Das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach


Das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach - Dieter Kauß in die Ortenau 1994 S. 105 ff.

Seit 30 Jahren schon besteht im Ortsteil Gutach-Turm das Schwarzwälder Freilichtmuseum rund um den alten "Vogtsbauernhof", das aus dieser Landschaft heute nicht mehr wegzudenken ist(1). Das "Straudorf", von den Gutachern wegen seiner vielen Strohdächer liebevoll so benannt, wurde in dieser Zeit zu einer vielfach beachteten Kultur- und Freizeiteinrichtung mit über zehn Millionen Besuchern.

Beginn und erste Ausbauphase bis zum Jahre 1979

Die Geschichte des Gutacher Museums begann eigentlich im Jahre 1960. Schon damals war Studienprofessor H. Schilli, der Leiter der Zimmermeisterschule in Freiburg, zehn Jahre als ehrenamtlicher Denkmalpfleger im Regierungsbezirk Südbaden tätig gewesen.

Der Kreistag von Wolfach im Jahre 1962 im Museumsgelände: Max Ringwald aus Gutach (1. v. l.), Bürgermeister Christian Moser von Gutach (3. v. l.), Professor Hermann Schilli (Mitte), Regierungspräsident Anton Dichtel (3. v. r.) und Landrat Werner Ackenheil {2.v. r.).
Der Kreistag von Wolfach im Jahre 1962 im Museumsgelände: Max Ringwald aus Gutach (1. v. l.), Bürgermeister Christian Moser von Gutach (3. v. l.), Professor Hermann Schilli (Mitte), Regierungspräsident Anton Dichtel (3. v. r.) und Landrat Werner Ackenheil {2.v. r.).

Dabei mußte er nach seinen eigenen Worten die Beobachtung machen, daß die alten eindrucksvollen und typischen Häuser des Schwarzwaldes nach und nach aus der Landschaft verschwunden waren. Dies bestärkte damals seine Auffassung, der Nachwelt eine bleibende Erinnerung an diese charakteristischen Zeugen einer einzigartigen Kulturlandschaft zu vermitteln. So faßte er denn auch folgerichtig für sich den Entschluß, nach seiner Pensionierung im Jahre 1961 die Errichtung eines Schwarzwälder Freilichtmuseums durchzusetzen und zu verwirklichen. Ein eigenes Gutachten vom 5. Januar 1961, ein Plädoyer von Otto Ernst Sutter für die Erhaltung des "Vogtsbauernhofs" und ein Rundfunkinterview vom 18. August 1961 im Süddeutschen Rundfunk vermochten das Referat für Denkmalpflege - damals im Innenministerium - und den Kreistag des Landkreises Wolfach als wichtige und kompetente Partner dafür zu gewinnen.

Am 12. Juli 1962 beschloß der Kreistag Wolfach, den "Vogtsbauernhof" in Gutach(2) zu übernehmen. Der Landkreis finanzierte dabei den Erwerb des Geländes und des Hofes; die Denkmalbehörde beschaffte Mittel für dessen Erhaltung und Sicherung. Am 27. März 1963 wurde der Kaufvertrag zwischen dem Landkreis Wolfach und den drei Erben-Parteien geschlossen.

Vogtsbauernhof. Renovierung des Stubenbereichs im Jahre 1963 (v. l. Berthold Breithaupt. Museumsverwalter, und Jakob Blum).
Vogtsbauernhof. Renovierung des Stubenbereichs im Jahre 1963 (v. l. Berthold Breithaupt. Museumsverwalter, und Jakob Blum).

Der "Vogtsbauernhof" in Gutach war Keimzelle eines Museums geworden, das zunächst die drei wichtigsten Haustypen des Schwarzwaldes - das Gutachtäler Haus, das Heidenhaus oder Höhenhaus und das Kinzigtäler Haus - an deren geographischer Schnittstelle darstellen wollte. Erhaltung und Sicherung des "Vogtsbauernhofes" standen am Anfang musealer Arbeiten in Gutach. Mit deren Ende gab dieser Hof - als Urzelle des Museums - diesem auch den Namen.

Als Eindachhof für Menschen, Tiere und Erntegut verkörpert der "Vogtsbauernhof" unter den Häusern des Schwarzwaldes das sog. "Gutachtäler Haus". Dieses zeichnet sich vor allem durch einen hellen gemauerten Steinkern - die Küche - in der Mitte der Giebelseite aus, die von einem Halbwalm geschützt ist. Auslöser dieser Bauund Raumgestaltung war eine Württembergische Bauordnung aus dem Jahre 1568. Das Dachgerüst des im Jahre 1612 erbauten "Vogtsbauernhofs" gründet aus dem jüngeren System des liegenden Stuhles. Kernstücke dieses Hauses sind die Stube mit der Herrgottssäule, die hier im ehemals württembergisch-evangelischen Bereich die Bibel beinhaltet, und dem Kachelofen sowie die Küche mit zwei Sparherden und dem Rauchfang. Der dritte Raum zur Talseite des Hauses war das sog. Stüble, meist als Leibgeding genutzt. Dieses "Gutachtäler Haus" stand und steht heute noch z. T. in dem Gebiet zwischen Villingen, Triberg, Hausach, Schiltach und St. Georgen.

