Woher kommt der Ausdruck Gälfiäßla (Gelbfüßler)?
Renate Reckziegel - Journalistin - An der Wiede 10 - D-77652 Offenburg
Früher wurden alle Menschen im Südwesten Gelbfüßler genannt, heute werden nur noch die Badener als Gälfiäßler bespöttelt. Aber die nehmen's mit Humor.
Eine kleine Wortgeschichte.
Mit Gelbfüßler sind ganz klar die Badener gemeint, also die Menschen im Schwarzwald und entlang des Rheins, die den Streifen von Mannheim und Basel bevölkern. Nein, eine Kosewort ist diese Bezeichnung wirklich nicht. Und die Herkunft dieses Spitznamens hat schon etliche Sprachforscher beschäftigt. Erklärungen zur Wortgeschichte gibt es viele, aber nur eines ist sicher: In früheren Jahrhunderten bezog sich der Ausdruck Gälfiäßler auf Menschen im ganzen Südwesten – egal ob dort Schwaben, Badener, Elsässer oder Bayern lebten. Seit gut 100 Jahren ist die Bezeichnung ausschließlich den Bewohnern des einstigen Kurfürstentums Baden vorbehalten. Eine Ehre, die sie wahrscheinlich Napoleon zu verdanken haben. Doch die Badener - von Schwaben gerne (ein bisschen bösartig) als Badenser bespöttelt - nehmen ihr Gelbfüßler-Dasein gelassen und mit Humor. Für sie hat der Spitzname inzwischen einen so sympathischen Klang, dass man fast neidisch werden könnte, nicht dazuzugehören.
"Ein Spottname der Schwaben": Die Gebrüder Grimm müssen's wissen
Der Ausdruck Gelbfüßler scheint als Schimpfwort schon seit vielen Jahrhunderten etabliert zu sein. So etabliert, dass die Gebrüder Grimm das Wort selbstverständlich in ihrem Wörterbuch notierten: vor zeiten ein spottname der Schwaben bei ihren nachbarn, ist unter Gelbfüszler dort vermerkt. Wie der Begriff entstanden ist, dazu kursieren drei verschiedene Erklärungen:
1. Erklärung: die sozialgeschichtliche Variante
Die Menschen im Südwesten Deutschlands waren so arm, dass die meisten von ihnen barfuß laufen mussten. Dementsprechend staubig-lehmig-gelb waren ihre Füße. Mich überzeugt das allerdings nicht wirklich. Schließlich lebten die meisten Menschen in Europa des 16., 17 und 18. Jahrhunderts unter ärmlichen Bedingungen, viele von ihnen konnten sich keine Schuhe leisten. Aber die Erklärung punktet immerhin mit Einprägsamkeit.
2. Erklärung: die gern erzählte Anekdote
Es klingt fast wie ein Schwabenstreich: Die Bopfinger (Bopfingen liegt im Nördlichen Ries, also ganz im Osten des heutigen Baden-Württembergs) mussten seinerzeit ihrem Herzog Tribut zollen – und zwar in Form eines gewissen Quantums an Hühnereiern. Das waren so viele, dass sie kaum in den Korbwagen passen wollten. Aus logistischen Gründen traten die Bopfinger die Eier einfach mit den Füßen platt. Diese Anekdote wird auch in anderen Landstrichen erzählt. Die Bopfinger standen mit dieser Strategie, herrschaftlichen Despotismus zu unterlaufen, offensichtlich nicht allein.
3. Erklärung: regionaltypische Beinkleider
Wer in Süddeutschland unterwegs ist, darf sich nicht irritieren lassen: Wenn da von langen Fiaß die Rede ist, sind damit die Beine gemeint. Insofern könnte auch die dritte Erklärung stimmen: Vielleicht waren es die ledernen Hosen der Winzer im Weinland Baden und Württemberg, die den Bewohnern der ganzen Region den Spitznamen Gelbfüßler einbrachten. Auch die gelbe Livree schwäbischer Bediensteter bei Hofe wird als Erklärung in Betracht gezogen.