Der Vogtsbauernhof in Gutach - Grundstock eines Schwarzwälder Freilichtmuseums


Der Vogtsbauernhof in Gutach, der Grundstock eines Schwarzwälder Freilichtmuseums - von Hermann Schilli, Freiburg - Badische Heimat 43 (1963) S. 309 ff.


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Abb. 1 - Lageplan gez. H. Schilli

Im März 1963 ist ein langgehegter Wunsch vieler Heimatfreunde und Liebhaber der alten bäuerlichen Holzkultur des Schwarzwaldes in Erfüllung gegangen: Der Kreis Wolfach hat mit finanzieller Unterstützung des Regierungspräsidiums Südbaden und mit eigenen Mitteln den Vogtsbauernhof im Gutachtal gekauft. Damit ist ein Anfang gemacht, einige der ehrwürdigen Volkskulturdenkmäler des Schwarzwaldes, wie sie die verschiedenen Bauernhäusern dieses Mittelgebirges mit ihren Speichern, Back- und Brennhäuschen, Kapellen, Mahl- und Sägemühlen verkörpern, vor dem endgültigen Verschwinden zu retten. Auf dem Gelände des Vogtsbauernhofes, das bereits durch Zukauf etwas vergrößert wurde, kann nun begonnen werden, für die letzten Zeugen einer jahrhundertealten Lebensform der Wäldler eine Zufluchts- und Erhaltungsstätte zu schaffen.

Zunächst muß jedoch der Hof vor dem weiteren Verfall bewahrt werden. Zu diesem Zweck sind umfangreiche Instandsetzungsarbeiten notwendig. Dann ist der Hausrat durch die wenigen Stücke, die heute noch zu beschaffen sind, zu ergänzen. In dem großen, hallenartigen Dachraum sollen bäuerliche Werkzeuge und Geräte gezeigt werden. Eine solche Schau fehlt uns.

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Abb. 2 - Verbreitungsgebiet der Haustypen gez. H. Schilli

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Abb. 3 - Der Vogtsbauernhof bei Gutach gez. Karl Bedal

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Abb. 4 - Fensterschnitte. a) Heidenhaus b) Kinzigtäler Haus. S = Schub P = Pfosten

Wer kennt noch ein mittelschwarzwälderisches "Scharbänkle", mit dem noch bis in den ersten Weltkrieg hinein der Bauer und die Bäuerin in ihren malerischen Trachten zur Kirche fuhren? Oder was weiß der heutige Mensch noch vom Hanfbrechen, vom Spinnen und Weben, von der Mostbereitung, bei der das Obst in einen gehöhlten Stamm durch einen abgegangenen Mühlstein zunächst gemahlen und dann in einer Baumtrotte ausgequetscht wurde? Unbekannt ist auch der heutigen Generation, daß das "Schwarzwälder Chriesewasser" noch bis 1918 von den Bauern in eigenen Brennereien gebrannt worden ist. Wer hat schon einen "Schneidesel" gesehen, der in keinem Schwarzwaldhaus gefehlt hat? Welcher Wanderer kann sich eine Stampfe oder Poche vorstellen, deren Namen er so oft auf der Wanderkarte liest? Wer weiß heute noch, daß mit diesen Stampfen noch vor wenigen Jahrzehnten die Gerste gestampft und der Hanf "geplült" wurde?

Kurz: im Vogtsbauernhof und in seiner nächsten Umgebung als stimmungsvollem Hintergrund und Rahmen soll die frühere Lebensweise, das damit verbundene bäuerliche Kulturgut und zugleich ein Stück Volkstechnik der Schwarzwälder in einem sinnvollen Zusammenhang gezeigt werden.

In dem Hause will man des weiteren in einem Raum an Hand von Karten, Lichtbildern und Plänen die Entwicklung der Schwarzwälder Bauernhausformen darstellen. Damit diese Schilderung nicht zu trocken wirkt, wäre sie durch Modelle und Bilder Schwarzwälder Maler lebendig zu gestalten. Eine Kammer könnte als Erinnerungsstätte für die Gutacher Maler Hasemann und Liebich eingerichtet werden. Es wäre dies zugleich ein Akt der Dankbarkeit gegenüber den beiden Schwarzwaldmalern, die mit ihren Bildern die Schwarzwaldhäuser in der weiten Welt bekannt gemacht haben. abb 05
Abb. 5 - Vogtsbauernhof. Ansicht der NO-Ecke und Schnitt. S = Schub P = Pfosten

Neben dem Haus stehen noch als Überbleibsel der früheren Begleitbauten ein halbzerfallener Backofen und ein Brennhäusle. Der Backofen wird wieder hergerichtet und das Brennhäusle eingerichtet werden. Die Einrichtung hierzu ist bereits beschafft(1). Nach Möglichkeit sollen in den nächsten zwei Jahren ein Speicher, der ebenfalls bereits zur Verfügung steht und nur aufgerichtet werden muß (Abb. 1), eine Säge- und eine Mahlmühle aufgestellt werden(2). Denn: wer kennt noch den Speicher(3), diesen Wohlstandsanzeiger eines alten Hofes, oder gar die vielbesungene Mühle im Schwarzwälder Tal und eine alte Bauernsäge, die alle zur Ausstattung der größeren Schwarzwälder Höfe gehörten?

Auch die Mühlen werden allmählich Kostbarkeiten; die alten Sägen sind es bereits. Mühlen und Sägen sind die ersten Maschinen des Abendlandes. Sie werden daher in der heutigen Zeit immer Aufmerksamkeit finden. Dabei ist die alte Schwarzwälder Klopfsäge eine Kulturkuriosität ersten Ranges. Sie allein würde den Besuch unseres Freilichtmuseums lohnen.

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Abb. 6 - Oberes Ende der Säule an der NO-Ecke

Die hierzu notwendige Anlegung eines Wasserspeichers hat der Landrat bereits zugesagt; denn ein Brandweiher ist für die benachbarte Häusergruppe sehr erwünscht. Damit wird der frühere Zustand wieder hergestellt. Nach der "Instruction für die Feuerschau" von 1709 ist ein "fewer-See" vorgeschrieben, der im Winter öfters "aufgeeyset" werden muß (Abb. 2).

Endlich soll noch ein kleines Kinzigtäler Haus, ein "Liebdighiesle" (Leibgedinghäusle), mit einer "Nußbühne", das ebenfalls bereits zu den Seltenheiten gehört, aufgestellt werden. Hierzu müßte allerdings die Hofreite durch Zukauf von Land noch etwas vergrößert werden. Das "Hiesle" könnte sofort erworben werden.

Damit hätten das Regierungspräsidium und der Landkreis Wolfach den Anfang zu einem Schwarzwälder Freilichtmuseum geschaffen. Dafür ist es auch höchste Zeit. Mit wehen Herzen sehen alle Freunde unseres Schwarzwaldes und seines Volkstums, daß die Technisierungs- und Mechanisierungswelle der jüngsten Zeit die alten Häuser und ihre Begleiter rasend schnell hinwegschwemmen, so daß sie im Bilde des Schwarzwaldes in absehbarer Zeit ganz fehlen werden. Alle Heimatfreunde danken daher diesen Stellen aus vollem Herzen, zumal das Regierungspräsidium bisher bereits mit erheblichen Mitteln durch die Vermittlung des Denkmalamtes den Verfall der eigen- und einzigartigen Schwarzwälder Kulturlandschaft verlangsamt hart.

Gedankt sei auch den Herren Sutter und Kutter vom Südwest- und Südfunk, die mit dazu beigetragen haben, die Anteilnahme am Vogtsbauernhof wachzurufen und diesen Hof der Nachwelt zu erhalten.

Mit dem Erwerb dieses Hofes folgen die maßgebenden Stellen dem Beispiel anderer Länder. In Deutschland gibt es bereits eine Reihe derartiger Freilichtmuseen. Das bekannteste befindet sich in Cloppenburg in Oldenburg(4). Es nennt sich zu Recht Museumsdorf, denn es beherbergt Beispiele aller bäuerlichen Bauten des oldenburgischen Münsterlandes. Im vergangenen Jahr wurde es von 153.386 Personen besucht. Weitere Freilichtmuseen stehen oder sind im Aufbau in Westfalen, in Niedersachsen, in Hamburg, in Schleswig-Holstein, in Hessen, und vor zwei Jahren ist das Rheinische Freilichtmuseum in Kommern auf einem 100 ha großen Gelände am Rande der Nordeifel eröffnet worden. In der Ostzone gibt es drei derartiger Museen mit bäuerlichen Bauten.

In der benachbarten Schweiz sind Bemühungen im Gange, ein Freilichtmuseum mit Beispielen aller schweizerischen bäuerlichen Bauformen zu errichten. Man betrachtet das als nationale Aufgabe der Eidgenossenschaft und beabsichtigt, ein Anfangskapital von 15 Millionen Franken aufzubringen und jährlich mindestens 600.000 Franken dafür aufzuwenden.

Ganz großartige Anlagen besitzen Dänemark, Belgien, Holland und die nordischen Länder. In Lyngby bei Kopenhagen umfaßt das Museumsgelände rund 16 ha. Auf ihm stehen etwa 70 bäuerliche Anwesen aus Dänemark in ihrer natürlichen Umwelt mit ihrer eigenen Atmosphäre. Ein Gang durch dieses Museum erfordert zwei Stunden.
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Abb. 7 - Grundrisse: 1 Hausgang; 2 Vordere Stube; 3 Küche; 4 Hintere Stube; 5 Kammer; 6 "Gängle"; 7 Stall; 8 Futtergang; 13 Keller; 1a Oberer Hausgang; 5a Schlafkammer der Bauersleute; 5 Kammer; 5b Geschirrkammer; 9 Heubühne; 12 Stubengang; 14 Heuloch; 15 Schlot; 6 Tenne; 10 Bühne; 11 Vorgang

Das Freilichtmuseum in Bokrijk (Belgien) erstreckt sich über 30 ha und birgt 31 typische Höfe und Bauten aus den flämischen Landschaften. Am Ende des Rundganges kommt man zu einem alten Gasthaus. In ihm, "beim schäumenden Bier nach altem Rezept und beim volkstümlichen Imbiß, wie ihn die alten Gasthäuser angeboten haben, erlebt der Besucher ein Stück Leben von einst. Hier kann er seinen Besuch noch einmal in Gedanken und Worten wiederholen. Er wird zweifellos finden, daß er bereichert ist an Geist, Gemüt, Auge und Herz," wie es in dem Führer zu diesem Museum heißt.