Da im Gutachtal in der Regel ein Hofgebäude einige Nebengebäude aufwies, wurden im Museum dem "Vogtsbauernhof" wieder ebensolche zugesellt, die jedoch nicht überall und bei jedem Hof in dieser Fülle bestanden: ein Speicher aus Oberharmersbach, erbaut 1606 und 1626; eine Klopfsäge vom Wilmershof in Schwärzenbach - eine technisch interessante Einrichtung aus der Zeit des 13. bis 18. Jahrhunderts - , eine Mahlmühle mit Stampfe aus dem Adamshof in Vorderlehengericht sowie ein Leibgedinghaus vom Neubauernhof in Gutach, dort 1652 errichtet(3). Das zum "Vogtsbauernhof" gehörende Brenn- und Backhaus wurde natürlich im Museum belassen.

Noch bis zum Herbst 1965 wohnte die Familie Aberle im "Vogtsbauernhof", denn das Wohnrecht stand ihr zu. Dann jedoch zog die Familie aus. Sie verzichtete am 14. Juli 1966 gegenüber dem Landkreis Wolfach auf das Wohnrecht, machte aber Miete für die ihr zustehenden Räume im "Vogtsbauernhof" geltend, deren Preise jeweils 1966 und 1971 neu festgelegt wurden.

Der "Vogtsbauernhof" und seine musealen Nebengebäude waren der Anfang des Museums, dem ab 1966 die erste Ausbaustufe mit dem Erwerb des "Hippenseppenhofes"(4) und seiner Nebengebäude folgte. Dieser Hof in Katzensteig bei Furtwangen gehörte im Jahre 1964 noch drei Besitzparteien, zwei Drittel davon dem Land Baden-Württemberg. Das Haus hatte vor allem als Unterkunft für den Waldhüter gedient, für den mittlerweile neben dem Hof ein neues Haus errichtet worden war. Somit war das alte Hofgebäude nutzlos geworden. Eine Besitzerin war für die Übersiedlung des Hauses nach Gutach und verzichtete auf die ihr zustehende Entschädigung. Im Juli 1964 signalisierte das Staatliche Hochbauamt Donaueschingen grundsätzliche Bereitschaft für den Abbruch, machte aber auf die Diskussion über die Standortfrage eines Landes-Freilichtmuseums in Baden-Württemberg aufmerksam. Dieser Sachverhalt und die mangelnde Entscheidungsfreude in Stuttgart in der Frage weiterer Freilichtmuseen im Lande zog den Erwerb des "Hippenseppenhofs" für Gutach hin. Die Denkmalpflege stellte sich hinter Gutach als Museumsstandort. Nochmals charakterisierte H. Schilli im November 1965 den "Hippenseppenhof" als einen von zwei noch erhaltenen Hochsäulenbauten mit mittelalterlichem Hausgerüst im Schwarzwald, ehe im Frühjahr 1966 die Denkmalbehörde das Baugesuch gefertigt hatte. Damit waren der Abbruch des Hofes in Furtwangen-Katzensteig und dessen Aufbau in Gutach in die Wege geleitet. Die notwendigen Arbeiten erfolgten im April / Mai 1966. Die Schindeln zur Dachdeckung wurden danach angeliefert.

Der "Hippenseppenhof" an seinem ursprünglichen Standort in Furtwangen
Der "Hippenseppenhof" an seinem ursprünglichen Standort in Furtwangen


Der "Hippenseppenhof" aus Furtwangen-Katzensteig im Schwarzwälder Freilichtmuseum
Der "Hippenseppenhof" aus Furtwangen-Katzensteig im Schwarzwälder Freilichtmuseum

Das Richtfest feierte man am 27. Oktober 1966. Zu Beginn der Museumssaison 1967 konnte der "Hippenseppenhof" besichtigt werden. Seit April 1968 stellte dort die Künstlervereinigung des Kreises Wolfach ihre Werke aus. Im Januar 1971 erhielt der "Hippenseppenhof" Dachreiter und Glocke.

Der "Hippenseppenhof", im Kern aus dem Jahre 1599 stammend, ist ein Beispiel der ältesten Hausform im Schwarzwald, des sog. "Heidenhauses" oder Höhenhauses. Ebenfalls ein Eindachhaus, mit Hocheinfahrt in den Dachraum und einem Vollwalm an der Stirnseite des Hauses, ist dieses jedoch in der ältesten, d.h. unbekannten, heidnischen Art erbaut: getragen von mächtigen Firstsäulen vom Boden bis zum Dach, eine Einheit von Haus- und Dachgerüst, den Wohnteil zum Berg hin.

Schindeldeckung, Vollwalm und ein großer Viehstall sind Folgen früherer klimatischer und landwirtschaftlicher Gegebenheiten im Furtwanger Raum. Die Stube mit dem reichlich ausgestatteten Herrgottswinkel kennzeichnet katholisches Leben und Brauchtum. Die Küche enthält einen Tischherd, den Vorläufer des Sparherdes.

Der Typ dieses "Schwarzwälder Heidenhauses oder Höhenhauses" ist und war in einem Gebiet verbreitet, das sich im Westen von Haslach i. K. bis zum Feldberg erstreckt, hinüber nach St. Blasien und zur oberen Wutach führt und im Osten von Villingen über St. Georgen nach Triberg reicht.

Im Museum erhielt der "Hippenseppenhof" Ende Juni 1967 eine Hofkapelle vom Simonshof im Joostal und 1969 einen Speicher vom Winterhalderhof in Schollach als Nebengebäude. Der Speicher wurde 1590 auf nahezu quadratischem Grundriß im fünfeckigen Querschnitt erbaut.

