C. W. Jamm - der Stifter des Stadtparks und der Christuskirche in Lahr


Ich Endesunterschriebener Christian Wilhelm Jamm, Bürger meiner Vaterstadt Lahr, setze hiermit meine letzten Bestimmungen als letzter Wille festMax Roll - Der Altvater - C. W. Jamm - der Stifter des Stadtparks und der Christuskirche in Lahr - 9. Jahrgang, Folge 7, 7. April 1951, Seite 25 - 26)

Ein wichtiges Testament

In der Villa des Lahrer Stadtparks wohnte 1861 bis 1875 der Besitzer dieses Anwesens: Christian Wilhelm Jamm. Er war ein reicher Kaufmann, ein Millionär, der sich in seiner Vaterstadt dieses schöne Haus mit dem großen Lustgarten bauen und als Ruhesitz einrichten ließ. Weil er sich nicht verheiratet hatte und auch seine beiden Schwestern ohne Nachkommen waren, schrieb er ungefähr ein Jahr vor seinem Tode das folgende Testament:

Lahr, den 15. Februar 1874


Ich Endesunterschriebener Christian Wilhelm Jamm, Bürger meiner Vaterstadt Lahr, setze hiermit meine letzten Bestimmungen als letzter Wille fest.

Mein gegenwärtiges Vermögen, das ich mir selbst erworben und worüber ich also frei verfügen kann, besteht nach meinem Inventarium vom 31. Dezember 1873 in cirka einundeinerhalben Million Reichsmark und verteilt sich ungefähr wie folgt:

RM 1.020.000.- in Staatspapieren, RM 380.000.- in Liegenschaften, Häuser und Gärten, RM 60.000.- in Hausrat, Weinen, Viehstand, Pferden, Chaisen usw. - und setze als meine Universalerbin von meinem sämtlichen Vermögen die Lahrer Bürgergemeinde ein mit der ausdrücklichen Bedingung, daß meine Vermächtnisse wie hier vorgezeichnet geregelt und meine Bestimmungen mit der gewissenhaftesten Genauigkeit vollzogen werden.

Es sollen erhalten ihr Leben lang zusammen meine beiden Schwestern, die ledige Wilhemine Jamm und die verheiratete Lisette Heinrich, geb. Jamm, in Karlsruhe, in gleichen Teilen die Zinsen von zweihunderttausend Reichsmark in halbjähriger Zahlung, und versteht sich diese Rente und bleibt gleich bis zum Tode der beiden Schwestern, also keine Halbierung bei dem Absterben der einen.

Mein Haus in der Stadt am Eingang der Dinglinger Vorstadt nebst Nebengebäude oben bei Bierbrauer Dorner bleibt als Wohnung meiner Schwester Mina ihr Leben lang und ebenso der dritte Stock für die Schwester Lisette, im Fall sie nach Lahr ziehen und den Stock selbst bewohnen wollte.

Ferner soll für meine liebe Freundin Madame Amélie de Cantillon, gegenwärtig wohnhaft in Nr. 16 rue de l'Eschiquier in Paris, gesorgt werden, und ich bestimme hiermit ausdrücklich, daß derselben vor allen andern eine lebenslängliche Rente von zehntausend Franken, also achttausend Reichsmark, In vierteljährlichen Raten in Franken in Paris ausbezahlt werden gegen ihren eigenhändigen Schein. Dieses Legat annuliert sich von selbst bei ihrer etwaigen Verheiratung.

Ebenso erhält mein alter Diener Peter-Pierre-Josef Chometon von Chapelle royal, arrondissement von Nogent le Rotron lebtäglich die Summe von tausend Franken per Jahr, zugleich erhält er alle meine Kleider und Hemden.

Louise Wurth von Lahr, in Diensten bei meiner Schwester Mina, für die Sorgfalt, die sie für meinen seligen Herrn Vater gehabt hat, ihr Leben lang zweihundertvierzig Reichsmark in vierteljährlicher Auszahlung von sechzig Reichsmark.

Mein Gärtner Bauer soll tausend, ich will sagen zweitausend Reichsmark für einmal in bar erhalten.

Christian Ruder jung von Mietersheim erhält seinen Schuldschein von zweihundertfünfzig Gulden zurück nebst zweihundertfünfzig Reichsmark in bar.

Ebenso sollen erhalten:

der kleine Karl Ruder von Mietersheim zweihundert Reichsmark, mein gegenwärtiger Kutscher von Mietersheim, im Falle er bei mir in Diensten ist, zweihundert Reichsmark, der Melker Holderer oder ein anderer, der gerade im Dienst bei mir ist, sowie die Tochter des Bäckers in Hugsweier, die seit einigen Jahren im Sommer bei mir schafft und die Schwester von dem Gärtner ist, einhundertfünfzig Reichsmark per Person.

Alle übrigen Feldarbeiter männlich oder weiblich, welche in den letzten zwei Jahren vierzig Tage im Jahr bei mir geschafft haben, hundert Reichsmark per Person.

Meine nächsten Verwandten sollen auch nicht leer ausgehen, und ich bestimme hiermit, daß wenn bei dem Ableben meiner beiden Schwestern Mina und Lisette die fraglichen zweihunderttausend Reichsmark frei werden, solche diesen Verwandten wie folgt zugewiesen werden, nämlich drei Fünftel denjenigen von Vaters Seite, die ohnehin zo [sic!] zahlreiche Nachkommen haben, und zwei Fünftel denjenigen von Mutters Seite. Wer vorher seine Ansprüche hiernach bei Lebzeiten meiner Schwestern verkaufen sollte, ist von mir per se enterbt und soll nichts erhalten, und würde ein solcher Anteil alsdann dem hiesigen Hospital zugute kommen.

Ich bemerke noch, daß im Fall die Tochter der längst verstorbenen Schwester meiner Mutter, Salomea Dorner, noch am Leben wäre und ebenfalls Ansprüche machen würde, dieselbe abzuweisen ist - da dieselbe nichts erhalten soll - dieselbe ist aber allem Anschein nach gänzlich verschollen. Zur näheren Aufklärung bemerke ich, daß es von Mutters Seite her keine andere Nachkommenschaft gibt als diejenige ihres Bruders, des bekannten Dorner Hansel.

Das Gut Breitenfeld oder mein größerer Garten, der von Vogels. Gäßle bis nach der Mauer bei Brauerei Nestler in Dinglingen geht, vermache ich ganz speziell der Lahrer Stadtgemeinde unter der Bedingung, daß der Garten des Gärtners Vogel, sowie der kleinere des Schreiners Zwick sogleich erworben wird, die darauf stehenden Häuser abgerissen und zu meinem Park oder Lustgarten kommen, das heißt mit demselben vereinigt werden. Dieser Park soll gehen bis gegen Dinglingen, das heißt man zieht eine gerade Linie von dem Häuschen Kieselmann, das heißt außerhalb des Gutleuthauses bis hinauf an die Mauer, und diese Fläche soll ein Lustgarten bleiben, wie ich ihn habe anpflanzen lassen. Dieser Garten soll der Lahrer Park sein, darf aber nicht verbaut werden. Ich empfehle ganz besonders die verschiedenen Baumgruppen und Gesträuche. Und damit alles in gutem Stand erhalten bleiben kann, so vermache ich ein Kapital von hunderttausend Reichsmark, um mit den Zinsen die Unterhaltung bestens besorgen zu können. Der Park steht natürlich unter Aufsicht des Gemeinderats, der darüber polizeilich verfügt und der jedem den Besuch verbieten kann, der irgend etwas verdorben hat. Beim Dunkelwerden wird der Park geschlossen. Volksversammlungen dürfen unter keiner Bedingung darin gehalten werden. Kinder ohne Aufsicht sollen auch nicht zugelassen werden, sonst würde das Aufsichtspersonal zu groß werden.

Auf der linken Seite der Staatsstraße steht das Kieselmannsche Häusle, das letzte in der Gemarkung Lahr, obgleich auf meiner Seite die Lahrer Gemarkung viel weiter draußen gegen Dinglingen liegt. Es soll also der Park nur so weit als Kieselmanns Haus gehen bis hinauf an die Mauer am Breitweg gezogen. Den übrigen Teil der Aecker kann man gelegentlich zu Bauplätzen verwenden, einen gesünderen Ort findet man doch nicht in der ganzen Gemarkung.

Bei dem Ableben der Madame Cantillon in Paris soll das Kapital der zehntausend Franken Renten zum Bau und Dotierung eines kleinen Hospitals verwendet werden. Ich meine hauptsächlich eine Art Pfründnerhaus, wo erstens unbescholtene alte Leute, welche eine gewisse Summe bezahlen, welche der Gemeinderat unter Umständen fixieren wird, ihr Unterkommen finden können. Bei ansehnlichen, Vermachungen könnten selbst Leute unter sechzig Jahren eintreten.

Ich bestimme weitere zweihundertfünfzigtausend Reichsmark zur Erbauung und Dotierung einer christlichprotestantischen Kirche oder Kapelle nebst dem erforderlichen Pfarrhause, sage einhundertvierzigtausend Reichsmark für die Kirche oder Kapelle, achtzigtausend Reichsmark als Kirchenfond für Dotierung des Pfarrers usw., sowie dreißigtausend Reichsmark für das Pfarrhaus.

Die Kirche soll in meinem Garten (dem sogenannten Dreyspringschen) erbaut werden, ebenso das Pfarrhaus, ferner verlange ich eine gute Heizung nebst Gaseinrichtung - der Raum soll bescheiden sein - aber die Form des Baues eine Zierde dieses Stadtteils und nicht plump oder schwerfällig sein. Ein kleines Glockentürmchen ist genügend. Es versteht sich von selbst, daß die Kirche und deren Fond unter der Obhut des Gemeinderats stehen soll. - Die Kirche soll zu Ehren Christus benannt sein. Streng Orthodoxe sollen ausgeschlossen sein. Es kann niemanden Pfarrer ohne Genehmigung des Gemeinderats sein. Es soll in dieser Kirche wieder die alte Sitte eingeführt werden, daß sich jedermann einen besonderen Platz aussuchen kann gegen eine mäßige Vergütung an den Kirchenfond per Jahr. In dieser Kirche soll meine Leiche beigesetzt werden. Alles muß drei Jahre nach meinem Tode fertig sein. Das übrige vom Dreyspringschen Garten kann auch sonst verbaut werden. Aber wenn auch nicht groß, sollen es doch wenigstens zweistöckige Häuser von etwas Geschmack sein.

Mein Rebgut im kleinen Vögele vermache ich dem Fond der zu erbauenden Christuskirche. Meine Liegenschaften, nämlich die Aecker an der Heidenburg und im Ernet bekommt der alte Spital, ebenso meine Wiesen in der Dinglinger Gemarkung. Alles übrige von Häusern oder Liegenschaften, über welche ich nicht speziell verfügt habe, geht an die Stadt. Jedoch darf meine Villa gleich wie mein Park nicht verkauft werden. Ich wiederhole - jedoch darf meine Villa gleich wie mein Park nicht verkauft werden.

