Das Schloß Staufenberg in der Mortenau aus Josef Bader - Badenia I - Heidelberg 1859 - S 340 ff.

staufenberg ansicht
Schloss Staufenberg aus Josef Bader - Badenia I - Heidelberg 1859 - S. 321

Straßburg gerade gegenüber öffnen sich in die Rheinebene zwei von Südost nach Nordwest laufende Schwarzwaldthäler, jedes von einem raschen Wasserlauf durchzogen, jedes zu einem wichtigen Passe über den Grat des Gebirges führend: das Kinzigthal und das Renchthal. Der dazwischen liegende Gebirgsstock fällt sehr rasch gegen die Ebene ab, noch seine letzten Vorberge haben über 1.000, manche 2.000 Fuß. Seine Formen sind massig und kühn; seine Thäler tief eingeschnitten, wasserreich und viel gewunden, wie der Granit sie liefert.

Die vorliegende Ebene hat ihre Gestaltung vom Rhein und den ihm zueilenden Flüssen Schutter, Kinzig und Rench erhalten. Es ist ein reiches Gelände, das mit seinem vielfachen Wechsel von Feld, Wald und Wiesen von jenen Höhen herab einen vergnüglichen Anblick bietet.

Bunt, wie die Vielgestaltigkeit dieses schönen Fleckleins deutscher Erde, war sein Geschick, seine politische Eintheilung. Manches dieser kleinen Gebiete spiegelt all die großen Züge der farbenstarken Geschichte meiner oberdeutschen Heimath wieder und ermöglicht gerade durch die Beschränktheit seiner Gränzen, anziehende Entwicklungsphasen der Bevölkerung aus dem Gewirre und dem Dunkel längst verschwundener Tage loszuschälen und zur Deutlichkeit zu erheben.

Zwischen den Thalmündungen der Kinzig und der Rench rinnt aus einem wunderlieblichen Thälchen der Durbach. Er hat seine Quellen droben im stolzen Tann des Mooswaldes, seine Mündung bei Freistett in den Rhein. Von da, wo er bei Ebersweier in die Ebene tritt, bis hinauf zu den Quellen des klaren Forellenbachs zieht sich in vielnamigen Häusergruppen die Thalgemeinde seines Namens.

Auf dem Vorsprunge des Höhenzugs der vom hohen Mooswald herabläuft und unser Thal vom Renchthal trennt, liegt das Schloß Staufenberg mit freier prächtiger Aussicht über die Ebene hin und in die Thäler rechts und links. Nur rückwärts, nach Osten zu, hemmt das stark ansteigende Gebirge und zunächst die dichtbewachsene Höhe des Stollenwaldes die Rundschau.

Das Schloß ist ein freundlicher Landsitz geworden; nur wenig mehr davon erinnert an die Zeit, wo es als drohende Landesfeste von der Höhe niedersah. Der einzige Thurm, welchen es hat, ist ganz neuen Baues und die noch aus alter Zeit übrigen Wohngebäude sind sehr modernisiert. Heiter mit weißen Mauern und grünen Läden überragt diese altneue Villa ihre weingesegnete Umgebung und lugt freudig hinaus in die reiche Ebene, welche der Rhein durchzieht, der stolze schimmernde Rhein, von Breisach bis gen Speier.

Ei ja, es war ein fröhliches Steigen da hinauf, heuer im Jahr des Heils 58, wo jedem Winzer das edelste Naß stromweis in die Butte quoll. In Durbach und all den Zinken und Höfen der ehemaligen "Herrschaft Staufenberg" ist Jedermann Winzer. Und so war denn jedes Gesicht froh und jede Hand rührig an der Arbeit. Mit den großen Butten, die gefüllt 1 1/2 bis 2 Centner wiegen, klimmen sie die steilen Weinbergpfade wadenstark empor, und mancher hat seine Stunde Wegs und darüber, bis er zum Ort gelangt, wo er füllt. Thalab rasseln Wägen mit Fässern voll Most, viele lustig mit Reblaub bekränzt. Jubelruf tönt aller Orten in den Rebbergen.

Der Wein ist herrlich gerathen, 22 bis 24 Gulden sind der ordinäre Preis. Es war auch höchste Zeit, daß der Herr solche Jahre des Segens sandte; denn noch ein paar so traurige Fehlherbste, wie sie nun fast zehnmal über’s Haupt des Rebbauern ergiengen, noch ein paar solche, und er wäre so verkommen, daß ihm schwer mehr zu helfen gewesen.

Aber 57 hat gar edeln Wein gekocht und 58 hat ihn in Massen gebracht, so daß, wer 12 Ohm "zu machen" gedachte, deren 20 und darüber bekam. Und dazu gerieth der unentbehrliche Eindringling, die Kartoffel, dazu das Obst aller Art, so daß Hände fehlten, es einzuheimsen. Korbvollweise sind Aepfel unbeachtet im Fahrgeleise der bottenauer Thalstraße gelegen; alle Hände waren fort in den Rebberg. Schon das Frühjahr hatte Kirschen in solcher Fülle gespendet, daß es Bauern giebt, die 1.200 Maß Kirschenwasser erbrannten. Zu einer Maß Geist aber braucht man 30 Maß Kirschen, und dies ist in gewöhnlichen Jahren der Mittelertrag eines Kirschbaums.

Obstertrag, Rebbau und Wieswachs ernährt die Staufenberger Thalleute, drum war von jeher ein eigenthümlich Leben dort; anders als beim Pflugbauern drunten in der Ebene, anders als beim Waldbauern droben im Hochgebirg.

Und wie im Thale, so waltete ein absonderlich Leben auch im Schlosse, das der kleinen Herrschaft den Namen gab. Für den Porträtmaler rentiren sich scharfgeprägte Züge am besten; so für den, welcher ein sociales Gebild durch die Jahrhunderte seines Daseins verfolgen will, ein markig individualisirtes, lebensvolles, mit eng bezirktem Schauplatz.

Da thut es denn gar nichts zur Sache, ob es an großen Staatsactionen handelnd Theil genommen oder nicht. Die Zeit ist gekommen, wo man ein tüchtiges Stück Volksleib interessant findet, wenn auch nicht gerade der musculus sterno-cleido-mastoideus drin spielt, welcher den Arm zum Säbelhiebe lüftet. Und so sei denn Staufenberg die kleine Herrschaft: die Burg droben mit ihrer bunten Besatzung, die Thäler drunterher mit ihrem besondern Völklein, für diesmal zur Darstellung erkoren(1). Die Erzählung hat nicht vor der Zeit zu beginnen, wo die römische Kultur im Zehntland zu Ende war. Als die Höhe, auf welcher unser Schlößchen thront, ihre Rolle spielte, lag Civitas Aurelia, die stolze Bäderstadt, lag die Ansiedelung an der Kinzigthalmünde, von wo der Leugenzeiger auf Argentoratum wies, lagen all die Römersitze landauf, landab in Trümmern, und nur dürftige Bevölkerung mochte hausen unter’m Schutz der vorgeschobenen Festen, womit Rom noch im Todeskampf die Rheingränze festhielt.

Wie überall, so führte der Römer auch hier seinen Vertheidigungskrieg offensiv. Auf dem linken Rheinufer lagen die großen Garnisonsstädte und Arsenale; dazwischen dichte Linien kleiner Besatzungen und Cantonnirungen. Zu ihrer Verbindung dienten die herrlichen Straßen, eins der ersten Machtmittel Roms, und an Einfluß geradezu vergleichbar mit dem jetzigen Eisenbahnnetz in seiner politischen und militärischen Bedeutung. Vielleicht wird die nächste Zukunft diese Aehnlichkeit zu klarster Anschauung bringen.

Ein weiteres Communicationsmittel war der durch eine starke Ruderflottille beherrschte Rhein. Dieser floß aber nicht, wie jetzt, in einem fast kanalartigen Bette inmitten seiner Ebene; er zog in weiten Bogenarmen rechts und links an den Bergen hin, die ganze Thalfläche in ein endloses Insellabyrinth verwandelnd.

Freilich waren die Nebenarme zur Römerzeit schon seicht, theilweise versumpft, doch war der Streif von fließendem und stehendem Wasser, der am Fuß des Gebirges bei Offenburg und Renchen hinzog, immer noch bedeutend genug, daß nach ihm die Befestigungswerke der Römer sich richteten. Die vom Gebirge herabkommenden Flüsse brachten ihm immer neuen Zufluß, zumal zur Zeit der Schneeschmelze war er ein breiter Wasserspiegel, da und dort "See" oder "Meer" genannt.

Zwischen diesem Ostrheine und dem Mittelbett lagen etliche große Inseln, welche durch Ketten von Wasserschlössern in große befestigte Lager umgeschaffen waren. Hier kommt derjenige Theil dieser großen übers ganze Rheinthal sich erstreckenden Vertheidigungsanstalt(2) in Betracht, welcher Straßburg gegenüber, doch etwas stroman sich erstreckt. Es ist das sogenannte Ried, auf dem die Dörfer Marlen, Altenheim, Ichenheim und Ottenheim liegen.

Von dem bei Gerstheim im Elsaß; gelegenen Schlosse Schwanau(3) an deckten die Burgen beim Ottenweirer Hof(4), Mörburg(5), Rohrburg(6), und wahrscheinlich die Feste zu Eckartsweier(7), endlich das Schloß Borneck bei Kehl(8), lauter Tiefburgen, diesen überschwemmungsfreien großen Aufstellungsbezirk(9). Die Binzburg(10) bei Hofweier und andere Festen an gelegenen Uebergangsstellen am rechten Ufer des Ostrheins erlaubten den vorbrechenden Feind in der Flanke zu fassen.

Es bedurfte somit nur noch einer tüchtigen Signalirkette, um gerade an dem rechten Ort die Truppen zur Offensive sammeln, aufstellen und über den Ostrhein setzen zu können. Diese Signalposten mußten aber fest genug sein, um kleinern Streifcorps auch ohne Hilfe vom linken Rheinufer nicht preisgegeben zu sein. Darum bauten die Römer auf den Vorbergen des Schwarzwaldes eine Reihe von Bergen und Thürmen, jene an Thalmünden und wichtigen Verbindungen, diese auf weithin sichtbaren Punkten.

Es deutet keine Spur am Mauerwerk des Schlosses, soweit es von außen sichtbar ist, darauf, daß Staufenberg selbst als solcher Punkt betrachtet worden. Doch ist wahrscheinlich der schiefe viereckige Thurm, der auf ein Drittel seiner Höhe abgebrochen da steht, wo der Schloßhügel an’s ansteigende Gebirge sich schließt, ein römischer gewesen. Genaue innere Besichtigung muß dies darthun.

Außen ist sein Gemäuer von da ab, wo es aus dem lebendigen Granite aufsitzt, ein Gemengsel von Bruchsteinen und Backsteinen, wie es kein Römerbau hat. Das Schloß wurde ja mehrmals zerstört(11), und zwar "von Grund aus", vielleicht ist auch der Römerthurm bis aus die Fundamente niedergelegt worden und bergen sich diese und die dicke Schutzmauer, wie sie 9 unter 10 unsere Römerburgen nach dem dominirenden Gebirg hin zeigen, im spätern Ueber- und Neubau. Keinesfalls stand hier mehr als ein einzelner Vorthurm, um die nächsten Thäler einzusehen. Das Hauptwerk lag an geeigneterem Orte.

Kaum 10 Stunden vom Schlosse Staufenberg entfernt, erhebt sich dasselbe beherrschend zwischen dem Durbacher- und Renchthale, die Höhe des Stollenwaldes. Sagen wissen vom "versunkenen Schloß" drin zu erzählen, und wie die Waldfrau, welcher später der wälsche Name Melusine octroyirt ward, dort ihre Schätze hüte. Geistersagen aus heidnischer und christlicher Zeit umschweben gern die alten Stätten, wo das fremde gewaltige Volk, welches dem ganzen Abendland seinen Stempel aufgedrückt, ein Werk errichtet hat, welches dem neuen, dem germanischen Ansiedler ein staunenswerthes, ein mit Zauberhand gefügtes, ein dämonisches erschien.

Auf einem schönen an der Berghalde hinlaufenden Wege gelangt man zum "versunkenen Schloß". Parkwege, zierlich unterhalten, schlängeln sich zum Gipfel hinan. Plötzlich steht man vor einem von Vegetation dicht überwachsenen, doch deutlich erkennbaren, gegen Staufenberg hin noch über 20 Fuß hohen Ringwall mit vorgelegtem Graben. Wir übersteigen ihn, ein zweiter erscheint dahinter und wieder ein Graben, dann erst das Centralwerk, ein sie alle überragender cirkelrunder Trümmerhaufen von wenigstens 36 Fuß Höhn.

Dichter Baumwuchs hat das Ganze überzogen, ohne starkes Nachgraben läßt sich die Bauweise nicht erkennen. Wo gegen Nordwest der neuangelegte Weg den Gipfel erreicht, entragt ein Stück Mauerwerk, anscheinend einer Wölbung zugehörig, dem moosbewachsenen, geröllüberschütteten Boden. Der Mörtel daran ist entschieden mittelalterlich. Dies macht uns jedoch keinen Augenblick irre, wir werden unten schon hören, wer im Mittelalter sich in den alten Römerbau eingenistet.

Denn einen Römerbau haben wir vor uns, darüber ist auch ohne Nachgrabung kein Zweifel. Hier ist der wahre Luginsland und der dominirende Punkt für die in die Ebene mündenden Thäler. Staufenberg liegt viel niederer und sieht nirgends ins Renchthal. Der Stollenberg - so hieß diese burggekrönte Höhe im Mittelalter, erhebt sich beherrschend auf dem Höhenrücken zwischen Durbachthal und Renchthal.

Volle 300 Schritte (zu je drei Fuss) Umfang hat der äußere Ringwall des "versunkenen Schlosses", somit mehr als die Platte von Staufenberg. Ein schlanker Kegel sieht der Berg in’s Durbacher Thal und durch die ganze Bottenau hinunter bis in’s Renchthal. Die Aussicht müßte wundervoll sein, stünde der Buch- und Tannenwald nicht so dicht.

Der Waldwuchs ist sehr üppig dort. Es sitzt sich wunderbar schön im alten einsamen Waldschloß, und auf den Bänken, welche man auf den Stumpf einer alten Buche hineingebaut, draus fünf junge Buchenstämme entsproßt sind. Wundersam schön: drum ist’s auch der Waldfrau Lieblingsplätzchen, welches uns beherbergt.

Durch die Waldlucke herüber blickt Staufenberg und ein friedlich grünes Stück Thallandschaft mit ihm. Grad auf uns zu steht die Spitze des geköpften alten Thurmes. Durch die geschobne Perspective erhalten die sonst gewöhnlich aussehenden Wohn- und Speichergebäude eine verwegene Haltung. Der neue Thorthurm sieht über die ungeheure Linde am Burgfuß minder modisch herüber. Und dazu die steil ansteigende Burghalde, die duftumwobenen Vorberge dahinter, welche wie Coulissen ein Stück blinkenden Rheinlaufs erspähen lassen. Hierher hat Staufenberg mir sein bestes Gesicht gezeigt, drum habe ich’s versucht, es von hier zu porträtiren.

Die Römerzeit war die Lehrerin der spätern, wie nicht leicht eine andere mehr. Die Geschichte unserer kleinen Herrschaft liefert einen neuen Beleg hiezu.

Kaiser Justinian’s Codex verordnet(12) über die Ländereien in Gränzbezirken: "Wer immer unter irgend einem Vorwande ein Stück Burggebiet inne hat, soll davon weichen und es ledig geben, denn nur dem steht mit Recht der Besitz von Burgwidemgut zu, welchem es zugeschrieben ist und welchem althergebrachte Innehabung es zugeschieden hat. Wer also fernerhin, gleichviel ob bürgerlichen Standes oder aber Soldat, ohne Burgsoldat zu sein im Besitze solchen Guts gefunden wird, den soll Todesstrafe treffen und Versteigerung seiner Güter zum Vortheil der Staatskasse". Wir haben hier mehrerlei zu merken, zur Vergleichung mit dem, was uns im Mittelalter entgegentreten wird.

Einmal: es ist ein eigner Burgwidem da, ein District, der die Besazung nähren, und zwar reichlich nähren soll; es ist ein gesuchter Besitz, den das Gesetz mit so strengen Strafen hüten muß. Die Burgmannen wohnen im Burgbezirk, mittelalterlich gesagt: im Burgfrieden, und zwar in befestigten Seßhäusern, wie dies bei Militärcolonisten in bedrohtem Gränzland ja heute noch der Fall ist. Ihr Besitz ist erblich (de quo judicavit antiquitas). Sodann: nur in’s Buch eingetragne (quibus adscripta sunt), nur giltig belehnte Mannen haben Recht zu solchem Gute. Und endlich, sie heißen castellani milites. Selbst den nämlichen Ausdruck werden wir in der germanischen Zeit wieder finden, nicht nur dieselbe Sache.

Das 4te Jahrhundert sah die letzten Römersiege, das folgende den völligen Sturz der Römermacht am Rhein. Am ganzen obern Lauf des schönsten der Ströme breiteten die Alemannen sich aus. Von ihnen wissen wir im Allgemeinen, daß sie bittre Feinde allen Römerwerks waren. Doch werden wohl ihre Vornehmen auch den Vortheil eines mit Römertechnik befestigten Sitzes gewürdigt haben. Gewiß ist, daß mit dem Siege der Franken und der Zurückdrängung der Alemannen zu Ende des 5ten Jahrhunderts die Römerburgen eine neue Bedeutung gewannen.

Gleichwohl fällt erst ein halbes Jahrtausend später auf sie das Licht der Geschichte mit Bestimmtheit. Bis zum Anfang des 11ten Jahrhunderts müssen wir mit einem Schritte herab, um den uns hier beschäftigenden Burgsitz zu erspähen. Er tritt auf mit dem Namen Staufenberg.

Dieser Namen kommt oft vor bei Bergen mit und ohne Burgen, aber immer ist’s ein schlanker Kegelberg, dem er beigelegt wird. Stauf bedeutet im Altdeutschen Kelch oder Becher(13), und es wird mit Recht behauptet, von dannen sei den Bergen der Namen gekommen. Mit Recht, so unwahrscheinlich das klingen mag, wenn man sich den Kelch mit hohem Fuß oder den Becher mit flachem Boden aufrecht denkt. Denn aus der Zeit, wo des Germanen gewöhnliches Trinkgeschirr einen Fuß hatte, stammt eben der Name nicht, sondern von früher her, wo das geschmückte oder Ungeschmückte Ur- oder Ochsenhorn ohne Fuß des deutschen Zechers Geräthe (14) war. Um zu begreifen, wie er den Namen seines Trinkgeschirr’s einem Berge geben konnte, welcher durch seine kühne und doch anmuthige Form ihm gefiel, muß man sich in die Seele des derben, aber phantasiereichen und vollherzigen Naturmenschen hineindenken. Wenn er "ufhuob unde trank" bis zum Boden seines Horns, zu Wodans Ehre oder später zu Christi Minne, in beiden Perioden aufs Wohl eines Weibes oder zum puren Privatvergnügen, wenn er dann mit kräftigem Schwung seinen Stauf auf die Tafel stülpte zum Zeichen, er sei leer und neuer Füllung gewärtig, so mochte er mit gar entzückten Augen das Trinkgeräth betrachten, wie einen im Scherzgefecht geworfenen Kameraden.

Was Wunder nun, wenn das liebe, oft gesehene Bild in der Phantasie vieler Bewohner vieler Gaue haftete; was Wunder, wenn ein schöner Bergkegel, den Gottes Hand auf die Erde niedergestülpt, ihnen vorkam wie ein herrlicher ragender Becher, würdig dessen, der ihm die schöne Form gegeben; ja, was Wunder, wenn ihnen etwa z. B. die ganze Bergstraße mit ihren Porphyrkegeln erschien, als sei dort eine reichgeschmückte Tafel, auf die in langer Reihe unsterbliche Zecher ihre Staufe umgestülpt? "Wein Allvater trinkt!" es ist aus jener kräftigfühlenden Zeit ein schwungvolles, schönes, kein unziemliches Bild.

Zum Beleg dieser Ansicht müssen wir unseres Staufenbergs Wappen heranziehen, aber in seiner ältesten Form, wie es eine Urkunde von 1273 liefert und wie es unser erster Holzschnitt darstellt.

becher
Freilich hat der Becher einen Fuß, aber sein Körper hat noch die Rundkegelform, die gestülpt gedacht einem schlanken Berge gleichsieht. Zwei Goldreife schmücken ihn, er ist sehr einfacher Gestalt. Die spätre Zeit hat ihn ganz entstellt, er hat wunderliche Formen, bis zu der einer Punschschüssel durchmachen müssen und namentlich sind die Reife immer abenteuerlicher geworden, bis sie unter den Händen gedankenloser Stempelschneider zu ganz unverständlichen über der Becheröffnung freischwebenden Dingern wurden. Ja, selbst der Mittelknauf und die Stehplatte des Kelchfußes wurden in gleicher Weise mit Endhaken verziert. Diese entartete Form zeigt die zweite Figur. Sie ist einer Urkunde von 1525 entnommen.

Um die Beschreibung des Wappens gleich hier zu vervollständigen, sei erwähnt, daß der Kelch Über 3 Bergen schwebt, d. h. über dem Bilde, welches so oft wie ein Kleeblatt oder was ähnliches im Schildfuß erscheint. Die Färbung des Wappens, rother Kelch im blauen Schild, ist was letzteren betrifft, später Zeit angehörig. Ursprünglich stand der rothe Kelch gewiß in fränkischer Weise im Silberschild. Helmzier wurde in dieser spätern Zeit eine Jungfrau mit Büffelhörnern als Armen, wie sie auf oberdeutschen Helmen und wohl auch anderwärts vorkommt (15), ihr Brustgewand trägt das Bild des Kelches.

Mit dieser heraldischen Ausführung ist zwar der Geschichtserzählung vorgegriffen, gleichwohl hilft der "rothe Kelch im wahrscheinlich weißen Schilde" uns gleich wieder mitten hinein. Denn ein Frankengeschlecht ist’s, eine mächtige Dynastenfamilie dazu, welche uns auf Staufenberg zuerst begegnet.

Es sind die Kalwer, welche der Sitte der Zeit gemäß sich nach ihren Sitzen benennend diesseits des Gebirges als Grafen von Eberstein, Forchheim, Malsch, Himmelsberg, Hohenberg, Staufenberg erscheinen (16). Es war natürliche Herrscherpolitik der Frankenkönige, daß sie alemanischen Gauen Glieder militärisch bedeutsamer Frankenfamilien vorsetzten, daß sie deren Ansiedelung in dem Eroberungsland begünstigten.

Wohl zu beachten ist ferner, wie die Sprengel der drei Bisthümer am Rheine, Straßburg, Speier und Worms, über den Strom herüber ausgedehnt wurden, gleichsam als Brückenköpfe fränkischen Einflusses. In merkwürdiger Weise zeigt sich die Bundesgenossenschaft der fränkischen Kirche mit der königlichen Politik in der Mortenau, diesem zwischen Alemanien und Frankenland in späte Jahrhunderte hinein streitigen Gau, welcher dem Bisthum Straßburg zugetheilt war(17).

Vier große Abteien lagen darin, deren 3 erweislich von jenseits des Rheines aus angelegt wurden, zwei von Bischof Heddo von Straßburg, dem genauen Freunde Pirmins. Dies wirft ein sehr verdeutlichendes Schlaglicht auf diese Klöster, denn Pirmin, der wandernde Bischof, ist der rührigste Emissär für fränkisch-päpstliches Kirchenthum; seine Hauptstiftung Reichenau ist geradezu ein Kriegsposten wider das alemanische Bisthum Konstanz, und das alemanische Hauptkloster St. Gallen. Kein Wunder, daß Schwarzach und Gengenbach sich den Pirmin als Stifter vindiciren (18), in seinem Geiste wurden sie sicherlich gegründet.

Unter den weltlichen Werkzeugen dieser Eroberungspolitik war nun für die Mortenau und die angränzenden Gaue Hauptkämpfer jene vielnamige Grafenfamilie, welche den Wirmgau, Ufgau, Zabernach- und Murrachgau beherrschte und deren Alode reichlich zwischen dem Rhein und dem Neckar in noch andern Grafensprengeln sich fanden.

Höchstwahrscheinlich ist auch die Grafschaft der Mortenau in ihren Händen gewesen. Wie fast jedes größere Dynastengeschlecht hatten die Kalwer ihr Familienkloster, es ist das berühmte Hirschau. Unter den Schenkgebern an diese Abtei stehen die zwei Namen eingetragen: Burkhart, Graf von Staufenberg, und sein Bruder Bertholt. Jener schenkte dem Kloster 4 Huben zu Niefern; Bertholt aber war weit freigebiger, Hirschau erhielt von ihm 11 Huben nur allein in der Mortenau, einen Theil der Kirchen zu Achern und Steinbach und all seine Rebgüter am letztgenannten Ort(19). Zur selben Zeit, wo diese Schenkung geschah, ist (1016, 1024, 1026 bis 1057) als Gaugraf der Mortenan ein Bertholt verzeichnet. Es scheint viel einleuchtender, den Kalwer Bertholt für diesen Gaugrafen anzunehmen, als Bertholt den Ersten von Zäringen, wie man wohl gethan hat.

Für uns hier ist dieses von geringer Bedeutung; gewiß bleibt, daß kaum ein Jahrhundert später an Aloden und Lehen die Zäringer das mächtigste Geschlecht in der Mortenau waren; daß Staufenberg und damit wohl auch die mortenauische Grafschaft, von den Kalwern in ihre Hände übergegangen. Als aber mit Bertholt der letzte Zäringer ins Grab stieg, kam Staufenberg mit dem einen Theile seines Erbes an die Grafen von Urach-Freiburg und 1386 aus ·den Händen der geldbedürftigen Freiburger an die Markgrafen von Baden.