Aber nicht nur die Aufbauarbeiten im Museum kennzeichnen die Jahre 1966 / 67, Ende Februar 1967 hob ein starker Orkan das Dach der Klopfsäse ab und schob es zur Seite. Im März wurde dieses Dach mit heimischem Roggenstroh neu gedeckt.

Obwohl erst mitten in der ersten Ausbauphase des Schwarzwälder Freilichtmuseums arbeitend, hieß H. Schilli Ende September 1967 im Wolfacher Kreistag eine etwaige Erweiterung des Museums um ein Schauinsland- und Hotzenwaldhaus erörtern, um grünes Licht für den entsprechenden Bodenkauf zu erhalten. Daneben mühte er sich im Dezember 1967 um den Erwerb einer Hochgangsäge und eines Kassenhauses.

Im Dezember 1968 erschien der erste Museumsführer von H. Schilli mit einem Umfang von 50 Seiten. Im Rahmen der Infrastruktur wurde im August 1969 ein geräumiger Parkplatz erstellt, und im Mai 1970 eine Hanfreibe als Neuerwerbung vorgestellt.

Zu diesem Zeitpunkt aber war man in Gutach mitten in der Realisierung des zweiten Abschnitts der ersten Ausbauphase, dem Erwerb des "Lorenzenhofes"(5) aus Oberwolfach. Im Mai 1970 erklärte sich dessen Besitzer erneut bereit, den "Lorenzenhof" in das Schwarzwälder Freilichtmuseum zu versetzen und ihn damit zu erhalten. H. Schill wünschte eine baldige Umsetzung. Der Landkreis sollte den Abbruch und die Einebnung des Geländes in Oberwolfach bezahlen. Soweit es gehe, werde alles alte Holz mitund wiederverwendet.

Und erneut geriet diese Ausdehnung des Gutacher Museums in die Überlegungen der Landesregierung, ob für Baden-Württemberg doch ein zentrales Freilichtmuseum errichtet werden solle oder nicht. Dazu kam anscheinend noch ein zögerndes Verhalten des Landkreises Wolfach, der kurz vor seiner Auflösung und Integrierung in den Ortenaukreis etwaige Kosten scheute, von denen man nicht wußte, ob man sie bis zur Eingliederung im Jahre 1973 begleichen könne.

H. Schilli setzte mehrere befürwortende Vertreter für Gutach ein, etwa Angehörige der Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe und den bekannten Juristen Prof. Dr. H. Thieme in Freiburg.

Anfang September 1970 beschloß der Kreistag Wolfach den Grunderwerb zur Aufstellung des "Lorenzenhofs" im Museum. Nachdem H. Schilli nochmals nachdrücklich das Kultusministerium um Landesmittel gebeten hatte, machte dieses seine Billigung abhängig von der Zustimmung des Landesdenkmalamts in Freiburg, die am 7. September 1970 erfolgte. Ende des Monats stellte sich das Regierungspräsidium Freiburg ebenfalls hinter den Erwerb für Gutach, um eines der schönsten noch erhaltenen Kinzigtäler Bauernhäuser zu retten und zu bewahren. Am 26. Oktober 1970 gab der Kreistag generell grünes Licht zum Erwerb der Grundstücke im Museum und des "Lorenzenhofs". Die Abbruch- und Aufstellungskosten übernahm das Land Baden-Württemberg. Jetzt wurde nochmals über den Kaufpreis verhandelt, ehe am 1. März 1971 der eigentliche Hofkaufvertrag zustande kam. Anfang Mai 1971 wurde mit den Abbauarbeiten begonnen. Dabei war erfreulich, daß 80 Prozent aller Holzbauelemente übernommen werden konnten. Anfang Juni erhielt der Dachdecker aus dem Teufelsmoor bei Bremen den Auftrag, den "Lorenzenhof" mit Reet zu decken. Im Jahre 1972 zur Museumssaison konnte dieser besichtigt werden.

Der "Lorenzenhof" in Oberwolfach an seinem ursprünglichen Standort "am Wasser"
Der "Lorenzenhof" in Oberwolfach an seinem ursprünglichen Standort "am Wasser"


Der "Lorenzenhof" aus Oberwolfach im Schwarzwälder Freilichtmuseum
Der "Lorenzenhof" aus Oberwolfach im Schwarzwälder Freilichtmuseum

Der um 1540 erbaute "Lorenzenhof" - das Fälldatum des Bauholzes weist in jene Zeit - verkörpert den Typ des sog. "Kinzigtäler Hauses". Dessen wichtigste Kennzeichen sind das steinerne Untergeschoß mit dem Stall, das hölzerne Obergeschoß als Wohnteil mit Küche, Stube und Kammer sowie das Giebelfeld aus Holz, gegliedert durch mehrere Veranden. Das Eindachaus besitzt an seiner Stirn- und Talseite einen Halbwalm.

Die Verbreitung des "Kinzigtäler Hauses" erstreckt sich im Osten von der oberen Kinzig über Freudenstadt bis zum Oberlauf der Murg, im Westen vom Kinzig- über das Rench- in das Achertal.