Ich bestimme ferner die Summe von fünfzigtausend Reichsmark zu einer städtischen Bibliothek, wozu meine vorhandenen Bücher schon als Anfang dienen.

Das Gold- und Silbergeschirr, das feine Porzellan und Glaswaren gehen an meine Schwestern. Auch können sie sich Gemälde, sowie Stahlstiche frei wählen. Auch bekommen sie das nötige Gemüse, Kartoffeln usw., wie bei meinen Lebzeiten es der Fall war, und können in den Garten geriren, promenieren wie bisher, wozu sie einen besonderen Schlüssel haben.

Ferner bestimme ich einen Fond von zehntausend Reichsmark für das hiesige Naturalienkabinett, um aus den Zinsen die nötigen Anschaffungen machen zu können.

Zu meinen Liquidatoren oder Testaments-Execuloren die Herren Christian Siefert, Fabrikant, Wilhelm Huber-Fingado, Ratschreiber Liermann, und vermache ich jedem ein Bonus von fünftausend Reichsmark, auch darf sich jeder irgend einen Gegenstand im Haushalt als Andenken für sich auswählen.

gezeichnet: Christian Wilhelm Jamm

Nachsatz:

Ich habe auch vor, mich gegen Ende dieses Jahres mit obiger Frau Amélie de Cantillon zu verheiraten, und dann würde per se ein anderes Testament (wie dieses ist) gemacht werden.


Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 8, 21. April 1951, Seite 29 - 30

Aus dem Leben Jamms

CWJamm mit seiner Pariser FreundinChristian Wilhelm Jamm ist am 30. Juni 1809 in Lahr geboren. Sein Vater war Christian Jamm, Bürger und Schlossermeister, die Mutter hieß Elisabeth, geborene Dorner. Die beiden Schwestern waren Wilhelmine und Lisette. Die Familie Jamm wohnte im ersten Haus in der Schnadergasse, jetzt Schlosserstraße, neben Junghaene. Als Erbe der Mutter besaß sie den vierten Teil des Hauses rechts unten, dazu ein Stallgebäude. Die Wohnung war verhältnismäßig gut ausgestattet, die Fahrnisse waren ziemlich hoch versichert, und der Vater hat schon Geld ausgeliehen, als Christian Wilhelm noch Schüler war.

Er verlebte also seine Jugend in den geordneten Verhältnissen einer Handwerkerfamilie. Seine Schwester Wilhelmine war zwei Jahre und Lisette fünf Jahre jünger. Sie waren seine ersten Spielgefährten, und die Mutter Jammin konnte ihr Jüngstes dem Bruder schon anvertrauen. Durch das nahe Vogtstor konnten sie schnell ins Freie gelangen, wo es am Stadtgraben genug Gelegenheit zum Spielen gab. Als Schulbube hatte er keinen weiten Weg zu gehen. Das alte Schulhaus stand am Marktplatz, wo jetzt die Halle den Kindern bei Regenwetter als Sportplatz dient. Dahin kam er durch die Kirchgasse in kurzer Zeit.

Für die Aufgaben, die in der Schule an ihn gestellt wurden, brachte er eine gute Begabung mit. Daß er das Pädagogium, die Lateinschule, besuchte, ist anzunehmen, aber nicht erwiesen. Sie stand damals unter der Leitung des Professors und Direktors Hänle. Nach der Schulzeit kam der junge Christian Wilhelm als Kaufmannslehrling in ein hiesiges Geschäft. Genaueres war darüber nicht festzustellen. Als er ausgelernt hatte, ging er wie viele Lahrer jener Zeit in die Fremde. Sein Wanderkamerad war Wilhelm Traub. Das habe ich durch Frau Trippel in der Bismarckstraße erfahren. Wilhelm Traub war der Bruder ihres Großvaters, und sie ist die Schwester des bekannten Malers Gustav Traub. Vor dem Krieg besuchte sie ein alter Herr aus Hamburg, namens Dorner, ein Verwandter Jamms mütterlicherseits. Er hatte viele Seereisen nach Amerika gemacht und suchte hier alte Bekannte. Von ihm stammt die Bemerkung, die auf einem Zettel überliefert worden ist:

"Wilhelm Traub ist mit Christian Wilhelm Jamm in die Fremde gegangen. Traub ist nach Amerika ausgewandert und dort gestorben, und Jamm ist als reicher Mann zurückgekommen."

Die beiden sind zunächst nach Frankreich gewandert, und in einem Seidenversandhaus in Lyon fand Jamm eine Anstellung. Die einzige Nachricht über diese Zeit stammt aus der Urkunde, die in den Grundstein der Christuskirche eingelegt worden ist. In dem Nachdruck, der noch erhalten ist, kann man lesen: "Jamm widmete sich dem Kaufmannsstande, kam nach vollbrachter Lehrzeit nach Lyon und unternahm von da aus mehrmalige Geschäftsreisen nach dem Kap der guten Hoffnung und nach der Insel Kuba, auf welch letzterer er sich in der Stadt Havanna endlich niederließ und für eigene Rechnung ein Importgeschäft in Seidenwaren und Manchesterstoffen betrieb."

Ueber die Reisen, die Jamm als junger Mann unternommen hat, sind uns keine Aufzeichnungen überliefert worden. Wir hätten gerne Näheres erfahren, wohin er gekommen ist, was er dabei gesehen und erlebt und wie er sich zum reifen Mann entwickelt hat. Bevor ihn seine Firma in Lyon auf Geschäftsreisen in die weite Welt hinausschickte, mußte er durch Fleiß, Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit ihr Vertrauen erworben haben. Als gewandter Kaufmann, der die französische Sprache beherrschte, wird er im Alter von etwa 25 Jahren Lyon verlassen haben. Sein Auftrag bestand darin, für den Verkauf der Seidenstoffe in fernen Ländern neue Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Er war bald genötigt, sich auch in der englischen Sprache die erforderlichen Kenntnisse anzueignen, und als er nach Kuba kam, waren die Spanier die Herren im Land. Darum mußte er spanisch dazulernen, als er sich entschloß, längere Zeit dort zu bleiben.

Die Hauptstadt Havanna war ein aufstrebender Handelsplatz, dem durch die Ausfuhr von Tabak und Zucker viel Geld zufloß. Die leichten Seidenstoffe fanden bei den eingewanderten Europäern, die schnell reich geworden waren, guten Absatz. Diese Erkenntnis veranlaßte den deutschen Kaufmann aus Lahr, auf eigene Rechnung Stoffe nach Havanna schicken zu lassen. Ueber die Anfänge dieses Unternehmens hat Jamm zweifellos Geschäftsbücher geführt, die leider nicht erhalten geblieben sind. Sicher ist, daß im Jahre 1850 die Firma C. W. Jamm in Havanna bestand und der Besitzer, 41 Jahre alt, schon ein wohlhabender Mann war. Im gleichen Jahr kaufte er in Lahr für 8.000 Gulden ein Haus, in dem dann seine Angehörigen wohnten. Von 1852 an sind die selbstgeführten Geschäftsbücher Jamms noch vorhanden. Herr Georg Reinhard, Oberrechnungsrat i. R., hat sie gesammelt und als besondere Abteilung in der Registratur des Lahrer Stadtarchivs untergebracht. Sie liefern den Beweis, wie Jamm sein großes Vermögen erworben hat. In seiner Heimat ist die Ansicht verbreitet, er habe Sklavenhandel betrieben oder sei durch Sklavenarbeit reich geworden. Die solches behaupten, haben sich niemals bemüht, die Wahrheit festzustellen. Sie sprechen eine Vermutung aus, die keinen andern Hintergrund hat als das Bedürfnis, den erfolgreichen und angesehenen Wohltäter der Stadt Lahr herabzuwürdigen.

In Wirklichkeit ist Jamm durch Großhandel mit Seide und andern Stoffen reich geworden. Nach der genauen Durchsicht seiner Bücher besteht darüber kein Zweifel. Für die Bestätigung der böswilligen Nachrede ist nicht die geringste Spur zu finden.

In seinem Geschäft war ein Spanier namens Joaquin Tijero als Mitarbeiter tätig. Im Jahre 1852 erhielt dieser als Jahresvergütung 3.000 Dollar, drei Jahre später wurde er Teilhaber, und die Firma hieß dann C. W. Jamm & Co. in Havanna. Der Diener Jamms, der ihm bis zum Tode treu blieb, war ein Franzose. In sein Geschäft hat er auch Deutsche aufgenommen, zuerst Alois Feigelstock und später John Baumann. Außerdem schrieb er seinem Vetter, dem Medizinalrat Dr. Karl Jamm in Lahr, er solle ihm einen seiner Söhne schicken. Bald kam der ältere, der wie der Vater Karl hieß, wurde aber krank und starb am gelben Fieber. Der reiche Kaufmann Christian Wilhelm Jamm gab aber seine Hoffnung, das einträgliche Geschäft nach einigen Jahren einem Verwandten übergeben zu können, noch nicht auf. Hermann, der zweite Sohn seines Vetters, war unterdessen auch nach Amerika ausgewandert und in Mexiko gelandet. Ihm schickte er Geld, damit er nach Havanna kommen könne. Er wurde aber vom gleichen Schicksal ereilt wie sein Bruder. In Vera Cruz warf ihn das gelbe Fieber auf das Totenbett. Das waren bittere Enttäuschungen für alle Beteiligten.

Jamm überließ in den folgenden Jahren die Führung des Geschäfts in Havanna immer mehr seinem Teilhaber. Solange er noch im Lande blieb, mietete er sich ein Haus in der Umgebung der Stadt, kaufte ein Pferd und einen Wagen und fing an, seinen Reichtum zu genießen. Am Anfang des Jahres 1856 begab er sich dann auf Reisen und kehrte nur noch zu kurzen Aufenthalten nach Havanna zurück. Zunächst hielt er sich einige Wochen in Paris auf und reiste dann nach England. Er hatte nämlich auch Baumwoll- und Leinenstoffe in seinen Betrieb aufgenommen. Diese bezog er hauptsächlich aus Manchester. Im April kehrte er nach Paris zurück, fuhr im Mai nach Lyon und besuchte dort auch Madame Josefine Vilar, der er seit Jahren eine Monatsrente überwiesen hatte. Sie scheint seine Jugendliebe gewesen zu sein, denn er nennt sie in seinen Büchern manchmal "meine Josefine". Welche Umstände ihn abgehalten haben, sie zu heiraten, ist nicht bekannt. Sie betrieb in Cheverny bei Blois an der Loire eine Haarwicklerei, wofür ihr Jamm größere Geldsummen zukommen ließ, die er in seinen Kassenbüchern als Depot J V weiterführte.

In diesem Reisejahr kam er auch zu seinem Vater und seiner ledigen Schwester nach Lahr. Seine Mutter war inzwischen gestorben. Auch seine in Karlsruhe verheiratete Schwester Lisette besuchte er. Seine Geschäftsreisen führten ihn auch nach Sachsen, wo er Damenstrümpfe und Socken einkaufte. Im November unternahm er eine weitere Fahrt nach England. Das Reisen war nun viel leichter und ging viel schneller als in seiner Jugend. Unterdessen waren viele Eisenbahnen gebaut worden und Dampfschiffe überquerten den Ozean.

Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 8, 5. Mai 1951, Seite 34

Das folgende Jahr 1857 war ebenso reich an Geschäftsreisen, die ihn auch in die Schweiz und nach Lahr führten. Er hielt sich aber meistens in Paris auf. Dort war er mit Amélie de Cantillon bekannt geworden, die ihn bis an sein Lebensende festzuhalten vermochte, ohne ihn zu heiraten. Dieses Rätsel ist schwer zu lösen. Die Gründe sind nicht allein in den Verhältnissen zu suchen, sie hängen auch mit der Veranlagung der beiden und mit ihren Gewohnheiten und Ansprüchen an die Lebenshaltung zusammen.

Jamm hat sich im Jahre 1858 entschlossen, sein Geschäft in Havanna ganz aufzugeben. Es wurde eine neue Firma, Tijero Scherrer und Co., gegründet, die noch große Zahlungen an ihn zu leisten hatte. Sein Einkommen reichte nun aus, daß er in Paris das Leben eines reichen Herrn führen konnte. Seine Freundin Amélie stattete er dazu aus, und sie war nicht abgeneigt, in der kühleren Jahreszeit in der Weltstadt mit ihm Vergnügen und Unterhaltung zu suchen. Im Sommer war ihnen ein Badeort oder ein Landhaus in der Nähe von Paris der liebste Aufenthalt.

Für viele wäre ein solches Leben auf die Dauer begehrenswert erschienen, Jamm war aber scheinbar nicht ganz befriedigt. Das Gefühl, daß er ein Deutscher aus Lahr war, hatte ihn nicht verlassen, obgleich er sich in französische Verhältnisse eingelebt hatte. Eine Verheiratung mit Amélie war nicht möglich. Darum entschloß er sich in dieser Zeit, in seiner Heimatstadt ein schönes Haus mit einem großen Garten zu errichten, um dort als Junggeselle zu leben. Seine Freundin konnte er vorläufig nach Belieben besuchen, und er hoffte, sie vielleicht später als Frau in sein Schlößchen einführen zu können. Es ist aber nicht geschehen. - Nun begann für den noch nicht Fünfzigjährigen ein neues Planen und Schaffen. Alte Beziehungen zu Lahrer Geschäftsleuten, die zum Teil Verwandte oder Schulkameraden waren, wurden wieder aufgenommen. Was er in Frankreich gesehen hatte, sollte ähnlich in der Heimat entstehen. Am nötigen Baugeld fehlte es ihm nicht, es flossen noch reichlich Mittel aus Havanna, die nicht mehr allein nach Paris, sondern auch in die neuerrichtete Baukasse in Lahr eingewiesen wurden. In dieser Zeit wohnte er bei seinem Vater, der schon über 80 Jahre alt war. Seine Schwester Wilhelmine führte mit Hilfe der getreuen Luise Wurth den Haushalt. An die Stelle der großen Geschäftsreisen traten nun häufige Fahrten zwischen Lahr und Paris. Die Genüsse des Großstadtlebens traten allmählich mehr zurück, und auf die Uebergangsjahre 1859-61 folgten dann noch 14 Jahre des Ruhestandes als Rentner und Lahrer Bürger.

Sein Junggesellenleben im Schlößchen gestaltete sich Jamm möglichst behaglich. Dazu erschien es ihm nötig, daß neugierige und lästige Besucher ferngehalten wurden. Neben der Einzäunung des Besitzes diente dazu die Anstellung eines Pförtners. Für die Leitung der Arbeiten außerhalb der Villa fand er den tüchtigen Gärtner Josef Bauer, der auch die Versorgung der Tiere beaufsichtigte und Felder und Wiesen bewirtschaftete. Im Haus waltete sein zuverlässiger Diener Josef Chometon, genannt Pierre, den er aus Frankreich mitgebracht hatte. Die beiden genossen sein volles Vertrauen.

Damit es an nichts fehlte, was das Leben genußreich gestalten könnte, errichtete Jamm ein Weinlager. Im Weinkonto von 1863 sind verzeichnet: Markgräfler, Kaiserstühler, Zeller Roter, Affentaler, Klingelberger, Wagenstadter, Haselstuder, Champagner und Bordeaux im Werte von 7.000 Gulden. Auch mit guten Zigarren hat er sich reichlich versorgt. Daß ein Neger als Koch bei ihm tätig war, wird erzählt, in den Kassenbüchern und im Testament ist aber keine Bestätigung zu finden. Auf gutes Essen hat er sicher Wert gelegt und seine breite Gestalt neigte zu Wohlbeleibtheit, wie es auch von einigen Verwandten berichtet wird.

Tagsüber ist er oft im Park spazieren gegangen, und es wird berichtet, er sei wie Bismarck von zwei deutschen Doggen begleitet gewesen. Für Ausfahrten besaß er zwei Schimmel, die er dem Baron Max von Seideneck abgekauft hatte. Abends ging er oft in die Stadt und beteiligte sich am gesellschaftlichen Leben. An der Magnatentafel im "Rappen" war er ein regelmäßiger Gast. Darum ist jetzt noch ein großes Bild von ihm dort zu sehen.

Auch bei der Kasinogesellschaft im "Pflug" war Jamm hervorragend beteiligt. Schon 1853 schickte er seinem Vetter Dr. Karl Jamm 1.000 Gulden, damit er zehn Aktien der Kasinogesellschaft für ihn erwerben könne. Und 1872 übernahm er mit Daniel Voelcker zusammen das Gastbaus "Zum Pflug", und sie ließen es erneuern. Die Veranstaltungen der Kasinogesellschaft hat Jamm selbstverständlich besucht. Ob er beim Stephanskränzchen Walzer getanzt hat, ist zweifelhaft, vielleicht Française. Aber beim Fastnachtsball, als es "Markstühler" und "Kaisergräfler" gab, hat er sicher seinen Mann gestellt.

An diesen Unterhaltungsabenden wurde er mit den leitenden Männern der Stadt bekannt. Er beteiligte sich auch an den Bürgerabenden und Wahlversammlungen im "Rappen", wobei er oft in einen Ausschuß gewählt wurde, war also vollständig ein angesehener Lahrer Bürger geworden.

Schließlich wurde er Gemeinderat und arbeitete zuerst unter dem Bürgermeister Foßler und dann unter seinem Nachfolger Flüge bei der Stadtverwaltung mit. Außer diesen waren zu Jamms Zeit führende Männer in der Stadt: Christian Siefert, der Vater des Dichters Alfred Siefert, Alt-Bürgermeister Groß, Bürgermeister Bittmann, Moritz Schauenburg, Karl August Wäldin, Karl Sommerlatt, Georg Schaller, Georg Heimburger und Wilhelm Schubert, dazu die Leiter der beiden Großbetriebe in Lahr, Daniel Voelcker und Freiherr Ferdinand von Lotzbeck.

Sie besuchten ihn manchmal in seinem schönen Park. Die Malerin Fräulein Emma Brauer kann sich erinnern, daß sie mit ihrem Großvater Georg Schaller dort war. Von den Eindrücken, die sie als Kind empfangen hat, ist ihr das meiste in der langen Zeit entschwunden. Nur wie sie mit ihrer Schwester Veilchen pflücken durfte, hat ihr Gedächtnis getreu bewahrt.

Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 10, 22. Mai 1951, Seiten 38 - 39

Verhältnismäßig früh hat der reiche Einsiedler sein Lahrer Paradies verlassen müssen. Sein Vater ist 89 Jahre alt geworden. Ein so hohes Alter war ihm nicht beschieden, schon vor Vollendung seines 66. Lebensjahres starb er am 7. Mai 1875. Nach mündlicher Ueberlieferung von Verwandten hat ein Leberleiden seinen kräftigen Körper, der allerdings durch den Aufenthalt in den heißen Ländern geschwächt war, niedergezwungen.

Der Lahrer Stadtpark

Die Stadt Lahr besitzt einen Park, um den sie viele größere Städte beneiden. Es ist jedem Gelegenheit geboten, sich an seinen außergewöhnlichen Schönheiten zu erfreuen und ein Plätzchen zu finden, wo er sich erholen kann. Das verdanken wir dem Stifter Christian Wilhelm Jamm.

Den schönen Garten hat er zunächst für sich errichtet. Gegen Ende des Jahres 1858 kaufte er den Lindengarten in der Dinglinger Vorstadt für 17.000 Gulden, dazu einen Grasgarten und das Breitenfeld für etwa 10.000 Gulden von dem Rentner Friedrich Metzger, der die Grundstücke kurz vorher von der Witwe des Johann Metzger geerbt hatte. Darauf standen ein Orangeriegebäude, Remise mit Eisgrube, Scheuer und Stallung. Dann erwarb er noch zwei kleinere Anwesen, die im Osten angrenzten, das eine von Karl Friedrich Baum, ledig, das andere von den Erben des Schneiders Andreas Hertenstein. Auf dem ersteren steht die Villa und auf dem letzteren wurden die beiden Pflanzenhäuser errichtet. Die Wohnhäuser und Nebengebäude Baum und Hertenstein wurden abgebrochen, dagegen blieben die Bauten von Metzger bestehen und wurden als Pferdestall und Kutscherwohnung eingerichtet. In der Richtung gegen die Stadt konnte Jamm seinen Besitz nicht weiter ausdehnen, weil der Gärtner Ludwig Vogel nicht verkaufte. Im Testament hat er dann verlangt, daß die Stadt die Gärtnerei und einen kleineren Garten von Zwick erwirbt und mit dem Park vereinigt. Das ist nach seinem Tode geschehen, und der Gärtner Vogel erhielt als Entschädigung, einen größeren Platz an der Dreyspringstraße, die jetzige Gärtnerei Tauchert.

Das Gelände auf der Westseite des Parks gegen Dinglingen war Acker. Als Verkäufer sind eingetragen: Eberlin, Stahl, Ulrich und Müller. Jamm vereinigte alle diese Grundstücke als Gut Breitenfeld und ließ als Abschluß eine hohe Mauer errichten. Nur ein Gitterzaun vor der Villa und die Tore gewährten einen Einblick in das Reich des Millionärs.

Den Plan für sein Schlößchen brachte er aus Frankreich. So wie wir das Gebäude heute sehen, war es anfänglich nicht gedacht. Nur der größere westliche Teil entspricht dem künstlerischen Empfinden eines Baumeisters jener Zeit. Er wurde in den Jahren 1859 und 1860 errichtet. Als das Ganze im Jahre 1861 fertiggestellt war, waren noch zwei Anbauten hinzugekommen, durch die das Schlößchen vergrößert wurde, die aber seine Schönheit beeinträchtigten. Die näheren Umstände, die dazu geführt hatten, sind nicht bekannt.