All diese lehensherrlichen Häuser hielten das Schloß Staufenberg durch eine Militärcolonie besetzt, deren eigenthümliche Rechts- und Wirthschaftsverhältnisse uns den besten Theil unseres Bildes liefern sollen. Schon aus der Kalwer Zeit wissen wir von einem Ministerialengeschlecht auf Staufenberg. Ein Bertholt, welcher von da den Namen führt, erscheint als Zeuge bei einer auftragsweisen Schenkung an die kalwische Familienstiftung Hirschau(20). Ludebert von Staufenberg gab, dem Beispiel seiner Gebieter folgend, an Hirschau Güter zu Mötzingen im Oberamt Herrenberg, sein gleichnamiger Sohn aber eine Hube zu Elisweiler bei Oberkirch; ein Grimo von Staufenberg ist in Erblehensverhältnissen zu Gengenbach(21). Die Ministerialen siedelten mit ihren Herren ans Franken herüber, ja es wird sich herausstellen, daß dies fast mit allen uns hier zu Gesicht kommenden Geschlechtern der Fall war.

Für die ganze Zäringer Periode haben wir nur einmal Nachricht über diese Dienstmannen. Auf dem Tage zu Offenburg 1148, wo an das aus seinem Brandschutt neu erstehende Kloster, St. Peter vor drei Mortenauer Aebten und vielen Adeligen reiche Vergabungen geschahen, sehen wir unter den Zeugen "vom Hause des Herzogs" die Brüder Adalbert und Konrad, ferner Burkhard von Staufenberg(22). Zu jener Zeit war also die Mortenauer Gaugrafschaft in den Händen der Zäringer, um ihr Familienstift, eben St. Peter, handelt es sich jetzt; sie halten das Gauding an der uralten Malstatt bei Kinzdorf, wo damals bereits ihr Schloß "Offinbure" sich erhob.

Reichlicher fließen unsere Quellen seit der zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts. Erst jetzt fangen die Namen dieses niedern Adels an körperlich greifbar zu werden. Zuvor aber haben wir einer zäringisch-kalw’schen Stiftung zu erwähnen, welche vom Tag ihrer Gründung an auf das ganze Renchthal und die Gegend weit drüber hinaus, zumal auch auf den Besitzstand der Adelsfamilien, tiefen Einfluß übte. Im Jahre 1196 nämlich gründete des alten Herzog Welf Wittwe, Uta, nach ihrem Sitze von Schauenburg genannt, das Kloster Allerheiligen.

Die Canonici vom Orden Norberts von Prémontré haben in sehr anerkennenswerther Weise von ihrem rauhen Schwarzwaldtobel aus die Umgegend kultivirt; ihre Landbestellung war ein Muster für den kleinen und großen Landmann, ihr Kloster überdies eine tüchtige Schule für Professionisten und auch die Wissenschaft fand ihre Pflege drin. Aber dem Grundbesitze des Adels war das Umsichgreifen eines solchen gut wirthschaftenden klösterlichen Gemeinwesens entschieden verderblich. Steckte er ja fast stets in Geldnoth, was ihn immer wieder antrieb, aus des Klosters gefülltem Beutel sich Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zu holen durch Angebot einer größern oder kleinern Güterparcelle, einer Gült oder dergleichen

Und wo immer das Kloster seine Finger in ein größeres ihm wohlgelegenes Gutsganzes eingeschlagen, da ließ es nicht nach, bis dasselbe ganz in seiner Hand war. Meistens gelang dies, denn Generation nach Generation ging beim Kloster die Wirthschaft mit Consequenz voran, während bei adligen Familien es höchst selten ist, wenn Vater und Sohn gut hausen.

Schon sehr früh mußten die Erben des Zäringer Hauses vertragsmäßig festsetzen, daß fürder an’s Kloster Allerheiligen von der Grafschaft Freiburg nichts mehr veräußert werden dürfe. Aber was half’s? Gar bald bewogen die eigene Geldnoth und die moralischen Zwangsmittel des Klosters zur Aufhebung dieses Verbots. Es ist kein Adelsgeschlecht von einiger Bedeutung in der Umgegend von Allerheiligen, von dem das Kloster nicht schon sehr früh einen oder den andern schönen Hof erworben hätte, so namentlich durch Kauf: den Widergrüner Hof zu Oberkirch, den Hof der Röder zu Oensbach und den der Neuenstein zu Sasbach.

Die Geldbereitschaft der Klöster wirkte in jener Zeit der Naturalwirthschaft mit derselben Ausgiebigkeit, wie jetzt die großen Actiencapitalien (Crédit mobilier etc.) Was diese an Weite des Operationsfelds, an Promptheit der Verbindungen, an Technik des Geschäftsbetriebs und vielleicht an Scrupellosigkeit voraus haben, das ersetzten bei den Klöstern reichlich ihre Masse, ihre Privilegien, vor Allem die Macht, womit sie als kirchliche Anstalten auf die· Gemüther wirkten.

Jede Frage, die ein Rechtsverhältniß eines Klosters betraf, kam vor geistliches Gericht, und jeder Rechtsanspruch wurde mit geistlichen Waffen neben den andern durchgefochten. Erklärten sich ja 1411 drei Straßburger Rathsdeputirte für incompetent, einen Streit zwischen dem Propst von Allerheiligen und Burkhard Hummel von Staufenberg über Zehentpflieht von Staufenberger Leibeigenen zu entscheiden, weil die Sache vor geistliches Gericht gehöre. Und 1354 erließ der geistliche Richter zu Straßburg an die Priester zu Leutkirch nnd Oberkirch folgenden Befehl: Andreas von Staufenberg, genannt von Drusenheim, sei seit Jahresfrist excommunicirt, weil er sich nicht zu Recht gestellt, und nunmehr der neun Juchert Feldes, welche er der Nußbacher Kirche entfremdet, zu Gunsten des Klosters Allerheiligen für entsetzt zu erklären. Es sollen überdies alle Bebauer der fraglichen Felder, und Andreas selber, wenn er sich nicht füge, mit Bann und Interdict bedroht und die weltlichen Behörden ringsum zum Vollzug aufgefordert werden.

Wir werden den Fangarmen des Klosters Allerheiligen begegnen, wie sie den Zehnten der ganzen Herrschaft Staufenberg, Hof um Hof, Gült um Gült, wie sie sogar den Stammsitz der Widergrüne erhaschen. Dazu machten die älteren mortenauischen Abteien Gengenbach, Ettenheimmünster, Schuttern, ja selbst Schwarzach eifrige Concurrenz.

Die Geldwirthschaft, welche zu Ende des 15ten Jahrhunderts durchdrang, hat den Klöstern ihr Bankprivileg entwunden, hat ihre Güter und Rechte auch in den Wirbel der Speculation gezogen, hat die Macht der todten Hand entschieden gebrochen. Aber dem Adel ward dadurch nicht geholfen, im Gegentheil, sein Grundbesitz entschwand ihm nur um so rascher unter den Füßen.

Das aber waren noch goldene Zeiten für die Dienstmannengeschlechter, die Jahre, in denen wir Unsere Staufenberger wieder aufnehmen. Kein Wunder, daß sie so fröhlich sangen in jenem 13ten Jahrhundert, wie Hartmann, der Dienstmann von Owe, der von Kürenberg, der von Herbolzheim und hundert andere, deren Lieder nicht aufgeschrieben sind. Freilich weiß einer aus ihnen selber vom damaligen Rechtszustand, eben im Hinblick auf das unbedenkliche Zugreifen des Adels und der Kirche, nicht viel zu rühmen:

"Tiuschiu lant sint roubes vol,
gerihte, voget, münze, zol,
diu wurdent e durch got erdaht,
nu sint si gar ze roube braht."

Für sie allein war’s goldene Zeit, für die große Zunft des Waffenhandwerks. Die alten freien Herren haben’s schwer gefühlt: sie wurden von den Dienstmannen geradezu aufgezehrt.

Als Burgleute auf Staufenberg haben wir zunächst sieben Familien aufzuzählen. Eine derselben führt keinen unterscheidenden Beinamen, sie nennt sich schlechtweg von Staufenberg, und ihr herrschender Vorname ist Reinbold. Begütert war sie zu Appenweier, Urloffen, Tenniger (wie es scheint, waren diese Besitzungen lauter Lehen).

Die Schideline hatten ihre Güter zu Windschläg. Albert ist ihr Lieblingsname, wohl eine Reminiscenz aus der Zeit der kalw’schen Lehensherrlichkeit. Ob diese Familie besondere Geseße in der Umgegend von Staufenberg hatte, ist nicht zu bestimmen; gewiß aber gehörte ihr "eine Hofstatt innerhalb der Mauer zu Staufenberg", welche hernach die Straubenhard besaßen, ohne darum Theilgenossen am Schlosse zu sein. Es ist daher wahrscheinlich, daß dieselbe vom eigentlichen Burgantheil verschieden war, ursprünglich an der Burghalde außer der Mauer lag, wie deren von Bulach Haus, der Grol, und erst später beim Bau des Zwingers in die Befestigung gezogen wurde.

Anders verhält es sich mit den übrigen sechs Familien. Je zwei derselben haben zusammen außer ihren Burgtheilen auf Staufenberg einen andern festen Burgsitz innerhalb des Schloßgebiets.

Die Stoll kommen, wo sie zuerst erscheinen(23), in enger Verbindung mit den Tarand vor, beide Familien entäußern sich ihrer Güter zu Muckenschopf (an Schwarzach), im Acherthal und zu Sasbach (an Allerheiligen). Wir haben also abermals Gelegenheit, den Zug der Ministerialen von Franken ins Eroberungsland zu bemerken und auch, wie alle Güter, die der Adel losließ, in die stets geöffnete Hand der Kirche fielen.

Den Sitz, welchen die Stoll im Burgfrieden von Staufenberg bezogen, kennen wir schon. Er heißt nach ihnen Stollenberg und ist jenes "versunkene Schloß" auf der dominirenden Höhe des Stollenwaldes, das wir oben so entschieden der Römerzeit zuschrieben. Die Tarand theilten sich mit ihnen in die alte Feste. Raum hatte sie wahrlich genug für ein Dutzend Dienstmannen mit Weib, Kind und allem Zubehör.

Warum die Kalwer nicht dies obere Schloß mit seinen starken Wällen statt des Vorthurms auf dem Staufenberg erwählten, um daraus ihren Sitz zu schaffen? Wir wissen es nicht, doch hatten wohl die Alemannen den Thurm auf dem Stollenberg niedergeworfen, es aber bei dem untern nicht vermocht, oder war ihnen dieser weniger bedenklich erschienen, oder aber (und dies ist das wahrscheinlichste) der veränderte Kriegszweck ließ Staufenberg den Vorzug geben. Handelte es sich doch jetzt nimmer um Verteidigung einer weiten Gränze durch Deckung von Thalmünden, Flussübergängen und dergleichen, mit einer besondern Kette fester Signalposten, sondern lediglich um Festhaltung eines kleinen Gebietes, wie sie allmälig überall die alten Gaue durchfraßen. Dazu war denn Staufenberg weit geeigneter, als die hochgelegene Römerburg.

Beide haben ihre Rollen getauscht: den Römern war Staufenberg nur Nebenburg und Sitz eines miles castellanus; im Mittelalter aber wurde das wieder nothdürftig hergerichtete Stollenberg zum festen Wohnhaus zweier Familien, deren kampffähige Glieder "milites castri Stoufenberg" waren.

Was für die Stoll und Tarand der Stollenberg, das war für zwei andere Familien ein zweites Schloß innerhalb der "Herrschaft Staufenberg", für die Kolb(24) und Bock(25) nämlich der Kolbenstein oder das Schloß Bottenowe. Wir wissen aus späteren Lehenurkunden, daß die Kolb im Lehenbesitz des Schlosses Tiefenau bei Sinzheim gewesen, und daß ihnen darin die Röder gefolgt. Also abermals ein Fortschieben dieses Soldatengeschlechts landaufwärts. Die Bock kamen über den Rhein herüber, aus dem Elsaß und namentlich aus Straßburg, wo sie eins der ersten Rittergeschlechter waren.

Das schöne Bottenauer Thal, welches sich von der Höhe des Stollenberges hinabzieht gen Oberkirch in das Thal der Rench, war nach den Urkunden lehens- und erblehensweise zum großen Theil in den Händen der Kolb, sie heißen deswegen auch "von Bottenowe". Auch saßen sie früh schon als Burgmannen auf Fürsteneck, welches sich an der Münde des Bottenauer in das Renchthal so stolz erhebt.

Fürsteneck stand noch Jahrhunderte lang, nachdem Kolbenstein nur als "Burgstadel zu Bottenau" verliehen wurde. Wir werden hören, wann und wie letzteres, wahrscheinlich mit Stollenberg zugleich, seinen Untergang fand. Kolbenstein war gewiß ein festes Haus(26) im Thale mit einem nassen Graben, geeignet, den Paß zu sperren, vielleicht ein "Weierhaus", wie Widergrün auch, zu welchem wir jetzt übergehen.

Es rinnt aus einer Gebirgsfalte, die sich vom Rheinthal aus zum Stollenberg hinanzieht, der Hühnlemattenbach. Ein freundliches grünes Thälchen ist's, man wandert es gern hinauf. Ziemlich hoch oben steht eine Gruppe Häuser, aus denen gleich der erste Blick eines als etwas sehr Besonderes ausscheidet. Es ist "der Widergrüner Hof" mitten in den feuchten Wiesen des dort ziemlich breiten Thalgrundes, auf einem kleinen Bühl ein massives viereckiges Steinhaus.

Der Bau ist neu, das Kloster Allerheiligen hat laut Wappen und Jahrzahl am Hause und laut Inhalt der Urkunden dasselbe erbaut, aber wohlgemerkt, auf den alten Grundmauern, wie sie nach der Zerstörung im 30jährigen Krieg stehen geblieben. Denn hier saßen schon im 13ten Jahrhunderte die übrigen zwei Burgmannsfamilien, die Widergrün und die schlechtweg von Staufenberg genannte, und theilten sich wie in das Lehen des Schlößchens, so in das des Forstherrntums im Hartwald(27).

Zu jedem dieser Nebenburgsitze gehörte ein eignes kleines Gebiet: zum Stollenberg der Stollenwald und das Rebgelände unten dran gen Süden, zum Kolbenstein die schöne Bottenau, zu Widergrün der Thalgrund rings herum.

Und wie diese Geschlechter nur als Bestandtheile der Besatzung von Staufenberg diese Sitze inne hatten, so quollen auch die meisten ihrer sonstigen Berechtigungen und Einkünfte nur aus dieser Eigenschaft. Später finden wir auch noch andere Familien mit Burgantheil droben im Centralschloß begabt, aber merkwürdig: nur die führen das Staufenberger Wappen, welche im Burgwidem sitzen. Die andern (Pfau, Röder, Ow, wahrscheinlich auch die Geier) behalten ihr Stammwappen, d. h. das Wappen ihres anderweiten Sitzes bei.

Es ist also klar, der Staufenberger Kelch, die Hausmarke des Schlosses, erstreckt sich aufs ganze Gebiet desselben. Das Gemeindegericht hat den Kelch im Siegel(28). (Durbach hat kein eigen Dorfzeichen), die Stoll und Tarand von Stollenberg, die Kolb und Bock von Kolbenstein, endlich die Widergrün führen denselben, obgleich von den Bock es ganz gewiß ist, dass die andern Zweige ihres Geschlechts ein eignes Stammwappen besaßen: den weißen Bock im rothen Feld.

Es liegt mehr in diesem Umstand, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn die straffe Zusammengehörigkeit dieses kleinen Militärgemeinwesens weiset aus der Zeit, wo Zersplitterung der Güter und Rechte Regel war, in entlegne Jahrhunderte zurück, wo das castellum sein eigen "Territorium" hatte, und wo nur der Burgsoldat ein Recht besaß, einen Theil solchen Territoriums inne zu haben.

Die Platte, auf welcher die Gebäude von Staufenberg stehen, mißt kaum mehr als 650 Fuss im Umfang, ein kleiner Raum für soviel Insassen. Und doch hatte jegliche der genannten Familien mindestens ein gesondertes Haus auf der Burg. Gleich rechts vom Thor wohnten die Widergrün, dann folgten die Kolb und die Bock, den Hintergrund des Hofes füllte das Haus derer von Staufenberg, dann war ein kleiner schmaler Raum, in welchem die Altarblende der Schloßcapelle aussprang, darauf folgte das Capellchen selber, dann der Stoll Wohnhaus oder Wohnhäuser und endlich wieder am Thor die Hofstatt, welche eine Zeitlang die von Ow besassen und wahrscheinlich auch die andern zeitweise auf Staufenberg ohne eigentliches Gemeinschaftsrecht vorkommenden Familien.

In zehen Theile sei Staufenberg getheilt, erzählen Urkunden des 15ten Jahrhunderts, zehen Häuser sollten also den kleinen Schloßhof umgeben. Alle lehnten sich mit ihrer Rückseite an die Ringmauer. Die Verteidigung und Erhaltung dieser Mauer lag jedem Theilinhaber auf die Länge seines Besitzthums ob.

Und nicht nur saßen in manchem dieser Theile zwei bis drei großjährige Herren derselben Familie, es wurden die Theile sogar stückweise verliehen, so daß einmal der zu Beleihende einen Thurm, eine Küche und einen Stall bekam.

Das Kennzeichen des echten Burgtheils war, daß mit ihm stets Antheil am Gericht, also Hoheitsrecht, verliehen wurde. Nur ein solcher Theil machte zum "Gemeiner" in voller Bedeutung des Wortes, d. h. gab Anwartschaft auf die etwa heimfallenden Burgstücke der übrigen Genossen. Es ist nach den Urkunden auch außer Zweifel, daß, so lange die ursprünglich im Burggebiet sitzenden Familien die Burgbesatzuug stellen, "der Mannschaft ein Genüge thun" konnten, der Lehensherr keinen Andern in ihre bevorrechteten Theile einschieben durfte.

Im Jahre 1398 behaupten und beschwören alle Staufenberger als altes Herkommen: "Kein Theil der Burg könne verfallen, noch ledig werden, alldieweil Einer von Staufenberg lebe, der von ihrem Wappen sei und Gemeinschaft mit ihnen habe." Und als dies Herkommen beschworen war, erkannte das Gericht an: ja, der Markgraf dürfe nur an einen der "Gemeiner" den damals erledigten Burgtheil verleihen, vorausgesetzt, daß ihm "an seiner Mannschaft kein Abbruch geschehe". Dass heißt doch: nur müsse die Besatzung vollzälig bleiben.

Trotz ihrer engen Verbindung und ihrem Erbrecht an einander, waren diese einzelnen Theile doch sehr scharf von einander getrennt. Es konnten an die nämliche, mit echter Gemeinschaft ausgestattete Familie zwei Burgtheile verliehen sein und gleichwohl besaß, wenn der Zweig ausstarb, welcher in einem dieser Theile saß, der andre Zweig keinerlei Vorrecht vor den übrigen mit Gemeinschaft begabten Burggenossen. Der Lehensherr hatte ganz freies Feld, welchem der "Staufenberger Gemeiner" er den erledigten Theil verleihen wollte.

Unter sich hatten jedoch die Mitglieder eines solchen theilbeliehenen Zweiges Gemeinschaft und somit eventuelles Lehnfolgerecht, so daß hier die Vettern eines verstorbenen Stoll oder Kolb allerdings mit seinem Theile belehnt werden mußten. Die Stoll und Kolb des andern Burgtheils aber konnten solchen Anspruch nicht erheben, sondern mußten sich’s gefallen lassen, wenn ein Bock oder Widergrün an des ausgestorbenen Zweiges Stelle trat(29).

Dieser vollberechtigten Burgtheile waren es acht; der nicht mit Gericht, d. h. nicht mit Hoheitsrecht in der Herrschaft begabten aber zwei. Der letztern Verleihung stand dem Lehensherrn ganz frei. An die vollberechtigten wie an die Freitheile war eine Reihe von Rechten nnd Bezügen geknüpft, welche entweder zur baulichen Erhaltung des Burgsitzes oder zur Besoldung des Dienstmanns dienten.

Die ganze Nordseite und früher wohl auch der Südabhang des über Hilsbach und Durbachweiler jäh abfallenden Berges gleich links am Eingang des Durbachthals, war und ist theilweise noch von einem Eichwalde bedeckt, der Staufenberger Hart genannt. Der Weinbau hat sich ihm scharf in die Flanke gesetzt und ihn um ein gut Theil seines frühern Umfangs geschmälert. Zur Zeit, da noch edleres Gethier drin hauste als Hasen und Füchse, umfaßte der Forst auch das jetzt so offene freundliche Thälchen, worin Widergrün liegt. Darum war denn auch an dieses Weiher- oder Wasserschloß das Lehen des Forstherrntums in dem stattlichen Walde geknüpft, und darum finden wir als Forstherrn ursprünglich die beiden Familien, welche Widergrün im gemeinsamen Lehenbesitze hatten; eben diejenige, welche sich nach dem Schlößchen, und diejenige, welche sich ohne weitern Zusatz "von Staufenberg" nannte.

Als letztere erlosch, befanden sich die Widergrün allein im Genuß dieses einträglichen Lehens und zwar, wohl gemerkt, alle Widergrün in Gemeinschaft, ohne Rücksicht auf ihre Antheile an Staufenberg. Waldgenossen aber waren die Gemeinden Appenweier, Nußbach, Erlach, Zusenhofen, Nesselried und die Gemeiner von Staufenberg.

Jeder einzelne Burgtheil hatte das Recht, das zu seinem Bau und sonst erforderliche Holz im Hartwald zu hauen. Dies Recht war ziemlich dehnbar, denn nur wenn die Staufenberger den Wald "unliedelichen beschädigen", dürfen die andern Waldgenossen die Sache an die Forstherrn bringen. Und selbst dann soll sie nicht beim Waldding an der Eiche zu Nußbach gerügt und abgeurtheilt werden, wie die Frevel anderer Waldgenossen, sondern von den Forstherren.

Der Hartwald gehörte "zur Burg Staufenberg". Nur für den Bedarf ihrer Häuser auf diesem Schlosse durften die Burgmänner Holz darin holen, nicht für ihre andern Wohnsitze. Die Forstherren allein hatten freie Befugniß, "ihre ganze Nothdurft" aus dem Walde zu beziehen, auch für Widergrün, das noch in dessen Bereich lag; hinwegführen durften aber auch sie aus dem Forstbezirke Nichts.

Ausser dieser Waldnutzung war nun jeder Burgtheil mit allerlei Lehen, Güternutzungsrechten, Gülten, Bodenzinsen, Zehntantheilen und dergleichen ausgestattet, deren Gesammtertrag eben der Gehalt des Burgmanns war. Diese Lehen vererbten sich und fielen heim, wie der Burgtheil, zu dessen Dotation sie bestimmt waren. Wie vor dem 15ten Jahrhundert fast alle Rechte dinglich, fast alle Gehalte und Bezüge Naturalbezüge waren, so wurde auch bei unserer Militärcolonie der Sold in natura gegeben, auf Liegenschaften angewiesen und war an des Soldaten Casernenantheil geknüpft.

Es ist sehr schwer, den Betrag dieses Soldes herauszurechnen, doch wird nicht viel an der Wahrheit fehlen, wenn man ihn etwa auf 60 Gulden heutigen Geldes annimmt(30).

Zu diesem Burgsitz und Burgsold hatte aber jede der Dienstmannsfamilien noch Lehen aus der Hand des Schloßlehensherrn und Alode in und außer der Herrschaft. Und zwar wurde das eine Lehen oder Alod in Gemeinschaft von der ganzen Familie, das andre einzeln und getheilt besessen.

Und wie man auch heute wohl einem Beamten erlaubt, einen Nebendienst anzunehmen, damit er besser stehe, so trug jede der Staufenberger Burgfamilien Güter und Rechte von andern Lehensherrn, namentlich viele ebersteinische Lehen im Bereich der Herrschaft und landabwärts, geroldsekische, stiftstraßburgische, gengenbachische und österreichische Lehen. Dieselben waren fast lauter Weiberlehen (d. h. sie giengen auf die Töchter über), namentlich waren es alle ebersteinischen. Sie erscheinen oft als sehr einträglich, wie denn allein der eine Zweig der kolbischen Familie zu Anfang des 15ten Jahrhunderts aus ebersteinischen Lehen 70 Gulden heutigen Geldes und über 50 Viertel verschiedener Früchte zog.

Abgerundeter Besitzstand war diesen Zeiten fremd. Auch an der Burg unbetheiligte Familien besaßen beträchtliche Güter in der Herrschaft Staufenberg. Namentlich gehörte das Haus "Grol" unten am Burgberge den Zorn von Bulach, einem der vielen Zweige der mächtigen Patricierfamilie zu Straßburg. Als Besitzer dieses Hauses erhoben sie Anspruch auf Mitnutzung des Hartwaldes. Sie drangen damit nicht durch, denn der Forst "gehöre zur Burg Staufenberg".

Wir wissen nun, aus welchen Quellen unsere Mannen ihren Lebensunterhalt zogen, welche Interessen sie unter sich, den Lehensherren und den in der Herrschaft sitzendeu andern Familien gegenüber, bewegen mußten. Es gilt jetzt zu sehen, wie das Leben in der Burg sich gestaltete, wenn noch andre Hebel mitwirkten: politische Ereignisse, gesellschaftliche Umwälzungen, der wechselnde Geist der Zeit.

Das Ende des 13ten Jahrhunderts sah auch das Ende von zweien der ältern staufenbergischen Familien. Die Schidelin verschwinden und ebenso die Tarand, welche seither mit den Stoll auf dem alten Schloße Stollenberg gesessen.

Es scheint, daß die übriggebliebenen Familien die Burgbesatzung, wie sie der Lehensherr forderte, nicht mehr zur vollen Stärke stellen konnten, denn eine neue Familie, Hummel, tritt in die Reihe der vollberechtigten Burgtheilinhaber ein. Auch sie kommen aus dem echten Frankenland; ein Zweig ihres Geschlechts hauste in Burgmannseigenschaft auf dem Bergschloß Lichtenberg in den Vogesen.