Als museale Nebengebäude sind dem "Lorenzenhof" eine Backhütte, ein Speicher aus Hauserbach, ein Bähofen und eine Hanfreibe zugeordnet. Ein Modell eines Kinzigfloßes hinter dem "Lorenzenhof" ist ebenso ein Hinweis auf eine wichtige Erwerbstätigkeit der Bauern wie das im Jahre 1979 im "Lorenzenhof" eingerichtete Waldmuseum, das die Holznutzung im Schwarzwald deutlich macht. Die Holz- und Waldnutzung ist auch in einer Hochgangsäge wie in einem Nachbau eines Kohlenmeilers dokumentiert, der im Jahre 1972 beim "Hippenseppenhof" fertiggestellt wurde.

Das Jahr 1973 brachte nicht nur den Wechsel in der Museumsträgerschaft vom Landkreis Wolfach zum Ortenaukreis, sondern auch das erste Bemühen, das Museums-Areal mit einem 900 Meter langen Zaun gegenüber der Umwelt und zum Schutz der Anlage zu umgeben. Dieses Werk war im Oktober 1973 beendet. Im Mai hatte sich unterdessen der Kultur- und Bildungsausschuß des Ortenaukreises ein erstes Bild über dieses Museum in Gutach verschafft, das in Zukunft oft genug in seinen Entscheidungsbereich fiel. Zunächst waren die Mittel für den Aufbau der Ölmühle und der Hammerschmiede zu bewilligen. Ende Oktober 1974 wurde ein neuer Bebauungsplan "Vogtsbauernhof" aufgestellt, der dadurch notwendig wurde, daß H. Schilli plante, den alten "Zimmerbauernhof" in der räumlichen Nachbarschaft des "Vogtsbauernhofs" auf Abbruch zu erwerben und auf dessen Gelände einen Neubau für eine Wohnung, eine Werkstatt und eine Studienstelle für deutsche Hausforschung mit Archiv- und Benutzerraum zu erstellen. Gleichzeitig mußte für den Bebauungsplan ein Platz für das Schauinslandhaus gefunden werden. Schon im Mai 1973 hatte der Kulturund Bildungsausschuß des Ortenaukreises den Erwerb des alten "Zimmerbauernhofs" mit einer Fläche von 2.000 Quadratmetern beschlossen. Danach aber kam es mit dem Landesdenkmalamt zu Kontroversen, da der "Zimmerbauernhof" unter Denkmalschutz stand. Es ging um die für beide Teile schwere Frage, ob dieser Hof zu sanieren sei oder ob er abgebrochen werden könne. Schließlich stimmte das Regierungspräsidium im August 1978 den Abbruch- und Neubauplänen zu. Im November 1978 erfolgte die Zustimmung des Kreistages des Ortenaukreises. Verhandlungen um die Garantie der Wasserleitung durch die Anrainer sowie lange verzögerte Zimmermannsarbeiten zogen die Vollendung des neuen "Zimmerbauernhofs" im Museum bis in den März 1981 hinaus. Damit stand den Besuchern in dessen Kellergeschoß auch eine weitere WC-Anlage im Museumsbereich zur Verfügung.

Die zweite Ausbauphase bis zur vorläufig abgeschlossenen Konzeption des Museums

Nach mittlerweile l4jähriger Auf- und Ausbautätigkeit hatte das Schwarzwälder Freilichtmuseum in Gutach zunächst seine fachliche Bedeutung unter Beweis stellen können; zugleich aber honorierte auch die Bevölkerung diese Bemühungen mit wachsenden Besucherzahlen, die im Jahre 1979 mit 516.560 Interessierten einen ersten absoluten Höhepunkt setzten. So war es nur natürlich, sich intensive Gedanken über zwei weitere Haustypen des Schwarzwaldes und deren Dokumentation im Gutacher Museum zu machen.

Ende 1978 hatte H. Schilli schon vorgeschlagen, den "Klausenhof" in Herrischried-Herrischwand als Hotzenwaldhaus(6) abbrechen und in Gutach wiederaufbauen zu lassen. Dieses Haus war seiner Meinung nach der letzte Bau im Hotzenwald mit Schrägnagelung und in Holzständerbauweise. Da der "Klausenhof" schon stark ausgebeint war, schien er auch baulich gefährdet. Schilli drängte gegenüber Landrat Dr. G. Gamber auf Eile der Erwerbung, weil einmal der Bauer abreißen wolle und zum anderen er - H. Schilli - selbst bald "abgerissen werde" und dazu auch "zittig" sei. Nach einer Besichtigung und dem Festlegen des Kaufpreises im Januar 1979 stimmte der Kultur- und Bildungsausschuß des Ortenaukreises dem Erwerb des "Klausenhofes" zu. Bei dessen Bauaufmaß Anfang Februar 1979 war man der Meinung, in drei Wochen mit dem Abbruch beginnen zu können. In der Folgezeit entwickelte sich unter der Bevölkerung des Landkreises Waldshut und der Raumschaft Bad Säckingen eine Initiative, die die Gemeinde Herrischried bewegte, den "Klausenhof" als letztes der erhaltenen Hotzenwaldhäuser für die Raumschaft an Ort und Stelle zu erhalten. Der Ortenaukreis verzichtete am 3. Juli 1979 daher auf den Erwerb des "Klausenhofs" und beauftragte H. Schilli, im Museum einen Nachbau zu erstellen, dessen Richtfest am 19. Oktober 1979 gefeiert wurde, und der am 31. Mai 1980 zur Besichtigung freigegeben werden konnte.