Im Feuerversicherungsbuch sind die Maße der drei Teile angegeben. Nach einem einheitlichen Plan, wie schon behauptet wurde, ist die Stadtparkvilla also nicht gebaut worden. Außerdem wurde die Vorderfront im Jahre 1887 geändert. Ein Bildchen im Museum zeigt, wie sie ausgesehen hat, als der Vorbau des unteren Stockwerks mit einem Balkon abgeschlossen und nicht im oberen Stockwerk fortgesetzt war. Auch die zwei Pflanzenhäuser, die Jamm aus Frankreich bezogen hatte, sind auf dem Bild neben der Villa zu sehen.

Das Portierhäuschen und das Haus des Verwalters und Gärtners wurden auch gleich gebaut. Die Ausführung der Baupläne besorgten Lahrer Baufirmen und Handwerker. Jamm hätte leicht einen Unternehmer finden können, der ihm sein Schlößchen für eine runde Summe hingestellt hätte. Das war aber nicht nach seinem Sinn. Als tüchtiger Kaufmann wählte er die Handwerker nach eigenem Gutdünken und bezahlte sie selbst in monatlichen Raten. Die Kassenbücher enthalten folgende Namen, die sich oft wiederholen: Müller, Meurer, Späth, Blatt, Löhr, Erb, Leppert, Santo, Gebrüder Huber, Fingado, Morstadt, Zwick und Dorner. Für die Inneneinrichtung besorgte der Bauherr die meisten Einkäufe in Paris, Straßburg und Nancy. Auch den Park ließ Jamm nach französischem Vorbild durch Sachverständige aus Paris anlegen, nicht durch eine einzelne Firma. Wie beim Bauen besorgte er die Einkäufe und Zahlungen selbst, so daß er seine Wünsche zur Geltung bringen konnte. Er wurde durch seine Mitarbeit mit der Entstehung des Gartens vertraut, und die ausländischen Räume und Gehölzgruppen waren für ihn gute Bekannte. Ihr Gedeihen überwachte er bei seinen Spaziergängen. Für die Blumen wurde ein Glashaus aufgestellt, dahinter ein zweites Pflanzenhaus, das mit Zinkblech bedeckt war. Auch der Teich und die Grotte sind damals entstanden. Enten und weiße Schwäne belebten die Wasserfläche, und ein Kahn lud zu einer Ruderfahrt ein. Im Gartenkonto sind die Lahrer Namen Knapp, Pfaff und Heidinger zu finden.

Der Jammpark wurde im Jahre 1861 angelegt. Die Allee vor dem Stadtpark ist aber älter, sie bestand damals schon 15 Jahre, war doppelreihig und zeigte jugendliches Wachstum. Sie hat sicher dazu beigetragen, daß der reiche Kaufmann sich entschlossen hat, hier das Gelände für seinen Ruhesitz zu erwerben.

Im westlichen Teil des Gutes Breitenfeld betrieb der Gärtner Bauer Landwirtschaft. Neben seinem Verwaltungshaus wurde ein Viehstall gebaut, in dem anfangs vier Kühe gehalten wurden. Nachher kamen eine Kippenheimer und eine Nonnenweierer dazu. Zuletzt waren es zehn Kühe, und es wurde viel Milchgeld eingenommen. Der Stall wurde vergrößert und gut eingerichtet. Er ist noch erhalten und dient als Geräteunterkunft.

Nach dem Tode des Stifters Christian Wilhelm Jamm im Jahre 1875 erhielt der Stadtpark erst seine jetzige Größe. Auf der Seite gegen die Stadt wurde die Gärtnerei Vogel eingegliedert und auf der anderen Seite gegen Dinglingen wurde die Erweiterung so durchgeführt, wie es im Testament verlangt war. Bauer blieb als Stadtgärtner in seinem Wirkungskreis, solange er lebte. Sein Nachfolger Brennemann hat viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Auch der Gärtner Diebold, der das Samengeschäft besitzt, war dort beschäftigt. Er hat erzählt, er sei bei Bauer gewesen, als er seinen letzten Atemzug getan habe. Der Sterbetag ist ihm bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben. Es war im März 1893. Die Verdienste des ersten Stadtgärtners sind so bedeutend, daß sie nicht vergesen [sic!] werden sollten.

In seinen letzten Lebensjahren gab es im Park noch allerlei Aenderungen. Der Stadtrat beschloß 1900, der städtische Obergärtner Kunz von Straßburg sollte ein Gutachten über den Zustand des Stadtparks abgeben. Das ist geschehen. Darin empfiehlt er hochstämmige Schattenbäume: Ulmen, Roßkastanien, Krimlinden, Götterbäume, Blutbuchen, auch Nadelhölzer, um dem Park im Winter einen hübschen Anblick zu geben. Er schlägt auch vor, das Stallgebäude mit der Kutscherwohnung in eine Sommerwirtschaft umzuwandeln und den Platz davor mit weißblühenden Roßkastanien anzupflanzen. Diese Vorschläge wurden ausgeführt. Der Musikpavillon war schon 1885 aufgestellt worden.

Die Verwendung der Villa, die nach dem Testament nicht verkauft werden durfte, ergab für den Stadtrat manche Schwierigkeiten. Zuerst bot er das Schlößchen dem Reichskanzler Bismarck als Erholungsaufenthalt an. Das Antwortschreiben ist noch vorhanden. Er dankte und lehnte nicht ab. Gelegentlich wollte er sich die Sache ansehen, fand aber keine Zeit dazu.

Lange Zeit, 1880 bis 1907, hatte die Handelskammer ihre Geschäftsräume in der Villa. Im Jahre 1887, als das Haus umgebaut und auch außen hergerichtet war, wurden seine Räume neu verteilt, so daß die Handelskammer und die Stadtbibliothek darin blieben und das Naturalienkabinett Aufnahme finden konnte.

Ueber die Entstehung des Bismarckdenkmals gibt ein Aktenbündel aus der Registratur des Stadtarchivs Aufschluß. Als der hochangesehene Reichskanzler durch den selbstherrlichen Kaiser Wilhelm II. entlassen war, kam es überall in Deutschland zu Kundgebungen. Am Vorabend seines Geburtstages, am 31. März 1891, wurde im "Rappen" eine Bismarckfeier veranstaltet. Redner waren: Stoeßer, Maurer, Schlusser, Siefert, Weiß und Leser. Schauenburg forderte zur Zeichnung von Beiträgen für ein, Bismarckdenkmal auf. Nachts 12 Uhr, zum Anfang des Geburtstages, konnte er mitteilen, daß 1.200 Mark gezeichnet seien. Anschließend wurde beschlossen, im Stadtpark eine Bismarckbüste aufzustellen. Es wurden Entwürfe angefordert, und dem Professor Donndorf-Stuttgart wurde die Ausführung übertragen. Dieser hat dann auch mitentschieden, daß das Denkmal nicht vor die Villa, auch nicht in die Südostecke des Parkes gestellt wurde. Das Postament wollte der Bildhauer August Sieferle ausführen, er erhielt den Auftrag aber nicht, es wurde von der Karlsruher Firma Rapp & Moeller geliefert. 1893 wurde das Denkmal feierlich enthüllt. Dr. Schlusser hat die Festrede gehalten und die Concordia hat gesungen. Die Mauer an der Allee war vor dem Denkmal entfernt und das Gitter eingesetzt worden. Die Pflanzenhäuser, die baufällig waren, wurden natürlich abgebrochen, um dem eisernen Kanzler den nötigen Raum zu verschaffen. Der Dichter Eichrodt lebte noch, war aber schon krank, als die Feier im "Rappen" stattfand. Nach seinem Tode haben seine Freunde das Eichrodtdenkmal im Stadtpark aufstellen lassen. In Lahr bestand damals ein Dichterkreis.

In dieser Zeit war Brennemann, der Vater, Stadtgärtner geworden. Er bemühte sich, den Stadtpark durch Tiere noch mehr zu bereichern und fand bei der Stadtverwaltung Entgegenkommen.

Schon 1882 kamen die ersten Damhirsche hierher. Die Stadt fragte in Donaueschingen nach solchen an, und der Fürst von Fürstenberg schenkte für den Park drei Damkitzen. Einige Jahre nachher konnten schon drei erwachsene Tiere verkauft werden. Ihre Zucht hat sich seither bewährt. Auch die Fische im Teich vermehrten sich stark. Einmal wurden 2 1/2 Zentner verkauft. Die Braut- und Mandarinenten, deren Nachkommen immer noch die Besucher durch ihre Farbenpracht erfreuen, wurden 1894 teils aus Antwerpen, teils aus Straßburg bezogen, 1896 wurden drei Pfauen gekauft, Herr Schaller schenkte zwei Truthähne und Herr Johann Schönherr von Allmannsweier einen Silberfasan. Im folgenden Jahr stiftete der Kaufmann Karl Unger 25 Mark, damit zwei schwarze Schwäne beschafft werden sollten, und der Hotelier Kraus schenkte zwei Rehe. Die letzteren haben aber die Gefangenschaft nicht lange ausgehalten. Auch mit Affen hat Brennemann einen Versuch unternommen. Er bezog von Hamburg ein Paar Rhesus- und ein Paar Javaaffen. Die Tiere wurden aber bald krank und die Kinder bedauerten, daß das Affentheater so schnell zu Ende war.

Im Jahre 1893, als Lahr Militär erhielt, wurden die Stallungen vorübergehend zur Unterbringung von Pferden zur Verfügung gestellt. Da hatte sich der Stadtgärtner gegen Ungehörigkeiten der Eindringlinge zu wehren. Die Burschen fuhren mit ihren Krümperwagen auf Wegen, die für Spaziergänger vorgesehen waren, und der Herr Oberleutnant Freiherr von Lützow glaubte berechtigt zu sein, im Park Reitübungen zu veranstalten. Das wurde dann verboten. Auf der Stadtparkwiese wurden damals auch Paraden abgehalten.

Jamm hat in seinem Testament geschrieben, man könne das Gelände westlich des Parks gelegentlich für Bauplätze verwenden. Es ist aber nur die Stadthalle dahin gestellt worden. Daß er an diesem Bauwerk Gefallen gefunden hätte, ist sehr zweifelhaft. Alles ist gut durchdacht, was er als letzten Willen hinterlassen hat. Hätte er geahnt, wie sein schöner Platz verbaut wird, hätte er nicht versäumt, genau festzulegen, was er wünschte.

Herr Brennemann, der Jüngere, der als Nachfolger seines Vaters die Arbeiten seiner beiden Vorgänger in schönster Weise weiterführt, bedauert sehr, daß für den Stifter des Stadtparkes noch kein Gedenkstein errichtet worden ist. Er möchte in der Nähe des Musikpavillons einen Findling aufstellen und die Besucher durch eine passende Inschrift auf einer Kupfertafel auf den Wohltäter hinweisen.

Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 11, 2. Juni 1951, Seiten 42 - 43

Schon 1894 wurde eine solche Anregung veröffentlicht. Es geschah aber nichts, obgleich die Verhältnisse viel günstiger waren als jetzt. Später hat Hug in seiner Chronik wieder darauf hingewiesen. Da hatte aber der erste Weltkrieg und damit unsere Not schon angefangen. Im Jahre 1932 hat Herr Brennemann eine Dahlienausstellung angeregt und im folgenden Jahr zur Ausführung gebracht. Der Erlös sollte dazu dienen, ein schlichtes Jammdenkmal aufzustellen. Sein Plan wurde leider durchkreuzt, die ansehnlichen Einnahmen wurden andern Unternehmungen zugeführt. Er hofft aber, daß es in nächster Zeit einmal möglich sein wird, den Gedanken doch noch zu verwirklichen.

Die Christuskirche

In seinem Testament hat Jamm die Lahrer Bürgergemeinde als Universalerbin eingesetzt und die Bedingung daran geknüpft, daß seine Bestimmungen mit der gewissenhaftesten Genauigkeit vollzogen werden. Nach seinem Tode gab es bald Meinungsverschiedenheiten darüber. Zunächst verlangte der Kirchengemeinderat, vertreten durch den Dekan Wagner, daß ihm die 250.000 Mark, die Jamm für die Christuskirche, das Pfarrhaus und den Fonds gestiftet hatte, ausgezahlt werden. Der Gemeinderat unter dem Bürgermeister Flüge vertrat den Standpunkt, Jamm habe der Stadt die Verpflichtung auferlegt, die Kirche und das Pfarrhaus zu bauen. Es stehe ja auch im Testament: Es verstehe sich von selbst, daß diese Kirche und deren Fonds unter der Obhut des Gemeinderats stehen.

Dekan Wagner brachte die Sache vor den Oberkirchenrat, und dieser entschied, die Stadt solle bauen, aber den Kirchenfonds von 80.000 Mark auszahlen. Flüge lehnte wieder ab. Nun wandte sich die Kirchen Verwaltung an das Innenministerium. Das empfahl der Stadt, nachzugeben. Der Fonds wurde dann, an die Kirchenverwaltung ausgezahlt, aber die Christuskirche und das Pfarrhaus wurden durch die Stadt gebaut, und sie sind heute noch städtisches Eigentum. Der Kirchengemeinde ist die Nutznießung und Instandhaltung übertragen.

Auch die Wahl des Pfarrers gab Anlaß zu Auseinandersetzungen. Jamm hatte bestimmt: "Streng Orthodoxe sollen ausgeschlossen sein." Darüber wurde die Entscheidung des Landesbischofs angerufen, das war der Großherzog Friedrich I. Er genehmigte, daß dem Stadtrat bei der Besetzung der Pfarrstelle vor der Wahl der Vorschlag der Kirche bekanntgegeben wird.

Als die strittigen Fragen geklärt waren, erließ die Stadt ein Preisausschreiben, um für den Bau der Christuskirche eine Auswahl von Plänen in die Hand zu bekommen. Den ersten Preis von 1.000 Mark erhielt der Kirchenbauinspektor Diemer von Karlsruhe. Nach seinem Plan wurde sie unter der Leitung des Architekten Paul Kohler von Stuttgart gebaut. Bauunternehmer waren die Werkmeister Karl Bucherer und Wilhelm Müller von Lahr. Im Jahre 1877 wurde der Grundstein gelegt. Es wurde eine Urkunde eingemauert, von der Nachdrucke vorhanden sind. Darin sind die Angaben über den Stifter und den Bau der Kirche enthalten und noch viel anderes. Alle Aemter, Behörden, Kirchen und Schulen mit den Personen, die dort im Dienst standen, sind aufgeführt, dazu die wichtigsten Geschäfte. Auch die neuen Münzen, Maße und Gewichte sind verzeichnet und die Preise der Lebensmittel. Außerdem wurden eingelegt: ein Adreßbuch, eine Bürgerliste, ein Plan der Gemarkung, der Lahrer Hinkende Bote, zwei Flaschen Wein vom Stefanienberg und vom Kirchenrebgut Vögele und Fläschchen mit Getreide, Schnupftabak und Zichorie.

Im Mai 1880 war die Kirche fertig. Jamm hatte verlangt, daß der Bau drei Jahre nach seinem Tode vollendet sein soll. Das war nicht möglich, weil viele Verhandlungen nötig waren. Bei der Einweihung war die ganze evangelische Kirchengemeinde beteiligt, auch die Schüler, von denen noch einzelne leben, waren dabei.

Für den Bau der Christuskirche waren 140.000 Mark vorgesehen. Weil der Voranschlag überschritten wurde, hat die Stadt aus dem Erbe noch 15.000 Mark zugeschossen. Für das Pfarrhaus hat Jamm 30.000 Mark und für den Kirchenfonds 80.000 Mark gestiftet dazu als besondere Beigabe das Rebgut im kleinen Vögele, Gemarkung Dinglingen.

Die Kirche und das Pfarrhaus wurden nach dem Willen des Stifters in seinem Garten, dem sogenannten Dreyspringschen, erbaut. Was übrig war, durfte sonst verbaut werden, es sollten aber wenigstens zweistöckige Häuser von etwas Geschmack sein. Es wurden acht Bauplätze gebildet und an Liebhaber verkauft. Die mußten den Wunsch Jamms, daß der Vordergrund der Christuskirche nicht verunziert wird, berücksichtigen.

Als er das Testament niederschrieb, haben ihn eine Reihe von Ueberlegungen dazu geführt, das Kapital für den Bau einer Kirche zu stiften. Die Stiftskirche, im Osten der Stadt gelegen, reichte nicht mehr aus. Darum war eine Kirche in der Weststadt ein Bedürfnis geworden. Sie sollte zugleich den freiheitlich gesinnten Christen, zu denen er gehörte, Gelegenheit bieten, einem Gottesdienst ihrer Geistesrichtung beizuwohnen. Außerdem sollte ein schönes Bauwerk in der Nähe seines Parkes errichtet werden, darin sollte seine Leiche beigesetzt werden. Er spricht auch von einer Kapelle und hält ein kleines Glockentürmchen für genügend.

Seine ledige Schwester Wilhelmine hat nach der Fertigstellung der Christuskirche für Malerei 3.500 Mark, für Silbergeschirr über 2.000 Mark und für Teppiche etwa 1.000 Mark gegeben. Auf den Glocken standen die Namen Wilhelmine und Lisette. Die neue Straße vor dem schönen Kuppelbau erhielt den Namen Jammstraße. In der Kirche am Eingang rechts ist eine Marmorbüste von Jamm aufgestellt. Sie stammt von dem Bildhauer August Sieferle in Lahr. Und gegenüber ist eine Marmortafel eingelassen mit der Inschrift:

Hier ruht in Gott
der Stifter dieser Kirche
C. W. Jamm
geb. 30. Juni 1809, gest. 7. Mai 1875
Die dankbare Stadt ihrem edlen Mitbürger
zum ehrenden Angedenken

Der Kaufmann

Die Geschäftsbücher, die Jamm hinterlassen hat, geben Aufschluß über seine Tätigkeit. Er bezog für sein Geschäft in Havanna zunächst Seidenstoffe aus Lyon, wo er durch seine Beschäftigung in der Jugendzeit gut bekannt war. Folgende Firmen lieferten ihm ihre Waren:

John Munroe & Co. (Moire, Damast noir, Satin gilets, Cravattes), Louis Payen & Co. (Satin, Crep.), A. Bousquet (Seide), Montant Sisley & Co. (Moiré). Jules Mazuyes (Cols, Shalws).

Als er seine Einkäufe auf Baumwoll- und Leinenstoffe ausdehnte, kam er mit Firmen in andern Städten und Ländern in Verbindung.

B. Mitjans & Co., Paris, schickte Musseline, Tafetan und Hemden, Emanuel Bürkle, Neuyork, chinesische Seide und bord, Rohrner Bros., Manchester, Muselina, Alpaca, Shirtings, Crafts & Stell, Manchester, Linnen, Drill, Brocade Shirtings, Muslin, Stavret Hunt Zigomale & Co., Manchester, Linnen, Drill. John Tyfe & Co., Glasgow, Muselina.

Schließlich kaufte er auch in der Schweiz und in Deutschland ein, es sind verzeichnet:

Roquin & Hofmann, Zürich (Cravattes, Tafetas, Serge de Malaga), Gottfried Landgraf (weiße Flor-Frauenstrümpfe, Socken), Gebrüder Meinert, Oelsnitz bei Lichtenstein (Florstrümpfe), Heinrich Gottlieb Paul. Limbach bei Chemnitz (Damenstrümpfe), B. Meyer, Leipzig (half hose), Schmid & Harzdorf. Hartmannsdorf (farbige Socken).

Diese Zusammenstellung läßt erkennen, wie Jamm seinen Geschäftsbetrieb beständig erweitert hat. Als ihm genügend Kapital zur Verfügung stand, steigerte er auch die Mengen, die auf seine Rechnung über den Ozean nach Havanna gebracht wurden. So bestellte er einmal 200 Dutzend Strümpfe und ein andermal 8.000 Dutzend Cordones (Bänder).

Seine Schiffsladungen, die meistens von Havre nach Havanna gingen, versicherte er in Paris oder Lyon. Dafür hat er einmal 7.000 Franken ausgegeben.

Weil die Bezahlung teils in Franken, teils in Pfund, Dollar oder Gulden erfolgen mußte, führte er ein besonderes Wechselkonto. Seine Gewinn- und Verlustrechnungen weisen neben kleineren Verlusten große Gewinne auf. So ergibt die Abrechnung für das Jahr vom 1. April 1852/53 einen Gewinn von nahezu 33.000 Dollar. 1855 sind einmal 5.000 Dollar Verluste eingetragen. Der Reingewinn beträgt aber in den Jahren 1855 57 jährlich 30-40.000 Dollar. Die Kassenbücher sind von Jamm selbst geführt und unterzeichnet.

Das Vermögen des Großkaufmanns war im Jahre 1852 auf 124.000 Dollar angewachsen, er war also schon reich, aber noch nicht Millionär. Als er sich 1858 entschloß, als Rentner im Ruhestand zu leben, besaß er 300.000 Dollar. Er hielt sich in dieser Zeit viel in Paris auf und rechnete mit Franken. Sein Vermögen betrug nun 1.500.000 Franken, und er war französischer Millionär. Als er sich aber in Lahr niederließ, mußte er sich auf Guldenrechnung umstellen. Da war er ein ebenso reicher Mann, aber kein Millionär, denn 1 1/2 Millionen Franken waren nur etwa 700.000 Gulden wert.

Schließlich wurde er doch noch deutscher Millionär. Er überlebte die Einführung der Mark, die wenige Monate vor seinem Tode erfolgte, In seinem Testament hat er sein Vermögen mit nahezu 1 1/2 Millionen Mark berechnet. Es hatte sich noch vermehrt, hauptsächlich durch Kurssteigerungen der Wertpapiere nach dem Krieg.