Neben ihnen bringt uns das neue Jahrhundert noch zwei neue Namen, doch jedesmal nur für eine Generation, als Burglehnträger auf Staufenberg, die Brun und die Ow. Heinrich Brun und Albrecht von Ow hatten wohl nur je einen der erwähnten Freitheile in Besitz. Darum führte Albrecht auch keineswegs den Staufenberger Kelch im Wappen, sondern seines eigenen Stammes Schild: quergetheilt, den schreitenden Löwen im obern Halbtheil. Dieser Albrecht hat viel Bitteres über unser Schloß gebracht, viel Bitteres dort erlebt; denn schwere Zeiten kamen damals für die Burgmannen von Staufenberg.

Vom Schloßbalkone herab siehst du inmitten der blühenden Ebene am hellblinkenden Rhein Straßburg mit seinem hochragenden Dom: die Königin des Landes umher, den Sitz eines mächtigen Bischofs, einer rührigen, tapfern, politisch fähigen Bürgerschaft. Wie bewußt ist die letztere ihrer Rolle im Weltgetrieb, wie entschlossen und tactvoll handelt sie in diesen stürmischen, wechselnden Zeiten!

Keine ihrer Genossinnen am Rhein, und auch anderwärts, hat so consequent und tüchtig ihre bürgerliche Freiheit und ihre Reichspflicht zugleich im Auge behalten bis dahin, wo das Reich sie rath- und hilflos auf dem verlorenen Posten ließ. Wie blitzschnell straßburgische Waffen dem straßburgischen Fehdebeschluß folgten, davon konnte fast jedes Adelsgeschlecht im obern Rheinthal erzählen, fast jede Stadt und gewiß jeder Fürst; aber auch wie treu sie zu ihren Bundesgenossen standen und mit wie tüchtiger politischer Erkenntniß sie auch dem letzten ihrer Eingebürgerten den schuldigen Schutz gewährten.

Unsere Staufenberger haben das Alles an sich selbst erfahren. Schon damals, in der glorreichen Schlacht bei Hausbergen, wo die Straßburger sich der Faust ihres Bischofs entrangen, waren drei Stoll von Staufenberg mit dem geistlichen Fürsten geritten. Als der Abend des blutigen Tages kam und des Bischofs Geschwader in wilder Flucht gen Waßlenheim jagten, während die Bürger triumphirend 60 Edle und viel flatternde Fähnlein heimführten in ihre jubelnde Stadt, da lagen die drei Brüder todt auf der Walstatt.

Späterhin hatten’s die Staufenberger gar nicht mehr nöthig, über den Rhein zu reiten, um zu erproben, wie schneidig das Straßburger Schwert traf.

Je unvollkommener die Verkehrsmittel zu Land, und je weniger genügend die öffentliche Sicherheit, um so mehr Vortheile bietet der Transport auf einem wasserreichen Strom. Darum war der Rhein die besuchteste aller Handelsstraßen, zumal so lang die oberrheinischen Städte den Levantehandel vermittelten. Je belebter aber die Strasse, um so einträglicher der Zoll; wie natürlich, daß, wer nur irgend die Macht und vielleicht ein Titelchen von Recht dazu besaß, sich einen Zoll am schifferreichen Strom beizulegen suchte.

Ein abscheuliches, ein wahres Räuberrecht galt überdies dem Rhein entlang, das Grundruhrrecht. Welches Schiff festfuhr, "den Grund rührte", dessen Inhalt verfiel dem Herrn, wo dies geschah, und mußte von ihm gelöst werden.

Tüchtige Kaiser sahen wohl, welchen Eintrag solche Plackereien dem Aufschwung ihrer besten Stützen, der Städte, thaten. Bedrängniß und Familienrücksichten brachten aber stetes Schwanken in die kaiserliche Politik, so, daß sie mit der einen Hand Zölle verlieh und mit der andern Freiheiten von eben diesen Zöllen austheilte. Den Parteien blieb’s anheimgestellt, wie sie damit zurechtkamen. Nicht anders setzte man sich damals auseinander, als mit den Waffen, und Waffe war ebensogut wie das Schwert, auch die Brandfackel und der Raub.

Solch eine blutige Debatte über Rheinschifffahrtsrecht wurde in den drei ersten Jahrzehnten des 14ten Jahrhunderts zwischen den Markgrafen Rudolf und Friedrich von Baden und den Bürgern der Stadt Straßburg gepflogen.

Es war die rechte Zeit zu solchem Hader. Das ganze Reich lag in Parteiung. In Deutschland und Italien scholl der Waffenlärm des Thronstreits zwischen Ludwig dem Baiern und Friedrich dem Schönen von Oesterreich. Die österreichische Partei hatte alles Interesse, den Rheinzank beizulegen, denn anfänglich waren sowohl der Bischof von Straßburg, als die Markgrafen ihr zugethan. Jener aber stand mit dem Grafen von Leiningen und dem Elsäßer Landvogt Ulrich als Bundesgenoß bei den Straßburgern und somit als Feind den Markgrafen gegenüber. Zweimal gelang’s, die Streitenden zum Vertrag zu bringen, zweimal brach der Krieg wieder los.

Der Markgraf brannte und Plünderte Wilstett. "Der von Rietpur" schädigte in seinem Dienst die Straßburger, wie er konnte. Diese aber, im Bund mit den Offenburger Bürgern, zogen vor Staufenberg, fingen etliche von "des Markgrafen Dienern", hausten übel mit Bäumen und Reben und beschädigten namentlich den Burgantheil der Frau Margarethe von Elsaß, der Mutter der damals minderjährigen Brüder Johann und Dietrich Hummel von Staufenberg. Im Jahre 1318 wurde endlich Friede der Kleinen, damit der Krieg der Großen desto ungehinderter vor sich gehen könne.

Ein Jahrzehnt später und die Straßburger Fahnen wehten wieder vor Staufenberg, diesmal zu seinem gründlichen Verderben. Die Parteigruppirung war wie im vorigen Krieg, nur stehen die Offenburger auf des Markgrafen Seite, aufgemahnt von dessen Landvogt zu Ortenberg. Und der Anlaß, vielleicht nur der Vorwand, zum Kriege ward auf Staufenberg selbst gegeben, dessen Insassen, das Schlimmste von Allem, uneins bis zur Fehde waren unter sich selber.

Albrecht von Ow war Theilgenosse auf Staufenberg. Wir haben gesehen, daß er einen nicht vollberechtigten Antheil hatte. Dieser bestand in einer Hofstatt zwischen dem Thor und der Stollen Hofstatt, also gleich links am Eingang. Nichts ist im Lehenbrief erwähnt von Rechten am Wald oder Gericht, nur Güter werden genannt zu Weißenbach, Ufholz, zur Eiche, zu Ebersweier und Bechtenbach.

Ueber Albrechts Rechte gab es Streit. Reinbolt von Staufenberg verdrängte ihn aus seinem Burgantheil, allem Anschein nach gegen das Herkommen des Schlosses. Denn auf Albrechts Seite waren die meisten der echten Burggenossen, die Widergrün, die Bock, die Kolb, auch Heinrich Brun, der Inhaber des zweiten nicht vollberechtigten Burgtheils.

Albrecht war Dienstmann des Bischofs von Straßburg und des Bischofs Verbündete waren die Bürger von da. Diese mächtigen Alliirten traten für den beschädigten Edelknecht ein. Albrecht wird eben als Vorwand gedient haben zum Krieg aus andern Gründen. Für Reinbolt oder besser: gegen Bischof und Stadt schlugen sich die Markgrafen von Baden, der Graf von Wirtemberg und die Bürger von Offenburg.

Mit der Raschheit, welche alle Thaten der Straßburger kennzeichnet, zogen Bischof und Stadt vor das Schloß Staufenberg. Es wurde genommen und "gänzlich zerstört"(31).

Wahrscheinlich haben sich erst nach diesem Schlage, so viele der Burggenossen auf Albrechts Seite gewendet, um wieder gut Wetter zu erhalten. Ihre Nebensitze waren auch unter der Faust des mächtigen Feindes gefallen. Stollenberg erscheint gar nicht mehr seit dieser Zeit; ein halbes Jahrtausend also liegt sein Trümmerhaufe schon waldüberwuchert. Und Kolbenstein ist fürder nur "der Burgstall in Bottenau", bis es verschwindet.

Es schug den Staufenbergern zum Glücke aus, daß die österreichischen Herzoge gerade jetzt neue Anstrengungen gegen Kaiser Ludwig machten, der dazumal in Italien sich herumstritt. Herzog Otto war in Person am Rhein, hielt zu Herrheim mit dem händelfrohen König Johann von Böhmen eine Besprechung und strebte eifrig, den Bischof von Straßburg, seinen Bundesgenossen, mit dem Markgrafen zu versöhnen. Dies gelang ihm auf einem Tage zu Lichtenau; er gab zum Wiederaufbau von Staufenberg das nöthige Geld her. Da ruhte der Krieg und auch die Markgrafen von Baden und der Graf von Wirtemberg ließen sich zum Hilfsversprechen wider den Baiern herbei.

In Bischof Bertholds Bundesvertrag (vom 8ten August 1329) ist auch der Abt Konrad von Murbach aufgenommen. Der war ein Widergrün von Staufenberg und scheint ein streitseliger Herr gewesen zu sein. So zog er in eigner Person vor Schloß Angrätt und zerstörte es und lag mit der Stadt Gebweiler in langem bitterem Hader über Forstnuzung.

Albrecht von Ow scheint nach seiner Sühnurkunde mit den Markgrafen von Baden und der Stadt Offenburg (vom 12ten August 1329) zufriedengestellt worden zu sein. Er war derer von Offenburg Gefangener gewesen und verheißt, sich dafür nicht zu rächen, und zwar "von der Burge zu Stauffenberg aus". Er hatte also seinen Sitz dort wieder zugeschieden erhalten. Alle die obengenannten Staufenberger leisteten Bürgschaft für ihn und dazu noch die von Bärenbach und von Winterbach, Edelknechte aus der nächsten Nähe(32).

Aber die Sühne stand nur auf dem Pergament, in den Herzen stand sie nicht. Zumal trug Reinbolts gleichnamiger Sohn, mit dem Beinamen "der Rüter", bittern Haß gegen den Bischof und seine Helfer. Zwei Jahrzehnte waren darüber hin, daß Staufenberg so schwer den Tritt des Siegers gefühlt (1350); des Bischofs Neffe Hermann Waldner saß zu Lahr bei’m Abendessen, keiner Gefahr sich versehend. Da fielen ihn der jüngere Reinbold und mehrere Genossen meuchlings an, erstachen ihn und flohen über die Stadtmauer. Des Bischofs Rachefaust säumte nicht: die Augustsonne desselben Jahrs schien auf die Trümmer desjenigen Burgtheils von Staufenberg, welcher dem Rüter zugehörte(33). ·

Und fünf Jahre später trafen die Schwerter der Bluträcher auch ihn, wie er unbesorgt in seinem wieder erbauten Burghause schlief. Die Thorwächter waren bestochen: Johann Waldner, zwei von Hatstatt und einer vom Wasichenstein drangen mit einer Schaar von Genossen ein und erschlugen mit wilder Grausamkeit ihr Opfer(34).

Wenn nun noch die paar Familien aufgeführt sind, welche temporär auf Staufenberg Burgtheile inne hatten, so dürfen wir das 14te Jahrhundert verabschieden, in welchem das Schloß so reich mit Zwietracht, Verrath und Blut befleckt worden. Jene Familien sind: Die Röder, Gir, Rickelcey und Schockint oder Schottekind(35). Je eine Generation von ihnen sitzt auf Staufenberg, nur die Röder in zweien, und auch von ihnen ist die zweite "wohnhaft in Renchen".

Doch nein! Nirgends besser als hier flicht sich, wie zur Sühne der schlimmen Zeit eine schöne Sage, ein Gedicht ein; keine einzige der andern Burgen meiner Heimat hat ein Juwel von gleicher Gediegenheit aufzuweisen. Wie das 14te Jahrhundert diese Sage kannte, so ist sie in dem seiner Zeit durch die noch junge Buchdruckerkunst weit verbreiteten Gedichte enthalten, welches Engelhardt veröffentlicht hat(36). Es handelt

von einem werthen Ritter hehr,
Hieß Petermann von Temringer,
Und war ein Degen auserkorn,
Von Staufenberg war er geborn.

Und des Sängers Heimat ergibt sich schon aus den folgenden Zeilen, aus dem Enthusiasmus, mit dem er die schönen Frauen seines Gaues preist:

Von Staufenberg war er geborn,
Das ligt in Mortenaue,
Drin manche schöne Fraue
Sich läßt in Ehren sehen,
Ihr Lob wird nie vergehen,
Denn sie sind jeden Makels frei.

Nach mancher waglichen Heerfahrt, nachdem er für Christi Kreuz im heiligen Lande gestritten, kehrt der Ritter heim nach Staufenberg. Eines Sonntags reitet er zur Messe gen Nußbach. Es war ein sonniger Morgen und sein Weg führte wechselnd durch Waldesschatten und Wiesengrün. Wie er mit seinem Knappen fürbaßritt, sah er am Wege sitzen

Auf einem Steine,
Eine Fraue ganz alleine:
Schöner Weib ward nie gesehen.

Wie der Herr von Staufenberg einst aus fremden Landen kam und sein Freund ihn ehrenvoll in Empfang nahm Der Herr von Staufenberg wollte einst zur Kirche reiten Auf dem Weg erschien dem Herrn von Staufenberg eine hübsche junge Frau Der Ritter sprang vom Pferd und hob die Jungfrau vom Stein Der Ritter von Stauffenberg umarmte die Jungfrau Der Ritter ritt weiter zu Kirche und die Jungfrau gab ihm einen Ring mit auf den Weg
Holzschnittzyklus aus "Die Legende von Ritter Herrn Peter Diemringer von Staufenberg" - Friedr. Eulemann - Hanover 1849

Sie prangte in reichem Schmuck, und ihr Gegengruß war fein, als der Ritter absprang und ihr zierlich nahte. Sie sagte ihm, wie sie seine Schützerin sei von Jugend auf:

Seit Du je ein Roß beschritten,
Warst Du stets in meiner Pflegen.
Warst’s auf Straßen und auf Stegen; .
In Stürmen und in Streiten
Schützt’ ich Dich zu allen Zeiten,
Wie ein Freund den andern soll.

In der Kirche (Nußbach) hörte der Ritter die Messe lesen Wie die Jungfrau den Ritter besuchte als dieser wieder in seiner Kammer auf der Staufenberg war Wie der Ritter im ganzen Land für seine Ritterschaft warb (Turniere besuchte) Wie der Ritter von Stauffenberg von seinem Freund (Herzog von Württemberg) den Rat erhält, eine Frau zu nehmen Wie die schöne Jungfrau zum Ritter in die Kammer kam, um ihm beizuwohnen Wie der Ritter von Staufenberg den König in Frankfurt besuchte
Holzschnittzyklus aus "Die Legende von Ritter Herrn Peter Diemringer von Staufenberg" - Friedr. Eulemann - Hanover 1849

Feurig bat sie der Ritter, doch die Seine zu werden bis zum Tod. Und sie willigt ein: doch nie dürfe er ein eheliches Weib nehmen, sonst sei er am 3ten Tage todt. Halte er aber sein Versprechen, so solle ihm aller irdische Segen zu Theil werden, und sie selber werde, sobald er ihrer begehre, bei ihm sein, wo er auch weile, aber nur ihm allein sichtbar. Der Ritter leistet sein Versprechen, sie hält das ihre. Jahre lang ist er glücklich mit ihr und widersteht allen Anträgen irdischer Ehebündnisse.

Endlich gelingt es seinen Freunden und besonders dem Kaiser auf einem Turnier zu Frankfurt, ihn umzustimmen; er will des Kaisers Muhme heiraten, eine Fürstin von Kärnten.

Die Braut wird gen Staufenberg gebracht. Da erscheint ihm seine übernatürliche Geliebte traurig, verkündet ihm seinen baldigen Tod und wie als Wahrzeichen dessen allen Hochzeitsgästen ihr Fuß erscheinen werde. Das Hochzeitsmahl war im freudigen Gang, da stieß etwas durch die Bühne:

Ein Frauenfuß sich sehen ließ
Im Saale, blos; bis an das Knie.
Und schöner ward auf Erden nie.
Noch lieblicher ein Fuß gesehn(37).

Wie der Herr von Stouffenberg ritterlich kämpfte Wie der König dem Ritter von Stouffenberg seine Nichte vermählen möchte Wie sich die Fee bitter beklagte, weil der Ritter von Stouffenberg ein Weib genommen Wie bei der Hochzeitstafel ein Bein durch die Decke schien Der Ritter von Stouffenberg beichtet und erhält die Sakramente Wie der Ritter von Stouffenberg starb und zu Grabe getragen wurde
Holzschnittzyklus aus "Die Legende von Ritter Herrn Peter Diemringer von Staufenberg" - Friedr. Eulemann - Hanover 1849

Und unterm Wehruf seiner Braut stirbt der Ritter am dritten Tag.

In allen Druckausgaben des Gedichtes, welches nach Dichtart und Sprache von den besten Richtern(38) in's 14te Jahrhundert gesetzt wird, findet sich ein Epilog, der als Verfasser einen Herrn Eckenolt angibt. Er ist gewiß mit Recht schon aus seinem Lobspruch über die mortenauischen Frauen und aus seiner Ortskenntniß für einen Mortenauer erklärt worden.

Nun ist ein Mortenauer Egenolf aufzuweisen, der wie kein andrer Beruf zu solcher Dichtung hatte, ein Egenolf von Staufenberg. Der lebte bis 1320, war begütert zu Appenweier und hatte sehr wahrscheinlich seinen Sitz in der Burg zu Nußbach (deren Burgstall später die Kolbe besaßen). Ein plausiblerer Herr Eckenolf wäre gewiß nicht zu finden(39).

Er gab uns in seinem Gedicht die Aventüre "wie ich hievor geschrieben las", also nach einer frühern Aufzeichnung, gab sie, wie dieselbe im Lauf der Jahrhunderte bis zu ihm herab sich gebildet. Sie deutet in sehr ferne Zeiten hinauf, in jene vorchristlichen nämlich, wo noch mit Schwanenfittichen die Schlachtjungfrauen, die Walküren, tüchtige Kämpen schirmend umflogen in der Nacht des Gefechts. Ueberall stossen wir darin auf Verbindung mächtiger Helden, großer Geschlechter mit diesen übernatürlichen Jungfrauen. Es sind lauter Schwanjungfrauen, Wasserfeen; denn "andere übermenschliche Jungfrauen, als flutige, die ihren Geliebten durch den Tod von der Welt scheiden und ganz zu ihrem Eigenthum machen, kennt die deutsche Mythologie nicht"(40).

Aus der Kalwer, der Zäringer Zeit mochte eine solche Walkürensage in ihren Gebieten leben. Diese localisirte sich dann auf ihre Staufenburg, wo ja die andre Sage von schönen Seejungfrauen so vielgestaltig und lebendig herrscht. Die "Mümmelchen" vom Wundersee hoch oben am nahen Grat der Hornisgrinde füllen manche Seite unsrer Sagenbücher.

Vom Ende des 11ten Jahrhunderts ab reizten dann die Kreuzzüge und Abenteuer auf langen Fahrten zu Land und See die Volks- und zumal die ritterliche Phantasie. Es mochte die Tradition leben von dem grossen "Landstürzer" Petermann Temringer (oder "Diemringer", wie die älteste Druckausgabe schreibt(41) aus einem der Staufenberger Geschlechter. Da ist’s gewiß nicht zu verwundern, wenn die auf ein Schloß fixirten Sagen sich mischten, wenn ein Dichter sie zusammenfaßte zu der Gestalt, wie Unser Gedicht sie hat.

Die von Diemeringen sind ein Dienstmannengeschlecht im Elsaß, sitzen in den Adelsstuben und im Rath zu Straßburg, und mögen wie die Bock von dort aus nach Staufenberg gelangt sein, zur Innehabung eines der ofterwähnten Theile ohne volles Burgrecht. Ihr Wappen ist "ein rot Winkelmaß im Silberschild". Es hat aber eine Zuthat, welche sehr bestimmt auf weite Fahrten und zwar Pilger- oder Kreuzfahrten hinweist. Ihr Schild und ihre Helmzier trägt "drei güldene Jakobsmuscheln", das Pilgerzeichen.

Später wirkte auf unsre Sage eine andre, aus Welschland herübergekommene ein. Im 15ten Jahrhundert wurde die "Historie von der Melusine, die ein Meerfeye was" ein vielgelesenes Volksbuch. Namen und Gestalt dieser Ahnfrau und Schirmerin des Hauses Lusignan-Partenay (sie ist Samstags halb Mensch halb Schlange) wurde auf die deutsche Schwanjungfrau übergetragen. Kam ja doch Melusine so sehr in Mode, daß große Herrscherhäuser sie den Lusignan streitig machten, namentlich Luxemburg, das die erste Krone der Welt, die deutsche Kaiserkrone getragen hat(42).

Melusine ist im Gebiet von Staufenberg sehr usurpatorisch verfahren, sie hat nicht nur das Mümmelchen verdrängt, sie ist auch an die Stelle Berchta’s getreten, mit dem weißen Gewand und den grünen Schuhen, wie sie auf dem Stollenberger Schlosse erscheint.

Es ist ganz lustig zu bemerken, wie die welsche Fee noch heute ihre Eroberungen nicht ausgibt. Wer sich das Schloß zeigen läßt, den macht man unter den gemalten Scheiben im Erdgeschoß auf ein Rundbild aufmerksam: eine Frau in rothem Gewand, mit Hermelinüberwurf und dem Kopftuch, wie es im 15ten Jahrhundert Mode war. Ihre Hand ruht auf einem Wappenschild, goldenen Schrägbalken in schwarzem Feld zeigend und als Helmzier ein Greisenhaupt mit langwallendem grauem Haargelock. Das sei die Melusine, sagt man euch.

Niemals hat die ehrliche Rittersfrau, welcher zu Ehren diese Scheibe in die Capelle Sanct Jörgen gestiftet worden, sich träumen lassen, daß man in ihrem eigenen Haus sie für die landfahrende schlangenschwänzige Fremde halten werde. Es ist nämlich Margarethe Kolb von Staufenberg, geborene von Utenheim, eheliches Gemal Reinbolts Kolb, Mutter dreier ohne Zweifel wohlgerathener Söhne, welche Anfangs des 15ten Jahrhunderts in den badischen Lehenbüchern eingetragen sind.

Eine Andeutung, daß die Melusinensage auf Staufenberg sich frühe schon eingenistet, findet sich aber wirklich unter den noch erhaltenen hübschen Glasmalereien auf dem Schlosse. Es ist eine Scheibe darunter, datirt von 1470, welche den Junker Melchior Widergrin von Staufenberg und seine Gemalin vorstellt. Er trägt das schwarze anliegende spanische Wamms mit gelben geschlitzten Aermeln, eine güldene Kette, ein schwarzes Baret mit gelber Feder, seine Hand hält einen Spitzhammer. Sie hat unter schwarzem Oberkleid ein blau und goldbrokatnes Untergewand. Unten in den Ecken der Scheibe ist in die Arabesken verschlungen eine Figur zu sehen, die an diesem Ort nichts andres bedeuten kann, als die berühmte Meerfey. Unser Titelblatt zeigt sie in seiner linken Ecke.

Die Scheiben stammen höchstwahrscheinlich aus der 1832 abgebrochenen Schloßcapelle, welche dem großen Drachentödter St. Georg geweiht war, dem richtigen Schutzpatron für eine Rittercaserne, wie Staufenberg war. Eine andere Scheibe, die zur Zeit noch los in einer Tischschublade verwahrt liegt, stellt St. Jörgen Reiterfigur dar, wie er den Drachen erlegt, darunter steht:

"Der Ritter St. Jörg wolgemut
Vom Trachen die Jungfrau erlösen tut.
Adam Hummel von Stauffenberg. 1470".

Und da wir doch einmal an der Capelle sind, so wollen wir eines Denkmals erwähnen, das wohl auch aus ihr herrührt und in Engelhardts Druckschrift echt melusinenhaft spukt(43). Wer zum Schloßthor eintritt, sieht an der niedern Mauer zu seiner Rechten zwei Steine eingesetzt, wohl Grabsteine aus der Capelle. Sie gehören nicht zusammen, wie Engelhardt in seiner phantasiereichen Beschreibung meint. Der eine davon mit dem Staufenberger Kelch, ist ziemlich viel größer als der andre, welchen er nach einer sehr schlechten Zeichnung für den Schild derer von Ow erklärte.

In einem um anderhalb Jahrhundert ältern Styl, als die "Melusinenscheibe" oben, zeigt dieser Stein den Schild mit dem Querbalken derer von Utenheim mit dem Greisenhaupt auf dem Helm (die genaue Copie auf unserm Titelbild rechts unten). Es ist wohl der Grabstein Anna’s von Utenheim, einer gebornen von Staufenberg, die um 1324 lebte, der Tochter jenes Egenolf, welchen wir oben für den Sänger des Lieds vom Ritter Temringer erklärten(44).

Die St. Georgscapelle war ein mit einer seiner schmalen Seiten an die Ringmauer angelehntes Parallelogramm von 30 Fuß Länge und 12 Fuß Breite. Die Stelle des Chors vertrat eine kleine Nische, welche gen Osten in den Raum zwischen der Capelle und dem Wohnhause derer von Staufenberg aussprang. Graf Egeno von Freiburg stiftete 1360 eine Pfründe in die Capelle und wies hiezu jährliche 12 Pfund Pfennige auf die Freiburger Güter an. Bald darauf begabten sie die Staufenberger selber mit 6 Vierteln Roggen jährlich und gestanden dem Kloster Allerheiligen die Besetzung der Caplanei zu.