Vorbild für das Hotzenwaldhaus im Gutacher Museum blieb der Bau des "Klausenhofs" in Herrischried-Herrischwand, der im 18. Jahrhundert erbaut und 1864 weitgehend umgestaltet wurde. Wichtigste Kennzeichen dieses Hauses sind: cin quaderförmiger Hauskörper mit allseitigem Vollwalm; eine Hocheinfahrt mit eigenem Einfahrtshäusle; Firstständer und Firstbaum; im Erdgeschoß der "Schild", ein nahezu zwei Meter breiter Gang im Innern des Hauses mit dem Brunnen und viel Platz für allerlei Betätigung im Winter und bei schlechtern Wetter. "Schild" und Vollwalme sind die Antwort des Menschen beim Bau seiner Häuser auf die klimatische Ungunst des Hotzenwaldes.

Auf diesen, d.h. das Gebiet des Hotzenwaldes nördlich des Hochrheins zwischen den Flüssen Wehra im Westen und Schlücht / Schwarza im Osten sowie zwischen Bad Säckingen im Süden und St. Blasien im Norden, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet des Hotzenwaldhauses.

Dieses besaß wohl früher keine Nebengebäude. Daher sind solche auch im Museum nicht dokumentiert. Webstuhl und Webraum jedoch machen einen für den Hotzenwälder Bauer wichtigen Nebenerwerbszweig deutlich.

Die sich westlich an den Hotzenwald anschließenden Hochregionen des südlichen Schwarzwalds haben zu einem eigenen Haustyp geführt, den man als "Schauinslandhaus" oder Münstertäler Haus bezeichnen kann. Seit dem Jahre 1977 hatte man im Ortenaukreis als Abbruchhaus den "Reesehanselhof" in Hofsgrund(7) im Auge. Die im September 1977 gestellte Frage nach Zuschüssen brachte die allgemeine Diskussion um ein zentrales Freilichtmuseum oder die Förderung regionaler Einrichtungen wieder in Gang und war zunächst von dieser abhängig. In einem gemeinsamen Gespräch mit den Landesdenkmalämtern Stuttgart und Freiburg wurden die Museumsfrage allgemein, sodann aber auch der mögliche Standort des Schauinslandhauses im Museumsbereich erörtert.


Beim Richtfest am Schauinslandhaus: Landeskonservator Martin Hesselbacher, Hermann Schilli, Regierungspräsident Dr. Norbert Nothelfer und Landrat Dr. Gerhard Gamber (29. Juni 1981)
Beim Richtfest am Schauinslandhaus: Landeskonservator Martin Hesselbacher, Hermann Schilli, Regierungspräsident Dr. Norbert Nothelfer und Landrat Dr. Gerhard Gamber (29. Juni 1981)

Danach galt es, im November 1977 Kontakte mit dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald aufzunehmen, um das Neubaugesuch des Inhabers des "Reesehanselhofs" voranzutreiben und zugleich den Abbruch des alten Hofgebäudes für das Gutacher Museum zu ermöglichen. Bis Mitte Mai 1978 schienen sowohl die finanziellen Mittel wie auch die baurechtlichen Fragen geklärt. Da tauchte ein neues Problem auf, als ein Verwandter des Hofbesitzers sein Wohnrecht auf dem alten Hof bzw. dem Neubau geltend machen konnte. Nach langwierigem Rechtsstreit zwischen dem Wohnrechtsbesitzer, dem Ortenaukreis und dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald schließen der Ortenaukreis und der Hofbesitzer am 20. März 1979 einen Vertrag über den Verkauf und Abbruch des "Reesehanselhofs", der u.a. auch gegenüber dem Wohnrechtsbesitzer bis zum 30. Juni 1980 befristet wurde. Dieser zog nun in das alte Hofgebäude ein. Auf Bitte des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald wurde die Vertragsfrist auf 30.6.1981 verlängert, dabei aber vom Ortenaukreis angemerkt, daß man auch an einen Nachbau im Museum denken könne. Im Januar 1980 wollte man die Baugenehmigung für den Neubau neben dem alten Hof nur erteilen, wenn der Wohnrechtsinhaber auf sein Recht verzichtet. Dies war aber nach der Meinung des Ortenaukreises nicht zu realisieren. Er zog daher seine Erklärung zurück, den "Reesehanselhof" zu erwerben. Der Kultur- und Bildungsausschuß beschloß am 15. Januar 1980, den Planungsauftrag für die Erstellung eines Schauinslandhauses im Museum zu vergeben, sei es als Nachbau oder durch Umsetzung eines Originales. Im April 1980 gab der Ortenaukreis den Kaufvertrag an den Hofbesitzer zurück. Das Württembergische Landesmuseum und die Zentrale Museumsstelle in Tübingen genehmigen einen Nachbau nur, wenn sich kein Haus mehr übertragen läßt oder wenn das zu übertragende Haus so verrottet ist, daß es nichts Originales übrigläßt. Im Mai 1980 befürwortete der Kultur- und Bildungsausschuß auf Initiative von H. Schilli einen Nachbau. Dieses Projekt wurde am 6. Juni 1980 durch den Kreistag des Ortenaukreises gebilligt. Die ersten Bauarbeiten wurden im Oktober 1980 vergeben; am 29. Juni 1981 feierte man das Richtfest.

H. Schilli versprach dabei, den Ortenaukreis "in punkto Erweiterung des Museums nicht mehr zu neuen Taten zu drängen", und Landrat Dr. G. Gamber bestätigte die vorläufig abgeschlossene Konzeption des Schwarzwälder Freilichtmuseums in Gutach. Im April 1982 war das Schauinslandhaus fertiggestellt und für die Besucher offen.

