Joseph Hirschbühl, Erbauer der Kirche St. Jakobus in Schutterwald


Eugen Hansmann - die Ortenau 2015 - 313 ff

Im Juli 2012 erschien ein "Kirchenführer der Pfarrkirche St. Jakobus Schutterwald". Herausgeber war das Katholische Pfarramt Schutterwald. Die Recherchen und Texte sind von Horst Heitz. In diesem kleinen hervorragend gestalteten Kirchenführer mit Farbfotos des Schutterwälder Fotografen Hubert Braxmeier wird erwähnt, dass der Baumeister der Schutterwälder Kirche die in der Zeit von 1784 bis 1786 erbaut wurde, ein Vorarlberger Architekt namens Joseph Hirspihl(1) war, der auch Bürger von Schutterwald gewesen sein soll, was schon etwas außergewöhnlich ist.

Es ist meines Wissens das erste Mal, dass der Name des Erbauers der hiesigen Kirche St. Jakobus überhaupt erwähnt wird. Bisher war nur bekannt, dass die Kirche von Schutterwald von einem Vorarlberger Baumeister erbaut wurde. In keiner Veröffentlichung über die Schutterwälder Barockkirche ist der Name des Joseph Hirschbühl vorher jemals aufgetaucht.

Das hängt sicher damit zusammen, dass von den Experten und Historikern die Schutterwälder Pfarrkirche als weniger bedeutendes Barockbauwerk bewertet wurde. Sie ist, im Gegensatz zu den benachbarten Barockkirchen von Hofweier und Niederschopfheim in der Gemeinde Hohberg, schmucklos und nüchtern ausgefallen. Lediglich das Deckengewölbe mit den Rocaillen und den Gemälden erinnert noch an die Rokokozeit. Erst in jüngster Vergangenheit wird die Kirche St. Jakobus in Schutterwald von Kunstexperten als wichtiges Übergangsglied vom späten Barock zur folgenden klassizistischen Periode erkannt und dementsprechend bewertet.(2)

Vielleicht glaubte man aus diesem Grund, dass der Name des Baumeisters der Schutterwälder Pfarrkirche ohne Bedeutung ist.

Bei meinen privaten Ahnenforschungen in den digitalisierten Kirchenbüchern von Schutterwald aus den Jahren 1810 bis 1870 ist mir in den vergangenen Jahren inmer wieder der Name Hirschbühl in den Heirats-, Geburten- und Sterbebüchern aufgefallen, ohne dass mir dieser Name etwas sagte.

hirschbuehl 01
Nachdem ich nun wusste, was es mit dem Namen Hirschbühl auf sich hatte, begann ich die Kirchenbücher unseres Ortes gezielt zu durchsuchen. Dabei bestätigte es sich, dass dieser Baumeister Hirschbühl im Jahre 1786, am Ende der Bauzeit der Schutterwälder Kirche, eine Bürgerstochter von Schutterwald geheiratet und sich als Bürger und Baumeister hier niedergelassen hatte. Bei seiner Verheiratung war er vierzig Jahre alt. Dazu in Folgenden mehr. Um Genaueres zu erfahren, begann ich im Internet zu recherchieren. Ich stieß nun auf verschiedene namhafte und große Kirchen in der südlichen Ortenau, deren Baumeister alle den Namen Hirschbühl trugen. Allerdings mit unterschiedlichen Vornamen und immer mit dem Zusatzvermerk "Vorarlberger Baumeistersippe". Es stellte sich dabei heraus, dass insgesamt fünf Baumeister aus dieser Sippe sieben große Kirchen in der südlichen Ortenau gebaut hatten.

Der vermutlich Älteste dieser Sippe war Dominicus Hirschbühl seit 1789 In Freiburg wohnhaft. Er hatte zusammen mit einem Mönch aus dem Kloster St. Peter im Jahre 1761 eine große barocke Wallfahrtkirche auf dem Lindenberg erbaut. Lindenberg gehörte zum Kloster St. Peter. Diese prachtvoll gestaltete Kirche musste später wieder per Dekret des österreichischen Kaisers Joseph Il. im Zuge der Zwangsaufhebung von Klöstern abgerissen werden. Außerdem hatte Dominicus Hirschbühl 1772 die Orangerie in Ettenheim geplant. Im Jahr 1784 fertigte derselbe Baumeister auch Risse für die Kirche von Durbach.(3)

Ein anderer Baumeister war Johann Joseph Hirschbühl. Dieser erbaute im Jahr 1776 die Pfarrkirche St. Romanus in Schweighausen.(4)