St. Georg war der reichste Mann auf Staufenberg, darum kommt es auch oft vor, daß er seinen bedürftigen Schutzbefohlenen Geld darschießen muß. Pfleger des Capellenschatzes waren jeweils die "Baumeister" des Schlosses, so daß die Reihe unter den Burggenossen umgieng.

Eine andre Capelle sammt Bruderhaus dagegen war ausschließlich denen von Widergrün in Obhut gegeben. Auf einer kleinen Lichtung des Staufenberger Harts, am nördlichen Gehänge des Vorbergs, rechts am Thalausgang, steht eine einsame Ruine, die Antonius-Capelle. Sie ist bedeutend größer als St. Jörgen Bethaus, hat 88 Fuß Länge und 40 Fuß Breite. Auf das 24 Fuß breite Altarhaus kommen 28 Fuß der Gesammtlänge. Zwei schmucklose enge Rundfenster zeigt der rundgeschloßne flache Chor, zwei gleiche der Frontgiebel nach dem Widergrüner Thälchen zu, mit dem arg ausgebrochenen Portal. Die Fensterpfosten fehlen gänzlich.

Architektonische Raritäten wird Keiner hier erbeuten. Wer aber ein Ohr hat für die Stimmen, in welchen Waldeseinsamkeit und gebrochenes Gemäuer zum schlichten Menschenherzen reden, den wird ein Gang zur stillen zertrümmerten Waldkapelle wohl nicht gereuen.

Die Kapelle und das Bruderhaus zu St. Antonien im Staufenberger Hart entstanden erst um die Mitte des 15ten Jahrhunderts. Auf den Grundmauern des Bruderhauses steht jetzt der Hof dicht bei dem Kirchlein. Die Brüder waren "von der 3ten Regel St. Francisci", d. h. sie waren Mitglieder jener merkwürdigen Laienverbrüderungen, wie sie, ein Zeichen der Zeit, sich seit dem Ende des 14ten Jahrhunderts als Tertiarier mehrern Mönchsorden anschlossen. Ja, die Tertiarier thaten sich selbst wieder zu klösterlichen Gemeinwesen zusammen.

Gewiß ist, daß eine deutsche Congregation der Franciscaner Tertiarier, und namentlich eine Provinz Straßburg, schon 1424 bestand und in Baden und Wirtemberg über 100 Klöster umfaßte. Aber der 30jährige Krieg vernichtete sie so, daß fast alle Kunde von ihnen verloren gieng(45). Der 30jährige Krieg hat auch aus unserem Klösterlein die Brüder mit den grauen Kutten und weißen Gürtelstricken vertrieben und ihre Kapelle zerstört.

Die Widergrün waren Schutzherren des kleinen Klosters, und zwar, wie dies oft gesagt wird, "als Forstherrn im Hart." Noch im 16ten Jahrhundert entschied Markgraf Christoph einen Streit über diese Schutzherrlichkeit zwischen Wilhelm Hummel und denen von Widergrün dahin: "Wenn es auch wahr sei, daß nicht die Widergrün allein, sondern alle Staufenberger das Bruderhaus zu St. Antonien mit Gütern ausgestattet, so stehe doch den Widergrün als Forstherrn des Hartwalds ausschließlich die Regierung des Bruderhauses zu." Die Forstherrlichkeit im Hart war eben ein streng an das Schlößchen Widergrün gebundenes Hoheitsrecht.

Nicht immer hielten die Markgrafen so genau auf Beibehaltung des alten Herkommens. Im Gegentheile, von ihnen gieng ein Angriff aus, der eine klaffende Bresche in das Gemeinschaftswesen auf Staufenberg riß. Schon 1398, nur 12 Jahre nachdem er die Lehensherrlichkeit über die Staufenberger von den Freiburger Grafen erworben, versuchte Markgraf Bernhard I., einen Fremden in einen echten Burgtheil(46) hineinzubringen.

Aber die Gemeiner beschworen alle, wie das Gericht verlangte, als ihr altes Herkommen: nur an Den dürfe ein echter Burgtheil verliehen werden, der ihres Wappens und ihrer Gemeinschaft Genoß sei. Der Markgraf mußte daraufhin in der That das offene Lehn an einen der Gemeiner vergeben.

Des Markgrafen Angriff auf die Staufenberger Rechtsverfassung war aus Princip geschehn und aus einem finanziellen Motiv. Principien aber sind furchtbar zäh und Finanzmotive furchtbar stark bei streitlustigen geldbenöthigten Herrn, wie Markgraf Bernhard war.

Sifrit Pfau von Riepur ist ein merkwürdiges Beispiel jener Amphibiennaturen halb Ritter, halb Kapitalist, jedenfalls aber Spekulant, wie sie zumal bei Patriciergeschlechtern(47) in der Zeit vorkommen, wo Schießpulver und Geld das zünftige Ritterwesen aus dem Sattel hoben.

Der Markgraf stak für Dienste und Darlehn tief in Sifrits Schuld. Er mag sich einen Plan ersonnen haben, seinen Gläubiger zu befriedigen(48) und zugleich die auf soviel Augen stehenden Lehen der badischen Ganerbenschlösser auf wenige Lehensleute umzuleihen. So finden wir denn diesen Sifrit auf Bosenstein und Staufenberg zugleich.

Wie aber gelangs? Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie ewig neu, sie heißt divide et impera. Wieder war ein Staufenberger Volltheil erledigt, der des Johannes Stoll. Wieder erkannte das Gericht aus Beschwörung des alten Herkommens durch alle Burggenossen, und siehe - einer schwor nicht, Reinbolt Kolb nicht. Da siegte der Markgraf.

Sifrit Pfau zog ein mit seinem Geld, mit seiner streitfertigen Faust und seinem spintisirenden Kopf in die enge Burg, wo so viele Edelknechte hausten, die da fühlen mochten, wie eine neue Zeit ihnen den Hungergürtel Loch um Loch zuzog. Man muß es ja wohl sagen, daß es zumeist die Concurrenz der großen Herren, mittels Krieg und Steuerwesen war, welche der kleinen Waffenspeculation des Rittertums ein Ende gemacht.

Seitdem sitzt ein Vollgenoß auf Staufenberg mit seinem Stammwappen (zwei abgekehrte rothe Schlüssel, alter Form, mit 3 Zähnen, im Silberschild), und wenn auch noch später in den Urkunden die "Gemeiner" und die neuen Eindringlinge, die "Pfauen", scharf unterschieden werden(49), so ist das ebenso bedeutungsvoll, wie andre papierne Proteste auch Thatsache war und blieb: Die Pfauen hatten einen Volltheil erobert und damit das Recht, alle nacheinander zu bekommen.

So war’s wohl beabsichtigt, aber der Wechsel der Zeiten hat es anders gefügt. Bis auf 3 1/2 Theile brachten sie es, vor ihr Stamm erlosch. Zwischenhinein hatte auch ihre Stellung zu dem neuen Markgrafen sich geändert. Ihre Geldgeschäfte brachten sie bis zum Proceß mit dem Lehensherrn. Da scheinen sie sich denn näher an die Corporation geschlossen zu haben, in welche sie so gewaltsam eingekeilt worden. Und sie rissen die schon erlahmende Adelsgarnison auf Staufenberg mit ihrem Ordnungs- und Speculationsgeist noch einmal in die Höhe. Wir sehen das aus ihren Burgfrieden und ferner aus dem letzten Handstreich, mit dem die Rittergeschichte von Staufenberg sich abschließt.

Burgfrieden heißt Burgverfassung, in andrer Bedeutung auch "Burggebiet"(50). Es soll (so verordnet der Burgfriede von 1459) jeder großjährige Burggenoß dies Grundgesetz beschwören. Dasselbe soll 25 Jahre Kraft haben. (1485 wurde es auf weitere 25 Jahre erstreckt).

An jedem Geseze sind nicht die Buchstaben das Interessante, sondern der Geist, worin es geschrieben, oder vielmehr der Zustand der Geister - und Leiber, wofür es geschrieben ist. Lassen wir uns von unserm Burggeseze sagen, wie es um die Burgsitten stand, am Ende des 15ten Jahrhunderts.

Da finden wir denn, daß innerhalb der Gränzen des Burgfriedens kein Genoß den andern schädigen solle. Außerhalb dieser Gränzen ist es ihm erlaubt, wenn er Tag und Nacht zuvor draußen gewesen. Diese bedenklich kurze Frist wurde 1489 denn doch auf drei Tage und drei Nächte erstreckt.

Bekommen etliche der Burggenossen Streit, so sollen beide Parteien so lange zu Lahr oder Offenburg Einlager, natürlich auf ihre Kosten, im Wirthshaus halten, bis sie eins geworden. Ein lustiges, aber gewiß nicht wirkungsloses Einigungsmittel, wenn Jemand da war, der die rauflustigen Leute zum Einlagerhalten zwang.

Zwischen 1459 und 1486 mußten sich die Damen auf Staufenberg nicht allzu friedfertig betragen haben, denn die Revision findet nöthig beizusetzen: "Wir sollen auch mit allem Fleiß daran sein, daß unsere Hausfrauen, auch Mägde und ihresgleichen, sich züchtiglich, auch den Burgfrieden getreulich in Worten und Werken gegeneinander halten".

Denken wir uns, wie eng die einzelnen Familien zusammenkasernirt waren, (einmal etwa 19 in 10 Häusern); denken wir uns, daß es getheilte Küchen, getheilte Ställe gab - o welch’ bittrer Jammer mag den Eheherrn jenen Paragraphen dictirt haben.

Pferdeställe mußte es natürlich geben auf der Reitercaserne und doch auch wenigstens für 30 Roße; aber es war auch noch ander Gethier droben und mit der Reinlichkeit mag es übel bestellt gewesen sein. Nach einer Bestimmung von 1456 sollten "alle ihr Gesinde anhalten, daß sie kein Kehricht oder andern Wust in den Zwingolf schütten", und 1489 wurde man zu der Uebereinkunft gezwungen: es sollten künftig weder Kühe, noch Kälber, noch Schweine auf dem Schlosse gehalten werden, damit Niemand mit dem Andern sich "zertragen" möge.

Das waren leichte Unbequemlichkeiten, wie sie die Nerven jener Zeit wohl ohne viel Naserümpfen ertrugen, ernsterer Gefahr sollten andere Bestimmungen vorbauen. Diese betreffen das Enthalten, d. h. die Aufnahme irgend eines Bedrängten in den Schutz der Burgmauern(51).

Und da mußte denn besonders und in wiederholten Paragraphen eingeschärft werden, daß kein Burggenoß den Feind des andern aufnehmen dürfe; keiner den Feind dessen, welchen des andern aufnehmen dürfe; keiner den Feind dessen, welchen ein anderer Burggenoß schon aufgenommen. Erinnern wir uns hiebei, wie gar unbedenklich diese Zeit mit den Waffen umging, wie wir die Mauern von Staufenberg schon öfter mit Blut bespritzt sahen, und dieser Paragraph wird allen Zwist der Frauen als leichtes Geschäker erscheinen lassen.

Künftig aber soll nun über jeden zu Enthaltenden das Stimmenmehr aller Burggenossen entscheiden. Wer immer so in den Burgschutz aufgenommen wird, der muß schwören, sich dem Burgfrieden gemäß zn verhalten, und derjenige Genoß, welcher seine Aufnahme beantragt hat, muß Bürgschaft leisten, daß sein Schützling jenen Schwur halten werde.

Soll aber ein "armer Edelmann, der nicht sehr achtbar ist", oder ein armer Knecht aufgenommen werden, so muß dieser überdies eidlich versprechen, nichts dem Schloß Nachtheiliges auszuspioniren und zu verrathen.

Dann wird die Enthaltungstaxe festgesetzt: für einen Fürsten und eine Stadt 40, für einen Freiherrn 25, für einen Ritter oder Edeln 10, für einen Knecht 8 Gulden. So lang der Krieg dauert, muß der Fürst vier, der Graf oder Freiherr zwei gewappnete Knechte zur Verteidigung des Schlosses stellen. Nur der Markgraf allein darf unentgeltlich enthalten werden; welche Burggenossen aber ihn aufnehmen, die stehen dafür, daß er den Burgfrieden halte.

Der Ertrag des Enthaltgeldes fällt in die gemeine Baukasse des Schlosses. In dieselbe hat jeder Theilgenoß auf Staufenberg jährlich 1 Pfund Pfennige zu entrichten. Sie wird verwaltet und ihre Verwendung zum Bau beaufsichtigt durch die jährlich von den Genossen unter sich gewählten zwei Baumeister. Diese Baumeister sind zugleich die gewöhnlichen Bevollmächtigten der Staufenberger, die Handhaber des Gerichts und der Wildbänne, die Einzieher der Gerichtsgefälle und die Pfleger der St. Jörgenkapelle.

Jeder Burggenoß muß übrigens den Theil Ringmauer, an welchen sein Haus sich lehnt, 20 Fuß hoch aus eigne Kosten im Bau erhalten und auch auf diese Strecke im Belagerungsfall für die Verteidigung derselben sorgen.

Zur Feindesabwehr sollen Alle helfen, "so weit man das mit Büchsen und anderem Gezeug von der Ringmauer aus vermag". Für gewöhnlich werden nur ein Thorhüter und sonstige Wächter auf gemeinschaftliche Kosten unterhalten. Sobald aber das Schloß belagert wird, muß jeder "zwei redliche wehrliche Knechte in seinem Theil halten oder selbst da sein."

An Vorräthen soll jeder Theil auf dem Schloß haben: 5 Viertel Mehl, ein halbes Fuder Wein, eine Scheibe Salz; an Waffen eine gute starke Armbrust, 200 Pfeile und eine gute Handbüchse. Seit 1489 heißt es statt letzterer "eine gute Hakenbüchse", dazu einen halben Sester Pulver (es wurde also gemessen) und einen Viertelzentner Blei.

Zu Aufrechterhaltung dieses Burgfriedens sollen alle Genossen zusammenstehen und demjenigen unter ihnen, welcher sich bei Streitigkeiten nicht zu gütlichem oder rechtlichem Austrag herbeiläßt, "mit Gewalt das Schloß wehren". Befindet er sich darin, soll er also mit gewaffneter Hand ausgetrieben, und weilt er draußen, ihm der Eintritt versagt werden.

Als die Welt von allen Seiten mit schweren Schlägen auf die Ritter loshieb, da schlossen sie sich enger an einander, wie es eben ihr widerborstiges Naturell zuließ. Wir haben keinen ältern Burgfrieden, als den von 1456. Augenscheinlich lebte alles Herkommen nur in mündlicher Ueberlieferung, sonst wäre es nicht immer in Kundschaftsweise beschworen worden. Man schreibt eben auf, um entschwindende Institute noch festzuhalten, das zeigen alle Waldordnungen und Weistümer, das auch unser Burgfrieden. Er ist ein Spiegel, der ein Stück socialer Vergangenheit in engen Rahmen faßt; Zukunft spiegelt sich keine mehr in ihm.

Die Pfaue haben alle Staufenberger elektrisirt. Die Rührigkeit der Gemeiner lebt in kecker Ritterthat noch einmal dicht vor dem Thorschlusse auf.

Zuerst haben wir von dem Gewitter zu berichten, welches Friderich Bock von Staufenberg auf die Schauenburg hereinzog, und wie diese feste Ritterkaserne muthig feststand im Donner der Geschütze. Der Staufenberger hatte eine Forderung an die weiland Gräfin Großmutter von Wirtemberg. Die arme Dame hatte der Schulden so viele hinterlassen, und der Graf, ihr Stiefenkel, fand keinen Geschmack an deren Zahlung. Da that Friderich Bock sich mit Berchtold von Schauenburg zusammen und erhob mit diesem drüben im Amt Nagold den Belauf seiner Forderung sammt Mühewaltungsspesen bei des Wirtembergers Unterthanen.

Ihre Beute führten sie nach Schauenburg. So thaten sie öfter, denn die Sache gefiel ihnen. Dem Grafen aber mißfiel sie, und nachdem er Güte vergeblich versucht, rüstete er Waffen und fand einen mächtigen Bundesgenossen.

Die Schauenburger hatten sich beigehen lassen, einem Straßburger Eingebürgerten das Leben zu nehmen. In solchen Fällen war der Stadt Rächerhand niemals säumig gewesen. Graf und Stadt verbündeten sich, 50 Gleven reisigen Zeugs (150 Reiter), 400 zu Fuß mit Armbrüsten und Handbüchsen, 200 Knechte mit Schanzzeug, zwei grosse Büchsen und vier Jagdbüchsen (2 schwere Kanonen und 4 Feldstücke) vor Schauenburg zu senden.

Ehe die Wirtemberger mit ihren Stückbettungen zurecht kamen, krachten die Straßburger Geschütze schon vor dem zugänglichsten Theil des Schlosses. Die Schauenburger hielten sich brav. Es ist freilich kein glänzend Zeugnis; für die straßburgische Artillerie gewesen, wenn verheißen wurde, auf den Fall, daß die Kanonen nicht wirksam genug seien, als Haupttrumpf eine Steinwurfmaschine, eine "Blide", nachzusenden. Gleichviel, es ist höchst anerkennenswerth, daß die 40 Mann in der Schauenburg zehn volle Tage lang den Kugeln der Belagerer Stand hielten, so daß es diesen selber höchst erwünscht war, als der Bischof von Straßburg und der Markgraf von Baden ins Mittel traten.

Dem Staufenberger verblieb dabei, gegen Aufgabe seiner Forderung, was er sich geholt; er und die Schauenburger gelobten Ruhe. Diese Verteidigung in der letzten Woche des August und der ersten Septembers 1482 ist eine ganz glänzende Waffenthat; die Straßburger wären wahrlich sonst nicht so wohlfeilen Kaufs abgezogen(52).

Einen andern Staufenberger derselben Familie, den Junker Wersich Bock, hielt Markgraf Karl von Baden hoch in Gnaden als seinen erprobten Diener in Krieg und Frieden. Er hatte bei Seckenheim am schlimmen Tage eine gute Klinge geführt und die bittere Gefangenschaft zu Heidelberg mit seinem Herrn getheilt. Längst war er Landvogt in den Ländertheilen, welche Markgraf Jakob I mit seiner lothringischen Katharina erheirathet, drin die Städte Bruyère, Arche, Raon und St. Dié lagen. Es sind lauter sehr wichtige Punkte zum Zug gen Westen; denn ihr Besitzer hält alle Vogesenpässe vom Breuschbis zum Moselthal in seiner Hand.

Dort und im Elsaß stand Wersichs Namen in gutem Klang. In der furchtbaren Drangsal, welche die zuchtlosen wälschen Söldnerscharen, die Armagnaken, oder, wie das Volk sie nannte, die "Gecken", die "Schinder", über das Elsaß brachten, stand der Landesadel schlecht zu seinem Volk. "Ja, wäre der Adel auf die Schinder gewesen wie die Bauern , sie wären nit lange im Land blieben." Unter den Ausnahmen, welche der Chronist mit Freuden aufzählt, steht voran Wersich Bock von Staufenberg(53).

Im Jahre 1445 zog eine Rotte dieser Räuber von Mömpelgard herab in’s Elsaß, 400 Pferde stark, raubte Menschen und Vieh und verbrannte viel Dörfer. Da zog das wehrhafte, verzweiflungsvolle Landvolk die Sturmglocken zur Selbsthilfe. Tausende liefen zu wider die Landverderber. Diese flohen in wilder Eile, denn des Bauern Faust gab keinem Gecken Pardon. Die zu Pferde waren unter den Verfolgern, ereilten die wälschen Geschwader zwischen Hagenbach und Damerkirch. Ihnen voran "griff Junker Wersich Bock von Staufenberg mit seinen Gesellen des ersten an". Die Hälfte der Räuber blieb auf dem Platze. Solch eine That lebt lang im Volke und weß Namen mit ihr verwoben ist, den sehn strahlende Augen an, wenn er durchs Land reitet.

Die lothringischen Herrschaften wurden vom Herzog nach Jakobs Tode wieder heimgekauft, und so nahm Wersich’s Landvogtei ein Ende. Er hatte drüben aber noch eine Rechnung abzuschließen mit etlichen Herren, die ihm widerharig gewesen. Viel Zeit ging darüber hin; ein tüchtiger Soldat nimmt sich Weile zur Rüstung. Das Intermezzo von Seckenheim hatte ihn nicht mürbe gemacht, Eisen wird besser durchs Schmieden. Anno 1466 kam er dazu, seine alte Schuld heimzufordern.

Hinter Sulz im Oberelsaß erhebt sich ein hoher Fels, drauf stand ein stiftstraßburgisches Lehenschloß, Jungholz geheißen. Es liegt mitten zwischen den Thälern der Fecht und der Thur, oder (wie sie auch heißen) dem Gregorienmünster- und dem Weilerthal, trefflichen Pässen nach Lothringen. Dies Schloß kaufte er sich zur Operationsbasis, stellte es mit neuen Werken tüchtig her und nützte seine Verbindungen mit dem deutschen Adel trefflich, eine tüchtige Schaar zu sammeln.

Es war ein stattlicher Zug, wie er 600 Mannen voran das Weilerthal hinaufritt und über den Kamm der Vogesen ins Lothringer Land. Reiche Beute holten sie; all den trotzigen Herren wurde ihre Schuld abgefordert, und durchs Münsterthal gings wieder heim. Die Bürger der Stadt Münster aber sperrten den Paß. Sie hatten dem Herzog von Lothringen verheißen, keinen Raub aus seinem Land durch ihr Thal zu lassen; wären aber besser drin geblieben hinter den Mauern, als mit aufgerecktem Stadtpanier querüber ihre Front zu ziehen der blinkenden Kolonne entgegen, welche mit den erbeuteten Herden ihr Thal herabstieg. Das Sturmgeläute im Münsterthal mochte den Rittern sehr ungastlich in die Ohren geklungen haben, drum hieben sie neidiglich drein, daß das Thalvolk wild aus einander stob und den Paß frei ließ für Heerschaar und Beute, denen Wersich voran, das erbeutete Stadtbanner von Münster in der Faust, gen Herlisheim ritt(54).

Er muß schon alt gewesen sein, der kampferprobte Wersich, als sein heimathliches Schloß, als Staufenberg selber seinen Arm verlangte. Dies ist das letzte Mal, daß sich die kleine Feste im schimmernden Waffenkleid zeigt, nur wenig Jahrhunderte und es ist zerschlissen und entfärbt, denn zwischen 1480 und 1510 liegen der Wirkung nach drei Jahrhunderte.

Anno 1470 war wieder einmal Fehde zwischen Baden und Wirtemberg(55); es war ein Beutekrieg, wie tausend andere auch; 20 Pferde stellten die Staufenberger dem Markgrafen zum Zug ins Wirtemberger Land.

Sie thaten aber auch eine Fahrt auf eigene Faust. Die Elsäßer Verwandten ließen sie wissen, es sei gute Zeit vorhanden, einen Rittergriff zu thun. Da kamen zwei Wetzel von Marsilien, kam Adam Zorn und der von Ramstein und andere mehr. Mit 80 Pferden und 40 zu Fuß zogen sie hinüber ins Kinzigthal und vor des Wirtembergers Thurm, der das Gutachthal sperrte, nahmen den mit Sturm und holten 200 Stück Vieh aus dem Dörflein dahinter. Das Vieh trieben sie gen Staufenberg.

Warnung kam, wie der von Wirtemberg sich rüste und mit großer Macht wolle vor Staufenberg ziehen. Da gedachten sie, wie die Schauenburg drüben so wacker den Stückschüssen Stand gehalten, deren jeder auf Staufenberg hörbar gewesen. Es rüsteten sich alle Staufenberger und Gemeine, daß sie "des Grafen wollten warten". Drei Pfaue waren im Schloß und drei Bock, drunter Wersich, der Mann von Münster, und Friderich, der die Sache von Schauenburg her kannte, jetzt auch ein grau gewordener Degen, und zwei Stoll, drei Hummel und so viel Widergrün. Alle gedachten sie in Person an ihren Posten zu sein.

Alles, was sie diesmal unternahmen, hat so recht Hand und Fuß. Man sieht, zwei Haupterfordernisse zum Krieg hatten sie vollauf: Technik im Kopf des alten Wersich, Geld im Beutel der Pfau.

Nach Straßburg sandten sie und ließen von dort zwei Zimmerleute holen, "die waren Büchsenmeister". Noch vier weitere Zimmerleute nahmen sie in Dienst "und machten einen Schirm wider das Erkerle, da das Schloß zu beschießen war", d. h. sie erbauten eine verpalissadirte Schanze vor die Ecke des abgetragenen alten Thurmes gegen den Stollenberg hin, welch’ letzterer ihr Schloß beherrscht. "Und machten sonst sechs hülzene Bollwerke mit den Urkunden stimmenden Nebenumstände willen ganz glaubwürdig, jedenfalls so weit er Staufenberg betrifft hiniden", d. h. sie verstärkten die sonst bestreichungslose Zwingermauer durch vorspringende "Tambours".

Es mochte Freude sein auf Staufenberg, als Alles so wohl bestellt war Und nun ein Trupp von 24 Knechten unvermuthet den Burgweg heraufstieg, wohlbewehrt mit Armbrüsten und Handbüchsen, denen im Schloß zur Hilfe in der Noth. Graf Bernhart von Eberstein sandte sie.

"Also kam der von Wirtemberg nicht", sagt der Chronist. Gedachte er an Schauenburg, oder war ihm der Markgraf zu nahe auf dem Leib? Genug, er kam nicht, und die Gemeiner blieben ihres Raubes froh.

Gewiß kein Zufall ist’s, daß gerade in diesem Jahre 1470 die besten jener gemalten Scheiben in St. Jörgen-Kapelle gestiftet worden, von denen ja eine den heil. Ritter selber darstellt, wie er "wohlgemuth vom Drachen die Jungfrau erlösen thut". Die durch eigene Rührigkeit unbehelligt gebliebene Burggenossenschaft bezeigte ihrem Patron ihren Dank(56).