Dieser Neu- und Nachbau mit handbeschlagenen Holzteilen und handgespaltenen Tannenholz-Schindeln war am "Reesehanselhof" in Hofsgrund orientiert, der um 1680 erbaut, danach aber mehrfach verändert wurde. Diesen Hof beherrschten ein allseits abgewalmtes und mit Schindeln gedecktes Dach, der Eingang an der Schmalseite, der "Brunnenschopf" als Zugang zu Futtergang und Stall sowie eine Dachkonstruktion mit einer Mischung von Firstsäulen im Wirtschaftsbereich und liegendem Dachstuhl über dem Wohnbereich.

Das Schindeldach, am Hang tief heruntergezogen, sowie die mittelgroßen Ausmaße des Hauses charakterisieren den rauhen Lebensraum der kargen Berglandschaft, in der nur Viehzucht und der Nebenerwerb als Holzarbeiter und im Bergbau möglich waren. Nebengebäude fehlen; die Hausgärten sind klein und bescheiden.

Das Verbreitungsgebiet des "Schauinslandhauses" zieht sich vom oberen Wiesental im Süden über das Münstertal hinweg bis in das obere Dreisamtal im Norden bei Oberried hin.

Zur Innenausstattung der Häuser im Museum

Nach H. Schilli war für den Wiederaufbau des Hauses im Museum der anhand bautechnischer Merkmale abzulesende erste Bauzustand ausschlaggebend. Der Inneneinrichtung dieser Häuser im Museum lag eine vergleichbare Zielsetzung zugrunde: Vergangenes Schwarzwälder Bauern-Wohnen und -Arbeiten idealtypisch und beispielhaft zu vermitteln. Es galt "dem Menschen von heute, der dem Heimat- und Volkstum ablehnenden Zeitgeist wehrlos ausgeliefert ist, ein Stück Schwarzwälder Kulturlandschaft mit ihrem Bauernleben in voller Eigenart zu zeigen"(8). Für die Innenausstattung der Häuser im Museum bedeutete dies: "Die innere Ausstattung aller Schwarzwaldhäuser ist gleich. Sie spiegelt die einfache und doch geformte Lebenshaltung wider"(9). In diesem Zusammenhang ist die Einrichtung sämtlicher Hofgebäude zu sehen. Dabei werden Ordnung, gemeinschaftliches Wohnen, Arbeiten und Leben sowie karge Einrichtung zu Symbolträgern verselbständigt.

Die in dieser Art im Gutacher Museum aufgebauten und ausgestatteten Hofgebäude stellen mit ihren Nebengebäuden sowie mit vielen weiteren Kleindenkmalen (Bildstöcke, Wegkreuz, Grenzsteine) und technischen Gebäuden (Kohlenmeiler, Sägen, Hammerschmiede und Ölmühle) die Lebenswelt der Menschen im gebirgigen Anteil des Schwarzwaldes vom Süden am Hochrhein bis zum Norden im Acher- und Oos-Tal dar. Gleichzeitig hat aber auch das Museum die Wurzeln darzustellen, auf denen die heutige Kultur des Schwarzwaldes steht.

Dazu müssen die musealen Objekte - die Häuser - durch eine Sammlung von Archivalien, Bildern, Plänen und Literatur ergänzt werden. Vorträge und Seminare können die obengenannten Fragestellungen aufbereiten. Die Problematik der Beschriftung im Museum muß systematisch in Angriff genommen werden: museumspädagogische Schritte sind notwendig; Sonderausstellungen innerhalb des Museums werden eine Plattform dafür sein, immer wieder die Besucher und die Interessierten mit ergänzenden und neuen Themenangeboten anzusprechen.

Dies alles konnte H. Schilli, der am 28. August 1981 verstarb(10) und für seine Verdienste um das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse (1966), dem Oberrheinischen Kulturpreis (1967), der Ehrenbürgerschaft in Gutach (1976) und dem ersten Ortenauer Heimatpreis (1979) geehrt wurde, nicht mehr in die Wege leiten, wenn er auch 1980 noch dafür Sorge trug, daß für solche Bemühungen im neuen "Zimmerbauernhof" Platz und Räume geschaffen wurden. Seine Nachfolge trat am 1. April 1983 Dr. D. Kauß als heimischer Ortenauer und Schwarzwälder an.

Das Schwarzwälder Freilichtmuseum seit 1983

Mit der neuen Museumsleitung änderte sich das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach nicht. Die Ansprüche der Freilichtmuseen insgesamt wurden jedoch dadurch angehoben, daß es ihnen zur Aufgabe gemacht wurde, die Ganzheit des bäuerlichen Wohnens, Lebens und Arbeitens darzustellen(11). Dies bedeutete bei neu zu gründenden Freilichtmuseen als Voraussetzung ein größeres Museumsgelände und einen Aufwand von Aktivitäten, die ihrerseits erst neu erforscht werden mußten.

Ein größeres Gelände war in Gutach nicht zu ermöglichen; Aktivitäten sind in diesem Museum wegen seiner Kleinheit und der dadurch bedingten engen Wegführung problematisch, wenn auch nicht undurchführbar und nicht ohne Reiz, wie es sich im Herbst 1987 anläßlich der Sonderausstellung "Der Zimmermann" mit Vorführungen alter Zimmermannstechnik erstmals erwiesen hatte. Tierhaltung ist aus ähnlichen und anderen Gründen im Gutacher Museum problematisch. So versucht man seit dem Jahre 1983, dem Problem der ganzheitlichen Darsteliung und Vermittiung auf eigenen Wegen Herr zu werden.