Johann Baptist Hirschbühl wiederum erbaute in den Jahren 1781 bis 1783 die Pfarrkirche St. Nikolaus in Ettenheim / Altdorf. Er verstarb noch vor Fertigstellung der Kirche im Jahr 1783(5). Joseph Hirschbühl erbaute in den Jahren 1784 - 1786 die Pfarrkirche St. Jakobus in Schutterwald.(6) Die Pfarrkirche St. Johann Baptist in Ringsheim wurde in den Jahren 1784 - 1785 ebenfalls von Joseph Hirschbühl erbaut.(7) Wie aus den Unterlagen in den Kirchenbüchern von Schutterwald zu ersehen ist, war Ringsheim der Geburtsort des Baumeisters. Die Pfarrkirche St. Symphorian in Zell am Harmersbach wurde im Jahr 1792 auch von Joseph Hirschbühl aus Schutterwald erbaut.(8) Ein Anton Hirschbühl erbaute in den Jahren 1787 - 1789 die Pfarrkirche St. Jakobus in Grafenhausen / Ortenaukreis.(9)

Ob und wie die verschiedenen Kirchenbaumeister miteinander verwandt sind, konnte ich bisher nicht feststellen. Ich vermute, dass die meisten von ihnen Söhne des Peter Hirschbühl aus Klingenau in Vorarlberg waren, so wie der Schutterwälder Baumeister Joseph Hirschbühl.

Anfragen im Erzbischöflichen Archiv in Freiburg hatten keinen Erfolg. Die Kirchengemeinden der südlichen Ortenau und somit auch die Gemeinde Schutterwald gehörten im achtzehnten Jahrhundert zur Diözese Straßburg. Das Erzbischöfliche Archiv von Freiburg hat aus diesem Grund keine Unterlagen über die oben angeführten Kirchenbauten, und konnte mir keine Auskunft geben. So blieben nur die Kirchenbücher von Schutterwald, um zumindest etwas über den Bürger und Baumeister Joseph Hirschbühl von Schutterwald zu erfahren.

Was uns hier ganz besonders interessiert, sind seine Lebensumstände und seine Herkunft. Im Heiratsbuch der katholischen Kirchengemeinde von Schutterwald fand ich bald die Eheschließung des Kirchenbaumeisters bestätigt. Am 6. Februar 1786 heiratete Josephus Hirschbühl, Architekt und Baumeister, die Schutterwälder Bürgerstochter Theresia Lipps. Die Eltern der Braut waren Antoni Lipps, Zwölfer von Schutterwald, und Rosina geborene Mundenast. Als Eltern des Bräutigams, der um 1746 geboren wurde, sind der Vater Petrus Hirschbühl aus Klingenau in Vorarlberg und die Mutter Catherina Reidle aus Kenzingen Im Breisgau eingetragen. Der Geburtsort des Joseph Hirschbühl war Ringsheim im Breisgau.

Da die Mutter des Baumeisters aus Kenzingen im Breisgau stammte, und der Schutterwälder Kirchenbaumeister in Ringsheim geboren wurde, kann man davon ausgehen, dass der Vater des Joseph Hirschbühl sich im Breisgau niedergelassen hatte, und vermutlich in der Region auch als Baumeister tätig war. Auszug aus dem Ehebuch von Schutterwald aus dem Jahr 1786,

Hodie die sexto Febr. publia factis tribus proclumationibus futuri
matrimonii tum in nostra ecclesia parochiali, tum in altero in
Ringsheim In nullo detecto impedimento canonico, vel civili [...]?
[...] me [...]? [...] scripto parocho [...] ? [...] ecclesio conjuncti
fuere Josephus defunctorum Petri Hürschbühl civis in Klingenau
digtionis Brigamlino austriano? et Catharina Reidle conjug. filius
artis suo architectus, et civis in civitate Kenzingen in brisgoia, et
Theresia filia Antonii Lips 12 vigi Orthenauiensis hiujatis civis, et
Rosina Mundenast comjug.

Die Schrift der Heiratsurkunde ist zum Teil nicht zu entziffern, doch ist ganz gut zu lesen, dass der Architekt Joseph Hirschbühl die Theresia Lipps geheiratet hatte. Der Pfarrer, der sie getraut hatte, war Friedrich Wittum, der auch während der Bauzeit der Schutterwälder Kirche Pfarrer von Schutterwald war.

Nachweisbar ist auch, dass der Baumeister Joseph Hirschbühl sieben Kinder hatte, die in der Zeit von 1788 bis 1806 in Schutterwald auf die Welt kamen. Der älteste Sohn des Baumeisters, nämlich Joseph Ignaz Hirschbühl, heiratete eine Maria Anna Schnebelt aus Langhurst, und lebte als Bauer in Schutterwald. Dieses Ehepaar hatte wiederum sieben Kinder. Veronica, eine Tochter des Joseph Hirschbühl, heiratete einen Bonaventur Fuchs, Tagelöhner aus Höfen, die beiden hatten ebenfalls mehrere Nachkommen. Einige Kinder unseres Baumeisters starben schon kurz nach der Geburt oder im Kindesalter, wie das damals leider üblich war. Von den anderen überlebenden Kindern konnte ich nicht viel in Erfahrung bringen, in den Kirchenbüchern von Schutterwald konnten keine erhellenden Eintragungen gefunden werden.

Man kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass heute noch einige Familien von Schutterwald den Kirchenbaumeister Joseph Hirschbühl als Urahn in in ihrer Familie anführen können. Der Geschlechternamen Hirschbühl verschwand dann Ende des 19, oder Anfang des 20. Jahrhunderts aus den Kirchenbüchern von Schutterwald. Die Mehrzahl der Kinder waren Töchter und Enkelinnen des Kirchenbaumeisters, die in andere Geschlechter eingeheiratet hatten.