Dicht hinter diesen Scenen bunten Soldatenlebens folgt nun ein Abschnitt, und zwar einer, der grundtief hinabgeht durch den ganzen Lebensnerv des Rittertums hindurch.

Oft beim Erzählen, wenn man eine rechte Lust hat an eines derben Menschen weidlicher That, wenn man von "wackern Kämpen" schreibt und von "grauen erprobten Degen", fällt einem störend der bittere Vorwurf in die Qnere, "in jenen Zeiten sei so viel gehandelt und so wenig gethan worden". Und immer lastet der Gedanke auf der Seele, wie jeder Schritt, den der Eisenschuh that mit dem Goldsporn, seine blutrünstige Spur im Nacken des Landvolks ließ.

Zwischen den Kampfeswogen der politischen Mächte der Zeit, der Fürsten, der Städte und des Adels, trieb des Bauern Leib und Gut ein gebrechliches Fahrzeug. In jeder Nacht konnte der Arme den rothen Hahn auf seinem Dach, den Mordstahl in seiner Stube sehen.

Die Zerstückeltheit aller Rechte ließ dieselben unter Namen ohne Zahl je länger je höher sich häufen, so daß der Belastete seiner Bürde bald nicht mehr gewachsen war. Die Ungemessenheit der Dienste stellte ein gewaltig Prozent der Arbeitskraft des Bauern in die Willkür des Herrn, oder schlimmer der Herren, denn wie oft war er mehreren verpflichtet! Die Finanznoth des Adels wälzte sich auf seine Bauern über. So finden wir in unsern Thälern manchen Bauer, der als Leibeigener des Einen auf dem ihm zu Erblehn gegebenen Gute des Andern saß, einem Dritten und Vierten zehntete, einem Fünften und Sechsten zinste und Zwei, Dreien davon frohnte.

Der Ertrag, welcher aus dem Leibeigenschaftsverhältniß als solchem dem Herrn erwuchs, muß nicht bedeutend gewesen sein, denn Johann Engelhard Hummel verkaufte seine 150 Leibeigenen in Durbach und 10 Viertel Roggen vom Zehnten zu Ulm an Sifrit Pfau um 200 Goldgulden(57).

Nur annäherungsweise kann die Bevölkerung des Staufenberger Gebiets für die uns hier beschäftigende Zeit aus 200 "haushäbliche Bauern" berechnet werden. Bauern mit Eigengut kommen nicht mehr vor.

Rebland steht in jedem Güterkaufbriefe aus dem Staufenbergischen. Es ist zu vermuthen, daß bis zum 30jährigen Krieg der Weinbau dort jedenfalls eben so umfangreich betrieben wurde, als jetzt. Nur ist durch Sortenauswahl und Ausstockung von Waldland an guten Lagen eine Besserung in der Qualität des Erzeugnisses eingetreten. Schlechtes Rebland hat man in Acker und Wiesen verwandelt, so daß jetzt die alte Klage, die Herrschaft Staufenberg erzeuge ihren Bedarf an Brodfrucht nicht, weggefallen ist. Heute freilich hätte dies die Bedeutung nimmer, wie damals, wo das kleine Gebiet noch politisch und social eine Insel war.

Um die Lage unserer Thalleute zu Ende des 15ten Jahrhunderts zu würdigen, muß man ihren Charakter als Rebbauern im Auge behalten und dann jene Kalamitäten, welche auf der Landbevölkerung im Allgemeinen lasteten, hinzudenken. Freilich trafen die Schwankungen, die den Rebmann fast zum Hazardspieler stempeln, nur den Bauern, der sein Rebgut im üblichen Drittelsleiheverhältniß inne hatte. Denn die andern waren reine Taglöhner des Edelmanns, des Klosters oder des Bürgers, dem der Rebhof zustand, welchen sie bauten.

Eine schlimme Wirthschaft, die Drittelsleihe. Denn erfahrungsmässig bewirkt sie Verschlechterung der Weinqualität. Nur der Eigner von Grund und Boden wird vorziehen, ein gutes Jahr mit vielem und sehr gutem Wein gegen mittlere und schlechte Jahre zu kompensiren. Er leistet eben Vorschuß, welchen das gute Jahr mit Wucherzinsen heimzahlt.

Wen aber wenige Fehljahre so knapp an der Gränze darbender Armuth hinschwimmen machen, wie den Drittelsbauern, der sieht sich gedeckter durch eine Kultur, welche ihm alljährlich vielen, wenn auch geringern Wein in die Bütte liefert. Darum wird er die großbeerigen Traubensorten pflanzen, welche viele "Brühe" geben, wird die Stöcke so dicht setzen, daß kein Sonnenstrahl mehr dazwischen kann, nur um recht viele jener wasserreichen Trauben zu ernten.

Es geht in dem Jahrhundert vor und nach dem 30jährigen Krieg allgemeine Klage, der Wein sei viel schlechter geworden, als er früher gewesen. Dies ist sehr glaubbar; denn die Zahl der Eigengüter hatte so abgenommen, daß sie da und dort, wie z. B. in unserer Herrschaft, gleich Null war.

Ueber die Rebsorten, welche in jener Zeit gebaut wurden, verlautet wenig. Wir erfahren nur, daß ein größeres Gut von wenigstens 9 Juch Reben und Ackerland, welches die von Staufenberg zu Tenniger besaßen, jährlich an Zins gegeben habe: drei Ohm "edeln Weins", fünf Ohm rothen und zwei Ohm "hünsches". d. h. geringen Weins(58). Man ersieht hieraus, daß der edelste Durbacher auch damals weißer Wein war, und daß auf guten Rebhöfen sortirt wurde(59).

Zu den meisten Rebhöfen gehörte irgend eine Waldnutzung, um die Rebpfähle zu hauen. Außerdem stand aber jeder Staufenberger Feuerstelle ein Forstrecht zu für den Bedarf an Bauholz, Brennholz und zu Geräthschaften, die der Bauer sich selber fertigte, Schlitten, Deichseln und dergleichen.

Der Wald! der ist ja das ganze Mittelalter hindurch vorn dran in allen Fragen, die in Dörfern und mit Dörfern verhandelt werden. Er ist’s auch hier in Staufenberg. Die Waldordnungen gehören zum Besten, was uns an Archivalien übrig geblieben.

Manches über des Forstherrn Rechte im Staufenberger Hart haben wir oben schon gehört, wie auch, daß Appenweier, Nußbach, Erlach, Zusenhofen, Nesselried mit den Burggenossen auf Staufenberg sich in die Nutzung dieses Waldes theilten. Wir wissen endlich, daß das Waldgericht außerhalb der Herrschaft Staufenberg, unter der Eiche zu Nußbach gehalten wurde.

In diese Waldgenossenschaft gehörte nun auch Durbach mit all seinen Zinken und Höfen, so weit sie links des Thalbachs ligen. Alles, was rechts des kleinen Wasserlaufs ist, gehört in eine andere Waldgenossenschaft, in die des Mooswalds. Der Bach scheidet also zwei Waldmarken. Er schied auch zwei Kirchspiele, denn ehe Durbach eigene Pfarrei war, gehörte der ganze Theil rechts vom Thalwasser zur Kirchengemeinde Nußbach, der links dagegen nach Ebersweier. Diese Gränze ist also älter als diejenige, welche zur Umfriedung des Schloßwidems gezogen wurde. Jene kirchliche und Markgränze stammt aus alemannischer, die Schloßbereichgränze aus fränkischer Zeit.

Die Waldgenossen des Hartwalds hatten nun einmal für eigne Schweine Mastrecht, dann das Recht, das Bauholz ·zu ihren Gehöften aus dem Walde zu holen(60). Jeder, der mit einem Wagen fuhr, durfte jährlich vier Stämme hauen "zu seinem Geschirr" und überdies Deichsel und Langwid, wie er sie bedurfte. Alle vier Jahre stand es jedem Waldgenossen frei, sich zwei "Hölzer" zu einem Schlitten zu holen. Das Alles muß aber mit Wissen und Willen der Förster und Forstherren geschehen, denn, wer Nachts Holz haut, der "verfällt mit Leib und Gut."

Der Mooswald deckt mit seinen dunkeln Tannenmassen die höchsten Häupter der Wasserscheide zwischen Kinzig- und Renchthal, welche sich fast alle über dritthalbtausend Fuß über die Meeresfläche erheben(61).

Hier war Forstherr jeweils der älteste Staufenberger Theilgenoß, die Walddingstätte aber ist zu Oedsbach unter der Linde. Und wenn das Waldgericht zusammentrat, so hatte der Forstherr für sich "selb dritt" Mittagessen anzusprechen, jedes zu 8 Pfennigen (etwa 10 Kreuzern heutigen Geldes), sammt Futter für seine Pferde. Acht Pfennige bekam auch jeder der 12 Waldrichter zur Zehrung. Zehn Schillinge (2 Gulden und nicht ganz 30 Kreuzer) betrug also der Aufwand für Verköstigung des Waldgerichts. Die wurden aus den gefallenen Frevelstrafen bestritten und von dem, was an Geld über blieb, gehörte die Hälfte dem Forstherrn.

Jeder Waldgenoß durfte ohne Beisein des Försters an Holz zu kleinem Bau hauen, was er brauchte; bei einem Neubau aber mußte er den Förster zuziehen und diesem für seine Mühe vier Pfennige geben.

Unbeschränkt war für jeden Waldgenossen das Recht, Steine im Mooswald zu holen. Alle Gemeiner des Schlosses Staufenberg durften Holz und Steine beziehen, "so viel ihnen zu ihren Bauen vonnöthen war".

Forstherr und Waldgenossen bestellten jährlich zwei Förster; die bekamen von Jedem, der einen ganzen Pflug führte und jedem Müller einen ganzen, von dem, der nur einen halben Pflug hatte, einen halben Sester Hafer, vom Pfluglosen einen Pfennig. Hievou mußte aber jeder Förster den Gemeinern auf Staufenberg 10 Schillinge abgeben. Dies Geld brachte er am zweiten Weihnachtstag selber aufs Schloß, oder wie es auch heißt, "zu Hofe", wo schon die Schüssel für ihn dampfte, denn der Forstherr hatte ihm dafür den Imbiß zu geben. Außerdem mußte er jedem der Förster jährlich einen Baum verabfolgen, "damit sie ihre Schuhe gebletzen mögen".

Sie lauten so gemüthlich, so freigebig, diese Waldordnungen. Es wird einem ordentlich wohl um’s Herz, zu denken, wie freundlich und warm all’ die Häuschen der Thalbauern gewesen sein müssen. Wir haben aber schon gehört, welche üble Gäste drin Einkehr nahmen, welche schwarze Drohwolken Jahr aus Jahr ein über ihren Firsten schwebten.

Und nun kommt auch in all’ jene freigebige Gemüthlichkeit ein arger Mißklang. Zu Ende des 15ten Jahrhunderts wird eine sehr, sehr bedeutsame Klage laut: der alte reiche Nährvater Wald habe sich insolvent erklärt. Der Hartwald sei verwüstet, der Mooswald in schlechtem Stand. Drum kommen jetzt auch die Waldordnungen hageldicht aufeinander

So lange der Wald der unerschöpflich reiche Mann, und der von seinem Tische Zehrenden noch eine mindere Zahl war, so lange geriethen Letztere nicht leicht in ernste Zerwürfniß. Kam’s doch auf ein paar Stämme mehr oder weniger nicht an. Aber jetzt, wo der Wald nimmer ertrug, was das alte Herkommen den Genossen erlaubte, wie mag jetzt in Schloß und Hütte Zornruf und Wehruf eingekehrt sein!

Noch ein anderes altes Herkommen war schon in Zerfall gerathen oder verdarb doch in der ersten Hälfte des kommenden Jahrhunderts; ein Herkommen, dessen volkswirthschaftliche Bedeutung sich freilich nicht nach Kubikfußen nutzbaren Stoffs berechnen läßt, welches aber dafür von so unermeßlichem sittlichem Einfluß ist, daß es die Heilmittel aller großen Uebel in sich getragen hätte, wäre ihm Neubelebung und Dauer gegönnt gewesen. Dies Herkommen umfaßt das Gemeindeleben in den zwei inhaltschweren Worten: eigne Rechtspflege, Selbstverwaltung.

Wir sind den Waldgerichten begegnet an der Eiche zu Nußbach, an der Linde zu Oedsbach. Hoch oben am Burgberg unseres Schlosses, am Fuße des vorspringeuden alten Thurms gen Nordost, um welchen der Burgweg sich herumzieht, steht ein prächtiger Lindenbaum. Der oder sein Ahne sah die Männer der Staufenberger Herrschaft zu Gericht sitzen über Mein und Dein, Über Hals, Haar und Hand.

Bis zum Jahre 1511 dauerte das Gericht unter der Schloßlinde, da wurde auf markgräflichen Befehl ein gemeines Gerichtshaus "in den Vorhof des Schlosses" gebaut und alle "Malefizhändel", d. h. Kriminalsachen, dorthinein verlegt, "daß man die Gefangenen desto besser behaupten und ihre Missethaten strafen könne". Als ein Gedenkblatt von der Gerichtslinde stehe hier eine der letzten "hohen Fragen", über welche sie die Zwölfer vor dem "ganzen Umstand" urtheilen sah.

An der freien Straße unter der Linde saß am 16ten April 1477 der Schultheiß mit den Zwölfen. Und der Heimburge von Ortenberg klagte im Namen des Pfalzgrafen bei Rhein, welcher dazumal Pfandherr der Ortenau war, gegen Erhart Schatz aus Durbach, daß er den Heinrich Koler, welcher zu Durbach wohnhäblich, aber ins Amt Ortenberg gehörig gewesen, bei Nacht und Nebel ungewarnt und wider Ehre und Recht leiblos gemacht habe.

Dreimal frug der Schultheiß, ob der Thäter oder sein Nothbote auf sothane Klage antworten wolle. Wie Alles schwieg, so urtheilte das Gericht, man solle drei freie Straßen machen und den Boten aussenden, zu schauen, ob der Mörder oder Jemand von seinetwegen zur Antwort sich stellen wolle. Dreimal ging der Bote die Straßen, dreimal kam er und brachte ein Nein.

Da spricht das Gericht "nach freiem kaiserlichem Recht über Schatz als einen Mörder"; dem Pfalzgrafen erkennen sie des Verurtheilten Leib zu; ihren Junkherren, den Gemeinern auf Staufenberg, aber all dessen Gut im Staufenberger Gericht, weil der Todtschlag in demselben begangen sei. Sie erklären den Mörder "in der Gemeiner von Staufenberg Acht mit rufender Stimme und blasendem Horn und läutender Glocke zum ersten, zweiten und dritten Mal, verbieten ihn seinen Freunden und erlauben ihn seinen Feinden. Und alle die, so ihn tränken oder speisen oder herbergen, seien in derselben Acht, so weit der Gemeiner von Staufenberg Gericht und Acht reicht."

War der Burggenossen Gebiet auch klein, ihr Recht war groß, war ein ihnen allen zugleich mit dem Schlosse verliehenes Hoheitsrecht Wie wir gesehen haben, ist gerade die Erwähnung des Antheils am Gericht das Merkmal des echten Volltheils auf Staufenberg. Und nach den Schloßtheilen vertheilten sich auch die Gerichtsgefälle, denn die standen ganz den Burggenossen zu(62).

"Man soll das Gericht vor sich lassen gehn, wider wen das ist, ausgenommen wider die von Staufenberg und die Theil und Gemeiner zu Staufenberg sind." So verordnet der Burgfriede von 1459. Bedenklicher lautet aber seine weitere Stelle über das Gericht: "Keiner von Staufenberg oder Theilgenoß soll das Gericht verbieten. Man soll es freien und recht lassen sein, es wäre denn, daß die Baumeister und zwei andere oder mehrere ungefähr bedünkte, es sei nothwendig, das Gericht still zu stellen."

Wir sehen, der letzte Hort des Volkes war auch fadenscheinig geworden, seine Rechtspflege war auch schon durchlöchert; sie that gut, sich hinter Mauern zu bergen. Leb’ wohl, Gerichtslinde; nur ein Scheinbild grünt fürder an deiner Statt. Du selber bist zu den Dielen bereits zerschnitten, die uns bald im zum Amthaus gewordenen Schloß als Registraturkasten und Schreibpult begrüßen werden.

Es war mit so unendlich Vielem aufgehaust zu jener Zeit, im Reich der Idee, wie in dem materieller Wirthschaft. Jahrhunderte langer Verbrauch hatte die Zukunft mit Schulden belastet bis zur Gantmäßigkeit; so mußte sie, als sie Gegenwart wurde, in scharfem Nothstand sich aus der Patsche helfen, wie sie konnte. Die größte gesellschaftliche Krise, welche die Welt gesehen, war dicht vor der Thür. Hören wir, wie erst ihr Finger und dann ihre Faust lauter und lauter auch an unser Schloß, an unsere Hütten angeklopft.

Wir haben hier die allgemeinen Ursachen nicht zu besprechen, aus denen mit Eintritt des 16ten Jahrhunderts eine ganz neue Zeit zu beginnen schien. Daß von Paris bis zur polnischen Gränze die Weizenpreise von 1520 bis 1550 durchschnittlich mindestens doppelt so hoch standen, als in den zwei letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts zuvor, ist längst erwiesen. Schuld war nicht sowohl die Einfuhr der fremden Metalle seit Entdeckung Amerika’s, sondern der "Umstand, daß gerade in dieser Periode so viele Völker(63) den Uebergang durchmachten von der langsamen, durch Schätzesammeln noch verlangsamten Geldcirculation zur schnelleren, durch Geldsurrogate noch beschleunigten."

Millionenstimmig besprach die Presse bald all’ die steigenden Nöthe; der kirchliche Hader erfüllte alle Welt; der Kaiser und das Reichsregiment hatten völlig bankerott gemacht vor der Landeshoheit; kurz politische, sociale und religiöse Noth schlugen in höchster Gluth zusammen.

Da brach denn das seinem Zweck entfremdete morsche Rittertum rasch zusammen. Wir haben gesehen, wie es auf Staufenberg noch einmal sich gewaltsam emporraffte, wie es sogar mit seinem Todfeind, dem Schießpulver, Bündniß zu machen suchte.

Bald aber nahm Festungs- und Geschütz-Dilettantismus ein entschiedenes Ende. Schon lebte drüben in Straßburg der Mann, dessen Architektur von Festungen wir nur aufzuschlagen brauchen, um zu sehen, daß kleine Bergnester, wie Staufenberg, fürder militårisch werthlos waren(64). Die Ritter nehmen für uns ein Ende, die Gutsbesitzer fangen an. Aber in der Rolle machen unsere Burggenossen eine grundüble Miene. Bald vermögen sie nicht mehr auch nur ihre Häuser im Schlosse in Dach und Fach zu erhalten.

In den untersten Schichten des Volkes grollte es dumpf, wie nahendes Erdbeben. Ein verhängnißvolles Symbolwort lief um, das bald alle fürstlichen Rathsversammlungen und die Rittertische und viel Tausende stiller Familienkreise wild auffahren machte. Es hieß Bundschuh. Schon waren etliche Bauernköpfe zu Grombach die Burghalde hinabgerollt, schon hatte manches Brusttuch auch hier bei uns am Gebirg das geheimnißvolle schwarze H im blutrothen Feld, das Lehener Bundeszeichen getragen, schon hatte der arme Konrad aus Wirtemberg mit feurigen Zungen herübergeleckt in’s Badische, da befahl der Markgraf eine allgemeine Visitation seiner festen Plätze.

Christoph von Remchingen inspicirte Staufenberg und fand es "unversehen und unversorgt"; Wolf Stoll und die Widergrün ließen die Häuser, die sie droben hatten, des Markgrafen Eigentum und ihr Lehen, zerfallen. Daraufhin verweigerte der Lehensherr, den ihm durch Rudolphs Pfauen Tod heimgefallenen, ursprünglich kolb’schen Burgtheil neu an einen oder alle der Burggenossen zu verleihen.

Sie aber stehen, auf ihr Recht trotzend, recht einmüthig dem Markgrafen gegenüber, die alten Gemeiner und die nun schon ein Jahrhundert lang eingedrängten Pfaue (Arnold und Jakob). Um so überraschender ist der ungeheure Abstand zwischen dem Kleinmuth, womit sie sich jetzt ein Armuthszeugniß ausstellen, und jener um Mittel nicht verlegenen, fast jubelnden Zuversicht, welche sie noch 1470 zeigen konnten, sobald sie nur einig waren.

Mit ihrem Rechtsanspruch, daß der Markgraf den erledigten Burgtheil einem von ihnen verleihen müsse, drangen sie beim Lehen- und später auch noch einem Schiedsgerichte durch. Wolf Stoll erhielt den Antheil, welchen Rudolf Pfau besessen. Aber eingestehen mußten sie: "Wolf könne nicht anders als zu schlechter Wohnung auf Staufenberg bauen, und auch die Widergrün vermöchten nicht viel Ueberfluß." Und dann fanden sie keine giltige Antwort auf den Vorhalt: "sie hätten ja nicht einmal die Burghut recht bestellt, und es sei nichts da, als ein Thorwart, der Tags hüten und Nachts wachen solle."

Bei so rasch zunehmender Armseligkeit verkam denn auch Stamm um Stamm. Ehe ein Jahrhundert herum ist, steigt der letzte Sproß sämmtlicher Burgmannenfamilien ins Grab.

Die lehensherrliche Politik ihnen gegenüber ist entschieden die, das ganze Lehen möglichst bald zum Heimfall zu bringen. Der Markgraf hatte kein Motiv mehr, auf Vollzähligkeit der Burgmannschaft zu dringen. Wenn er weiter nichts that, als daß er dem erst kürzlich gegen ihn durchgesetzten Herkommen den Lauf ließ, welches ihm ja verbot, an andere, als echte Burggenossen Burgtheile zu verleihen, so mußte das Lehen von selbst sich auf immer weniger Augen stellen.

Die ganze Haltung der Landeshoheit ist straffer, gebietender geworden. Als auf Nanstuhl der Ritterkaiser unter den Geschützkugeln der Fürsten fiel, war der Letzteren Sieg entschieden über Rittertum und Reichsregiment. Dicht hinterdrein kam aber die Feuerprobe für ihre neubegründete Macht. Sie haben dieselbe bestanden, anderwärts bis an die Knie im Blut, hier, in unserm Ländchen, auf eine ganz herzerhebende Weise, durch landesväterliche Milde.

Es ist das reinste Blatt in unserer Geschichte das, worauf das furchtbare Wort steht: Bauernkrieg; es ist’s durch Eines Mannes Seelengröße. Der Mann hieß Markgraf Philipp von Baden.

Wir haben gesehen, wie die gesellschaftlichen Lasten aller andern Stände sich auf die Schultern des Bauern überwälzten; wie diese Lasten sich immer steigerten, während die Tragkraft immer abnahm. Gerade in der Zeit, wo eine volkswirthschaftliche Krise all’ diese Uebel schärfer, rascher einschneiden machte, entfaltete das kräftigste Werkzeug zur Verständigung der Massen seine Zauberkraft: die Presse.

Zu Hunderttausenden liefen politische, sociale, religiöse Streitschriften um, und zwar von Meistern im Streit geschrieben. Der "Karsthans" allein z. B. muß zu Tausenden hierlands circulirt haben.

So kamen denn jene blut- und thränenreichen Ostern des Jahres 1525, wo in ganz Ober- und Mitteldeutschland die Fahne des Bundschuhs wehte. Da tönten auch im Rheinthal und diesseits und jenseits im Gebirg die Sturmglocken. Da zog auch hier aus den Dörfern, was da konnte, den Haufen zu mit Waffen und Fähnlein vielgestalt. Die jenseits der Kinzig scharten sich zum Lahrer Haufen, welcher unter Johann Ziler landauf zog gen Kenzingen und Freiburg. Die Ortenauer diesseits der Kinzig und die von Durbach und aus dem Renchthal aber lagen mit wehenden Panieren vor Oberkirch, später vor Offenburg.

Da mochte den Staufenberger Rittern die Wehrlosigkeit ihres Hauses und ihr kümmerlich Wesen eher zum Vortheil sein, als zum Nachtheil. Denn sonst mußte Alles daran, was den güldnen Sporn trug oder die Tonsur.

Es stand im Anfang des Mai eine furchtbare Röthe Nachts am Himmel nördlich über’m dunkeln Kamm des Stollenwalds, und wieder eine andere südlich über’m Berg von Niederschopfheim. Jenes waren die Flammen von Ulmburg, und hier sank Schuttern, die große Abtei, in Asche zusammen. Da bebte Allerheiligen, es sparte nicht Geld, nicht gute Worte. Wer weiß, was es gefruchtet, wenn, wie anderwärts, nur Eisen dem Eisen und Mordbrand der Dörfer dem Brande der Klöster geantwortet hätte.

Den badischen Landen war ein besser Loos beschieden, als allen andern, und der Ortenau ein kaum minder gelindes durch die Staatsklugheit des Rathes von Straßburg, vor Allem aber durch ein großes, edles Fürstenherz.

Markgraf Philipp wäre wohl auch der Mann gewesen, "die Büchsen unter die Bauern sausen zu lassen", er hatte die Kriegskunst so gut inne, als andere; er hatte vor Mitylene die Bluttaufe in einer Art erstrebt, wie es den grausamen Casimir von Brandenburg schwerlich gelüstet hätte, zu thun.

Auch er versuchte erst Gewalt, so lange es den Anschein hatte, es gelte nur, einzelne kranke Stellen des Volkstörpers auszuschneiden. Wie aber des Markgrafen klares Auge den Umfang der Bewegung überschaute, wie das Gefühl bei ihm durchdrang, es sei doch nur ein gerechter furchtbarer Nothschrei der mißhandeltsten Volksschichte, welcher so mißtönig durchs deutsche Land scholl: da instruirte er seinen Kanzler Vehus; da entsandte er ihn und seine besten Räthe an die Häupter der Bauernschaaren; da reichte er der Stadt Straßburg die Hand, um mit ihr gemeinsam zu teidigen, zu sühnen, wo Andere mit dem Schwerte dreinschlugen.