Trotz des vorläufig abgeschlossenen Museumskonzeptes kam es zu weiteren baulichen Arbeiten(12), die der Ergänzung, der Erhaltung des Museums und der Verbesserung der Infrastruktur zugute kamen. So wurde etwa 1984 die Gutacher Malerkolonie neu im "Hippenseppenhof" präsentiert und der Stall des Hotzenwaldhauses als Raum für Sonderausstellungen eingerichtet und ausgestattet. Im selben Jahr wurde der Heil- und Gewürzkräutergarten beim "Vogtsbauernhof" erweitert. In den Jahren 1984 und 1985 war der "Hippenseppenhof" neu eingedeckt worden. Im Jahre 1985 wurde der Erweiterungsbau des Pförtner- und Kassenhauses(13) erstellt, der einen Sanitäts- und einen Wickelraum sowie ein Behinderten-WC und Sanitär- und Aufenthaltsräume für die Museumsbediensteten erhielt. Ein Büro für den Museumsverwalter und die Museumspädagogin machen diesen Neubau, anfangs umstritten, unabdingbar und in seinen Funktionen vollkommen. In Eigenarbeit erhielt die Klopfsäge noch im Jahre 1985 ein neues Wasserrad. Im Jahre 1986 gelang es, ein Flurkreuz aus dem Hotzenwald im Museum aufzustellen, eine Hanfdarre einzubringen und die Ausstellung des Waldmuseums um das bedeutende Thema "Kranker Wald" zu ergänzen. Wichtig war im Jahre 1987 die Einrichtung eines Rast- und Eßplatzes, die besonders von den Schulen gefordert wurde. Außerdem wurden viele alte Obstsorten angepflanzt, um diese wiederum den Besuchern nahe zu bringen. Der Eigenbau eines Wasserrades für die Klopfsäge hatte die Museumsmitarbeiter so angespornt, daß sie im Jahre 1988 erfolgreich den Neubau, beziehungsweise die Ergänzung des kompletten Mühlengetriebes mit Wasserrad, wellbaum, Kammrad und Stockgetriebe bewerkstelligen konnten.

Zwischen 1989 und 1991 war der "Lorenzenhof" Standort und Auslöser verschiedener Arbeiten, die zahlreiche Überlegungen zu Material und Gestaltung notwendig machten. Zunächst wurde ein Milchhäuschen aus Bundsandstein erworben, das mit der Jahreszahl 1841 versehen war und aus Nordrach stammte. Es wurde dem "Lorenzenhof" zugeordnet. Sein Standort bewirkte 1990 eine Neuanlage des Hof- und Hausgartens bei diesem Hof mit alten Bundsandstein-Pfosten und mit einem nach altem Vorbild selbst gefertigten Lattenzaun. Jetzt galt es nur noch, nach altem Brauch die Fläche zwischen Hofgebäude und Brunnen sowie Milchhäuschen mit Steinplatten zu belegen. Auch hier fand sich entsprechendes altes Material, das im Jahre 1991 verlegt werden konnte.

Zuvor jedoch (1990) wurde vor dem "Zimmerbauernhof" des Museums ein neuer dreiteiliger Kräutergarten geschaffen. Hierbei leistete Frau H. Holzförster von der kreiseigenen Beratungsstelle für Garten und Obstbau in Haslach i. K. engagierte und hervorragende Mitarbeit. Das Jahr 1991 war durch die Renaturierung des Wellerbachs in einer Länge von 150 Metern geprägt. Zwei Steinbogenbrücken und eine Holzbrücke überspannen diesen Bachlauf, der außerdem mit einheimischen Pflanzen, Stauden und Sträuchern bepflanzt wurde. Gleichzeitig wurde der Brandweiher des Museums erneuert und vergrößert, was sowohl dem Hochwasserschutz als auch der Verbesserung der bestehenden Wasserrückführungsanlage zum Betrieb der technischen Anlagen diente.

In den vergangenen Jahren waren schon jeweils die Strohfirste auf mehreren Gebäuden erneuert worden. 1992 erhielt die Hochgangsäge ein neues Wasserrad, der Innenraum des Hofes beim "Vogtsbauernhof" einen neuen Brunnen mit Brunnenhäuschen. Die Kräutergärten wurden erweitert und didaktisch aufbereitet. Ein neues Sortiment mit Kultur- und Wildgräsern wurde bereitgestellt. Außerdem wurden die "Getreide-Parzellen" durch den erstmaligen Anbau von Einkorn und Emmer, zwei der ältesten Kulturpflanzen Europas, bereichert.

Der seit drei Jahren betriebene Bau der Bahnüber- und Fußgängerunterführung vor dem Museum an der Schwarzwaldbahn wurde 1993 fertiggestellt und seiner Bestimmung übergeben. Dieser Bau zog viele Arbeiten innerhalb des Museumsgeländes nach sich; aber der größte Gefahrenmoment für die Museumsbesucher ist damit beseitigt.

Sturm und Hagel am 22. September 1993 ließen vor allem an der gesamten Baum- und Pflanzenwelt sowie an den Gebäuden erheblichen Schaden entstehen. So wurde der im vergangenen Jahr überarbeitete und z. T. neuangelegte Kräutergarten fast nahezu zerstört.