In die meisten dieser Museen sind viele Gemeinschaftsbauten des dörflichen Lebens übertragen worden. Auf Festplätzen und Festwiesen werden Volksfeste abgehalten und Volkstänze dargeboten. Freilichttheater und Gasthäuser sorgen für geistige und leibliche Erfrischung. All diese Museen sind begreiflicherweise sehr begehrte Sonntagsausflugsziele für die Städter. Sie weisen daher Besucherzahlen auf, die jene der sonstigen Museen weit übertreffen.

Auf die Gaststätten sei besonders hingewiesen. Auch beim Vogtsbauernhof könnte an einen bescheidenen Imbißstuben- und Kaffeebetrieb gedacht werden. Warum sollte man in einem alten Schwarzwälder Bauernhaus nicht Speck auf Brettle vorgesetzt bekommen? Daß dies mit einem Freilichtmuseum durchaus zu vereinbaren ist, beweisen die bestehenden Anlagen. Eine Parkmöglichkeit jenseits der Gutach, 200 Meter vom Hofe entfernt und unsichtbar, wird in Kürze geschaffen werden (Abb. 2).

Das Wichtgste für alle Freunde des Schwarzwaldes ist jedoch, daß mit dem ersten Schritt zu einem Schwarzwälder Freilichtmuseum ein Stück Schwarzwälder Eigenart und Innerlichkeit lebendig bleibt, das wiederum für den Menschen von heute, der hilflos dem heimat- und volkstumzerstörenden Zeitgeist gegenüber steht, wie Professor Schier auf der Tagung der Hausforscher in Cloppenburg 1952 etwa ausführte, zu einer Quelle der Besinnung werden kann. Sicherlich wird auch bei vielen Besuchern die Anteilnahme an der bäuerlichen Kultur und deren Zeugnisse geweckt und zu einem Born der Freude werden. Hierzu ist der Vogtsbauernhof ganz besonders geeignet.

Er steht für Besichtigungszwecke außerordentlich günstig, denn er ist sehr leicht zu erreichen. Der Hof liegt etwa zwei Kilometer südlich des Kinzigüberganges zwischen Hausach und Wolfach und wenige hundert Meter von der Bundesstraße 33 Hausach-Triberg entfernt (Abb. 2, 3). Von dieser Straße aus ist er zu sehen, so daß er den Schwarzwaldreisenden sofort auffällt. Diese Lage hat auch mit dazu beigetragen, daß er weithin bekannt geworden ist. Sie allein bringt schon die Verpflichtung mit sich, dieses Bauwerk für die Allgemeinheit zu erhalten. Im lieblichen Gutachtal, dem Zugang zum Hochschwarzwald, inmitten grüner Matten auf der Talaue gelegen und umrahmt von Bergen mit ernsten, dunklen Fichten- und Tannenwäldern, ist er die beste Werbung für den Schwarzwald. Er besitzt und umfaßt alles, was der Besucher mit hochgespannten Erwartungen von der Schwarzwälder Kulturlandschaft erträumt (Abb. 1).

Der Vogtsbauernhof wurde 1570 erstellt. Er hat somit ein bemerkenswert ehrwürdiges Alter. Er ist ganz aus Holz gebaut, mit Stroh gedeckt und nahezu unverändert auf uns gekommen. Dieser Hof verkörpert daher nicht nur eine acht Jahrhunderte alte Holzkultur, sondern er legt noch darüber hinaus Zeugnis ab von den handwerklichen und betriebswirtschaftlichen Erfahrungen der Schwarzwälder Zimmerleute und Bauern. Dieser Hof ist also von höchstem volkstumsgeschichtlichem und volkskundlichem Wert.

Jeder aufgeschlossene Besucher wird bei einer Besichtigung dieses eindrucksvollen Hofes einen nachhaltigen Einblick in das tiefere Wesen der überkommenen Schwarzwälder Bauweisen gewinnen. Es gehört mit zu den Zielen dieses ersten Schwarzwälder Freilichtmuseums, bei allen Besuchern Verständnis zu wecken für die Schönheit und die ideellen Werte der verschiedenen Schwarzwälder Hausformen. Mit Hilfe dieses Museums soll das geistige Kapital, das sich im Lauf einer achthundertjährigen Bauentwicklung in den Schwarzwälder Häusern niedergeschlagen hat, für die Gegenwart nutzbar gemacht werden. Dieser Zweck ist dann erreicht, wenn jeder Baugestalter im Schwarzwald, Architekt, Zimmermann oder Vertreter einer Siedlungsgesellschaft, diesen Hof besucht und hierbei Einsicht in das tiefere Wesen der Schwarzwälder Bauformen mit ihren landschaftseigenen Zügen gewinnt und den Hof wieder verläßt mit dem Willen, im Schwarzwald bauern- und landschaftsfreundlich zu bauen - ohne jedoch einem historisierenden Gestalten zu verfallen -, so daß die Häuser wie gewachsen und wie zugeschnitten für den Wäldler aussehen.

Aber auch die Jugend soll mit dem Hof angesprochen werden. Ein Denkmalhof bietet sich als Ziel von Schulausflügen geradezu an, wie ein Blick auf die oben erwähnten Einrichtungen gleicher Art zeigt. Manches Mädchen und mancher Junge wird beim Besuch unseres Vogtsbauernhofes vieles richtiger sehen lernen und unsere Heimat wird ihm interessanter und liebenswerter vorkommen.

In der Zeit seiner Erstellung ist dieser Hof ein neuer Bautyp gewesen, der durch damals neuzeitliche Bauordnungen eigens für die Waldbauern des württembergischen Schwarzwaldes erzwungen wurde. Wer die Entwicklung der Hausformen im Schwarzwald kennt, weiß, daß der Vogtsbauernhof im Grund- und Aufriß anders durchgebilder ist als die Höfe, die bis zu diesem Zeitpunkt auch in diesem Teil des Schwarzwaldes erstellt wurden. Aber welcher Laie kann das erkennen? Für ihn ist der Vogtsbauernhof ein Schwarzwaldhaus wie jedes andere auch, vielleicht etwas stattlicher und schöner. In der folgerichtigen Durchführung eines anderen Baugedankens liegt aber die großartige Leistung des damaligen Zimmermanns, der zugleich der Architekt gewesen ist. Wir wünschen, daß die Bauleute der heutigen Zeit durch diesen Hof zu der gleichen Leistung angeregt werden möchten. Wir sind nicht so ideenreich, daß wir auf die Erfahrungen von Baubeflissenen und Bauern des Schwarzwaldes verzichten könnten. Selbst begabte Architekten müssen in dieser eigenartigen Kulturlandschaft scheitern, wenn sie die Entstehung und Entwicklung der bezeichnenden Schwarzwälder Bauformen nicht berücksichtigen. Unser bescheidenes Freilichtmuseum soll deshalb auch auf diesem Gebiet belehrend und anregend wirken.

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Abb. 8 - Haustüre

Betrachten wir nunmehr den Hof näher. Sofort wird das Auge gefesselt von dem mächtigen, raumhaltenden Einhaus mit dem steilen Dach, das nach allen Seiten abfällt. Es birgt Menschen, Tiere und die Erträgnisse der Felder und Matten. Übermächtig wirkt das große Dach, das aber bei aller Wucht das Haus doch nicht erdrückt, sondern in einem wohltuenden Verhältnis zum Baukörper steht. Es ist mit Stroh gedeckt und hat noch keinen Schornstein. Nur auf der Südseite und über dem Eingang befinden sich einige Quadratmeter Biberschwanzdeckung; das Hartdach über der Haustür ist aus feuerpolizeilichen Gründen angelegt worden. Der Vogtsbauernhof ist der einzige Schwarzwaldhof, der noch ein Strohdach in diesem Ausmaß trägt, und einer der wenigen, die noch eine "Rauchküche" besitzen.

Auffallend ist der Fachwerkkern, der sich in der Mitte der Schauseite zwischen die Holzwände zwängt. Er ist eine Folge der neuen Bauordnung. Vom künstlerischen Standpunkt her mag man diesen Eingriff der neuen Bauordnung bedauern, weil das Fachwerk mit seinen spielerischen Formen das Gesamtbild beeinträchtigt. Diese Besonderheit hebt den Vogtsbauernhof und seine württembergischen Artgenossen von den übrigen Schwarzwaldhäusern sehr deutlich ab.

Auf der Bergseite führt eine Rampe mit einer Brücke unter dem hinteren Halbwalm in den gewaltigen Dachraum. Der Halbwalm ist die dreieckige Dachfläche, welche die hintere Schmalseite des Hauses oberhalb des Gebälkes im Dachstock überdeckt. Das Haus hat damit eine Hocheinfahrt, über die hinweg die beladenen Heuwagen auf die Tenne im Dachraum eingefahren werden. Diese Hocheinfahrt erleichtert die Heuernten, welche die wichtigsten Arbeiten des Schwarzwälder Bauern sind. Auf diesem Wege mußten jährlich rund achtzig Wagen Heu und fünfundzwanzig Fuhren Ohmd eingebracht werden.

Die dem Beschauer zugewandte Schmalseite ist ebenfalls mit einem Halbwalm abgedeckt, der auf der halben Höhe des Daches aufsitzt. Von ihm leiten die tiefen Schatten der weit vorspringenden Traufen über zu dem von der Sonne, dem Wind und dem Rauch unvergleichlich schön warm braungetönten Holzwerk, das mit seinen mächtigen Balken im Zusammenwirken mit der hier noch sichtbaren Konstruktion, dem "alemannischen(5) Fenstererker" mit seinem reichen Sprossenwerk und den kleingeteilten Fenstern, einen prächtigen Anblick bietet, den kein Beschauer so leicht vergißt, zumal wenn auf den zahlreichen "Stubengängen" und "Vorgängen", wie hier die Veranden genannt werden, rote Nelken und Geranien blühen.