Seine Friedensboten ritten ein im Bauernlager vor Oberkirch, suchten und fanden Gehör. Am 27ten April geschah dann zu Achern die erste Besprechung der markgräflichen und straßburgischen Räthe mit den Ausschüssen des Schwarzacher und des Oberkircher Bauernhaufens. Die Aufgestandenen waren bereit, wenn man ihnen Straflosigkeit zusage, die in den 12 Artikeln der gemeinen Bauerschaft enthaltenen Beschwerden und Begehren einer demnächst zu haltenden Versammlung der badischen und straßburgischen Räthe zur "gütlichen Hinlegung oder Milderung anheimzustellen".

So lange, bis der Markgraf und die übrigen Herrschaften ihre Zustimmung oder Verwerfung dieser vorläufigen Abrede erklärt hätten, wollten die Bauern ruhig im Lager bleiben. Seien die Herrschaften einverstanden mit der Amnestie und mit der gütlichen Verhandlung, so sollten die Bauernheere nur jedes noch einen zum Abschluß des endgiltigen Vergleichs bevollmächtigten Ausschuß erwählen und dann sofort Jedermann ruhig sich in seine Heimath ziehn.

Der Herrschaften Zustimmung traf schnell ein. Eine Woche nach dem Tage zu Achern hatten die Haufen ihre Ausschüsse gewählt und waren nach Hause gegangen. Am 5ten Mai vereinbarten zu Offenburg die straßburg-badischen Räthe Dr. Vehus und Ritter Bernhart Wormser mit diesen Ausschüssen den Tag zur gütlichen Verhandlung auf den 22ten Mai, und zwar nach Renchen.

Und der Markgraf hielt sein Versprechen, obwohl den Bauern sonst Jedermann scrupellos das "abgedrungene" Wort brach. Er hielt es, obwohl aus Wirtemberg Nachricht einlief, wie der Truchseß bei Herrenberg und Böblingen den "hellen christlichen Haufen" zerschmettert, und aus dem Elsaß, wie der Herzog von Lothringen bei Lupstein und vor Zabern des elsäßischen Bauernheeres bei 24.000 Mann erschlagen. Ja, noch vor dem 22ten Mai war auch aus Thüringen der Triumphbote da, Münzer und sein Heer seien bei Frankenhausen am selben Tag erlegen, wo die 4.000 in Lupstein eines furchtbaren Todes gestorben.

Und der Markgraf hielt dennoch Wort, er hielt es in großherzigem Sinne: er instruirte seine Räthe nicht etwa in einer Weise, die zum Zerreißen der Verhandlungen führen mochte, nein, er stand fest und hielt es wie ein echter deutscher Mann, ganz und durchweg

Welch ein Gegensatz! Drüben in Wirtemberg loderte am Sonntag (21ten Mai) Weinsberg im Rachefeuer auf unter’m Jauchzen des Bundesheeres. Und am Montag darauf begann zu Renchen das Friedenswerk an Christi Himmelfahrt (den 25sten Mai) war’s beendet. Alle Theile beschworen es.

Keine Urkunde muthet einen eigenthümlicher an, als dies in vielen Exemplaren ausgefertigte Pergamentlibell in Quart mit vielen Sigeln dran. So furchtbar eingeklagte Rechtsansprüche hat noch kein ander Instrument gütlich beigelegt zu haben mit Fug sich rühmen können.

Welch’ glückliche Insel inmitten eines Meeres von Blut und Thränen waren die paar Herrschaften, welche diese Friedensurkunde umfaßt! Unter den Besiglern ist Wilhelm Hummel von Staufenberg für seine Burggenossen alle mit, und dann unter den auftragsweise sigelnden Städten und Orten: Schultheiß und Gericht von Staufenberg

So war denn Markgraf Philipps großherzige That für unsere kleine Herrschaft auch mitgeschehen; darum sei denn noch ein Weiteres daran gepriesen. Der bündigste Beleg für ihr Entsprungensein aus den innersten Tiefen von Philipps eignem Herzen ist der, daß er auch für die Ortenauer beim Erzherzog Ferdinand Milde erweckte.

Der Erzherzog dachte nicht an Milde, sondern wollte mit Lothringer Schaaren, berüchtigten Namens, sein Land überziehen. Da eilte der Markgraf nach Tübingen zu dem Zürnenden und ließ nicht ab mit Vorstellungen und Bitten, bis der Tag von Offenburg zugestanden war, der auch für die Ortenau einen gütlichen Austrag brachte.

Welcher zweite Fürst in Deutschland hat in jener furchtbaren Zeit mit Kraft der Seele und des Leibes, mit Kriegsmuth und politisch strebendem Sinn eine so grundsatzfeste, werkthätige Herzensmilde vereinigt, wie Markgraf Philipp? - Sein sollte das Land zwischen Bleich und Oos gedenken in tiefer Verehrung, so lang der Rhein von den Alpen zum Meere fließt.

Der Vertrag zu Renchen war auf Grund der 12 Artikel geschlossen, darum folgen seine Bestimmungen den Paragraphen dieses berühmten Beschwerdemanifestes. Die Predigt des göttlichen Wortes macht den Anfang. Nur tüchtige Prediger sollen angenommen und darüber ein Gemeindeausschuß gehört werden. Die Untüchtigen müssen abtreten, erhalten aber eine anständige Versorgung. Diese braucht jedoch Kindern und jungen Leuten nicht verabreicht zu werden, welche Pfründen innehaben, ohne sie versehen zu können. Es gab also Pfründnießer im Wickelband. Und schon Sebastian Brandt hatte geklagt:

Mancher viel Pfründen besitzen thut,
Der nit wär zu eim Pfründlin gut.

Zehent soll fürder nur noch gegeben werden von Wein, Korn, Weizen und dem Getreide, das die Mühle bricht, von allem andern nicht. Alles war in den Bereich des Kleinzehnten gezogen worden: Obst und Hausthiere, sogar Pferde! Hanf- und Heuzehnt wird in der Regel nicht gegeben; wem er seither noch obgelegen, der entrichtet künftig nur die Hälfte.

Es soll freier Zug erlaubt sein in all die Herrschaften, die auch freien Zug gestatten. Ferner aber, und dies ist ein Satz von großen praktischen Folgen gewesen, ferner soll jeder Unterthan der Herrschaft Steuer, Bet und Dienstbarkeit entrichten, wo er gesessen ist. Die Territorien waren im Zuge, sich an Gränzen und Rechten abzurunden; in dieser Richtung ist hier ein großer Schritt geschehen; ein höchst wichtiger zu Herstellung eines ordentlichen Steuerwesens und zumal eines vernunftgemäßen Steuer-Austheilers.

In weiterem Vollzug dieses nunmehr siegenden Grundsatzes wurden 1531 alle und jede in Durbach ansäßigen Männer und Weiber, so bisher von Reichswegen an den Stein Ortenberg gehuldigt und gesteuert, vom Grafen Wilhelm von Fürstenberg, als Pfandinhaber der Ortenau, mit kaiserlicher Genehmigung an die Gemeiner von Staufenberg, mit allen "Steuern, Fronen, Beten, Reisen und andern Dienstbarkeiten" um 1.800 Gulden verkauft.

Hören wir nun, wie die brennenden Fragen erledigt wurden, welche, wie immer, wo der Bauer sich verletzt glaubt, so auch hier eine große Rolle spielen, sein Jagdrecht und sein Waldrecht.

Es hauste damals noch viel bösartiges Gewild in den Schwarzwaldbergen, so arg auch die Axt gelichtet. Wir hören im Weistum des Hubgerichts zu Noppenau(65), daß es "der Gesellen hinter’m Getös Recht war, wilde Schweine und Bären zu jagen". In mancher Winternacht mag sich’s heruntergeschlichen haben über die schneebedeckten Halden aus dem Dickicht des hohen Mooses an unsere Gehöfte im Thal, schweren Schritts und brummender Stimme, oder aber rudelweise mit kläffendem Geheul, je nachdem Braun oder Isegrim auszog, sich einen Braten zu erjagen.

Solche schlimme Gäste und dazu Füchse und wilde Katzen soll jeder zu eignem Nutzen umbringen und fangen dürfen; ein erlegtes Wildschwein aber, selbst wenn es in des Bauern Rebberg gedrungen war, muß er dem Jagdherrn abliefern. Doch darf er fernerhin wenigstens seine Güter mit Zaun und Graben gegen solche Besucher schützen. Früher stand ihm das also nicht zu! Nicht einmal das!

Der Vogelfang steht Jedem frei, ausgenommen sind nur der Herrschaft alte Entenfänge (Antvogelgriene) und die verpachtete Fasanenjagd.

Ueber die große Versorgungsanstalt, den Wald, und über die Holznutzung wurde, weil die Verhältnisse in den verschiedenen Gegenden so grundverschieden seien, nichts verordnet, und nur der Wunsch ausgesprochen, die Herrschaften möchten ein Einsehen thun, daß Jedem, der Mangel an Bau- und Brennholz habe, solches werde, doch "mit geziemender Ordnung und so daß die Verwüstung der Wälder verhütet werde".

Bei den Herrenfronden wurde zugesichert, daß sie künftig nicht willkürlich gesteigert und von keiner Mannsperson jährlich mehr als vier Tagfronden gefordert werden dürfen. Die ungemessenen Fronden sollten also durchweg abgeschafft sein. Sie blieben’s wohl auch, so lange Markgraf Philipp lebte, aber bald schlichen sie sich wieder unter vielen Vorwänden ein, so daß es im 17ten Jahrhundert von den Staufenberger Bauern ganz allgemein heißt, sie hätten "alle unterthanliche Dienste mit Vieh und Wagen und Handfron zu thun".

Es wurde so bitter geklagt, bei den Erblehen-, Zins- und Bestandgütern sei die Gült unerträglich hoch geworden. Da erging denn allgemein die Erlaubniß: wer sich überlastet glaube, solle aufkünden dürfen. Wo aber ein Gut herabgekommen sei, und deßwegen die Gült nimmer ertrage, da solle durch ein Schiedsgericht die Abgabe herabgesetzt werden.

Ueber die mit Legaten und Vergabungen an Kirchen und Klöster überbürdeten Güter soll jede Obrigkeit mit dem Rath der Gemeindeausschüsse verfügen, was Rechtens sei, vorbehaltlich der künftigen radikalen oder theilweisen Abschaffung solcher Lasten durch einen Reichsschluß. Die Hoffnungen auf eine Sozialreform von Reichswegen giengen noch in hohen Wogen.

Wenn seither oft die Beamten sich erlaubt hatten, Frevelbußen aufzuerlegen und einzuziehen, ohne gerichtlichen Spruch, so wurde dies für die Zukunft verboten und zugleich bestimmt, daß das Gericht des Ortes, wo der Frevel begangen worden, hiefür zuständig sei. Und um der Klage abzuhelfen, daß die Gemeinden durch Gewaltthat oder leichtfertige Verwaltung um ihre Almenden gekommen, wurde verheißen, es solle alles derartige Gut wieder an die Gemeinden heimgestellt werden, ohne oder gegen Erstattung des Kaufgeldes.

Eine gehässige Abgabe soll ganz abgeschafft sein: der Todfall vom lebenden Leibe, den seither jede Person, Mann oder Frau, jung oder alt, ihrem Halsherrn gegeben. Der andere Todfall aber, den man anderwärts "Ehrschatz" nenne und welcher von Gütern gegeben werde, der soll bleiben, bis etwa ein Reichsschluß anders verfügt. Solche Güter hießen eben darum fallbare und wurden auf geringern Zins oder Gült verliehen. Es soll aber diese Abgabe nur dann gefordert werden dürfen, wenn der Nachlaß über 50 Gulden werth sei. Von diesem Betrag an und bis zu 100 Gulden darf ein halber, von 100 und drüber ein ganzer Gulden, aber nie mehr erhoben werden.

Die Mehrzahl der Güter im Staufenbergischen waren "fallbare" und auch der Leibfall war ortsüblich. Jene Renchener Paragraphen haben wider das Finanzinteresse der späteren Zeit nicht Stand zu halten vermocht. "Die Herrschaft hat 240 Todfallrechte", sagt der Amtsbericht von 1666, "und wird für den höchsten Leib- oder Güterfall kein mehreres als fünf Gulden gegeben."

Das Fehlschlagen der großen Gesellschaftsumwälzung und aller Reichsreform machte sich eben auch in unsern kleinen Kreisen fühlbar. Bald kamen furchtbare Kriegsstürme und warfen alle Kultur weit, weit zurück, so daß jener Rückschlag unbeachtet blieb vor späterem Elend. Gehen auch wir ihm nicht weiter nach. Betrachten wir vielmehr unsere Gutsbesitzer, denen eine neue Zeit das Ritterkleid abgestreift.

Die von Staufenberg schlechtweg benannte Familie war schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts erloschen. Ihr folgten von 1415 bis 1421 beide Linien der Kolb, deren Lehen nun an die Bock kamen. In den Jahren 1479 und 1499 aber traf auch die mehreren Linien dieses Geschlechts die Reihe; der größere Theil ihrer Lehen ward den Pfau zu Theil(66). Uebrig waren also zu Anfang des 16. Jahrhunderts nur noch die vier Familien: Hummel, Pfau, Stoll und Widergrün.

Die Hummel hatten sich schon im vorigen Jahrhundert ihrer besten Lehen entäußern müssen, ihres Antheils am Schlosse Tiersberg, des Schlosses und Dorfes Hofweier und des halben Gerichts Schutterwald, ihrer 150 Leibeigenen in Durbach und endlich des Schlößchens Binzburg. Mit Wilhelm Hummel erlosch ihr Stamm 1545. Melchior Widergrün’s Vormund erlangte die Belehnung mit den hummel’schen Gütern.

Schon früher waren die Pfau ausgestorben. Auch ihre Lehen fielen in Widergrüns Hand, wie endlich 1572 ebenso die der Stoll. Der letzte von ihnen war Asinius Stoll gewesen, schwer bedrückt von 2.000 Gulden ererbter Schulden "sammt aufgeschwollenem Verseß", so daß der Arme sein Unvermögen zur Zahlung reversmäßig erklären und dem Markgrafen Philipp II von Baden-Baden seine so übermäßig belasteten Lehen heimstellen mußte.

Der Markgraf hatte nicht nur auf den stoll’schen, sondern auch auf den widergrün’schen Antheil an Staufenberg Anwartschaft ertheilt an zwei homines novi, echte Repräsentanten der Zeit, die da kommen sollte, an seinen Kanzler, Dr. Andreas Vinther, und seinen Landschreiber (Finanzminister) Rosenhueber.

Es gelang aber dem vorletzten Widergrün, eben dem mehrgenannten Melchior, die "Exspectanten" mit 4.000 Gulden baar und den lahrischen Lehen abzufinden, und gegen Uebernahme der stoll’schen Schulden, die Umwandlung des ganzen Staufenberger Lehens in ein Weiberlehen ("Erblehen") zu erreichen. Er mußte aber zu diesem Zweck die widergrün’schen Alode im Betrag von 3.000 Gulden als Bestandtheil dieses Lehens erklären. Das Ganze der Staufenberger Lehen schlug man also in dieser Zeit auf 6 bis 8.000 Gulden an.

Zu demselben Ergebniß führt die Abfindungssumme, welche für ein Drittel dieser Lehen in Gestalt einer Jahresrente von 60 Gulden und 25 Vierteln Korn an den in Kriegsdiensten außer Landes befindlichen Johann Friderich Widergrün bis 1544 bezahlt wurde. Ueber der Widergrüner Alodialvermögen haben wir ein genaues Verzeichniß im Theilbuch von 1537. Es betrug etwas über 3.000 Gulden heutigen Geldes, nach niedrigem Anschlag(67).

Dies Inventar berichtet über eine sehr bescheidene Fahrniß. Es kamen an Zinnplatten nur fünf zur Theilung; unter’m Bettwerk bekommt jedes der sechs theilenden Geschwister "ein Stück heidnischen Werks" (Kissen oder Stulach)(68). An Silber sind nur sechs schlichte Becher da. Deren traf es also gerade einen auf jeden der Theilenden.

Vier der Geschwister erhalten je eine, zwei je zwei Himmelbettladen. Die waren also reichlich vorhanden, aber noch kein einziges Leintuch. Auch der Handtücher gab’s im Ganzen nur sechs, dagegen Tischtücher ein Dutzend. Die Sitze mögen recht hart gewesen sein, denn ob auch über einen hölzernen Stuhl ein "Stulach", womöglich aber mit Wappen, gespreitet wird, oder über ein tannenes "Lotterbett" eine "Serg", so ist das wenig tröstlich. Als Möbelpolster wird einzig und allein aufgeführt "ein langer Bankpfulb".

In Melchior Widergrün's Hand vereinigten sich, wie wir gesehen, nach und nach alle staufenbergischen Lehen. Da erhält die ganze Vermögenswirthschaft mehr Schwung und hätte gedeihen mögen - wäre Segen drin gewesen.

Melchior war ein rühriger Mann, er hat durch Ankäufe seinen Güterbesitz abzurunden gesucht; er hat mit schweren Opfern die Lehen alle in seine Hand zu bringen gewußt; er hat sie alle in guten Bau gesetzt, hat das Schloß Staufenberg fast nur als Bewirthschaftungsgebäude genützt, hat Eisenwerke angelegt und sich bei ·all’ dem tüchtig umgetummelt. Und doch war seine Mühe durchweg vergeblich.

Freilich mag auch seit Anfall aller Staufenberger Güter an ihn seine Haushaltung im Widergrüner Hof in Offenburg ein gut Theil zu großartig angelegt gewesen sein. Wir müssen das nach seinem Tode (1592) angelegte Inventar mustern. Wie viel reicher an Rubriken ist’s, als das von 1537! Es waren über 5.000 Gulden (heutigen Geldes) Schulden da, und überdies hafteten deren so viele auf den Häusern zu Offenburg, daß davon nur 800 Gulden frei blieben. Trotzdem aber wurde das zu theilende Vermögen auf über 9.000 Gulden geschätzt

Für mehr als 600 Gulden ist Silberzeug vorhanden, und es wird hiebei nur der Silberwerth in Anschlag gebracht, nirgends die Arbeit, die Facon. Da waren achtzehn silbervergoldete Becher, von Melchior’s erster Frau mitgebracht, und jeglicher wog 3/4 Mark. Sie trugen alle das widergrünblumeneckische Doppelwappen, wie es aus selber Zeit (etwa 1560) über dem Schloßthor in Stein gehauen zu sehen ist(69). Sie haben wohl bei manchem Gelage festlich geklungen; einer war ganz zertrümmert, so fest hatte ein Zecher ihn angefaßt.

Melchior's zweite Frau war eine Ratsamhausen gewesen. Von der stammte ein silbervergoldetes Prunkgeschirr mit drei Brustbildern und den ratsamhausen- und widergrün’schen Wappen, 5 Mark schwer; ferner mit gleicher Zier eine silbervergoldete Flasche und endlich zwei Schalen und zwei Salzfäßchen mit dem ratsamhausen- und endingen’schen Wappen. Aus der Ehe von Melchior’s Eltern fand sich noch ein Becher; er trug neben dem widergrün’schen das Wappen seiner Mutter Maria von Königspach. Schalen, Näpfe und 20 Löffel machen den Rest des Silbergeräthes aus.

Tüchtiges war nichts mehr in dem Haushalt(70). Das Wappen auf der harten Stuhllache der alten Zeit ist viel altväterlich solider als all’ die prunkende Heraldik auf dem silbervergoldeten Schwindel.

Bei dieser Theilung kommen 22 Zinnplatten allein auf Junker Philipps Antheil, viermal mehr als 1537 im Ganzen zu theilen gewesen. Alle trugen das widergrünsche Wappen. Dort stand nur ein Leuchter verzeichnet, hier fallen neun auf einen Antheil. Weiter besagt das Inventar 5 Fischpfannen und 11 Tischtücher von Gebild, 36 Servietten, 12 Handtücher und - ein wesentlicher Fortschritt: fünf Leintücher. Dazu an "schwarzem Getüch" (d. h. ungebleichtem Linnen) 10 Servietten, vier Tisch- und noch fünf Leintücher.

An Bettwerk findet sich eine Menge von Pfulben, Haupt- und Schulterkissen, viele mit Ziechen; ein neues Zeichen, daß auch wohlthätiger Luxus mit dem andern groß wuchs, der der Reinlichkeit nämlich. Die Ziechen sind von Drilch, Barchent, "kölnischem und Brabanter Zeug".

Eine besondere Rubrik haben in Junker Philipps Antheil die "Sergen und das heidnisch Werk". Von letzteren trägt ein Stuhlkissen das ratsamhausen’sche und widergrün’sche Wappenschild.

Und wieder ein eigenes Kapitel bilden die Garne zum Waidwerk. Das ist ganz ritterlich und in der Ordnung, aber den Schluß des Inventars macht ein Geräth, welches das Ende allen Rittertums als rechtes Symbolum bezeichnet: ein bedeckter Wagen sammt Zubehör (im Anschlage von 24 Gulden heutigen Geldes). Es scheint, trotz des Beisatzes "mit zwei Kutschenkissen", eben keine Staatskarosse gewesen zu sein.

Ein großer, anspruchsvoller Haushalt wurde hier geführt, offenbar zu groß für das Grundvermögen, welches dazu die Mittel liefern sollte. Der Hauptsitz desselben war in Offenburg. Die Häuser dort, namentlich das größere, waren mit fournierten Möbeln gut versehen, zumal mit einer tüchtigen Zahl von Himmelbettladen.

Wir wollen, da uns kein früheres Inventar zu Gebot ist, den Hausrath auf Staufenberg, wie er droben in den Stuben stand, einmal ansehen, wobei wir freilich immer im Auge haben müssen, wie das Schloß nicht mehr das Hauptwohnhaus vieler Familien, sondern nur ein der Landwirthschaft geweihter Nebensitz eines reichthuenden Mannes ist.

Wir treten in des "Junkers Wohnhaus". Im Erdgeschoß ist des "Junkers Stube". Sie enthält einen runden Klapptisch von Ahorn, drei kleine Schragentische, zwei niedere Bettladen mit hölzernen Himmeln, zwei Lehnstühle und drei "Laden", deren nur eine verschließbar.

Der obere Stock enthält eine Stube und vier Kammern. In der Stube stehen lediglich ein Tisch und ein Stuhl. Die Gastkammer neben derselben birgt die besten Betten, doch ganz verschiedene Bettladen: eine Stangenbettlade mit hölzernem Himmel "sammt schwarzem Bursatin", eine fournierte Bettlade, ein Bettlädlin und ein Kensterlin, d. h. ein Eckschrank. In der Thurmkammer sind eine Stangenbettlade mit Himmel und zwei fournierte Tröge, d. h. Kommoden, in den beiden andern Kammern aber fünf geringe Betten aufgestellt

In der Küche befindet sich ein Schrank, ein Hafenschaft und ein Bratspieß; im Saale aber, welcher wohl auch im Erdgeschoß zu suchen ist, war weiter nichts als "ein Schragentisch, ein Schlagührlein und ein Essigfaß".

Im Stollenhaus stand lauter schlechter Hausrath. Für die Dauer von des Schloßherrn Anwesenheit in seinem "Sommersitze" hatte man die Kinderstube im obern Stockwerk dieses Hauses eingerichtet. Sie enthielt zwei gefirnißte Kinderbettladen, ein langes Tröglein, einen Kindertisch, einen Schrank und einen schwarzen Kammerstuhl. In der Portnerstube waren zwei große und ein kleines Bett nebst einem alten Tisch. In der Rüstkammer: ein vierbeiniger Stuhl, ein Schemel nnd ein Kübel. An Rüstzeug nichts.

So unrecht hat gerade Melchior’s Schwager nicht, wenn er in seiner Anklage meint: man könne Staufenberg kaum mehr "für ein wehrlich Schloß erkennen". Die Ritter haben’s versucht, als Gutsbesitzer weiter zu hausen. Es ist nicht gegangen, drum gingen sie. Mit Melchior’s Sohn Philipp starb 1604 der letzte männliche Sproß der so zahlreichen Staufenberger Stämme hinweg.

Seine Schwestern gedachten, ihr "Erblehen" ruhig in Besitz zu nehmen. Aber es waren andere, für sie schlimme Zeiten gekommen. Markgraf Ernst Friderich, der alle baden-badischen Lande besetzt hielt, entsandte, sobald ihm Philipps Tod kund ward, Truppen nach Staufenberg, um es in seinem Namen als heimgefallen in Besitz zu nehmen.

Die eine der Schwestern, Kunigund geheißen, Johann Rudolfs von Breitenlandenberg Wittwe, eine resolute Dame, saß auf dem Schlosse, um das gute Recht der widergrün’schen Erben zu wahren. Der Kommandant der badischen Truppen war verlegen, was zu thun. Mehrmals hatte er ihr bedeutet, hier sei ihres Bleibens nicht. Sie blieb und protestierte. Er drohte; sie protestierte abermals. Da gieng ihm die Geduld aus - er blokierte sie nach bester Kriegsmanier. Ein Posten vor ihrer Thür ließ weder Speise noch Trank ein, "so daß sie endlich aus Hunger und Kumer sich von dannen erheben müssen".

Der Markgraf bot übrigens den widergrün’schen Erben 10, ja bis 20.000 Gulden Entschädigung, so vielversprechend und wichtig erschien ihm die Herrschaft. Sie hätten klug daran gethan, das Geld zn nehmen. Statt dessen setzten sie der alten Dame Protest fort und predigten dem Markgrafen immer wieder, es sei ein unumstößlicher, unumgänglicher Rechtssatz: spoliatum ante onmia restituendum. Wer entwährt sei, dem müsse man vor Allem wieder in den Besitz verhelfen.