Davon besaß er ungefähr eine Million Mark. Sie trugen ihm meistens fünf Prozent ein. Auch zu 4 1/2% hat er ausgeliehen. Sein Jahreseinkommen wird also 40 - 50. 000 Mark betragen haben. Durch die Steuer wurden die großen Einkommen nicht so stark gekürzt wie jetzt, 1866 bezahlte Jamm bei einem Vermögen von 750.000 Gulden und einem Einkommen von etwa 30.000 Gulden 600 Gulden Steuern. Das war der fünfzigste Teil, also zwei Prozent des Einkommens. 1869, kurz vor dem Krieg, ist das Vermögen in seinem Wert auf 700.000 Gulden gesunken, und die Steuern betrugen 850 Gulden. Das war immer noch eine sehr geringe Besteuerung, wenn wir unsere heutigen Steuersätze damit vergleichen.

Nach einer Bilanz vom 30. Juni 1872 betrug das Vermögen 840.000 Gulden. Davon hatte er in Lahr an Privatleute 45.000 Gulden ausgeliehen. Außerdem verzeichnete er:

Badische Obligationen 30.000   Gulden
Oesterreichische Obligationen 60.000 "
Französische Eisenbahnen 30.000 "
Gebrüder Rohmer, Manchester 34.000 "
E. Bürkle, Neuyork 46.000 "
Obligationen Penicand bei Brusch, Paris 70.000 "
Scherrer-Richardson, Havanna 70.000 "
Spekulationskonto 15.000 "

Das sind die größeren Beträge. Von den kleineren wären noch zu nennen: Obligationen der Gaswerke Lahr und Konstanz und der Spinnerei Kolinau bei Waldkirch. Er hat also sein Geld auf viele Unternehmungen in verschiedenen Ländern verteilt. Das war klug, weil durch Verluste immer nur ein kleiner Teil des Vermögens betroffen wurde. Man sieht daran, daß er ein Weitblickender Kaufmann war.

Verluste sind ihm nicht erspart geblieben. Bei dei Firma Stephani & Co. in Havanna waren auf Konto Scherrer-Richardsohn noch 19.000 Dollar, das waren 45.000 Gulden oder 76.000 Mark, eingetragen. Dazu hat Jamm folgende Bemerkung geschrieben: "Da wenig oder gar nichts bei diesen Halunken zu erhalten sein wird, so streiche ich diese Forderung." Er hatte sich jahrelang durch Bevollmächtigte bemüht, seine Guthaben aus Havanna zurückzuziehen. In der Hauptsache ist es ihm gelungen, aber ein ansehnlicher Rest blieb hängen.

Als Jamm gestorben war, wurde alles neu eingeschätzt, im allgemeinen nicht so hoch, wie er gerechnet hatte. Die Villa hatte ihn 60.000 Gulden gekostet. Für die Stadt, der verboten war, sie zu verkaufen, setzte man den Wert herab, Das Vermögen wurde auf ungefähr 1.350.000 Mark veranschlagt. Die Stadt war als Universalerbin eingesetzt, hatte aber so viele Bedingungen zu erfüllen, daß behauptet wurde, es sei ihr überhaupt kein freies Geld übrig geblieben. Die Anspruchsrechnung des Notars Schilling vom Todesjahr des Stifters gibt darüber genaue Auskunft. Nachdem alle Stiftungen und Kapitalien für die Renten, auch der Wert des Parks mit der Villa, vom Vermögen abgezogen, waren, hatte die Stadt 330.000 Mark zur freien Verfügung.

Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 12, 16. Juni 1951, Seiten 45 - 46

Ungefähr über eine Million Mark hat Jamm also selbst bestimmt. Davon kam aber der größte Teil auch den Einwohnern der Stadt zugute, wenn wir nur an den Park und an die Christuskirche denken, auch die Bibliothek und das Naturalienkabinett, das Hospital und das Pfründnerhaus gehören dazu.

Das verfügbare Kapital wurde unter dem Oberbürgermeister Dr. Schlusser mit der Stadtkasse vereinigt und für allgemeine Zwecke verwendet. (Das Schlachthaus wurde damals gebaut.) Vorher wurde eine besondere Jammsche Erbschaftskasse geführt.

Die liebe Freundin

Madame Amélie de Cantillon war die Tochter eines Seidenzeichners in Paris. Als sie 20 Jahre alt war, verheiratete sie sich mit dem Apotheker Bonvalet, blieb aber nur kurze Zeit bei ihm. In ihr Vaterhaus zurückgekehrt, nahm sie ihren Mädchennamen wieder an. Anscheinend war sie dazu berechtigt, obgleich keine Scheidung ausgesprochen worden war. In Urkunden wurde sie später, als ihr Ehemann gestorben war, als Madame de Cantillon, verwitwete Bonvalet, bezeichnet. Ihr Vater wurde nur Cantillon genannt, hatte aber das Recht, sich "von" zu schreiben.

Man kann annehmen, daß der reiche Handelsherr Christian Wilhelm Jamm mit dem Seidenzeichner geschäftlich in Verbindung stand, da er ja in Frankreich sehr viel Seide einkaufte. In seinen Geschäftsbüchern ist allerdings keine Bestätigung dafür zu finden. Sehr wahrscheinlich hat der Hausfreund der Madame den deutschen Millionär bei ihr eingeführt. Dieser Herr Eduard Vardon trat später als Zeuge in dem Prozeß gegen die Stadt Lahr auf, in dem er seiner Freundin dazu verhelfen wollte, daß sie außer der Jahresrente vom 10.000 Franken aus dem Erbe Jamms auf einen Schuldschein noch 60.000 Franken erhalte. Dabei sagte er aus, er habe Jamm, bevor dieser Amélie de Cantillon kannte, in der Italienischen Oper in Paris kennengelernt. "Eduard" war ohne Beschäftigung und sicher nicht in der Lage, seine Freundin so zu unterstützen, wie sie es wünschte. Darum war den beiden ein Geldgeber sehr erwünscht. Ihr Kampf um das Erbe läßt darauf schließen.

Madame de Cantillon war 35 Jahre alt und Jamm 13 Jahre älter, als die für ihr ganzes Leben so wichtige Verbindung aufgenommen wurde. Sie war eine Frau, die viel Geld brauchte, und er hatte es nicht nötig, daran zu sparen. So war es verständlich und in der Weltstadt nichts Ungewöhnliches, daß sie als freies Brautpaar lebten und an eine Heirat vorläufig kaum dachten. Der Herr Bonvalet starb nach drei Jahren, aber die Witwe konnte sich auch dann nicht entschließen, ihrem guten Kameraden als Ehefrau in seine Villa nach Lahr zu folgen. Sie zog das ungebundene Leben in Paris vor. In dieser Zeit, als Jamm das Gut Breitenfeld kaufte und sich seinen Ruhesitz mit dem Lustgarten einrichtete, hat der Brautstand der beiden manche Anfechtungen und Wandlungen erfahren. Einmal hat er in seinem Kassenbuch für A (Amélie) eine Rente von 10.000 Franken eingetragen und wieder gestrichen. Später hat sie diese Jahresrente durch das Testament erhalten, war aber damit nicht zufrieden und hat sie als lächerlich bezeichnet. Sie hat tatsächlich, solange Jamm lebte, durchschnittlich im Jahr 20.000 Franken erhalten. Er hat ihr die Miete für die Wohnung (etwa 500 Franken monatlich) bezahlt und ihr gewöhnlich noch 700 Franken überwiesen, dazu kamen die außerordentlichen Zuweisungen, die sich oft und unregelmäßig wiederholten und manchmal Tausende von Franken betrugen.

Man fragt sich, wie es wohl möglich war, daß Jamm seine liebe Freundin bis an sein Lebensende so großzügig unterstützte und ihr auch seine Fürsorge nicht entzog, als er zu der Erkenntnis kommen mußte, er werde ausgebeutet. War sie hervorragend an Schönheit oder besaß sie andere Eigenschaften, die einen Mann fesseln können? Über ihre äußere Erscheinung gibt ein Bild Aufschluß, das in den Akten des städtischen Archivs erhalten geblieben ist. Es ist eine Kreide-Lithographie aus dem Jahre 1860, in Paris angefertigt und auf der Rückseite mit dem Monogramm Jamms gezeichnet, das sich auch in seinen Büchern vorfindet. Madame de Cantillon hat später eine Bestätigung beigefügt und das Bild als Beweisstück in dem Prozeß gegen die Stadt Lahr verwendet. Die beiden waren damals 51 und 38 Jahre alt. Sie stehen Arm in Arm, Jamm breit und kräftig, eine Bismarckgestalt in kleinerem Ausmaß, in der Kleidung jener Zeit, langer Gehrock und Stehkragen. Die Freundin ist bedeutend kleiner und in ihren Körperformen durch einen Faltenrock entstellt. Ihr rundes Gesicht zeigt wenig Ausdruck, Augen und Nase sind klein, die Stirne ist nieder und breit und der Mund ein wenig schnippisch. Im Gegensatz zu dem Mann, dessen Gesicht die Willenskraft und das Selbstbewußtsein deutlich erkennen läßt, erhält man von der Frau den Eindruck, daß sie eine Persönlichkeit ohne besondere Bedeutung gewesen ist.

Trotzdem bildeten für Jamm die gemeinsamen Erlebnisse in Paris zweifellos einen Höhepunkt seines Lebens, aber nur eine Unterbrechung seines Junggesellendaseins, das er mit Vorliebe in Havanna und in Lahr führte. Seine Besuche in Paris wurden seltener, als seine Villa fertig und der Park angelegt war. Seine Einträge in den Kassenbüchern gehen aber erst im Jahre 1863 aus der französischen in die deutsche Sprache über. Als in den folgenden Jahren durch die Kriege eine feindliche Stimmung zwischen Franzosen und Deutschen entstand, wobei Jamm seine Gesinnung durch Gaben für die Familien deutscher Wehrmänner bezeugte, war natürlich an eine Verheiratung mit der Französin, die schon bisher an dem Deutschtum Jamms Anstoß genommen hatte, nicht zu denken. Als er aber das Testament niederschrieb, tauchte die Frage wieder auf, und Madame de Cantillon scheint ihr Jawort im Hinblick auf das Erbe in Aussicht gestellt zu haben. Die Heirat kam aber nicht zustande, sie wurde gewohnheitsmäßig verschoben, bis es zu spät war.

Daß die Frau, die nie zu sparen gelernt hatte, nur nach dem Geld des reichen Mannes trachtete, bewies sie nach seinem Tode. Nach wenigen Tagen erschien sie hier bei dem Notar Schilling, dem die Erbschaftsangelegenheiten übertragen waren. Sie ließ sich die Verschreibung der Rente von jährlich 10.000 Franken bestätigen, zeigte aber einen Schuldschein vor, in dem ihr Jamm am 9. September 1862 60.000 Franken zusicherte. Der Notar trug die Forderung ein, Bürgermeister Flüge und der Gemeinderat erkannten sie aber nicht an. Sie konnten sich nicht denken, daß Jamm, den sie als äußerst zuverlässig kannten und der in seinem Testament alle Einzelheiten anführte, eine so große Summe hätte vergessen können, wenn er sie noch schuldig gewesen wäre.