Der "alemannische Erker", dieses Schmuckstück des Schwarzwaldhauses - alle Schwarzwaldhäuser, mit Ausnahme des Hotzenhauses, besitzen dieses Zierglied -, ist eine Erfindung der Wäldler. Er ist im Schwarzwald bis in das letzte Jahrhundert hinein üblich gewesen. Bereits die Schwarzwaldhäuser aus dem Ende des 15. Jahrhunderts besitzen diesen Erker. Er wurde erst im 16. Jahrhundert vom Fachwerkbau in den Städten übernommen. Bei den Rathäusern zwischen Rhein, Main und Neckar findet sich dieses Schmuckglied frühestens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, und an den Bürgerhäusern auf fränkischem Boden tritt es erst im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts auf(6). Wohl zeigen die Fachwerkbauten die zu Gruppen zusammengefaßten Fenster. Sie sind jedoch noch bis zur Wende des 16. zum 17. Jahrhundert etwa ebenflächig mit den Hauswänden angeordnet und springen nicht vor die Hausflucht vor, wie das bei den Schwarzwaldhäusern seit 1498 nachweisbar ist. Man schreibt daher zu Unrecht dieses ansprechende Architekturmotiv den Franken zu. Auch der Vogtsbauernhof, der älter ist als die oben angeführten Bürgerbauten mit Fenstererkern, zeugt für die Herkunft dieses Architekturgliedes aus dem Schwarzwald.

Um seine Entstehung zu begreifen, brauchen wir nur den Aufbau eines Schwarzwaldhauses am Vogtsbauernhof abzulesen. Hierbei werden wir sehen, daß der "alemannische Erker" sich als Nebenerzeugnis einer technischen Notwendigkeit ergeben hat, wie denn überhaupt der Vogtsbauernhof und mit ihm alle Schwarzwaldhäuser meisterhaft aus den Bedingungen des Holzes gestaltet sind.

Der Vogtsbauernhof besteht aus dem Hauskörper, der zwei Geschosse enthält, und dem Dach, das für sich abgezimmert und auf den Hauskörper aufgesetzt ist. Mit dieser Bauart unterscheidet er sich von den Häusern des Hochschwarzwaldes und von denen des Kinziggebietes.

Bis 1450 etwa bildete der Hauskörper mit den Geschossen und dem Dach bei den südwestdeutschen Häusern eine konstruktive Einheit, wobei das Haus von Säulen getragen wurde, die in den Außenwänden bis unter den Dachfuß, im Innern der Häuser bis unter die Dachdeckung gingen. Diese Häuser wurden in einem Zuge erstellt. Nach 1450 war diese Bauweise veraltet: die Häuser wurden nunmehr stockwerksweise - Stock bedeutet in der Zimmermannssprache einen Abschnitt - aufgerichtet. Bildlich gesprochen: es wurden Viereckskisten auf Viereckskisten gesetzt und als oberer Abschluß eine Dreieckskiste, das Dach, aufgestockt. Hierbei wurden die Säulen als tragende Glieder abgelöst von den Wänden und damit die Säulenbauweise durch die Rahmenzimmerung ersetzt, bei der die Lasten gleichmäßig auf die Wände verteilt werden. Der Laie vermag bei dieser neuen Technik die Trennung der einzelnen Stockwerke von außen leicht zu erkennen. Im Fachwerkbau wurde sie überdeutlich gemacht, indem man das obere Stockwerk über das darunterliegende vorspringen ließ. Hand in Hand mit dieser Bauweise wurden die Häuser über einen in sich geschlossenen Rahmen aus kräftigen Balken, den Schwellenkranz, aufgebaut. Die Holzverbindungen wurden dabei verfeinert, wobei das bisher übliche Verblatten der Hölzer durch Verzapfungen ersetzt wurde.

Dieser Vorgang hat sich in den württembergischen Bau- und Landfeuerordnungen niedergeschlagen. Auf diese Bestimmungen, deren erste 1568 erlassen wurde, basieren die Besonderheiten, die die württembergischen Schwarzwaldhäuser von den andern Bauten im Wald abheben.

Zu jenen gehört auch der Vogtsbauernhof. Er steht auf ehedem württembergischem Boden und wurde nur zwei Jahre nach dem Erlaß der ersten württembergischen Bauordnung erstellt. Das Fürstentum, so wird das Herzogtum noch in der Bauordnung genannt, umfaßte seinerzeit das Gutachtal ab wärts bis kurz vor Hausach und östlich und südöstlich hiervon die Ämter Hornberg und St. Georgen. In diesem Gebiet stehen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur Schwarzwaldhäuser von der Form des Vogtsbauernhofes, der das Vorbild für diese jüngeren Bauten abgegeben hat (Abb. 3). Lange hat der Verfasser geglaubt, diese Häuser als "Württembergische Schwarzwaldhäuser" in das Schrifttum einführen zu müssen. Der Vogtsbauernhof wurde jedoch von den Gutacher Malern Hasemann und Liebich, die sich von den prachtvollen Höfen dieses Tales ebenso angezogen fühlten wie von der eindrucksvollen Tracht ihrer Bewohner, in aller Welt als "das Schwarzwaldhaus" bekannt gemacht; Häuser dieser Bauart wurden daher unter dem Begriff "Gutacher Haus" zusammengefaßt.

Das ehedem württembergische Gebiet trennt zwei Hauslandschaften (Abb. 3). Der südlich und westlich anschließende Hochschwarzwald ist ein Gebiet der Beharrung, das nördlich angrenzende Einzugsgebiet der Kinzig ist dagegen ein Landstrich, der kräftige Impulse von Straßburg her empfangen hat und daher fortschrittlichere Zimmerungsarten aufweist.
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Abb. 9 - Küche

Im Hochschwarzwald stehen die "Heidenhäuser" und ihre Nachfahren. Es sind dies mittelalterliche, in einem Arbeitsgang abgezimmerte und aufgestellte Firstsäulenbauten, wie sie in der Hochgotik bei uns noch in den Städten und auf dem Lande üblich gewesen sind. Diese altertümliche Bauweise hat auch zu der Bezeichnung "Heidenhäuser" geführt. Selbstverständlich wissen die Wäldler, daß diese Häuser nicht von den Heiden erbaut wurden, wenn auch der Volksmund das schlechthin zu behaupten scheint. Merkwürdigerweise haben die "Heidenhäuser" einen Schwellenkranz (Abb. 4, 9). Die Häuser in der Rheinebene erhielten dieses Bauglied erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts und die Gutacher Häuser noch später im 17. Jahrhundert, nachdem sich die Bauordnung von 1568 durchgesetzt hatte, die einen Schwellenkranz auf einem gemauerten Sockel verlangte.

Die Kinzigtäler Häuser dagegen sind noch im letzten Jahrhundert ohne Schwellenkranz abgezimmert worden (Abb. 4). Sie und die älteren Gutacher Häuser, darunter der Vogtsbauernhof, zeigen im Aufbau des Hauskörpers daher noch Reste der mittelalterlichen Säulenbauweise (Abb. 5).

Die Gutacher Häuser erfüllen das Gebiet, das zum ehemaligen Herzogtum Württemberg gehörte. Ausgehend vom Vogtsbauernhof, vermittelten sie auf Grund ihrer geographischen Lage zwischen den konservativen Bauten des Hochschwarzwaldes und den Häusern des Kinzigtales mit entwickelteren Dachgerüsten. Darüber hinaus wirkten sie mit ihren Neuerungen, die zugleich Verbesserungen waren, vorbildlich. Die Gutacher Bauweise wurde beispielhaft für die spätere Gestaltung der Arbeiter-Viehzüchter-Häuser im Wald; ja, selbst als Bauernhaus vermochte diese Form im letzten Jahrhundert in den Hochschwarzwald einzudringen. Auch daraus erhellt die Bedeutung unseres Vogtsbauernhofes als Baudenkmal des Überganges zweier Epochen, der Gotik zur Renaissance.
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Abb. 10 - Eßplatz

Obgleich aus seiner Erscheinung ein Stück Renaissancegesinnung spricht, wurzeln die Abzimmerungen des Hauskörpers in den zwei vorhergehenden Stilperioden, in der gotischen und vorgotischen, und die des Daches in der spätgotischen Zeit.

Der Hauskörper besteht aus einer Rechteckkiste, deren Gerippe von mächtigen Holzsäulen gebildet wird, die in der Fachsprache und im Hotzenwald "Ständer", im Schwarzwald aber "Sulen" genannt werden. Die Säulen enden oben auf den Längsseiten in sehr starken Balken, auf den Schmalseiten in den Dachbalken. Unten stehen die Säulen unmittelbar auf dem Sockelmauerwerk aus Bruchsteinen auf. Um hier die Wände nach unten abzuschließen, sind zwischen die Säulen waagrecht liegende Balken gespannt. Der Vogtsbauernhof hat damit nur Fußriegel und keine Schwellen. Die Säulen und die Fußriegel sind aus Eichenholz, die übrigen Hölzer aus Tannen- und Fichtenholz. Der in einem Arbeitsgang erstellte Hauskörper enthält zwei Geschosse ohne konstruktive Trennung. Der zweigeschossige Aufbau und das Fehlen eines Schwellenkranzes weisen ihn als mittelalterlich aus.