Eines steht jedoch fest, Joseph Hirschbühl, Kirchenbaumeister aus einer Vorarlberger Baumeister-Sippe, lebte mindestens zwanzig Jahre lang als eingetragener Bürger mit seiner Familie in Schutterwald. Doch dann verliert sich seine Spur. Es ist weder von ihm noch von seiner Frau Theresia bei noch so intensivem Suchen ein Sterbeeintrag zu finden. Daraus ist zu vermuten, dass der Baumeister zusammen mit seiner Frau Schutterwald verlassen, und sich an einem anderen Ort niedergelassen hatte. Dafür gibt es auch zwei indirekte Hinweise.

Im Heiratsbuch von Schutterwald ist die Hochzeit der Tochter Veronica unter dem Datum des 14. Januar 1836 vermeldet. Als Vater der Braut wurde der verstorbene Joseph Hirschbühl, Tagelöhner aus Musbach oder Mülbach?, erwähnt. Die Mutter der Braut war nach diesen Unterlagen eine Verena Haas. Doch das stimmt nicht, die Mutter der Veronica Hirschbühl war eindeutig Theresia Lipps von Schutterwald, wie aus dem Geburtenbuch zu ersehen ist.

Dann wurde in den Sterbebüchern von Schutterwald am 19. Juni 1840 der Tod der Verena Haas vermeldet, die fälschlicherweise als Mutter der Veronica Hirschbühl in der Heiratsurkunde der genannten Tochter erwähnt wurde. Diese Verena Haas ist auch hier in Schutterwald begraben worden. Bei ihrem Tod war sie 78 Jahre alt, hatte wieder in Schutterwald gewohnt, und war als Witwe des verstorbenen Joseph Hirschbühl Bürgers und Taglöhners aus Nußbach eingetragen. Verena Haas war demnach seine zweite Ehefrau, Sie stammte ganz offensichtlich auch aus Schutterwald, und hat nach dem Tod ihres Ehemannes ihren bisherigen Wohnort Nußbach wieder verlassen und ist in ihren Heimatort Schutterwald zurückgekehrt.

Der Name des Dorfes Nußbach ist nun in dem Sterbeeintrag der zweiten Ehefrau des Joseph Hirschbühl klar und deutlich zu erkennen, im Gegensatz zur ersten Erwähnung des Ortes in der Heiratsurkunde seiner Tochter Veronica.

Es ist daher ziemlich sicher, dass Joseph Hirschbühl in Nußbach verstorben ist und dort beigesetzt wurde. Ausgehend von seinem Geburtsjahr 1746 dürfte er grob geschätzt in den Jahren 1820 bis 1825 bei seinem Tod ungefähr 75 bis 80 Jahre alt gewesen sein, was für die damalige Zeit ein ansehnliches Alter gewesen wäre.

Über die Lebensumstände des Kirchenbaumeisters hier im Ort konnte ich bisher nichts in Erfahrung bringen. Doch eines ist ganz gewiss: Joseph Hirschbühl hat in der Ortenau drei große und beeindruckende Kirchen gebaut, eine davon ist unsere Pfarrkirche St. Jakobus in Schutterwald. Es ist nicht ganz nachvollziehbar, dass dieser Baumeister, der aus einer namhaften Vorarlberger Baumeisterfamilie stammte, fast ganz in Vergessenheit geraten ist.

Vielleicht war Joseph Hirschbühl ein Außenseiter, der in Schutterwald nie ganz angekommen ist oder nicht angenommen wurde. Ein Mann, der so genial solche beeindruckend klar gegliederte schöne Kirchen bauen konnte, könnte durchaus von den einfachen Dorfbewohnern mit Misstrauen betrachtet und abgelehnt worden sein, Ein Schicksal, das er mit vielen Künstlern teilen musste, wenn es so gewesen wäre. Es würde unserer Gemeinde gut anstehen, wenn man das Leben und Wirken des Schutterwälder Bürgers und Kirchenbaumeisters Joseph Hirschbühl wieder in Erinnerung bringen würde.

Anmerkungen

1.) Der Name Hirspihl ist in den Bauakten der Kirche im Original so niedergeschrieben worden.  
2.) Katholisches Pfarramt von Neuried und Schutterwald: Kirchenführer der Pfarrkirche St. Jakobus Schutterwald.  
3.) Diözesan Archiv Freiburg Im Breisgau. Kern, Franz: Studie zur Geschichte des vorderösterreichischen Benediktinertums.  
4.) Pfarrgemeinde St. Romanus Schweighausen.  
5.) Stadt Ettenheim.  
6.) Schutterwald - Wikipedia.  
7.) Gemeinde Ringsheim, Geschichte.  
8.) Zell am Harmersbach, Pfarrkirche St. Symphorian.  
9.) Gemeinde Kappel-Grafenhausen - leben in Rheinkultur.  

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