Lange Zeit geschah nichts in der Sache. Erst sieben Jahre später, im Jahre 1882, teilte der Rechtsanwalt Dr. Friedberg-Karlsruhe der Stadt Lahr mit, er habe die Rechte der Amélie de Cantillon an die Rechtsnachfolger Jamms übertragen bekommen und verlangte die Auszahlung der 60.000 Franken. Flüge antwortete zunächst nichts. Dann kamen Klagedrohungen und schließlich die Anklageschrift mit einer Flut von Behauptungen. Die wichtigste war, Amélie de Cantillon habe ihr Vermögen, herrührend aus elterlicher Erbschaft, Geschenken von Verwandten und aus Ersparnissen, Jamm zur Verwaltung übergeben. Es sei bei der Banque de France deponiert gewesen. Die Bank bestätigte, daß Madame de Cantillon 1859 drei Titel französische Wertpapiere besessen, einen Teil 1859 und den Rest 1861 abgehoben habe. Die Aussichten für die Stadt, den Prozeß zu gewinnen, waren also nicht gerade günstig. Rechtsanwalt Bumiller-Offenburg übernahm ihre Vertretung. Er verlangte, der Kläger solle nachweisen, daß Madame de Cantillon vor 1859 eigenes Vermögen besessen habe. Der Beweis konnte nicht geführt werden. Unterdessen ließ er sich die Kassenbücher Jamms geben und stellte fest, daß er ihr 1859 die französischen Wertpapiere geschenkt hat. 1861 hat er das, was noch nicht verbraucht war, in eigene Verwaltung übernommen. Er hat auf ihren Namen ein Konto geführt und hat das Geld nach und nach zurückgezahlt. Im ganzen habe sie nach der Ausstellung des Schuldscheines 135.000 Franken, also mehr als das Doppelte erhalten.

Daraufhin wurde die Klage abgewiesen. Friedberg legte Berufung ein, die Sache kam vor das Oberlandesgericht und dann vor das Reichsgericht und wurde von dort zur nochmaligen Verhandlung zurückverwiesen mit der Begründung, es liege ein kaufmännischer Schuldschein vor, der gültig sei. Nun wurde durch die Zeugen Schauenburg, Heimburger, Heidlauf und Stoeßer nachgewiesen, daß Jamm 1862 nicht mehr Kaufmann, sondern Rentner gewesen sei. Bumiller gelang es, festzustellen, daß die Urkunde als Schenkungsversprechen ungültig ist, weil das badische Landesgesetz verlangt, daß solche Schenkungen in öffentlichen Urkunden beglaubigt werden.

Die Klage wurde dann zum zweiten Mal abgewiesen, und das Reichsgericht bestätigte das Urteil. Die Stadt Lahr durfte das Geld behalten, das ihr Jamm zugewiesen hatte.

Um die Unkosten zu decken, wurden fünf Jahresrenten Im Betrage von 40.000 Mark beschlagnahmt.

Unterdessen war Madame de Cantillon 70 Jahre alt geworden. Der Lebensabend ohne Sorgen, den ihr der gute Freund verschaffen wollte, war ihr aber noch lange nicht beschieden. Sie hatte nicht sparen gelernt und kaufte ein, wie es ihr beliebte. So geriet sie in Schulden und verpfändete ihre Rente an Geldverleiher fünf Jahre voraus. Diese stritten sich dann um den Vorrang, so daß die Stadt Lahr die Rente wiederholt bei der Sparkasse zurückhielt, bis geklärt war, wer das Geld erhalten soll. Schließlich fiel die Rentnerin der Armenfürsorge zur Last. Erst durch das Eingreifen des Rechtsanwalts Dufour, der durch den Dreyfußprozeß bekannt geworden war, kam sie, 86 Jahre alt, wieder in den Genuß ihrer Rente.

Im Lahrer Stadtrat ist selbstverständlich auch die Frage zur Sprache gekommen, ob die Madame de Cantillon überhaupt noch lebt, ob nicht Betrug und Fälschung die Stadt schädigen. Darum wurde beschlossen, durch das deutsche Konsulat in Paris Erkundigungen einzuziehen. Das geschah zweimal, 1900 und 1910. Ein Beamter suchte sie in ihrer Wohnung auf und ließ sich ihre Heiratsurkunde und die Sterbeurkunde ihres Mannes vorlegen. Bei dem zweiten Besuch war sie 88 Jahre alt, hielt sich noch auffallend gerade, war munter und verständig. Es wurde keine Personenunterschiebung angenommen, auch der Namenszug wurde untersucht und für richtig befunden.

Außerdem haben sich die Mitglieder des Lahrer Stadtrats Maurer und Erb gelegentlich in Colombes bei Paris, wo sie zuletzt wohnte, erkundigt, ob sie noch lebt. Schließlich konnte Wilhelm Erb telegrafieren: "Amélie gestorben." Bald darauf traf auch ein Brief des Rechtsanwalts Dufour mit der Sterbeurkunde ein. Am 24. Mai 1913 hat sie, 91 Jahre alt, ihr Leben beendet und niemand in Lahr hat das bedauert. Sie hat ihren Freund 38 Jahre überlebt, hat in dieser Zeit 380.000 Franken Rente bezogen und hat trotzdem zeitweise Not gelitten.

Die 160.000 Mark, die zur Sicherung der Rente festgelegt waren, konnten nach dem Willen Jamms nun für den Bau eines Pfründnerhauses verwendet werden. Seine Schwester Lisette hatte noch 80.000 Mark dazu gestiftet. Es wurden Grundstücke in der Nähe des Schwesternheims am Fuße des Burghards erworben. Bevor es aber zum Bauen kam, brach der Krieg aus und die Ausführung unterblieb.

Es ist aber doch noch ein Jammstift zustande gekommen. Nach dem ersten Weltkrieg fielen die Kasernengebäude an die Stadt zurück, auch das Militärlazarett hinter dem Stadtpark. In dieses Gebäude sollte eine Lungenheilanstalt verlegt werden. Dagegen wehrte sich die Stadt und beschloß, es für das Pfründnerhaus zu verwenden. Das Kapital hatte sich unterdessen auf 400.000 Mark vermehrt, aber die Geldentwertung bewirkte, daß die schöne Summe in nichts zerfloß. Im Verwaltungsgebäude des Militärlazaretts wurde dann noch ein Jammstift eingerichtet, um den guten Willen des Stifters zu erfüllen, soweit es möglich war.

Verwandte und Erben

Als Jamm im Jahre 1874 sein Testament niederschrieb, lebten seine beiden Schwestern noch. Wilhelmine war ledig geblieben und wohnte in dem Haus, das ihr Bruder für seine Angehörigen gekauft hatte. Früher war es die Wirtschaft "Zum wilden Mann" und war an den Dinglinger-Tor-Turm angebaut, der 1839 abgebrochen wurde. Dann stand das Haus frei, aber immer noch vorn an der Straße. Als Wilhelmine 1883 gestorben war, wurde es für die Steuereinnehmerei eingerichtet, und 1891 kaufte es der Blechner Meurer von der Stadt, die es von Jamm geerbt hatte. Damals mußte es zurückgebaut werden. Es ist das Haus Stulz, Schreibwarengeschäft, in der Kaiserstraße. Wilhelmine lebte einfach und bescheiden, obgleich sie von ihrem Bruder reichlich unterstützt wurde. Schon von Havanna aus, als die Eltern noch lebten, erhielt sie größere Beträge von ihm zugewiesen, so daß sie ein eigenes Konto führen konnte. Ihre treue Gehilfin im Haushalt, Luise Wurth, die auch den Vater gut versorgt hatte, wurde von dem Millionär mit einer Jahresrente bedacht.

Die jüngere Schwester Lisette verheiratete sich in Karlsruhe mit dem Spitalverwalter Ludwig Heinrich. Sie hatte zwei Kinder, ein Mädchen Johanna, das im Alter von drei Viertel Jahren starb, und einen Sohn August, der wie sein reicher Onkel Kaufmann wurde, aber vor ihm, 26 Jahre alt, in London sein aussichtsreiches Leben beendete, so daß er bei der Niederschrift des Testaments nicht mehr in Betracht kam. Auf dem Familiengrab bei der Stiftskirche steht eine Pyramide, auf der die Angehörigen Jamms verzeichnet sind.

Lisette Heinrich, geborene Jamm, hatte das Recht, in dem Haus, wo ihre Schwester wohnte, den dritten Stock zu beziehen, blieb aber in Karlsruhe, wo sie etwa zwei Jahre nach ihrer Schwester, am 2. Dezember 1884, im Alter von 70 Jahren, starb.

Dieser Tag war für die entfernten Verwandten Jamms von besonderer Bedeutung. Die beiden Schwestern hatten von ihrem Bruder ihr Leben lang zusammen eine Jahresrente von 10.000 Mark erhalten. Dafür war ein Kapital von 200.000 Mark festgelegt, das nach ihrem Ableben verteilt wurde, wie es der Stifter bestimmt hatte.

Drei Fünftel erhielten die Verwandten von Vaters Seite und zwei Fünftel die von Mutters Seite. In der Rechnung der Jammschen Erbschaftskasse lag die Liste der Erbberechtigten schon bereit. Der Notar Schilling hatte 44 Erben festgestellt, davon 41 von Vaters und drei von Mutters Seite, die teilweise Vettern und Basen Jamms, teils Kinder von solchen waren. Die Erbteile fielen dementsprechend sehr verschieden aus und. steigerten sich von 359 bis 25.866 Mark.

Der Vater Christian Jamm hatte einen Bruder und zwei Schwestern, die mit Nachkommen reich gesegnet waren, besonders die Schwestern. Der Onkel Wilhelm war Schuhmachermeister und muß ein tüchtiger Handwerker gewesen sein. Sein ältester Sohn Wilhelm Jakob Jamm betrieb eine Seilerei in der Geroldsecker Vorstadt. Dessen drei Kinder erbten, nämlich C. W. Jamm in Karlsruhe, Emilie Bramer, die Wirtin auf dem Walkenbuck, deren Töchter Ida und Eleonore ledig blieben und sich mit Nähen und Bügeln beschäftigten. Fräulein Ida Bramer war zuletzt noch im Jammstift. Der dritte Erbe war der Bezirkstierarzt Gustav Adolf Jamm, zuerst in Konstanz, dann in Lörrach und Ettenheim. Seine Tochter Laura verheiratete sich mit dem Kaufmann Otto Kopp, der auch mit Jamm verwandt war, und sie ließen sich in der Christuskirche trauen, ihre Tochter, die Frau Barbo in der Weiherstraße, ist also väterlicher- und mütterlicherseits mit Jamm verwandt.

Max Roll - Der Altvater - Heimatblätter der "Lahrer Zeitung", 9. Jahrgang, Folge 13, 28. Juni 1951, Seiten 50 - 51

Der Schuhmachermeister Onkel Wilhelm konnte seinen jüngeren Sohn Karl Medizin studieren lassen. Dieser wurde später Medizinalrat in Lahr, stand seinem Vetter Christian Wilhelm besonders nahe und starb im gleichen Monat wie er. Außer seiner Witwe, die wie die erste Frau eine geborene Hugo war, erbten seine beiden Enkelinnen Marie Hug und Pauline Bader, geborene Bühler. Die Tochter des Medizinalrats und deren Ehemann waren früh gestorben, so daß ihre Töchter bei den Großeltern aufwuchsen. Marie war mit dem Fabrikanten Theodor Hug, dem Verfasser der Lahrer Chronik, verheiratet, und ihre Tochter ist die Frau Laura Sievert in der Jammstraße.