Die schwellenlose Zimmerungsart hat sich als Überbleibsel der Säulenbauweise im alemannischen Gebiet, mit Ausnahme des Hochschwarzwaldes, bis in das 17. Jahrhundert, im Bereich der Kinzig, Wolf, Schutter und Rench sogar bis in das 19. Jahrhundert hinein gehalten, obgleich die stockwerksweise Abzimmerung und damit die Verdrängung der alten Verblattung durch die Verzapfung zuerst im alemannischen Oberdeutschland begann, wie zahlreiche Beispiele bei uns beweisen. Bauten ohne Schwellen werden daher im Schrifttum als alemannisch angesprochen. Man begeht dabei eine kleine Ungenauigkeit, denn auch im Fränkischen war die Säulenbauweise bis in das 16. Jahrhundert hinein üblich; ihre Reste sind nur früher verschwunden. Auch wir verbleiben bei dieser Bezeichnung; wichtig ist dabei, daß man weiß, was gemeint ist.

Mittelalterlich ist auch die Aussteifung des Hauskörpers mit aufgeblatteten Kopf- und Fußbändern, hierzulande "Büge" geheißen. Die Büge laufen unter einem Winkel von etwa 60 Grad von den Säulen zu den oberen Längs- und Querhölzern und den Fußriegeln. Sie haben die Aufgabe, die Säulen, die Lastenträger bei dieser Bauart, in ihrer senkrechten Stellung festzuhalten und das Gerippe vor seitlicher Verschiebung zu bewahren. Bei den späteren Bauten mit stockwerksweiser, d.h. Rahmen-Zimmerung sind die Büge eingezapft und unter einem Winkel von 45 Grad angeschlossen. Auf diese neuere Weise sind auch die Büge gestalter, die die vorspringenden Veranden der Schauseite unterstützen. Sie sind beachtenswert, weil ihre Form über ihre Zweckbestimmung hinaus in den Bereich des Schönen gehoben ist. Ihr Aussehen ahmt ein gedrehtes Seil nach, das aber ohne Künstelei durch einen einfachen Hieb- oder Sägeschnitt werkstoffgerecht gewonnen wurde (Abb. 5, 6). So vermitteln diese aufwendig gearbeiteten Büge betont zwischen den steifen Senkrechten der Säulen und den starren Waagrechten des "Vorganges" im Dachgeschoß.

Die Säulen des Hausgerüstes haben Nuten. In sie sind im Wohnteil von oben herab etwa 7 Zentimeter starke Bohlen, "Flecklinge" genannt, eingeschoben. Der Fleckling über dem Fußriegel greift mit seiner ganzen Stärke in den Fußriegel ein. In seine obere Kante ist eine Nut eingehobelt. In dieser Nut sitzt mit einem Kamm der nächste Fleckling (Abb. 5). Die Wände des Erdgeschosses bestehen aus fünf auf die beschriebene Art aufeinander geschobenen Flecklingen. Diese Wandbildung erlaubt eine möglichst geringe Bearbeitung des Holzes und ermöglicht ein leichtes Zusammenfügen und Aufstellen. Dieser Zusammenbau begegnet auch am zweckmäßigsten dem Schwinden des Holzes. In den Nuten kann das Holz "arbeiten", wie der Fachmann sagt. Darüber hinaus gewährt diese Bauart dicht bleibende Wände von hohem Kälte- und Wärmeschutz, weil die schweren Flecklinge in den Nuten nach dem Schwinden nach unten rutschen und dann in den Nuten festgefügt aufeinander sitzen(7).

Der oberste Fleckling bildet bereits den Sockel des Obergeschosses. In ihn sind die Decke des Erdgeschosses, die zugleich den Fußboden des Obergeschosses bildet, und die senkrecht stehenden Bretter eingeschoben, die das Obergeschoß umwanden (Abb. 5).

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Abb. 11 - Herrgottswinkel im Vogtsbauernhof

Die Decke des Erdgeschosses ist ebenfalls aus Flecklingen gefertigt. Aut der Innenseite der obersten Wandflecklinge sind waagrechte Nuten und in deren Mitte auf der Schau- und Gangseite je ein Schlitz eingeschnitten. Durch ihn werden die Flecklinge von außen eingefahren, der erste nach links, der zweite nach rechts usw. Zum Schluß wird der "Schub" oder "Schiebling", wie der "Schub" auch genannt wird, eingetrieben. Die Flecklinge haben nur auf einer Seite einen Anzug; der "Schub" dagegen verjüngt sich auf beiden Längsseiten. Außerdem ist er länger als die Deckenflecklinge. Beim Einfahren treibt der "Schub" mit seiner konischen Form die Flecklinge zusammen. Auch diese Gestaltung ist wiederum den Eigenschaften des Holzes angepaßt. Dieses schwindet, d.h. sein Rauminhalt verringert sich mit der Zeit, und verzieht sich unter Umständen. Wenn nach geraumer Zeit die Fugen klaffen, dann wird der "Schub" nachgetrieben, und die Flecklinge werden aufs neue zusammengepreßt. Es darf hier vorweggenommen werden, daß auf die gleiche Weise der Boden der Tenne gefügt ist (Abb. 4, 5, 16).

Beim Vogtsbauernhof sind die Flecklinge und der "Schub" über der vorderen Stube vom Hausgang her, bei der hinteren Stube von der Schauseite her eingefahren worden. Nur die hier wenig vor die Fluchten der Wände vorspringenden "Schieblinge" und die Fenster im Obergeschoß lassen die Zweigeschossigkeit dieser mittelalterlichen Bauweise erkennen. Zur Zeit sind die stark verwitterten Fenstererker noch mit Brettern verkleidet, so daß der Beschauer den "Schub" über der vorderen Stube nur im Hausgang sehen kann(8). Unter die Decken in beiden Stuben ist in deren Mitte ein Balken, der "Sohlbaum", gespannt; er verhindert ein etwaiges Durchhängen der Decken.

Die Bodendielen des Erdgeschosses liegen auf Bodenrippen. Mit dieser Verlegungsart unterscheidet sich der Vogtsbauernhof wiederum von den "Heidenhäusern", bei denen die Fußböden - wie die Decken unseres Hofes - von außen in Nuten des Schwellenkranzes eingeschoben sind.

Obgleich die weitgefachte Ständer-Flecklingsbauweise alle Schwarzwälder Häuser kennzeichnet, ist sie für die optische Wirkung von untergeordneter Bedeutung. Nicht die Wände bestimmen den Eindruck eines Wälderhauses, sondern die vielen an den Hausecken beginnenden, nebeneinander gereihten, in kleine Rechtecke aufgeteilten Fenster mit Schiebern, zu denen noch in rauhen Lagen Schiebeläden treten, sind das Wesentliche an den Schauseiten der Schwarzwaldhäuser mit Ausnahme des Hotzenhauses. Erst sie formen im Zusammenwirken mit den Ständer-Flecklingswänden das Baugesicht eines Schwarzwaldhauses. Fenstererker und weitgeständerte Flecklingswände sind schwarzwälderisch und alemannisch zugleich.

Die großen Fensterflächen sind für das 16. Jahrhundert auffallend. Glas war damals ein teurer Werkstoff. Die Häuser der Bauern in den übrigen deutschen Landschaften und die Bauten der einfachen Bürger jener Zeit besaßen daher wenige und sehr kleine Fenster. Der Schwarzwald machte eine Ausnahme. Hier im Wald wurde in zahlreichen Hütten Glas erzeugt, und die Glasmacher lieferten den Bauern billiges Glas, da sie auf sie angewiesen waren. Die Bauern konnten sich daher den Luxus üppiger Verglasungen erlauben.

Die Fenstererker und die Fensterbänder wurden im Schwarzwald auf zwei Arten gefertigt (Abb. 4). Bei den "Heidenhäusern" sind sie kraftvoller ausgebildet als bei den Kinzigtäler Bauten. Die Gesims- und Sturzbalken, die die Fensterflächen oben und unten begrenzen, laufen bei den "Heidenhäusern" immer von der Ecksäule bis zur nächsten Säule, die in der Wand steht. Sie sind, wie die Flecklinge, in die Nuten der Säulen von oben herunter eingeschoben und springen etwa 8 - 12 Zentimeter vor die Flucht der Säulen vor. Diese Vorsprünge sind wiederum genutet. Die Nuten öffnen sich gegen die Fensterlücken. In diese Nuten wird zunächst von der Seite her ein Brett, das etwa 12 Zentimeter breit ist, eingeschoben und dann werden die Fenster und als Abschluß wiederum ein Brett eingefügt. Die beiden Bretter begrenzen die Fensterfläche nach den Seiten und dichten zugleich ab. Die Fensterrahmen haben in den Nuten etwas Spielraum; sie haben "Luft", wie der Zimmermann sagt. Die Glasflächen, die keinerlei Spannungen vertragen können, sind also nicht fest eingespannt und den Bewegungen entzogen, denen ein hölzernes Haus durch das Schwinden und Setzen seiner Teile ausgesetzt ist. Wahrscheinlich wurden aus diesem Grund auch die kleinen, unverkittet in den Sprossen sitzenden Scheiben gewählt; die Glasmacher der damaligen Zeit waren nämlich durchaus schon in der Lage, größere Glasflächen herzustellen.

Der "alemannische Erker" ergab sich also von selbst ohne jegliche ästhetische Nebenabsicht aus den vom Holze vorgeschriebenen Bedingungen und aus den technischen Eigenschaften des Glases.

Der Sturzbalken hat innen eine Nut und einen Schlitz etwa in der Mitte. Durch den Schlitz wurde die Decke eingefahren. Der Sturzbalken trennt bei dieser Hausgattung das Ober- vom Erdgeschoß, was nicht allzu schwer erkennbar ist (Abb. 4a).