Die in schweren Finanznöthen befangene Regierung zu Durlach hörte nicht auf solche Einwände und sann darauf, wie Staufenberg am vortheilhaftesten zu veräußern sei. Es existirt der Entwurf zu einem Verkaufsvertrag mit dem sehr hohen Anschlag der Herrschaft 173.000 Gulden. Dabei soll dem Käufer zur Bedingung gemacht werden, die in der Herrschaft eingepflanzte lutherische Religion aufrecht zu erhalten und die Hälfte der Baukosten einer Kirche gleicher Konfession in Durbach zu übernehmen.

Dem Schlosse suchte man durch Reparaturen eine ansehnlichere Gestalt wiederzugeben; ein neuer Bau wurde an der Stelle aufgeführt, wo einst die Häuser der Kolb und der Bock gestanden, gen Süden, aber ziemlich eilfertig und auf schlechten Fundamenten. Man sprach nun wieder von einer "Vestung Staufenberg". Darum waren auch in der Rüstkammer drei gute Doppelhaken, zwei Fässer Pulver, Harnische und Harnischstücke sammt einer Hellebarde. Im Thurm daneben lagen "vier Doppelhaken zum Sturm gerüstet".

Aber 1622 kam und Wimpfen und die Wiedereinführung Wilhelms von Baden-Baden in sein Land. Das brachte nach Staufenberg den Katholicismus wieder und einen neuen Schloßherrn dazu.

Die widergrün’schen Erben hatten sich gleich an den rückgekehrten Markgrafen gewendet, mit der Bitte um ihr Recht. Sie wurden aber bedeutet: sie möchten immerhin den Rechtsweg betreten, das Lehen sei bereits an einen Andern endgiltig vergeben(71). Diese Verleihung war ein Akt der Dankbarkeit aus dem Exil, in welchem Markgraf Wilhelm so lange gewesen.

Karl von Orscelar, Freiherr von Oudenguth, hatte ihm getreue Dienste geleistet und war ihm mit seinem Gelde beigesprungen in den Zeiten der Noth. In gleicher Weise hatte dessen Sohn Heinrich Karl seinem Herrn Treue gehalten. Zur Belohnung dafür und zur Sicherstellung seiner Besoldungsrückstände und Vorschüsse erhielt der Letztere nun Staufenberg als Mannlehen, mit der Zusage, daß bei Abgang des Mannsstammes den Alodialerben die Summe von 16.000 Gulden ausbezahlt werden solle.

Zur schlimmen Zeit war Staufenberg an’s Geschick des Hauses Baden-Baden gefesselt worden. Die schwedischen Waffen drangen siegreich rheinaufwärts. Straßburg schloß sich ihnen an. Dort ließ Pfalzgraf Christian von Birkenfeld die Werbtrommel rühren im Namen der Majestät von Schweden, und aus dem Elsaß und Baden-Durlach liefen viele ihm zu. Sechs Cornet Reiter und eine Fußcompagnie von den neugeworbenen Schaaren zog im Januarfrost 1632 über die Kehler Brücke und fingen an, Krieg zu führen wider die Kaiserlichen, Krieg, wie er dazumal Sitte war. Die Schaar war klein genug, daß Offenburg ihre Aufforderung zur Uebergabe verlachen konnte, aber stark genug, um Urloffen, Appenweier und Griesheim auszuplündern; das Dorf Rammersweier gieng in Flammen auf.

In den ersten Februartagen kam auch an Staufenberg die Reihe. Widerstand fand der Führer der birkenfeldischen Schaar, Oberstlieutenant Köllinger, nirgends, auch nicht auf dem Schloß. Die Einwohner hatten viel von ihrer Habe hinausgeflüchtet. Das wurde geplündert, alle Schloßfahrniß zerschlagen, die Kirche verwüstet, ihre Ornamente geraubt, Thor und Brücke zerstört und Feuer daran gelegt.

Ende August belagerte das schwedisch-wirtembergische Heer die Stadt Offenburg, da ergieng neue Plünderung über Schloß und Herrschaft Staufenberg und zugleich waren die Kontributionen so furchtbar hoch, daß "die gesammten Dorfschaften der Ortenauer Ritterschaft den Beschluß faßten, jede Gemeinde solle einzeln mit dem Dragonerrittmeister de la Fontaine sich zu vergleichen suchen. Wolle derselbe sich aber nicht kontentiren lassen, so möge jede Gemeinde das Ihrige an sichern Ort bringen und die Häuser öde stehen lassen."

Die armen Leute zogen sich vor ihren wildherzigen Drängern in’s hinterste, rauhste Hochgebirg und waren dort wochenlang mit Familie und Viehstand bitterer Noth preis gegeben. Das Dorf Durbach wurde großentheils in Asche gelegt, das Bruderhaus zu St. Antonien und das Schlößchen Widergrün zertrümmert.

Das verwüstete Schloß bekam nun eine Salvaguardia. Deren Verpflegungsrechnung gibt ein köstlich Bildchen aus dem Heerwesen jener Zeit. Als Salvaguardisten marschierten nämlich an einem Septembermorgen ein: 1 Korporal mit 2 Musketieren, die hatten bei sich 3 Weiber und ein Maidlin. Vier Gulden kostete die Verpflegung der 7 Leute täglich. Da "schickte der eine Soldat seine Köchin weg, so daß mit dem Maidlin nur 6 Personen blieben bis in den Januar 1633".

Heinrich Karl von Orscelar erlebte wenig Freude an seinem neuen Lehen, und als es Friede wurde, starb er. Sein Sohn Wilhelm Hermann folgte ihm, er war der Letzte seines Stammes. Der Freiherr ließ aus den alten Urbarien Verzeichnisse über seine Gefälle ziehen. Sie erwiesen sich zum großen Theil unbeibringlich, weil die Güter nimmer auffindlich waren, auf denen sie gehaftet, und weil viele Höfe "in gänzlichen Ruin gerathen".

Die Einwohnerschaft des staufenbergischen Gebietes war vom greuelvollen Kriege um ein Drittel gelichtet. Nur 135 haushabliche verheirathete Bürger fanden sich noch. Wald war emporgewachsen an gar manchem Ort, wo zu Anfang des Krieges noch Rebland oder Ackerfeld gewesen. Dichter Anflug überdeckte das Gelände, wo der Weilerhof gestanden und die Güter um die Ruine von Widergrün.

Ein furchtbarer Umgestalter ist dieser Krieg gewesen. Wer jetzt von der Höhe von Staufenberg hinabschaut auf die Ebene, der sieht kaum die Hälfte der alten Ansiedelungen, Weiler und Höfe mehr, dagegen viel, viel größere Dörfer. Der Krieg hat die Leute enger zusammengescheucht(72).

Wilhelm Hermann suchte seine Herrschaft wieder emporzubringen, es war ihm aber nur kurze Zeit gegönnt, denn er starb schon 1666. Doch hat er in Durbach ein schönes Andenken hinterlassen. Die stattliche Kirche und die Errichtung der dortigen Pfarrei sind sein Werk. In der Kirche ist sein Grabmal zu schauen.

Bei Errichtung der Pfarrei hat er an die Klöster Gengenbach und Allerheiligen einen besondern Revers ausstellen müssen, daß diese Errichtung ihnen an ihren Rechten, besonders ihren Zehnten, keinen Eintrag thun solle. Den Zehnten in der Herrschaft hatte das Kloster Allerheiligen allmälig aus den vielen, zumal ritterlichen Händen, in welchen sein Bezug ruhte, fast überall erworben. Ueber dessen Betrag gab’s aber vielfachen Streit, natürlich immer vor geistlichem Gericht. Durbach behauptete, es habe an das Kloster nur den Dreißigsten zu geben; Allerheiligen aber verlangte den vollen Zehnten. Es kam zum Prozeß und alle Greuel des 30jährigen Krieges haben denselben nicht unterbrochen. Vom geistlichen Gerichtshof zu Straßburg, wo sie 1626 ihre Sache verloren, appellierten Schultheiß, Gericht und Gemeinde zu Durbach an den erzbischöflichen Hof zu Mainz, und wie ihnen da 1629 gleicher abweisender Bescheid wurde, an den Papst. Als dessen Delegat entschied 1646 der Bischof von Basel in letzter Instanz gleichfalls gegen die Gemeinde.

Schloß Staufenberg ging in übler Verfassung aus dem 30jährigen Kriege hervor, die Kirche war zertrümmert, das Thor zerstört. Dazu kam noch, daß der eilfertig aufgeführte neue Bau aus der baden-durlachischen Zeit jetzt schon baufällig wurde, und zum Abtragen reif war. Ehe man damit in’s Reine kam, ob der Abbruch geschehen solle, stürzte das Gebäude von selber ein (1663) und "riß sowohl die obere Schloß-, als die Zwingermauern aus dem Fundament mit sich nieder".

Zehen Jahre lang klaffte diese Bresche, da erhielt der Amtmann Befehl, sie durch Verpalissadierung zu schließen und zugleich die Erlaubniß, "einen abgefallenen alten Thurm im Schloß noch weiter abzubrechen und aus dem unteren Stock ein Kellerlein für seinen Besoldungswein zu machen". Dies ist der vielerwähnte Eckthurm gegen das Gebirg, auf dem noch vor 50 Jahren die 4 baden-durlachischen Doppelhaken gestanden, neben der Rüstkammer, hinter dem - Amthaus. Denn dazu war in der orscelar’schen und jetzt in der Zeit des Heimfalls an Baden-Baden das Gebäude im Hintergrunde des Hofes geworden, welches heute noch steht.

Dessen Einrichtung war einfach genug. "Im Erdgeschoß lag die Stube mit ein paar tannenen Tischen Und 4 eichenen Lehnstühlen möblirt. Außerdem fanden sich 10 Zinnbecher, eine alte zerrissene Bibel, ein Buch über theologica, ein Gießfaß und ein Essigfaß darin. In der Kammer daneben standen 3 Betten, in der Küche ziemlich viel Geschirr. Obenauf war die Schreibstube mit 2 Tischen und 2 Lehnstühlen, und daneben eine Kammer mit zwei Registraturschränken und einem eisenbeschlagenen Trog, darin des Hauses Dokumente verwahrt werden". In der Rüstkammer befanden sich 17 Musketen, alte Harnische und etwas Pulver.

Das Stollhaus mit seiner Stube und fünf Kammern stand leer. Wilhelm Hermann von Orscelar muß in dem später eingestürzten "neuen Bau" gewohnt haben. Seine 3 Stuben und etliche Kammern waren mit guten Möbeln versehen, z. B. gefirnißten Himmelbettladen auf gedrehten Stollen, mit Tischen und Stühlen von Nußbaumholz.

Eine neue Errungenschaft des Schlosses aber waren "ein Wachthaus und vier Esel im Stall".

Armes Schloß, armes Land! Schon rollen die Donnerschläge neuen Krieges, knapp 40 Jahre, seitdem der 30jährige geschlossen. - Die Drachensaat, zu welcher in Osnabrück und Münster das frohlockende Ausland sein Benedicite gesprochen, gieng jetzt für die deutsche Landeshoheit auf.

Der schöne Rhein, welcher einst inmitten deutscher Lande gezogen, er war Gränzfluß geworden; und dort die alte herrliche Feste Straßburg mit dem edelsten Kleinod deutscher Baukunst - Ludwig’s XIV Fahne wehte darauf. Und so lange er lebte, wurde kein deutscher Fürst am Rheine seines Landes froh.

Wäre nicht Alles so heillos zerfahren gewesen, so erbärmlich rath- und thatlos, mit den Kräften diesseits des Rheins hätte sich schon etwas machen lassen wider die Ueberfälle von drüben. Griffen doch z. B. die Kinzigthalbauern (am 20. August 1689) die französische Besatzung in Offenburg ganz von freien Stücken an, hat doch fast jedes Thälchen seine eigene Geschichte muthigen Widerstands wider die Scharen des "großen Königs".

Die lagen Ende Augusts bei Oberkirch und man hatte von Staufenberg aus mit Bangen ihre Patrouillen gesehen, wie sie am Gebirge hinritten. Es war in der Frühe des ersten Septembers und dichter Nebel deckte die Thalgründe und wogte um die Schloßmauern, da scholl plötzlich Feindesgeschrei ringsumher. Ueber die Palissaden und bei’m Zwingerthörlein herein drangen ihrer bei 200 Mann, "Marodeurs", wie Duras entschuldigend später sagte; doch hat ein sie deckendes Detachement bei "St. Florians Kapelle"(73) gehalten.

In wildem Lärm wurde das Schloß geplündert, der Wein getrunken und zum Beschluß in den obern Schloßzimmern Feuer eingelegt(74). Die Beamten konnten es noch zeitig löschen. Dann flohen sie. Doch wagte der Amtmann sich wieder herbei aus dem hinteren Gebirg, zu sehen, wie es den armen Leuten in Durbach ergehe.

Sonntagmorgen war’s. Die Herbstsonne schien segnend auf’s grüne Thal, aber keine Glocke rief zur Kirche, sie waren zerschlagen und geraubt. Nicht die friedlichen, freundlichen Kirchgängerzüge wurden flüssig aus den Thälchen herab in’s Hauptthal. Flintenschüsse knallten hageldicht. Der Bauer schlug sich um Leib und Gut, um seines Weibes und seiner Tochter Ehre. Da und dort das Thal herauf drangen die Plündererrotten, Rauch flog auf von vielen der einzelnen Gehöfte am Waldrand, und Jammergeschrei mit ihm, und Leichen lagen am Boden.

"Die Soldaten geben glorios vor, des Königs Ordre sei, Alles in Grund zu verderben", berichtet der Amtmann. Wir wissen jetzt, daß dies Vorgeben buchstäbliche Wahrheit gewesen, daß diese schaudervolle "königliche Ordre" in kalten, klaren Worten existirt.

Da überschauten die Fenster unseres Schlosses ein Rauchmeer bei Tag, ein Feuermeer bei Nacht. Am 7ten September brannte Gengenbach, am 9ten Offenburg und Windschläg, am 11ten Oberkirch und all die kleineren Orte zwischendrin. Bald war nichts mehr zu verwüsten, darum waren die Feinde am 16ten fort. Das Schloß sei aber noch ganz unbeziehbar, berichtete des neuen Schloßherrn Abgesandter, "es herrsche ein ziemblicher Franzosengeschmack darin".

Des neuen Schloßherrn - denn abermals zu sehr ungenießbarer Zeit war ein treuer Diener des markgräflichen Hauses mit Staufenberg belehnt worden. Aus dem kaiserlichen Feldlager von Kitsee und vom 10ten Mai 1683 ist der Lehenbrief datirt, wodurch der Türkensieger Ludwig Wilhelm seinem "Präsidenten und Hofmarschall Freiherrn Christoph von Greiffen, für seine 20jährigen Dienste in Kriegs- und Friedenszeit", das Schloß Und die Herrschaft übertrug.

Doch erhielt er von Stunde an keinen Gehalt mehr und mußte die Zahlung von 24.000 Gulden an die von orscelar’schen Töchter übernehmen. Auch dies Vasallentum fand sein baldiges Ende. Zu Anfang des 18ten Jahrhunderts ist Staufenberg schon wieder in des Markgrafen Hände rückgekehrt.

Im Jahre 1693 lag die ganze französische Armee 5 lange Wochen in der Nähe von Staufenberg, 14 Tage lang dicht da drüben bei Urloffen und Appenweier, wo die Kirche so hell aus der Ebene schimmert. Bald "gab es von Basel bis Frankfurt keinen ärger verwüsteten Ort als die Herrschaft Staufenberg". Die Thalmünden waren in den Händen der Franzosen, im Hochgebirg standen die Kaiserlichen. Täglich knatterten die Schüsse der Fouragierscharen in den Thälern, täglich stiegen Rauchsäulen brennender Gehöfte auf. Als die Franzosen im hintern Thale eine Schlappe erlitten, hieben sie eine Masse der Durbacher Reben um.

In Nesselried standen von allen Häusern nur noch die vier Eckpfosten, alles Andere hatte man in’s Lager geschleppt. Und nun schien es, als habe auch für Staufenberg die schlimmste der Stunden geschlagen.

An einem jener blutigen Herbsttage kam ein glänzender Reiterzug den Burgweg herauf, voran ein französischer hoher Offizier. Es sind wenig Gebäude im Rheinthal, welche von dem düstern Gesicht dieses Mannes noch erzählen können; sein Blick hat sie alle zu Asche gesengt. Auch ist’s ein helles Wunder, daß Staufenberg noch steht: denn Maréchal de camp Graf Mélac sprengte damals in den Schloßhof. Er wolle die Burg befestigen lassen, deutete sein Adjutant an. Es fand sich aber kein genügendes Trinkwasser für eine Besatzung. Die Befestigung blieb unterwegen und Staufenberg wahrscheinlich vergessen, denn es steht ja noch.

Ein neues Jahrhundert kam, neue Verheerung mit ihm. Im Hochsommer 1704 lag Marschall Villeroi’s Armee bei Offenburg. Da wurde das Durbacher Thal verwüstet, wie noch nie, die Reben mit den gerade damals so reichen Segen verheißenden unreifen Trauben und die Obstbäume wurden umgehauen, das Amthaus drunten im Dorf und des Schultheißen Haus brannten nieder. Die Leute flohen wieder mit ihrem Bischen Habe in’s hohe Gebirg und litten schweren Mangel.

Der Streit um die politische Königskrone, wie manch’ anderer, welcher den Staufenberger Bauern gleich nah am Herzen lag, hat Schaaren von Schanzern aus unsern Thälern nach Kehl, nach Söllingen, nach Hornberg und an hundert andere Orte entboten zur Kriegsarbeit. Die ohnehin so lichten Wälder haben Massen schönen Holzes in die Lager und zumal nach Kehl geliefert, so oft das letztere erobert, geschleift, neu befestigt und wieder erobert wurde.

Stürme kamen noch recht viele, aber doch wird’s dem Erzähler leichter um’s Herz. Das Wehen einer neuen, besseren, freieren Zeit ist inmitten alles Sturmgetöses fühlbar.

Die Durbacher Rebberge grünten wieder fröhlich, sie trugen Wein von der besten Qualität, er war schon 1765 "meistens Serenissimi Badensis Mundwein". Aber besser noch wurde er, als seit 1770 der Feldzeugmeister und kaiserliche Gesandte bei’m schwäbischen Kreis; Freiherr von Ried, auf seinen Rebhöfen im Staufenberger Amt eine wahre Musterschule für Reb- und Ackerbau anlegte.

Durch sein Beispiel kam Stallfütterung auf zum großen Vortheil für Viehzucht und Forstwirthschaft. Jetzt endlich unterblieb nach und nach der verderbliche Waidgang in den Wäldern, welcher z. B. den Stollenwald vernichtet hatte. Ried’s Futterkräuterpflanzschule wird in der Landesvisitation von 1776 dem Landesherrn als höchst nachahmungswürdig empfohlen. Er zuerst baute die Klingelberger Traube an, welche jetzt den feurigsten der badischen Weine liefert. Noch heute steht sein Josephsberger im Rang der Weinsorten obenan.

Jene Landesvisitation berichtet über den Zustand der Staufenberger Thalleute, wie folgt: "Die Unterthanen sind größtentheils von starker Leibeskonstitution, nähren sich vom Weinbau und Taglohn hauptsächlich und sind, wie alle Rebländer, wegen der Fehljahre mehr arm als von mittelmäßigem Vermögen, insgesammt leibeigen und der katholischen Religion zugethan. Sie sind Serenissimo (hand-) fronbar; die Zugfronden dagegen haften nur auf gewissen s. g. Fronhöfen, deren es 16 sind, welche durch diese allein zu prästiren habenden herrschaftlichen Fronden sehr gedrückt werden, da es oft geschieht, daß ein solcher Unterthan fast drei Monate des Jahres fronen muß."

Wir wissen, daß wenn eine Empfehlung, wie jene der Musteranstalten des Freiherrn von Ried, ein Bericht über sociale Uebel, wie die vom Visitator geschilderten, zu Karl Friedrichs Ohr gelangte, sein lebhafter Geist, sein warmes Herz rasch zur Nutzanwendung gerüstet standen.

Seine Hand hat trotz aller schweren Stürme hier gesegnet, wie keine mehr, seit jenem großherzigen Federzug unter dem Renchener Vertrag. Er hat seinen Namen unter ein noch größer Aktenstück geschrieben, denn seit 1783 giebt's keine Leibeigene mehr in seinen Landen.

Wie ein Zauberlied schlug das Wort "Freiheit", welches vom gährenden Frankreich aus in alle Welt posaunt wurde, an Ohren und in Herzen, denen im langen Lauf unfreier Jahrhunderte das Verständnis dazu ganz abhanden gekommen war. Man wird noch krause Dinge zu hören bekommen über die Vorgänge im damaligen Schwaben. In der Ortenau, im Stiftstraßburgischen, in Hanau-Lichtenberg, in Kehl entbrannten Revolutiönchen. Manche kosteten schwer Geld, bis sie unterdrückt waren. Bei andern gelang’s durch Takt und rasches Handeln. So in Staufenberg.

Wie gewöhnlich bei Bauernaufständen, hatte sich Geschrei erhoben über entzogene Almend, entzogene Waldnutzung. Die Förster wurden bedroht, mißhandelt. Da ließ man vier Männer und eine Frau greifen und verurtheilte sie zu Zuchthaus und Schellenwerk. Darauf hin brach der Lärm nur viel wilder los, so daß ein Militärkommando zur Exekution und der Malberger Obervogt von Blittersdorf zur Untersuchung hingeschickt wurden. Sieben Rädelsführer wurden abgeführt und saßen lang im Mannheimer Zuchthaus.

Von der Untersuchung aber hören wir, daß sie lang und schwer war, "weil die Thalleute so verschwiegen seien und so anhänglich aneinander". Man kam einem Komplot auf die Spur, welches selbst bei Anwesenheit des Truppenkommandos in einsamen Gehöften war angezettelt worden und nichts Geringeres bezweckte, als die Soldaten zu überfallen. Im August hatte die Empörung begonnen, im November war schon Alles wieder in Ruhe, und das kommende Jahr sah auch die Sträflinge in Freiheit und in der Heimat.

Dann (1794 im Januar) kam die Zeit des Rheincordons gegen Frankreich. Auch Staufenberg lieferte 20 Mann zu den 80, welche das badische Amt Malberg in den Pikethütten am Rheinufer stehen hatte. Sie führten als Abzeichen ein gelbleinen Armband mit rother Einfassung, waren gut bewaffnet und hielten sich ganz trefflich auf ihrem Posten Ichenheim, trotzdem daß jede der kalten Winternächte den Spiegel des Rheins hellauf vom Blitz der Kanonen und vom glühen Bogen der französischen Wurfgeschosse glänzen sah.

Dann wurden diese kleinen Haufen entlassen, der allgemeine Landsturm eingerichtet. Das Amt Staufenberg sollte 345 Mann stellen zum zweiten Aufgebot. Durch den Rheinübergang der Franzosen bei Mannheim am 21sten September 1795 wurde die ganze Sache aber "unpraktisch".

Und noch was erwies sich selbiger Zeit als unpraktisch. Neutralität nämlich und Neutralitätsplacate. Als 1797 Moreau bei Diersheim über den Rhein brach, da flohen die Hanauer und Ortenauer Unterthanen in Masse in’s badische Amt Staufenberg, dort sicher zu liegen im Schutz der garantirten Neutralität. Die Plakate waren an allen Zugängen der kleinen neutralen Insel angeschlagen und man sah recht mit Zuversicht auf sie hin, als etliche Tage lang der Zug des französischen Heeres vorübergieng, das Renchthal aufwärts.

Aber am 24sten April kamen sie in hellen Haufen zu Roß und zu Fuß vor’s Schloß, lachten über die Plakate, erpreßten Speise und Wein und lästerten sehr. Nachts umsprengten Marodeurs das Schloß. Ueber’m Kopf des Beamten schlugen Kugeln ein, als er das Fenster öffnete, und drüben von den Höfen tönte entsetzliches Jammergeschrei. Sie hatten die Leute dort in ihren Betten überfallen und wie Bestien gehaust. So gieng’s noch manche Nacht.

Unter Tags kamen ganze Züge mit Kübeln und Butten vor das weinberufene Schloß, und die Sauvegarde drin hatte alle Mühe, sie zum Abzug zu bewegen. Die Generale "erbaten" sich durch zierliche Schreiben den Wein fässerweis.

Im letzten Jahre vorigen Jahrhunderts geschah wider Staufenberg die letzte Kriegshandlung. Von der französischen Armee, welche von der Donau heimzog, kamen 24 Chasseurs vor’s Schloß geritten und verlangten Einlaß. Es war im ersten Morgendüster. Abgewiesen, umritten sie wüthend das Schloß, schossen hinein und "machten Anstalten zum Sturm".

Da half dem Amtmann ein guter Gedanke und St. Georgen Glocke aus der Noth. Er ließ sie anziehen zum Sturmgeläute, obwohl er wußte, Niemand werde zu Hilfe eilen. War auch nicht nöthig, des Ritterpatrons eherne Stimme half schon allein. Sie scheuchte die 24 trinklustigen Gesellen in wilder Flucht den Berg hinab.

Seitdem bis 1800 lagen zwei Mann französischer Sauvegardisten auf Staufenberg. Die wurden im letztgenannten Jahre von den Oesterreichern, welche ein "Observationspiket" aufs Schloß legten, droben gefangen. Wahrscheinlich konnten sie vom Weine nicht los. Von Truppendurchmärschen und Kriegskostenrechnungen und vom großen Hungerjahr ist schlimm erzählen. Drum hinweg darüber und über die Aufhebung des Amtes Staufenberg und des Amtes Appenweier, dem jenes zugefallen, und über beider früheren Aemter endliche Zutheilung an’s Oberamt Offenburg.