Eine Tante Jamms, Maria Magdalena, war mit dem Webermeister Johann Kopp verheiratet, deren Sohn Johann Jakob Kopp Fabrikmeister in der Handweberei Schott war, die in der Luisenstraße gegenüber von der Post stand. Und der Enkel der Tante Kopp, Jakob Kopp, hat bei Christian Wilhelm Jamm 10.000 Gulden geliehen, als er das Haus am Bärenplatz gekauft hat. Er hat später auch geerbt. Sein Anteil war kleiner als die Schuld, weil 18 Angehörige der Familie Kopp beteiligt waren. Zwei Enkelinnen des Jakob Kopp, Frau Ziemann und Frau Maisack, gehören zu den Verwandten Jamms, die noch in Lahr leben. Viele sind ausgewandert oder haben sich auswärts verheiratet. In Kürzell erbten die Nachkommen der Magdalena Vogel, geborene Kopp, sechs Erbteile gingen nach Nordamerika, drei nach Paris, andere nach Straßburg, Mülhausen, Kehl, Müllheim, Lörrach, Konstanz, Karlsruhe und Rottweil. Aus der Familie Jakob Kopp stammen auch Sofie Müller, die Frau des Baumeisters, der an dem Bau der Villa Jamms, der Christuskirche und der Kirche in Schuttern beteiligt war, Mina Liermann vom "Rebstock" und Luise Klausmann vom "Falken".

Die andere Tante Jamms, Katharina Barbara, verheiratete sich mit dem Schlosser Jakob Morstadt. August Morstadt, ein Erbe aus der Familie, besaß das Haus in der Blumenstraße, früher Entengasse, das ihm der Vater des Blechnermeisters Zeh abgekauft hat. Von seinen acht Kindern ist anscheinend niemand hier geblieben.

Die Verwandten Jamms väterlicherseits haben im ganzen 120.000 Mark geerbt, die zunächst in drei Teile und dann nach der Zahl der Kinder und Enkel weiter aufgeteilt wurden. Dagegen die Mutter Jamms hatte nur einen Bruder, den Dorner Hansel, der arm war und noch geerbt hätte. Er ist aber vor seinem reichen Neffen bei seiner Tochter Dorothe in Mülhausen gestorben. Diese lebte mit ihrem blinden Mann und dessen Schwester auf einer zerfallenen und wenig besuchten Wirtschaft in der Nähe der Stadt auf einem Rebberg. Sie hat von der Stadt Lahr wiederholt einen Vorschuß auf ihr Erbe verlangt, wurde aber auf die Bestimmung des Testaments hingewiesen: "Wer vorher seine Ansprüche bei Lebzeiten meiner Schwestern verkaufen sollte, ist von mir enterbt, und ein solcher Anteil würde dem hiesigen Hospital zugute kommen." Als sie dann den Höchstbetrag von nahezu 26.000 Mark erhielt, konnte sie das Haus herrichten lassen. Ihr Bruder, der Metzger Karl Dorner, erbte ebensoviel, starb aber schon nach vier Jahren ohne Nachkommen. Außerdem erbte noch ein Enkel des Dorner Hansel, namens Karl August Dorner, der mit dem Geld das große Haus bei den zwei Brücken in der Schützenstraße kaufte. Er hatte aber wenig Segen von der Jammschen Erbschaft. Es leben keine Nachkommen mehr, und das Haus kam in den Besitz des Lithographen Drechsler, dessen Witwe noch darin wohnt und von der einmal wohlhabenden Familie Dorner zu erzählen weiß: Sie ist die Mutter des bekannten Malers Drechsler.

Nachkommen des letzten Schuhmachermeisters in der Familie, des Wilhelm Jamm, leben noch einige: Die Dolmetscherin Anna Jamm in Betznau am Bodensee hat hier schon in Kirchenbüchern nach den Vorfahren geforscht. Sie ist wie die Frau Barbo eine Enkelin des Bezirkstierarztes Jamm in Ettenheim. Auch in Karlsruhe, Ziegenhain bei Kassel und in Düsseldorf gibt es Nachkommen aus dieser Familie. In Lahr ist der Name Jamm, seit die beiden Vettern im Mai 1875 gestorben sind, nicht mehr vertreten.

Ueber die Vorfahren des Stifters Christian Wilhelm Jamm kann man Folgendes aus dem Lahrer Bürgerbuch 1662 entnehmen: Vor etwa 300 Jahren, bald nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, kam der Schuhmacher Franz Jamm von Frauenfeld in der Schweiz hierher. Im Jahre 1668 wurde er als Bürger aufgenommen und zwei Jahre nachher auch sein Sohn Michel. Als Lahr im Jahre 1677 zerstört war, erhielt Franz Jamm als Stadtbott den Auftrag, für den Wiederaufbau zu sammeln. Nach Michel folgten sein Sohn Johannes und ein Enkel gleichen Namens. Dieser hatte zwei Söhne, Wilhelm und Christian, die das Schuhmacherhandwerk betrieben, wie alle ihre Vorfahren in Lahr.

Die beiden Brüder lebten in der Zeit, als der Lahrer Freiheitsbrief noch in Geltung war, aber von den Beamten der Regierung als überlebt oft mißachtet wurde. Es bildeten sich zwei Parteien, die gemäßigten Schnabeliner, die über die Mehrheit verfügten und in der Stadtverwaltung saßen, und die Bockspfeifer, die an den alten Rechten bis zum äußersten festhielten. Zu diesen gehörte Wilhelm Jamm, während seinem Bruder Christian das Handwerk wichtiger war als die ewigen Streitereien. Als sie eines Tages am Wirtstisch in der "Sonne" saßen, bedankte sich der letztere bei seinem Bruder, daß er ihm Kunden verschaffe. Der Ratsfreund Knoderer lasse sich bei ihm ein Paar Stiefel anfertigen, weil ihn der Bruder abgewiesen habe. Wilhelm sagte, er mache einem Schnabeliner keine Stiefel. Das war der Anfang zu einer leidenschaftlichen Aussprache, bei der Wilhelm Jamm den Stadtrat angriff. Er wurde deswegen mit einem Gesinnungsfreund bei Wasser und Brot eingetürmt. Ein anderesmal wurde er beschuldigt, auf dem Rathaus einen Tumult erregt zu haben. Er kam wieder ins Gefängnis wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Es gab einen langwierigen Prozeß, der vor das Reichsgericht in Wetzlar kam, weil es sich um die Freiheitsrechte der Stadt handelte. Diese Rechte wurden teilweise bestätigt, verloren aber ihre Bedeutung, so daß Wilhelm Jamm und seine Kampfgenossen viel Kraft, Zeit und Geld für eine verlorene Sache geopfert hatten. Das Lahrer Stadtarchiv enthält ein großes Aktenbündel, in dem diese Vorgänge ausführlich geschildert sind.

Für die Erforschung der Geschichte des Stifters Christian Wilhelm Jamm haben seine Geschäfts- und Kassenbücher als Grundlage gedient.

Über den Autor Max Roll (30.06.1880) der obigen Schriftenreihe:

Hans Lehmann - Heimatforscher Max Roll - geb. 30.06.1880 - (Geroldsecker Land, Heft 3 - 1960/61), Seite 151 - 152

MaxRollMax Roll wurde in Wittenweier als Sohn eines Bauern geboren. Der Vater hätte sich ihn gerne zum Bauern herangezogen, doch die Mutter wünschte, daß er sich dem Lehrerberuf zuwende, und so sehen wir den jungen Roll im Jahre 1900 nach Besuch der Schule und der Seminarien als Unterlehrer mit einem Anfangsgehalt von 66 Mark vom Dorf in die Stadt und von der Stadt ins Dorf siedeln, wie es für einen Schulmeister die Versetzungen mit sich brachten. Noch heute erzählt er von den erlebnisreichen Ferienwanderungen, die er damals zu Fuß durch Deutschland und die Schweiz unternahm. Im ersten Weltkrieg treffen wir Max Roll, der inzwischen Hauptlehrer geworden war, als Infanterieleutnant in den Kämpfen an der Westfront. An der Somme wurde er schwer verwundet und verlor das rechte Auge. In jene Jahre fällt der Beginn der Freundschaft mit dem Bodenseemaler Hans Dieter, eine Freundschaft, die sich späterhin mehr und mehr vertiefen sollte. Im Jahr 1926 trat Max Roll seine Lehrerstelle in Dinglingen an, und hier war er 23 Jahre lang als ein beliebter und vorbildlicher Erzieher tätig. Schweres Leid widerfuhr den Eheleuten Roll im zweiten Weltkrieg, als der einzige, hoffnungsvolle Sohn sein Leben für die Heimat dahingab. Im Jahr 1949 wurde Max Roll nach insgesamt 49 Dienstjahren pensioniert und konnte sich nunmehr seinen Liebhabereien widmen: dem Wandern und Reisen, der Gartenarbeit und Blumenzucht, und der Schriftstellerei.

Schon in früher Jugend hatte Max Roll ein reges Interesse für die Geschichte seiner engeren Heimat gezeigt, und historische Ereignisse wie beispielsweise die Schlacht bei Wittenweier im 30 jährigen Kriege mußten den jungen Mann notwendigerweise in ihren Bann ziehen. Bedeutsam für ihn wurde seine Lehrertätigkeit in Karlsruhe. Hier fand er Gelegenheit, sich in den Archiven umzusehen und sich mit den Begebenheiten vergangener Zeiten zu befassen und vertraut zu machen. In den späteren Jahren drängte es ihn immer wieder, diese Themen aufzugreifen. Er veröffentlichte eine Reihe von geschichtlichen Aufsätzen. Bei geduldigster und gewissenhaftester Kleinarbeit und Forschung schrieb er u. a. über Bernhard von Weimar am Oberrhein, später über die Lahrer Schubert und Jamm, über Lahrer Familien, Schulen, Bahnen, Waldungen, über alte Bräuche und die Geschichte von Dinglingen. Nebenbei flössen aus seiner Feder mancherlei beschauliche Betrachtungen, Beschreibungen der schönen Umgebung, Plaudereien über Tiere und Pflanzen, Berichte über Fahrten und Reisen.

Max Roll ist zeitlebens ein Idealist geblieben. Er kennt keine Berechnung, keine hinterhältige Diplomatie. Güte, Herzensbildung, eine lautere, ausgeglichene Art und bescheidene Zurückhaltung, das sind die Eigenschaften, die ihn auszeichnen. Seine Schreibweise ist knapp, auf das Wesentliche gerichtet. In seinen Schriften kommen neben der Liebe zur Heimat philosophischer Gleichmut und feiner Humor überall zum Ausdruck.

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