Bei den Kinzigtäler Häusern war diese Bauweise nicht möglich, weil diese Gattung nur eingeschossig ist (Abb. 4b). Die Stuben dieser Hausart besitzen, wie die gotischen Bürgerstuben, gewölbte Decken. Auch diese sind aus Flecklingen gefertigt, die von außen eingefahren und durch einen "Schub" zusammengetrieben worden sind (Abb. 4 b, 8) Der "Schub" kam hierbei höher zu liegen als der Fenstersturz. Zumeist erstreckt sich hier der Fenstererker nicht von der Ecksäule bis zur nächsten Säule, sondern endet vorher. Die Öffnung für den Fenstererker mußte demnach hier aus den Flecklingen, welche die Wand aufbauen, herausgeschnitten werden. Zugleich mußten die Flecklinge in ihrer Lage festgehalten werden, damit das arbeitende Holz keine störenden Formveränderungen hervorruft. Aus diesem Grunde wurde an den Stirnflächen der Flecklinge ein Pfosten angeschoben, der oben und unten geschlitzt ist (Abb. 4, b, P). Mit dem unteren Schlitz reitet er auf dem tiefer liegenden Fleckling und mit dem oberen nimmt er den darüber sitzenden Fleckling auf. Auf den Seiten ist der Pfosten genutet. Die eine Nut hält die Enden der Flecklinge in ihrer Lage fest; die andere Nut faßt das Fenster. Gesims- und Sturzhölzer haben wiederum Nuten, in die die Fenster eingeschoben werden. Selbstverständlich mußten bei dieser Bauweise die verwendeten Hölzer und damit der Erker zierlicher ausfallen als bei den "Heidenhäusern"(9). Aber auch hier ist ein "alemannischer Erker" entstanden mit seinen Kennzeichen: den vor der Hausflucht liegenden Fensterfronten.
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Abb. 12 - Tür zur Kammer, der Stegenkasten

Bei beiden Bauarten sind die Fensterrahmen in der Regel durch kleine Pfosten voneinander getrennt. Jedes Fenster ist der Höhe nach in fünf schmale Streifen geteilt, die in der Breite jeweils gehälftet oder geviertelt sind. Über der untersten Reihe sind die beiden Fensterfelder der zweiten Hälfte zu einem zweiteiligen, nach der Seite verschiebbaren Fenster zusammengefügt. Die zahlreichen breit gefaßten Scheiben des gestreckten Fensterbandes in den warm getönten Holzwänden und die Schutz verheißenden mächtigen Dächer verursachen die behagliche, heimelige Stimmung, welche die Schwarzwaldhäuser ausstrahlen.

Der Aufbau der Fenstererker des Vogtsbauernhofes nimmt eine Mittelstellung zwischen der Hochschwarzwälder und Kinzigtäler Art ein. Der Meister bediente sich der Gefügeteile von beiden Formen. Auf der Schauseite gehen die Fenstererker von den Ecksäulen bis zu den nächsten Wandsäulen. Dabei sind bei der vorderen Stube fünf, bei der hinteren Stube vier Fenster(10) eingeschoben worden.

Abb. 13 - Querschnitt eine Heidenhauses (Siehe Fußnote 16)
Abb. 13 - Querschnitt eine Heidenhauses
(Siehe Fußnote 16)
Auf der Nordseite der vorderen Stube sind in das Fensterband nur drei Fenster eingelassen. Das Fensterband beginnt an der Ecksäule und endet an einem Pfosten, der nach Kinzigtäler Art oben und unten mit Ausschnitten in den Flecklingen sitzt und auf der Seite mit einer Nut die Flecklinge faßt (Abb. 5, P). In diesem Pfosten enden auch der Gesimsbalken und das Sturzholz.

Beide sind genutet; die Nuten öffnen sich nach oben und unten. In diese Nuten sind von der Seite her zuerst ein Pföstchen (p) und ein Fenster, dann wiederum ein Pföstchen und das zweite Fenster mit dem dritten Pföstchen und endlich das dritte Fenster und das abschließende vierte Pföstchen eingeschoben (Abb. 5). Nach innen ist der Gesimsbalken mit einem Brett abgedeckt (in der Abb. 5 ist das Abdeckbrett nur so lang wie das eingeschobene Fenster gezeichnet).

Die Flecklinge, mit denen die Außenwände des Erdgeschosses nach oben hin abschließen, bilden zugleich den Sockel des Obergeschosses. Sie sind an ihren oberen Kanten genutet. In den Nuten stehen senkrecht Bretter, die unter sich überfälzt sind. Die Trennung der Geschosse ist damit konstruktiv nicht betont: nur an den Stirnseiten der "Schieblinge" ist die Lage der Decke zu erkennen (Abb. 5).

Die Zweigeschossigkeit, die die Gutacher Häuser mit den im Süden anschließenden Schwarzwaldhäusern und den oberschwäbischen Bauernhäusern gemeinsam haben, ist für die damalige Zeit auffallend. Aber im Schwarzwald, der mit seinen langen schneereichen Wintern die Bauern zwingt, große Futtervorräte zu lagern, hat die hier mit dem Beginn der Besiedlung im 11. Jahrhundert übliche Säulenbauweise eine Vergrößerung der Bergeräume nach der Höhe nahegelegt. Derartige große Bauernhäuser kennen im Deutschland des 16. Jahrhunderts nur noch die Friesen und Sachsen. Bei ihnen sind sie jedoch eingeschossig. Wenn wir auch glauben, daß diese Großformen erst im 14. und 15. Jahrhundert entstanden sind, sei doch darauf hingewiesen, daß die Neigung dazu bereits am Ende des 13. Jahrhunderts vorhanden war; denn der Schwabenspiegel, ein Rechtsbuch jener Zeit, gestattet bereits zwei Geschosse in einem Bauernhaus. Und werfen wir einen Blick auf die übrigen Bauernhäuser im deutschen Sprachgebiet, so fällt uns bei einem Vergleich auf, daß die Alemannen gern in die Höhe bauen.

Im Stallteil und im Obergeschoß sind die Flecklinge zwischen den Säulen durch stärkere oder schwächere Füllungen ersetzt, je nachdem es die Umstände erfordern. Die Außenwände des Stalles sind mit 12 Zentimeter starken, unter sich verdübelten und mit Moos gedichteten Kanthölzern ausgesetzt, damit die Stallungen warm bleiben. Die darüberliegenden Heubühnen sind mit dünneren, senkrecht stehenden Brettern ausgefacht. Im Hausgang bestehen die Wände wiederum aus Flecklingen. Nur die Wände der Küche und des "Gängles" (Abb. 7) bestehen aus Riegelmauerwerk, treffender bezeichnet, aus Fachwerk, das mit Bruchsteinen ausgesetzt ist.

Dieses Fachwerk wurde von der ersten württembergischen Bauordung aus dem Jahr 1568 vorgeschrieben. Sie verlangte, daß alle Wände, die einer Feuerstelle zugekehrt sind, aus Riegelmauerwerk aufgeführt werden müßten. Für die Grundrißgestaltung der württembergischen Schwarzwaldhäuser und damit für unsern Vogtsbauernhof war diese Verordnung von bedeutsamen Folgen, wie wir noch sehen werden.

Eine besondere Note erhält der Vogtsbauernhof des weiteren durch die zwei "Stubengänge" im Obergeschoß und den "Vorgang" im Dachgeschoß, wie in dieser Gegend die Veranden genannt werden. Die Heimat dieser Veranden ist das Elsaß; dort wurden im 16. Jahrhundert Bürger- und Bauernhäuser mit derartigen Lauben bereichert. Über die Ortenau, die ein Nebenland des Elsasses war, kamen sie in das Kinzig- und Gutachtal.

Abb. 14 - Stehender Dachstuhl
Abb. 14 - Stehender Dachstuhl
An der Südlängswand, unweit der Mistlege befindet sich der Abort. Auch er war Gegenstand der ersten Bauordnung, in der er "haimlich Gmach" genannt wurde. Ihr zufolge mußte er durch eine Tür verschließbar sein. Seine Anlage war für die damalige Zeit durchaus nicht selbstverständlich. Vielleicht gingen die Bauern damals in den Stall; die meisten Bauernhäuser des 16. Jahrhunderts besaßen diese Einrichtung nicht.

Die Haustüre ist eine Zwei-Flügeltür, die aus zwei der Höhe nach geteilten Hälften besteht (Abb. 8). Der geöffnete obere Flügel läßt Licht in den Hausgang und gewährt dem Küchenrauch Abzugsmöglichkeiten, während die geschlossene untere Hälfte dem Kleinvieh den Eintritt verwehrt. Ursprünglich bestanden die Flügel aus einer Bohle an der Drehkante, an die oben und unten je ein runder Zapfen angeschnitten war. Diese Zapfen griffen in Bohrungen der Schwelle und des Sturzholzes sowie in der Mitte der Türe in ein in die Türsäule eingelassenes Angelstück, so daß diese Bohlen drehbar waren. In diese drehbaren Bohlen waren auf ihrer Rückseite zwei waagrechte Leisten eingelassen, auf die senkrecht stehende, unter sich gefälzte Bretter mit versetzten schrägen Holznägeln aufgeschlagen waren (auf der Innenansicht des Tenntores auf der Abb. 16 zu erkennen). Dieses Türgefüge mit den Wendebohlen, Querleisten und der Schrägnagelung war schon in der jüngeren Steinzeit üblich(11).

Über der Türe steht das Erbauungsdatum 1570. Leider ist es kaum noch lesbar(12). Auf der Außenseite des Türpfostens mit dem Türschloß sind noch die Spuren eines Abwehrzeichens gegen böse Geister erkennbar. Solche Abwehrzeichen waren im Schwarzwald im 16. und 17. Jahrhundert sehr verbreitet.

Durch die Türe gelangt man in den Hausgang, der das Haus von einer Längsseite zur andern querfirstig durchzieht. Gegen die Talseite zu reihen sich an ihn die große oder vordere Stube, dann die Küche und am anderen Ende die hintere Stube. Auf der andern Seite des Ganges liegen zwei Kammern, die als Schlafkammern für die Knechte und Mägde dienten. Zwischen ihnen, gegenüber der Küche, führt ein Durchlaß, das "Gängle", in den Stall (Abb. 7).