Das Jahr 1832 macht wieder einen Abschnitt in unserer Geschichte, Großherzog Leopold erkaufte damals vom Domänenfiskus das Schloß Staufenberg, und ein neues Leben begann dort. Wohl mußte manch’ altes Gebäude droben weichen, auch St. Jörgenkapelle. Sie drohte den Einsturz. Aber was erhaltbar war, wird seitdem erhalten, und zwar mit liebender, schmückender Hand. Ringsum zeigt sich der Einfluß, welchen der musterhafte Rebbau des fürstlichen Schloßbesitzers übt. Allerwärts ist freudiger Aufschwung. Die meisten "Drittel" sind abgelöst, der Rest wird’s bald sein. Die edeln Rebsorten dringen überall durch.

Jetzt ist Prinz Wilhelm von Baden Besitzer des schönen Schlößchens. Es läuft eine nette Erzählung um, wie der "hohe fremde Offizier" neulich selber im tiefen Incognito und allein nachgesehen, ob Alles im rechten Geleise gehe.

Von den alten Schloßgebäuden steht nur noch das ehemalige Junkerhaus, wie es in den letzten Zeiten der Widergrüne, oder das Amthaus, wie es unter den von Orscelar und Baden-Baden hieß. Dahinter ist der oft erwähnte Thurm, jetzt mit einem Zimmer überbaut; er soll "das Verließ" bergen. Gen Süden nimmt ein großes, nicht eben zierliches Keller- und Speichergebäude die ganze Front ein; die nördliche Mauer, an welche sich einst das Stollenhaus und die Kapelle gelehnt, steht mit ihren leeren kleinen Fensterhöhlen frei.

Im Zwinger ist gen Nordwest ein hübscher Garten angelegt. Seine Mauer umzog einst das ganze Schloß; gen Norden ist dies wohl erkennbar, aber südwärts hat der Einsturz des "neuen Baues", welcher einst an der Stelle des großen Kellers stand, sie ganz niedergelegt. Links am Burgweg sieht man jetzt ein großes Trotthaus und von ihm hinab erstreckt der Duppelsberg seine weinberufene Halde. Bei der großen Linde aber sind zwei Oekonomiegebäude aufgeführt(75).

staufenberg grundriss 2
Schloss Staufenberg aus Josef Bader - Badenia I - Heidelberg 1859 - S. 321

Ueber’m Thore hatte man 1733 ein Gebäude mit Zinnen errichtet, "zum Schutz wider Marodeurs", es war 1832 baufällig. An seiner Statt erhebt sich nunmehr ein Thorthurm modernen Styls mit einer durchsichtigen Laterne darauf und gegen die Ebene hin ist ein Balkon errichtet mit einer Aussicht, so wunderlieblich, daß jeder Empfängliche sie auf’s beste Albumblatt seines Herzens eintragen wird.

Und wahrlich, den Genuß soll uns die Erinnerung nicht stören an so manchen trüben Tag in der Geschichte der Gegend, welche jetzt so gartengleich blühend vor uns gebreitet liegt. O nein, wie im Festschmuck der Siegesfreude glänzt er uns an, der schöne Garten, wenn wir im Geist und in der Wahrheit seine Vergangenheit zusammenfassen.

Einst herrschte hier Volk über Volk, die härteste Knechtschaft. Aber das Römertum ist vergangen und Kelte und Frank’ und Alemanne haben sich so vermischt, dass dem Altertümler ganz bange wird, wenn er sie auseinander lesen soll. Dann kam die Herrschaft des Priestertums und der Waffenzunft. Sie hatten ihre Zeit der Berechtigung und thaten ihr Werk. Darauf kamen andere sociale Mächte und brachen sie nieder und brachen noch viel mehr.

Und fast schien’s, als sei zu viel geschehen. Aber der Erfolg war: Zerstörung der Kastenherrschaft, Näherung der Volksklassen, Hebung seiner tiefsten Schichten. Licht und Arbeit zeugen Wohlstand, Wohlstand aber Gesittung. So hat uns abermals dies kleine Stück Vaterlandsgeschichte gelehrt, zur Stütze des schönen Glaubens, woran wir unser Herzblut setzen:

Ein Gott ist’s, der die Sonne lenket,
Und unaufhaltsam ist ihr Lauf.

Einst wollte Ritter Peter mit seinem Knappen nach Nußbach zur Kirche reiten Unterwegs sah er auf einem Steine sitzend, eine wunderschöne Frau Ein herrliches Kleid aus köstlich Parma-Seide, in Gold gestickt, überm Herzen ein Geschmeide so reich , inmitten ein Karfunkel ohnegleich, zierte die  Frau Der Ritter begab sich zur Kirche nach Nußbach - beten konnte er in seiner Verliebtheit nicht Des Abends besuchte die Melusine den Ritter in seinem Gemach auf der Staufenberg Der Ritter gelobte seiner Melusine ewige Treue
Eines Tages war zu Frankfurt ein großes Turnier Der König fand Gefallen an dem tapferen Recken und trug ihm seine Base zur Frau und große Ländereien an Verwirrt, vergaß er, was er seiner Liebsten versprochen hatte, und die Base des Königs wurde ihm zur Hochzeit auf Schloss Staufenberg geschickt Schon war die Base des Königs auf dem Weg zur Hochzeit auf dem Schloß Staufenberg Als nun die Hochzeit gefeiert wurde und alle froh bei Tische saßen, da sah man fast ohne Laut, wie etwas durch die Decke stieß.Ein Menschenfuß wurde sichtbar, entblößt bis an das Knie Das Fest hörte auf und Ritter Peter schickte nach dem Pfarrer um seine letzte Beichte abzulegen. Seine ihm vermählte Frau befahl er in die Obhut seiner Brüder und beschloss sein Leben

aus "Ritter von Stauffenberg - ein Altdeutsches Gedicht" - hrsg. Christian Moritz Engelhardt, Straßburg 1823

1.) Quellen: vor Allem die Urkunden und Akten des Karlsr. Archivs, Kopeibücher, Lehenbücher, Salbücher. An Gedrucktem in subsidium: Cod. Hirsaug.; Cod. trad. Reichenb.; Schöpflin; Sebannat. vind. lt.; Albert. Arg.; Herzog; bes. aber Zeitschr. für Gesch. des Oberrheins.  

2.) Vergl. über dies Befestigungssystem, soweit es im bad. Unterland liegt, Mone, bad. Urgesch. I, S. 190 ff.  

3.) Schwanau, 1333 von den verbündeten Städten zerstört, hat nach einer alten Zeichnung auf der Straßb. Bibl. die gewöhnliche Form einer röm. Tiefburg: eine viereckige Schanze mit gemauertem Wall und Graben umgibt einen starken Geviertthurm. Gen Süden ein Vorhof gleichfalls mit nassem Graben.  

4.) Alt Hotenwilre.  

5.) Merburg hatte nach den Lehenbüchern dieselbe Form wie Schwanau. Die Buckelsteine des hohen festen Thurms kamen nach Altenheim an den Kirchthurm.  

6.) In gleicher Lage wie Merburg an der Schutter; hatte noch im vorigen Jahrh. einen Burgvogt.  

7.) Kommt noch im 14ten Jahrhundert vor.  

8.) Im 10ten Jahrh. vom Rhein zerstört. Wahrscheinlich rührt von ihm die über 100 Fuß lange Quadermauer her, die mitten im Rheinbett bei Kehl, 200 Fuß von der bad. Uferlinie dieser parallel, den Wellen und Sandgeschieben trotzt.  

9.) Im Schutz von Rohrburg und Merburg zog auf Binzburg und Hofweier "das Wasserhaus", los die röm. sog. Münsterstraße.  

10.) Binzburg "das Wasserhaus", die einstige Deckung des Uebergangs über den Ostrhein, lag westlich von Hofweier, da wo auf der Karte des topogr. Büreaus der kleine Hügel mit dem Punkt 512 verzeichnet ist.  

11.) Episcopus Bertholdus castrum obsedit et funditus demolivit. - Albertus Arg.  

12.) L. 2 cod. de fundis limitrophis, 11, 60.  

13.) Stouf = cyathus und staupus, sagen die alten Glossen (Haupt, Ztschr. V, S. 56 f.), noch jetzt lebt im Plattdeutschen stop, stöpken. Die pariser Glossen übersetzen nun zwar cautes, d. h. Felsenkanten mit staufa, wollen damit aber mehr nicht sagen, als daß stauf auch = mons abruptus, Berg mit steilen Halden (Vgl. Roth in Friedemann, Zeitschr. für Archive S. 67 ff.).  

14.) War doch diese Form so beliebt, daß sie in Gold nachgebildet wurde, wie die berühmten Goldhörner Von Tondern beweisen. - Möglich, daß bei der spätern Umformung der Kelchgestalt kirchliche Erinnerungen an das über die Patene hängende Corporale und Velum mitwirkten.  

15.) Neuenstein, Schauenburg, Sulz, Fleckenstein u. s. w.  

16.) Den Beweis der Zusammengehörigkeit der vielerlei Aeste des kalwer Stamms s. in Bader, Ursprung Badens, Karlsr. 1849.  

17.) Der Gau heißt Mortenau, nicht Ortenau. Letztre Form erscheint erst bei der Landvogtei im XVI. Jahrh.  

18.) Fälschlich! S. Rettberg, Kirchengesch.  

19.) Ueberdies im Breisgau 2 Huben zu Forchheim und Rebland zu Endinges, dann im Ufgau alle seine Güter zu Rastatt, Kuppenheim und Forchheim; endlich Ländereien im Enzgau, namentlich 1/8 der villa Pforzheim. - 1070 erscheint die Mortenau wieder unter einem Luitfrid. Der Zäringer starb erst 1077. - Der Burchart comes de castro Stoupha, welcher in der Notitia fundationis von St. Georgen (Zeitschr. IX, 112) vorkommt, als Vergeber von Gütern zu Endingen und Forchheim ist, gewiß obiger comes Burchart de Staufenberc, wie Abt Gaißer sehr richtig bemerkt.  

20.) Schenkgeber war Burkhard von Kürenberg, an der Gränze der Mortenau, der Bleich. Beauftragter war Alberich von Zimmern (bei Offenburg), Zeuge ist neben den Staufenbergern Walter von Abbenwilare (Appenweier) die geschenkten Güter aber lagen zu Gündringen, O.A. Horb und Schietingen, O.A. Nagold Cod. trad. Reichenb. 86 s.  

21.) Abschr. im Gengenb. Archiv: 12 J. Feld und eine area curialis zu Hohenrode im Bann von Windschläg (die Feldgegend heißt noch heute so). Hier zu Windschläg hatten später die Schideline von Staufenberg Güter. Wahrscheinlich gehört Grimo ihnen zu, ebenso der Herimann de Windisle im Cod. trad. Reichenb.  

22.) Der Rudolf v. St. in einer Urkunde desselben Kaisers, d. Hagenau, steht unter lauter Adeligen Ostschwabens und gehört auf Staufenberg bei Hechingen. Ebenda sind auch die Schenk v. Staufenberg zu Hause, welche man oft unserem Schloß zuschreibt. Sie waren allerdings seit dem 14. Jahrhundert bad. Lehenmannen, haben aber nie Theil am Mortenauer Staufenberg gehabt. Ihr Wappen ist ein rother Querbalken im Silberschild, oben und unten je ein links schreitender blauer Löwe.  

23.) 1273, in einer Urk. des Karlsr. Archivs, welche über den Verkauf der Güter zu Muckenschopf handelt und das oben im Holzschn. Nr. 1 abgebildete Sigel trägt. Das Sigel zeigt den Staufenberger Kelch als Wappen Konrads von Stollenberg, welcher 1291 Conradus nobilis dictus Stolle heißt. Albrecht Tarants, des Mitbesiglers, Wappenzeichen ist noch deutlich als der Staufenberger Kelch erkenntlich, aber die Umschrift ist abgebröckelt. Tarant heißt übrigens scorpio. Wahrscheinlich ist’s dasselbe Geschlecht mit den straßburgischen Turant. Schöpfl. A. i. II, 672 und Zeitschr. VIII, 398.  

24.) Stammsitz der Kolb ist Wartenberg bei Winnweiler im bairischen Rheinkr. Merboto war der herrschende Vornamen der Kolbe von Wartenberg. Eine Reminiscenz hieran lebt im Gutsnamen "Merbotenland" bei Staufenberg bis ins 17te Jahrhundert in den Lehenbriefen fort.  

25.) 1316 kommt Johann Bock von Kolbenstein als erster dieses Beinamens vor. Die Bock besaßen nach der Zerstörung von 1329 noch den Burgstall. Jener Joh. Bock führt als Wappen den Staufenberger Kelch.  

26.) 1381 "am Graben, der um dem Burgstal gat ze Bottenowe", und "Her Dietrich Roder von Blumenberg hat empfangen sin hus in der burge ze Tieffenowe, als es der von Bottenowe was". 1410 trug Wersich Bock als bad. Lehen "den Vorhof bei dem Burgstall zu Bottenowe". Bad. Lehenb. Die Kolb besaßen als bad. Lehen auch den Burgstall zu Nußbach bis 1410. Im Allerh. Selbuch figuriren Männer und Frauen von Kolbenstein in Menge. Es ist begreiflich, wie das Kloster die Bottenau allmälig fast ganz erbeutete.  

27.) 1348 verkauft Andr. v. Widergrün an Matthäus Rohart "den halben Bühel, gelegen in dem wygcr zu Widergrün und das hauß, des daruff stat und den teil des Vorhofes, der Conrats von Widergrün was". - Widergrün. Cop.-B. 6.  

28.) Man sehe den 2ten Holzschnitt.  

29.) Reinhard, in seinen Anmerkungen von der Lehensfolge (l762) hat S. 5 bis 21 die Lehensverhältnisse auf Staufenberg so genau dargestellt, als es ihm seine Quellen erlaubten.  

30.) Burgmänner zu Lindenfels, zu Kästenburg, s. Zeitschr. f. G. d. O. V. 310 und VIII. 285.  

31.) Alb. arg. - "funditus demolivit".  

32.) Burkhart von Bärenbach führt als Wappen den Staufenberger Kelch. Vgl. Zschr. IV. S. 298. Ob die Burg Bärenbach, im hintern Renchthal, schon damals im Besitz eines Staufenberger Geschlechts war? Gewiß ist, daß durch's ganze 15te Jahrhundert die Hummel von Staufenberg die Burg Bärenbach vom Hochstift Straßburg zu Lehen trugen, an welches dieselbe durch jenes ältere Geschlecht 1321 verkauft worden war.  

33.) Wieder: "funditus demolivit". Alb. Arg. ap. Urstis. p. 178.  

34.) Alb. Argentin. l. c.  

35.) Albrecht Röder v. St. war vom Stamm der Bube von Neuweier oder Hohenrod. Die Geier waren Burgmannen auf Ulmburg. Friedrich Gir wurde 1410 Lehensnachfolger Johanns Rickelcey v. Staufenberg. Zwischen 1215 und 1228 kommt unter den Freiburger Lehensleuten Heinricus vocabulo Richaldus, dann 1356 Joh. dictus Rickaldeus, armiger de Ulenburg, endlich im Allerheiliger Selbuch Elisabetha de Ulenburg, dicta Riddgelterin vor. - Heinrich v. St., gen. Schockint, erscheint 1301 als Zeuge und Joh. Schottekint v. St. 1357 als in Hetzelinsthal (Herzthal) begütert.  

36.) Engelhardt, der Ritter von Staufenberg. Mit 26 lithograph. Platten. Straßb. 1823. - Kritik im Kunstblatt zur Charis, 1824, Nr.1 bis 4.  

37.) Ueber den Fuß, den Schwanenfuß der Walküren und der Freja s. Simrock, altd. Myth. 420 ff. Dort heißt es: "Die Burg der Staufenberger war zäringisch, und daß uns hier eine zäringische Stammsage vorliege, zeigt auch, daß der Staufenberger mit der neuen Braut Kärnten erheiraten wollte".  

38.) Mone, bad. Archiv, I, S. 51 ff. H. Hoffmann, Fundgr. I. S. 355.  

39.) Im Jahre 1324 war er todt. Schöpfl., A. d. II. no. 927. Noch 1433 hieß ein badisches Lehen an die v. Stülingen "Herrn Egenolfs Hof von Staufenberg". Er lag zu Appenweier.  

40.) Mone, in der Charis, a. a. O.  

41.) Es gibt zwei Handschriften des Gedichts, eine zu Straßburg, eben die von Engelhardt veröffentlichte, und eine zu Sargans. Die erste Druckausgabe ist von 1480 - 1482, wahrsch. bei Martin Schott in Straßburg erschienen. Von ihr gibt es einen neuen Abdruck (1849, Eulemann) als Zugabe zu Schönemanns 100 Merkwürdigkeiten der Wolfenbüttler Bibl. - Fünf weitre Ausg. erschienen zu Straßburg.  

42.) Literatur bei Gräße, Sagenkreise, S. 382. Vgl. Heidelb. Jahrb. d. Lit. I. S. 421. Mone, Anzeiger VI. 431 ff. - Und über die Luxemburger Melusine: Fontaine, in Publications de la société pour la conserv. des mon. hist. de Luxembourg VI. p. 115 s.  

43.) Ritter von Staufenberg S. 6. Die schlechte Zeichnung des Wappens, auf welchem der Balken fehlt und der Helm entstellt ist, Taf. XV. 1. B. Auf Näher’s Plan, in seinen bad. Ritterburgen, ist das Wappen auch nicht getreu copirt.  

44.) Schhöpfl, A. d. II., no. 927.  

45.) Wetzer und Welte, Kirchenlexikon, X, 742.  

46.) Derselbe war durch Johann's von Widergrün Tod erledigt.  

47.) Die Snewlin im Breisgau!  

48.) Daß die Sache als Spekulation betrieben wurde und daß in dieser Zeit nicht mehr die Burg als Landesfeste, sondern besonders ihre Dotationsgüter in Betracht kamen, erhellt daraus, daß schon Sifrits gleichnamiger Sohn seine Belehnung mit 780 Gulden widerlegen mußte.  

49.) Z. B. in den Burgfrieden von 1459 und 1486.  

50.) In letzterer Bedeutung ist das Wort genommen, wenn seine Grenzen angegeben werden: "Von Sendelbach nach den Stöcken, den Hartwald entlang bis Hetzelinsthal (Herzthal), nach Bottenau und über die Höhen zum Hummelswald, dann durch Ergersbach herab an die jenseitige Halde des Durbachthals".  

51.) Hie und da bedeutet "enthalten" auch das Ingewahrsamhalten des Gefangenen eines Andern. Vergl. zur Gesch. des Schutzrechts der Ritterburgen, in Schreiber, Taschenbuch, III, S. 245 ff., wo auch der Burgfriede von Tiersperg zu lesen.  

52.) Straßb. Jahrgesch. in Mone, Quellensammlung, II, 140. - Sattler, Gesch. der Grafen v. Wirtemb. II, 95 - 98.  

53.) Cölner Zusätze zu Königshofen. MS fol. 288 sqq.  

54.) Nach Berler’s hs. Chron. fol. 141b. Strobel, Gesch. d. Els. III, S. 242 ff.  

55.) Herzog, els. Chron. II, 127. Steinhofer bezweifelt zwar diesen Bericht, und Stälin erwähnt seiner nicht. Er erscheint aber um der durchweg mit den Urkunden stimmenden Nebenumstände willen ganz glaubwürdig, jedenfalls so weit er Staufenberg betrifft.  

56.) Im Jahre 1474 stellten die Staufenberger zum Ortenauer Ritterbund 21 Pferde und 8 gute Knechte. Nämlich: Frid. Bock 4 Pferde, 2 Kn.; Georg Bock 3 Pf., 1 Kn.; Jak. Hummel 2 Pf., 1 Kn.; Adam und Dietr. Hummel je 1 Pf.; Kaspar Stoll 1 Pf.; Burkh. und Rud. Pfau je 2 Pferde und 1 Knecht; Jak. Kasp. und Melch. Widergrün 5 Pferde, 2 Knechte.  

57.) Die Staufenberger Leibeigenen hatten mehrere Vögte. Wahrscheinlich waren sie in Rotten getheilt. Im Theilbuch von 1537 sind angeschlagen: die eigenen Leute unter Mich. Gartner, ihrem Vogt, zu 380, und die unter Jak. Byser zu 447 Gulden.  

58.) Ueber diese Benennung s. Zeitschr. III, 257 ff. Der Ausdruck "hünschine Trauben" für schlechte Rebsorten lebt heute noch im bad. Oberland.  

59.) Eine Weinabgabe zu Tenniger von 4 Ohm wurde im 15. Jahrh. in einen Geldzins von 12 Schill. Pfenn. (fast 3 fl.) verwandelt, so daß die Oberkircher Ohm (0,205 Hektol.) auf etwa 45, die Maß nicht ganz auf 2 Kr. kam. - Die Widergrün hatten vom Weinzehnt zu Waltershofen bei Freiburg 5 Saum (zu 0,588 Hektol.) zu noch niedrigerem Anschlag: in Kapital nämlich zu 20 Pfund Pfenn., also (5 Proc.) den Saum zu 4 Schill. oder 1 Gulden. Von diesem Wein wäre die Oberkircher Ohm auf nur 26, die Maß auf 1 Kr. gekommen. 1680 war der Weinvorrath auf dem Schloß, der doch annähernd das Verhältniß der gebauten Sorten gibt, denn er war Zinswein aus der ganzen Herrschaft: 1 Fuder 16 Ohm Klingenberger, 3 Fuder 10 Ohm rother Wein, worunter der "Huzelwein" mitbegriffen, 37 Fuher 2 Ohm gemeiner weißer Wein.  

60.) Zu einem Haus 70 Hölzer, zu einer Scheune 60, zu einem Keller 40, zu einem Trotthaus und zu einem beschlüssigen Ofenhaus 30, zu einem Haus- oder Scheunengiebel 14, zu einer Thür oder Reparatur 5, zu einer Weintrotte 14, zu einer Oeltrotte 7, zu einer Serre 5, zu einem Schopf 14, zu einer Mühle, was ein Zimmermann auf seine "Biederkeit" als dazu nöthig angibt. Hartwaldordnung von 1447. - Alter Zinsbrief der Hartförster.  

61.) Südkopf 2910, Edelmannskopf 2879,. Breitberg 1609 Fuß. - Die Gränzen der Mooswaldgenossenschaft sind: Von U. L. Fr. Kirche zu Lautenbach an die Rench herab nach Oberdorf, über Butschbach herüber gen Fürsteneck "in das Ritterhaus"; dann die Gebirgsecke hinauf bis Buseck; quer über Bottenau weg nach Rohrbach, von da nach Illenthal und über die Stöcke an den Durbach. Und den Durbach hinauf bis in den hintern Lautenbach und über Bärenbach wieder an die Rench.  

62.) Im 17ten Jahrhundert trugen die Gerichtsgefälle 50 Gulden.  

63.) Roscher, Grundl. der Nat.-Oek. S. 258.  

64.) Dan. Speckle.  

65.) Oberrhein. Zeitschr. III, 485.  

66.) Ein von den Kolb an die Bock, von diesen an die Pfau gekommener Burgtheil kam an Wolf Stoll, ehe die andern Pfau ausgestorben.  

67.) Theilbuch von 1537 zwischen den sechs Kindern Johann Friderichs Widergrün. Karlsr. Arch.  

68.) "Heidnisches Werk" bedeutete ursprünglich das aus dem Orient und Spanien herübergebrachte arabische Prachtgewebe aus Seide und Gold- oder Silberfäden, welches dort Teraz hieß (Mittheil. der ant. Ges. in Zürich XI, S. 26 ff.). Phantastische Muster, "Arabesken", und arabische Schriftzüge kennzeichneten es. Man findet Stücke dieses Prachtzeugs in Meßgewändern, selbst im deutschen Kaiserkrönungsmantel. Später nannte man die deutschen Nachahmungen auch "heidnisches Werk", ja wahrscheinlich jedes arabeskenartig verzierte Buntgewebe. Unten finden wir in Stücken "heidnischen Werks" das widergrün’sche und ratsamhausen’sche Wappen eingewoben.  

69.) Blumeneck: Blau und weiße Wolken in rothem Schild.  

70.) Familienzwist zwischen Melchior und seinem Schwager von Brandscheid hat uns schriftliche Belege dieser Unsolidität hinterlassen. Melchiors Privatleben wird derb gerügt.  

71.) Bis in den Anfang des 18ten Jahrhunderts processirten und petitionirten sie und ihre Rechtsfolger fort. Vergeblich riefen sie die Verwendung des Herzogs von Wirtemberg an, vergeblich drohten sie, sehr patriotisch, ihre Forderung an Frankreich zu cediren. "Man sei ihnen zu nichts verbunden", war stets die Antwort.  

72.) Man vergleiche Specklin’s Karte von 1578 mit einer des jetzigen Jahrhunderts!  

73.) Wo die gewesen, weiß ich nicht genau. Auf Specklin's Karte von 1578 ist sie unten am Fuß des Staufenbergs gegen Bottenau hin angegeben.  

74.) Bettfedern und Urkunden schütteten sie in der Registraturkammer durcheinander und - drein. Es ist ein altes Verzeichniß über die bis 1631 erhaltenen Archivalien vorhanden. Eine Masse der besten sind verloren.  

75.) Auf dem kleinen Plane des Titelbildes bezeichnen die Buchstaben A. das jetzige Wohngebäude, frühere Amthaus; B. den alten Thurm gegen die Gebirgseite; C. Raum zwischen Mauer und Schloßgebäuden; D. Kellergebäude, wo früher der "neue Bau"; E. Brunnenhaus; F. Thorweg; G. Thurm und Gefängniß, Altan; H. Zwingergarten; I. Spuren der alten Zwingermauer; K. neue Oekonomiegebäude; L. ehemalige St. Georgskapelle; M. Stollenhaus, dann Küferei; N. Stallung (L., M., N. wurden 1832 wegen Baufälligkeit abgerissen); O. Weg nach Appenweier; P. oberer Garten, wo einst der Widergrün Häuser; Q. Weg nach Durbach; R. Schloßlinde; S. Rondell; T. Weg in den Stollenwald.  

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