten hatte? Man kann nur dankbar sein, dass Joseph Schlippe die Denkmalschutzgesetz durchsetzen konnte - und die hässlichen Schlagläden an der Kanzlei wurden auch entfernt

Diese einschneidende Gesetzesbestimmung, dass in Zweifelsfällen die Denkmalschutzbehörde mit bindender Wirkung für Gerichte und Verwaltungsbehörden bestimmt, ob ein Gegenstand als Kulturdenkmal anzusehen ist, räumt dem Urteil der Fachleute bei der Denkmalbestimmung einen sehr hohen Rang ein.

Joseph Schlippe zur "Wahrung des Stadtbildes"  arrowRight

Das wird auch in den Vollzugsbestimmungen betont, in denen es heißt: "Das Denkmalschutzgesetz gewährt den Denkmalschutzorganen auf seinem Anwendungsgebiet umfassende Vollmachten". Es heißt aber weiter: "Der Gesetzgeber hat diesen damit einen besonderen Vertrauensbeweis ausgestellt, der entsprechende Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten begründet." Wenige Sätze später heißt es: "Dem Sinn und Zweck der Denkmalschutzbestimmungen widerspricht jede schematische und rigorose Anwendung. Die im Gesetz vorgesehenen rechtlichen Handhaben sollen der staatlichen Denkmalpflege im Allgemeinen nur den rechtlichen Rückhalt für ihre Verhandlungen bieten. Zwang anzuwenden darf nur das äußerste Mittel sein, um Böswilligkeit und Unbelehrbarkeit als hindernde Kräfte auszuschalten. Die gesamte Tätigkeit der Denkmalpflegeorgane muss darauf abgestimmt sein, die Beteiligten von der Notwendigkeit der Denkmalpflege zu überzeugen und das, was geleistet werden muss, um den Denkmalbestand des Landes nach den Erfordernissen der allgemeinen Kulturpflege und des Dienstes an der Heimat zu erhalten, auf gütlichem Weg zu erreichen." (aus einer Jubiläusschrift zum 50-jährigen Bestehen der Denkmalpflege BW - Wolfgang E. Stopfel)

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