Das Merkwürdige bei diesem Grundriß ist die Lage der Küche zwischen den beiden Stuben in der Mitte der Hausfront. Diese Einteilung kennzeichnet alle Schwarzwaldhäuser der ehedem württembergischen Gebiete. Da die Küche die alleinigen Feuerstellen dieses Hauses enthält, mußte sie mit Fachwerkwänden, die mit Bruchsteinen ausgesetzt waren, umwandet werden. Das konnte am zweckmäßigsten geschehen, wenn sie zwischen die Stuben, deren Öfen von der Küche aus beheizt werden, gelegt wurde. Des weiteren verlangte die Vorschrift, daß der Rauch nicht mehr durch Räume des Dachgeschosses geleitet würde. Auch dieser Forderung konnte man mit der getroffenen Anordnung am leichtesten nachkommen. Ein Teil des Rauches tritt unmittelbar aus dem Rauchfang, dem "Gwölm", ins Freie, der Rest wird durch den schornsteinartigen "Schlot" an der Innenseite der Außenwand der Küche bis zur "Oberte", dem obersten Boden unter dem First, geführt. Der "Schlot" ist aus Brettern verfertigt, das "Gwölm" ist aus Flechtwerk:; in ihm werden die Fleischwaren geräuchert.
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Abb. 15 - Liegender Dachstuhl des Vogtsbauernhofs

Es überdeckt die Küche in ihrer ganzen Breite. An den Seitenwänden der Küche steht je ein Herd. Die Herde bestehen aus einem gemauerten Sockel mit aufgesetzten feuerfesten Seitenwänden und einer Eisenplatte mit Kochlöchern als oberen Abschluß. Unter dem Feuerloch befindet sich ein Rost. Die Herde in ihrer heutigen Form sind jung. Zur Zeit der Erstellung des Hofes brannte auf einem steinernen Tisch ein offenes Feuer, in das die mit Füßen versehenen eisernen Kochtöpfe hineingestellt wurden.

Der Herd an der Wand der großen Stube steht mit seiner Rückseite gegen den Nebenofen in der Stube. Dieser Nebenofen wird "Kunst" genannt. Die warmen Abgase des Herdes ziehen zunächst durch die "Kunst", erwärmen sie und entweichen dann durch eine Öffnung in der Küchenwand in den Rauchfang. Neben dem Herd in der Küche ist ein Loch in der Wand, durch das der Kachelofen in der Stube beheizt wird. Der Kachelofen steht unmittelbar neben der "Kunst". Auch seine Abgase ziehen durch eine weitere Öffnung in den Rauchfang der Küche ab. Kein Wunder also, wenn derselbe pechschwarz glänzt und auch die Küchenwände leicht angeschwärzt sind. Die Küche ist daher dunkel; es ist eine "schwarze Kuche", wie der Volksmund sagt. In den Kochzeiten und vor allem bei schlechtem Wetter ist sie mit Rauch erfüllt.

Neben den Herden findet sich in der Küche nur noch ein bescheidener Tisch zum Anrichten des Essens und ein Schrank zur Aufbewahrung des einfachen Küchengeschirres (Abb. 9). Eine weitere Anrichte steht im Hausgang. Hierbei sei daran erinnert, daß Küchenhausrat in weiterem Ausmaß früher nicht üblich war; er wäre sehr bald unansehnlich geworden.

Ebenso bescheiden ausgestattet sind auch die Stuben. In der vorderen Stube steht neben der "Kunst" der Kachelofen. Er stammt aus der Zeit der letzten Jahrhundertwende, wie seine unschönen, von der Maschine gepreßten Kacheln verraten(13). Auf die "Kunst" folgt gegen das Fenster ein runder Tisch und eine umlaufende Bank. Hier war der Eß- und nach Feierabend der Plauderplatz der Familie. Eine Durchreiche nach der Küche, das "Lädele", erleichterte die zum Essen notwendigen Handreichungen (Abb. 10). Die Säule in der Ecke des Eßplatzes ist von jeher verbrettert. Unter dem Schalbrett sind auf der Säule Abwehrzeichen gegen das "Ungrade", wie der Schwarzwälder sagt, eingeritzt. Weitere derartige abwehrende Zeichen sind die Sechssterne in der Form des Gastwirtszeichens, die in die nördliche Stubenwand neben der "Herrgottssäule" eingekerbt sind. Mit dieser Nebeneinanderstellung des "Graden" und "Ungraden" bekundet der Wäldler seinen Sinn für die Polarität unseres Seins: ohne Teufel keinen Gott, ohne Böses kein Gutes. Die Stubenecke, die von den beiden Außenwänden gebildet wird, ist der eigentliche Kultwinkel, der "Herrgottswinkel", wie er im ganzen Schwarzwald genannt wird. In ihm steht die "Herrgottssäule". Sie enthält eine sakramentshäuschenartige Nische, in der die Bibel oder ein Andachtsbuch aufbewahrt wird (Abb. 11). Wir erinnern uns hierbei, daß Württemberg der Reformation folgte. An dem Tisch unter der Herrgottssäule wurde der Besucher bewirtet. Im zweiten Kultwinkel, neben dem "Lädele", hängen Familienbilder, ein Erinnerungsbild an die Militärzeit des Bauern und Bildnisse von ehedem regierenden Fürsten (Abb. 10). Schräg gegenüber dem Eßwinkel steht in der dritten Ecke der Stube, in dem "Stegenwinkel", der "Stegenkasten" (Abb. 12). Er enthält eine Treppe, die in die über der Stube gelegene Schlafkammer der Bauersleute führt. In der Mitte der Stube durchläuft der "Sohlbalken" oder "Unterzug*" den Raum in der Breite. Zwischen ihn und die Decke wurden die eingehenden Schriftstücke gesteckt. Einige einfache Stühle ergänzen die Ausstattung.
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Abb. 16 - Das Tenntor

Die hintere Stube ist umgestaltet und daher nicht bemerkenswert.

Im Obergeschoß liegen über den beiden Stuben die Schlafkammern der bäuerlichen Familie. Der Raum über der Küche ist nicht betretbar. Er wird zum Teil durch das "Gwölm" ausgefüllt. An die Kammer über der hinteren Stube schließen sich eine weitere Kammer und eine "Geschirrkammer" an der Südlängswand an. Diese Kammern sind möglicherweise erst später eingebaut worden. Vielleicht waren sie über einen Gang an der Südwand betretbar(14). Über dem Stall liegt die Heubühne. Von ihr aus führt eine Treppe in den Dachraum.

Die Kammern sind schlecht belichtet und belüftet. In ihnen stehen lediglich Bettstellen, in denen die erwachsenen Kinder und das Gesinde schliefen. Sie konnten nicht geheizt werden. Nur die Schlafkammer der Bauersleute über der vorderen Stube erhält Warmluft durch eine verschließbare Öffnung in der Stubendecke, die sich über dem Kachelofen befindet. Die Kleider wurden im Speicher, der auf der Hofreite stand, aufbewahrt, und die Wäsche lag in Truhen, die in den Hausgängen standen. (Der Speicher [Abb.19] und die Truhen sowie die weiteren Einrichtungsgegenstände, die heute noch fehlen, sollen in Kürze wieder beschafft werden(1)).
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Abb. 17 - Backofen: Bei den Erhaltungsarbeiten hat sich inzwischen ergeben, daß der Schornstein eine spätere Zutat ist, die wieder entfernt wird, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Im Stall sind die Tiere querfirstig aufgestallt. Die Krippen verlaufen parallel mit dem Futtergang, der den Stall in zwei Hälften teilt. Die Viehstände sind mit Vierkanthölzern belegt und gegen die Stallgasse, die "Schorbank", etwas erhöht. Die Stände und die "Schorbank" werden durch eine Rinne, die in einen Balken gehauen ist, den "Schorbaum", voneinander getrennt (Abb. 7). Den Besucher wird die niedere Stallhöhe befremden. Man muß jedoch bedenken, daß früher das kleine Hinterwälder Vieh gehalten wurde, das eine Nackenhöhe von nur 1,35 bis 1,45 Meter erreichte.

Auf dem Hauskörper sitzt das für sich abgezimmerte Dach. Es hat die bemerkenswert steile Neigung von 50 Grad. Sie gibt dem Hof eine stolze Note. Das Dach umschließt den Dachraum, dem hier die Rolle des Wirtschaftshofes zukommt, wie wir ihn von den Gehöften im Rheintal her kennen. Für diese Aufgabe ist er hallenartig gestaltet worden. Es war ein Auftrag, der nicht leicht zu meistern war. Für die Zeit seiner Aufrichtung stellte das Dachwerk des Vogtsbauernhofes ein ausgereiftes Meisterwerk der Zimmermannskunst dar. Um es würdigen zu können, müssen wir einen Blick auf seine Vorgänger werfen, die in den Wirtschaftsteilen der benachbarten "Heidenhäuser" in der gleichen Zeit noch üblich gewesen sind.

Bei dieser Hausgattung wird die Dachlast durch mächtige Säulen getragen, die "Hochsäulen", die im Innern des Hauses in Ab ständen von etwa 3,5 Meter stehen (Abb.13). Dieses Firstsäulenhaus, wie wir es nennen wollen, ist das urtümliche Haus am Oberrhein gewesen. Von Straßburg her wurde diese Zimmerungsweise etwa von 1300 ab zunächst in Mittelbaden und dann im Kinzigtal langsam umgestaltet. Dabei wurden die "Hochsäulen" vorerst durch "stehende", dann durch "liegende" Stühle verdrängt. Das Ziel dieser Entwicklung war die Entfernung der Säulen, denn sie erschwerten die Raumgestaltung. Mit der Einführung der stockwerksweisen Aufrichtung der Häuser im 14. und 15. Jahrhundert wurden sie in jedem Stock abgeschnitten, wobei im Dachgeschoß der "stehende Stuhl" entstand (Abb. 14). Die Säulen wurden nunmehr kürzer und handlicher; sie waren damit leichter aufzustellen, aber sie beeinträchtigten immer noch die Raumausbildung, sie "tyrannisierten" den Grundriß weiterhin. Außerdem war es mißlich, daß sie oft nur auf einen nicht unterstützten Balken, ins "Hohle", wie der Zimmermann sagt, gestellt werden mußten (in der Abb. 14 durch einen Pfeil angedeutet). Am Ende des 15. Jahrhunderts drehte man daher die Säulen schräg unter die Dachflächen, um die Last auf die Hauswände zu übertragen und gleichzeitig einen freien, durch keinerlei Stützen beengten Dachraum zu bekommen. Diese Dachgerüste mit schräg stehenden Säulen nennt man "liegende Stühle" oder "Binder mit liegenden Säulen".

Ein "liegender Binder" des Vogtsbauernhofes (Abb. 15) zeigt ein derartiges, in seiner Zeit neuartiges Dachgerüst. Die obere Last des Daches wird von dem "Firstbaum" (Firstpfette FP) aufgenommen und von zwei schrägstehenden Streben (S) auf einen Balken der "Oberte" (BO) übertragen. Von hier wird die Last in der gleichen Weise weitergeleitet durch zwei weitere, ebenfalls schrägstehende Streben, die "liegende Stuhlsäulen" genannt werden (Abb. 15 StS). Diese liegenden Stuhlsäulen sind auf Dachschwellen (DS) mit "Geißfüßen" aufgesetzt. In den Feldern zwischen den Bindern ist eine Längsaussteifung, die aus Andreaskreuzen besteht, eingespannt, die zwischen den Stuhlsäulen und den Dachpfetten (DP) sitzt. Die Dachschwellen verteilen die Last gleichmäßig über das ganze Gebälk. Die Stuhlsäulen verbreitern sich nach oben. Sie nehmen hier in einem Ausschnitt, der "Dachwolf" und "Ochsengosch" genannt wird, die Dachpfetten (DP) auf. Der Ausschnitt verjüngt sich ein wenig nach unten. Die Dachpfette muß daher hier einen trapezförmigen Querschnitt erhalten. Dieser Kniff sichert eine unverrückbare Lage der Dachpfette und der liegenden Stuhlsäule. Auf die Dachpfetten sind die Balken der "Oberte" aufgelagert. In den Traggerüsten, den "Stühlen" und "Bindern", läuft unterhalb des Balkens der "Oberte" (BO) noch ein zweiter Balken, der "Spannriegel" (Sp), von Stuhlsäule zu Stuhlsäule. Er hilft mit, die Stuhlsäulen in ihrer Lage festzuhalten. Je ein Bug (Bu), das ist ein kurzes, auf die Stuhlsäule und den Spannriegel schräg aufgeblattetes Holz, verkürzt die Spannweite des Spannriegels und erhöht die Unverschiebbarkeit und damit die Standfestigkeit dieser Stühle. (Um das Lesen der Zeichnung zu erleichtern, ist der Bug auf der Abb. 15 nur auf der linken Seite gezeichnet.) Durch die Blätter vermögen die Büge Zug- und Druckspannungen aufzunehmen. Auch das ist für die Standfestigkeit dieser Konstruktion von großer Bedeutung; denn die gewaltigen Dachflächen werden durch Wind und Schnee sehr oft einseitig belastet, und die Büge müssen wechselnd Zug- und Druckspannungen begegnen.

Die Ausschnitte für die Dachpfetten und für den Firstbaum sind in das widerstandsfähige Stockholz, das ist der wurzelnahe Stammteil, eingeschnitten worden. Die Stuhlsäulen sind damit absichtlich auf den Kopf gestellt, weil der obere Teil der Säule mehr beansprucht wird und weil erfahrungsgemäß die Stuhlsäule in dieser Lage eine längere Lebensdauer besitzt.

Über dem Firstbaum, den Dachpfetten und den Dachschwellen hängen die Rafen. Sie sind nur wenig bearbeitet, und ihre wurzelnahen Enden sind wiederum oben. Am First sind sie überblattet und durch einen Holznagel miteinander verbunden; auf den Dachpfetten und den Dachbalken sind sie ebenfalls mit je einem Holznagel befestigt.

Die Art dieses Dachwerks nennt der Schwarzwälder "Abbund mit Dachwänden". Das gleiche Dachwerk besitzt der 1522 erstellte Abrahamenhof in Ippichen, der etwa 8 Kilometer entfernt liegt(15). Schwarzwälderisch ist an beiden Dachwerken der erhalten gebliebene Firstbaum. Er ist mit Bedacht von der früheren Firstsäulenbauweise übernommen worden, denn er erleichtert das Aufstellen dieser für die damalige Zeit sehr großen Dächer.

Diese Dachwerke können heute noch als Meisterleistungen gelten. Wir bewundern an ihnen die scharfe Beobachtungsgabe der Schwarzwälder Zimmerleute und ihr Einfühlungsvermögen in die verwickelten statischen Verhältnisse eines solchen Bauwerks. Mit Recht nannten sie sich voller Stolz "Spannmeister"; ihre Werke wurden nicht erbaut sondern "gespannt". Wir müssen schon die Dachwerke des Ulmer und Eßlinger Rathauses sowie der Marienkirche in Lübeck, die alle gleich alt oder wenig älter sind, betrachten, um ähnliche Leistungen zu sehen. Auch die Zimmerwerke der niederdeutschen bäuerlichen Großbauten aus jener Zeit sind, verglichen mit den Dachwerken des Vogtsbauern- und Abrahamenhofes, sehr einfach.

Die Rafen tragen die Dachlattung, die mit Holznägeln aufgeschlagen ist. Auf die Latten sind die "Schauben", das sind Roggenstrohbündel, mit Gerten und Strohbändern festgebunden (Abb. 15). Der Roggen muß mit der Sichel geschnitten und mit dem Flegel gedroschen sein. Auf dem First, dessen Eindeckung die meisten Schwierigkeiten macht, sind die Schauben abwechselnd nach der einen und der andern Seite gebogen und mit Gerten aus Haselholz festgebunden. Die Strohdächer sind sehr zweckmäßig, denn sie halten das Haus im Sommer kühl und im Winter warm; außerdem sind sie leicht und begegnen jedem Sturm federnd. In der Deckung mit Stroh ist zum Teil die steile Neigung des Daches begründet; sie ist aber gleichzeitig ein Zugeständnis an den gotischen Zeitgeschmack, der hier um 1570 noch nachwirkte.

Vor dem zweiten Weltkrieg hingen noch an dem "Firstbaum" mumifizierte Pferde- und Ochsenschädel, wie die Bewohner des Hofes erzählen. Es waren die Köpfe der Zugtiere, die das Holz zum Bau des Hofes beigekarrt hatten. Dieser Brauch war im ganzen Schwarzwald üblich. Die Schädel sollten Unheil und Seuchen vom Hause und seinen Bewohnern fernhalten.

In den Dachraum gelangt man entweder über eine Treppe von der Heubühne im Obergeschoß aus oder auf der Rückseite des Hauses über eine Hocheinfahrt, die über eine Brücke führt, durch das Tenntor.

Das Tenntor ist dreiflüglig. Die eine Hälfte ist ungeteilt, während die andere, wie die Haustüre, in zwei der Höhe nad getrennte Flügel halbiert ist. An den Drehachsen befinden sich wieder die stärkeren Wendebohlen mit den angeschnittenen Stirnzapten, die in die Schwelle und den Torsturz bzw. bei den geteilten Flügeln in ein Angelstück aus Weißbuchenholz eingreifen, das in die Torsäule eingelassen ist. Auf den Wendebohlen sitzen Leisten, auf welche die schwächeren und gefälzten Bretter mit schräg eingetriebenen und versetzten Holznägeln aufgeschlagen sind (Abb. 15, 16). Das ganze Tor schlägt in einen Falz, der in die Torumrahmung eingehauen ist. Das Tenntor wird geschlossen, indem innen eine leicht gegen den Dachraum durchgebogene Stange senkrecht in ein Loch gesteckt wird, das sich nahe bei der Mitte des Sturzes befindet und das mit seinem äußeren Rand noch etwas in den Falz hineinragt. Dieser Bengel, der mit seiner Krümmung als federnder einarmiger Hebel das Tor in den Falz drückt, wird unten durch einen hölzernen Haken festgehalten. Wird der Bengel von dem Haken freigegeben, dann kann das Tor geöffnet werden (Abb. 16). Darüber hinaus kann das Tor während der Nacht durch einen Sperrbalken geschlossen werden, der waagrecht und schräg zum Tor in Ausschnitte der Deckleiste in der Mitte des Tores und in der Tennwand gelegt wird. Zu beachten ist auch hier wieder die Findigkeit des Schwarzwälders, der mit einfachen Mitteln derartige Aufgaben löst.

Durch das Tenntor gelangt der Besucher zunächst aufs "Denn", auf dem zwei vollbeladene Heuwagen zugleich entladen werden konnten und auf dem gedroschen wurde. Zu diesem Zweck ist die Tenne umwandet, wobei die unteren Hälften der Seitenwände, die stärker beansprucht werden, aus Vierkanthölzern, die oberen Hälften dagegen nur aus Brettern vertertigt sind. Der Boden besteht aus dünnen Balken, die unter sich verkämmt sind und auf die gleiche Weise wie die Stubendecken durch einen Schlitz in der Schwelle des Tenntores eingeschoben wurden. Die Fuge, die beim Zusammentreffen des Tennbodens mit der Trennwand entstanden wäre, war hier im Dreschraum unerwünscht. Sie wurde dadurch vermieden, daß man einen winkeleisenartig ausgehauenen Balken, "Eckschale" genannt, einfügte, der den Tennboden mit der Trennwand verbindet (Abb. 15).

Die Tenne setzt sich bis zur Bühne fort. Diese wird von dem Dachraum über dem Wohnteil gebildet. Sie ist mit einem Dielenboden belegt. Der Boden des restlichen Dachraumes rechts und links neben der Tenne liegt 2,10 Meter tiefer und bildet zugleich die Decke des Stalles. Über der Stalldecke werden die Heuvorräte gestapelt. Ein Loch über dem Futtergang, das "Heuloch", gestattet die bequeme Beschickung des Stalles mit Heu. Der Raum, der sich über der Decke aufbaut und über das Niveau des Dachgeschoßbodens bis unter die "Oberte" genutzt wird, heißt Heubühne.

In der Bühne stehen die bäuerlichen Arbeitsgeräte wie Wagen, Eggen, Pflüge, Hanfbrechen, Schneidesel, Putzmühlen usw. Sie ist sehr geräumig. Auf ihr werden alle anfallenden Arbeiten wie etwa Ausbessern der Geräte, kleinere Holzarbeiten u. dgl. erledigt.

Über der Bühne befindet sich die, "Oberte", wie der Boden genannt wird, der über die liegenden Stühle und die zwischen ihnen verlegten Balken gelegt ist. Auf ihr wird das Stroh gelagert.

Von den Begleitbauten, die einst zu dem Vogtsbauernhof gehörten, sind nur noch das Brennhäusle und der Backofen erhalten. Das erstere wird bald wieder mit einer Brennereieinrichtung versehen werden. Der Backofen ist unscheinbar, aber als ein Werk der Volkstechnik, das bereits der Geschichte angehört, verdient er unsere Aufmerksamkeit (Abb.17).

Er besteht aus einem voll ausgemauerten Sockel (F) mit einem ausgesparten Raum zur Aufnahme der Holzreste und Asche, die kurz vor dem Einbringen des Backgutes aus dem Backraum herausgescharrt werden. Über dem Sockel ist der Backraum (B) von eiförmigem Grundriß aufgebaut. Seine Sohle (S) ist mit "Herdsteinen", das sind feuerfeste Steine, ausgelegt. Die Fugen der "Herdsteine" sind mit Lehm verstrichen. Die Sohle liegt auf einer Sandschicht (Sa). Nach hinten steigt sie leicht an. Oben und auf der Seite ist der Backraum mit "Herdsteinen" eingewölbt. Diese Wölbung wird "Himmel" genannt. Vorn befindet sich das Mundloch (M), durch das der Backofen beschickt wird. Von der hinteren Seite geht ein Rauchkanal, das "Zugloch", ab. Dieser Kanal ist über den "Himmel" nach der vorderen Seite des Ofens geführt, damit die Feuergase noch Wärme an den Ofen abzugeben vermögen. An der Stirnseite des Ofens endet dieser Kanal über dem Mundloch mit einer Öffnung, die durch einen wenig vorspringenden Ziegel nach oben leicht abgedeckt ist. Das "Zugloch" kann hier durch einen Backstein, der als Schieber wirkt, geschlossen oder geöffnet werden. Diese Verschlußmöglichkeit ist wichug, damit man den Zug regulieren und die Hitze richtig in den Ofen leiten kann,so daß er gleichmäßig erwärmt wird. Das Holz zur Heizung des Ofens wurde in fein gespaltenen langen Scheiten auf der Sohle locker aufgestapelt und angezündet. Hierauf wurde das Mundloch geschlossen und das Feuer so abgestuft, daß die Flammen den "Himmel" gleichmäßig bestrichen. Der Ofen war auf die richtige Backwärme gebracht, wenn der "Himmel" eine weiße Färbung zeigte. Jetzt wurde der Backraum mit einem angefeuchteten Besen aus Tannenreisig ausgefegt und die Teiglaibe eingebracht. In der Regel wurden etwa 14 Laibe und etwas Kuchen gebacken.

Alles in allem ist der Vogtsbauernhof ein wahres Meisterwerk des Holzbaues von künstlerischer Klarheit und vollkommener Harmonie, sowohl in der äußeren Form wie im inneren Wesen. Der Betrachter spürt, daß dieses Haus seine ausgewogene Gestalt nicht nur den technischen Fertigkeiten, sondern darüber hinaus dem sicheren Formgefühl des Spannmeisters verdankt. Es ist schön, weil es die Gesetzlichkeit und den Geist seiner Zeit verkörpert und in vollendeter Weise ausdrückt. Keine bauliche Einzelheit ist bei der Erstellung zu gering geachtet worden, als daß sie nicht sorgfältig und handwerksgerecht durchgebildet worden wäre. Eine fast ans Erstaunliche grenzende Beobachtungsgabe und ein liebevolles Eingehen auf die Wuchs- und Arbeitseigenschaften des Holzes haben die Erbauer dieses Hofes zu Meistern der Holzbearbeitung werden lassen. Alle Freunde des Schwarzwaldes und seiner reichen bäuerlichen Holzkultur sind daher beglückt, daß die Erhaltung dieses prachtvollen Vertreters schwarzwälderischer Eigenart nunmehr gesichert ist.

Zugleich hoffen sehr viele Heimatfreunde, daß der Erwerb des Vogtsbauernhofes und seine Ausgestaltung als Denkmalhof nur ein Anfang sein möge. Wir glauben und wünschen, daß die Anteilnahme, die er in der Öffentlichkeit zu finden verspricht, den Gedanken reifen lassen wird, auf dem nördlich des Hofes gelegenen Gelände ein Freilichtmuseum zu errichten, das alle Schwarzwälder Hausformen vereinen würde. Zu den eingangs erwähnten ideellen Gründen ergäben sich für den Landkreis Wolfach und für das Land erhebliche materielle Vorteile: denn auf die Dauer gesehen, ist die Errichtung einer Heimstätte für alle Schwarzwälder Haustypen der billigste und sicherste Weg, kommenden Geschlechtern noch eine Anschauung zu vermitteln von der einzigartigen Holzbaukultur unserer Wäldler in der Vergangenheit.

Anmerkungen

1.) Herrn Zollkommissar Zimmer, Hausach, sei hier gedankt für seine Mithilfe.  
2.) Die Klopfsäge und der Speicher sind bereits aufgestellt.  
3.) Der Schlüssel des Speichers vom Vogtsbauernhof und Holzreste davon wurden beim Aufstellen der Klopfsäge gefunden.  
4.) Der Verfasser führt nur die Freilichtmuseen an, die er besucht hat.  
5.) Wir folgen mit dieser Bezeichnung Joh. Peter Hebel und nicht dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch, der nur Alamannen kennt.  
6.) Winter Heinrich, Das Bürgerhaus zwischen Rhein, Main und Neckar. Verlag Ernst Wachsmuth, Tübingen, 1961.  
7.) Die Flecklinge wurden auf "Klopfsägen" zugeschnitten und mit dem "Kätschhobel" geglättet. Dieser Hobel wurde von vier Männern gehandhabt. Ein derartiger Hobel ist im Hof aufgestellt.  
8.) Die Freilegung bzw. die Erneuerung der Fenstererker wird in Kürze erfolgen. Der Besucher darf sich dann durch den Anblick des frisch verarbeiteten Holzes nicht stören lassen. Was wir bewundern, ist die Konstruktion und nicht der Werkstoff.  
9.) Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die seitlichen Begrenzungspfosten der Fenstererker der Kinzigtäler Häuser erheblich verstärkt, so daß sie bis zu 12 Zentimeter vor die Flucht der Flecklingswände vorspringen. Dabei wurden ihre oberen und unteren Enden profiliert. Die Stürze und die Gesimsbohlen wurden weiterhin schwach gehalten. Sie bestehen aus Bohlen, die zwischen die Pfosten eingeschoben wurden. Die Gesimsbohle ist erwas stärker und ihre untere Kante abgefaßt. Die Fenster sind nicht mehr eingeschoben; sie liegen nunmehr in Fälzen der Umrahmung.  
10.) Der heutige Fenstererker ist stark verändert. Auch er wird in der ursprünglichen Form wieder hergestellt.  
11.) Der alte Zustand wird wieder hergestellt werden.  
12.) Auf der Bohle unter dem Fenster der vorderen Stube auf der Stirnseite des Hofes ist die Jahreszahl 1612 eingegraben. Das Erbauungsdatum 1570 über der Haustüre konnte noch 1935 einwandfrei abgelesen werden.  
13.) Der Ofen mit der Kunst ist inzwischen abgebrochen worden; er wird durch einen älteren ersetzt werden.  
14.) Die ursprüngliche Raumaufteilung kann erst nach der Instandsetzung und der damit verknüpften eingehenden Bauaufnahme aufgezeigt werden.  
15.) Die Erhaltung dieses Hofes ist dank der Einsicht und dem Verständnis der Gemeinde Kinzigtal ebenfalls gesichert.  
16.)
SK = Schwellenkranz,
WS = Wandsäule,
SH = Seitliche Hochsäule,
FS = Firsthochsäule,
B = Balken,
StP = Stockpfette,
DP = Dachpfette,
FP = Firstpfette (Firstbaum),
R = Rafen.  

Schrifttum und Quellen

Schilli Hermann, Das Schwarzwaldhaus. W. Kohlhammer Verlag. Stuttgart, 1953.
Die Zeichnungen für die Abbildungen 6, 8, 9, 10, 12 fertigte in dankenswerter Weise Herr Bibliotheksrat Dr. Feger in Freiburg, die Karten Abb. 2 und 3 pauste mir Herr Graphiker Alfred Riedel, Freiburg. Auch ihm sei an dieser Stelle gedankt.



Die alten Schwarzwaldhöfe


Und wo mer hichunnt uf em Wald,
Und wo mer in e Tal ie lauft,
Und wo mer froqt, no heißt es halt:
"De schönste Hof isch au verchauft!"

Wer will denn diene hützutag?
Us Magd und Chnecht bi Burelüt?
Es wachset uf en andre Schlag;
Fabrik und Stadt sin Trumpf jetz hüt.

En große Bur isch übel dra;
's mue gschaffet si mit Herz und Hand;
Und wemmer möcht und nümme cha,
Verchauft mer zletzt si Heimatland.
Me brucht kei Jud! en Herr Baron:
De Staat au lustret uf de Schick.
Sie zahlet bar und wönd kei Lohn:
So würd verchauft; 's isch no e Glück!

Jetzt hockt mer in e Städtli ie
Und lebt vum Geld, und wemmer stirbt,
Würd d'Sach verteilt, und 's isch no nie
Zviel übrig gsi; de Rest verdirbt.

De Hof isch furt und 's Gschlecht goht us;
Wald wachst, wo früeihr sind Felder gsi.
So chunnt de Bur vu Hof und Hus;
Möcht wisse, wer do günnt debi?
Hans Martin Grüninger (1862 - 1944)

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