Das Schwarzwälder Freilichtmuseum und seine Besucher. Aktivitäten und Veranstaltungen

Ein Freilichtmuseum heute strebt mehr als den Aufbau alter Bauernhäuser und deren Bewahrung für die Nachwelt an. Es wird immer mehr zum Ort bewußten Lernens, aber auch des ungezwungenen Kennenlernens. Dazu gibt es in den letzten Jahren ein Netz von Aktivitäten, Einrichtungen und Veranstaltungen(14) im Gutacher Museum.

Eine wesentliche Hilfe bei dem Problem dieser sog. ganzheitlichen Vermittlung bäuerlichen Lebens in der Vergangenheit sind Sonderausstellungen zu bestimmten Themen, die es seit 1984 mit der Möglichkeit im Hotzenwaldhaus gibt. Anfänglich waren es vier Ausstellungen, seit 1988 nunmehr drei pro Jahr. Ebenfalls seit 1984 werden Vorträge angeboten, die jeweils große Rahmenthemen als Inhalte darstellen sollen, in der Regel deren zwei pro Jahr. Demselben Zweck und der aktiven Mitarbeit der Interessierten dient ein Seminar im Jahr, das an drei aufeinanderfolgenden Wochentagen angeboten wird.


Vogtsbauernhof, erbaut 1612
Vogtsbauernhof, erbaut 1612

Vogtsbauernhof, Stube
Vogtsbauernhof, Stube

Vogtsbauernhof, Küche
Vogtsbauernhof, Küche

Vogtsbauernhof, Kammer
Vogtsbauernhof, Kammer

Hippenseppenhof, erbaut 1599
Hippenseppenhof, erbaut 1599

Hippenseppenhof, Stube
Hippenseppenhof, Stube

Hippenseppenhof, Küche (Herd links)
Hippenseppenhof, Küche (Herd links)

Hippenseppenhof, Kammer
Hippenseppenhof, Kammer

Hotzenwaldhaus, Nachbau 1980
Hotzenwaldhaus, Nachbau 1980

Hotzenwaldhaus, "Schild" im Innern umlaufen als Kälteschutz
Hotzenwaldhaus, "Schild" im Innern umlaufen als Kälteschutz

Schauinslandhaus, Nachbau 1982
Schauinslandhaus, Nachbau 1982

Schauinslandhaus. "Schopf" an der Bergseite im Innern
Schauinslandhaus. "Schopf" an der Bergseite im Innern

Hammerschmiede. Inneres
Hammerschmiede. Inneres

Hanfreibe. Inneres
Hanfreibe. Inneres

Museumpädagogik: Kinder beim Handweben
Museumpädagogik: Kinder beim Handweben

Museumpädagogik: Zubereitung von Wasserschnitten
Museumpädagogik: Zubereitung von Wasserschnitten

Seit 1986 startete man die Reihe "Nachmittage im Museum", d.h. den Versuch, verschiedene Themen im Rundgang durch das Museum zu erörtern; hier ergänzen sich das gesprochene Wort und die dabei erfahrenen Museumsgegenstände in einer ganzheitlichen Art.

Begonnen im Jahre 1989 wurde eine weitere Aktivität, die sich mittlerweile zu fünf bis sechs Veranstaltungen pro Jahr unter dem Motto "bauernnahes Handwerk" entwickelt hat. Sie findet den besten Anklang und möchte altes Handwerk, das ursprünglich aus dem bäuerlichen Bereich kam und später auf spezialisierte Art aus der Stadt wieder in die Dörfer zurückkehrte, praktisch zeigen. Dabei handelt es sich überwiegend um Berufe, die selbst oder deren Technik heute ausgestorben sind.

Zum Anliegen der Vermittlung gehören auch die Veröffentlichungen des Museums: die Museumsführer von H. Schilli in sechs Auflagen von 1968 bis 1981 sind vergriffen; im Moment können Museumsführer aus den Jahren 1985 und 1986 erworben werden. P. Haegele verfaßte 1981 einen Geräteführer, der 1991 neu und erweitert aufgelegt wurde. Schließlich erschien 1989 ein eigener kleiner Führer durch das Waldmuseum der Landesforstdirektion. Im Jahre 1992 rief das Museum eine eigene Veröffentlichungsreihe mit dem Titel "Aus dem Schwarzwald" ins Leben. Den Anfang hierbei machte M. Litterst mit der Beschreibung des Lebens auf einem Bauernhof im Hochschwarzwald.

Möchte man bestmöglich über die Ganzheit bäuerlichen Lebens informieren, so wird man nicht auf ein Archiv, eine Bibliothek und verschiedene sammlungen verzichten können. Dafür war ja im wesentlichen der neue "Zimmerbauernhof" im Museum errichtet worden. Ein Raum in diesem - auch feuersicher angelegt - beinhaltet daher eine Bibliothek; Sammlungen von Fotos, Dias, alten Ansichten oder Plan-Kopien.

Schließlich arbeiten die Angestellten des Museums selbst auch wissenschaftlich. Sie erstellen Vortrags-Manuskripte für die Sonderführungen, oder sie veröffentlichen eigene Beiträge an verschiedensten Stellen.

Der Besucher bewegt sich im Museum entweder als geführter oder als nichtgeführter. Um dies möglichst gut zu gewährleisten, bedient sich das Museum entsprechend den Ergebnissen der Museumspädagogik oder der Museumsdidaktik. In den letzten Jahren wurde der Museumspädagogik ein gewisser Vorrang eingeräumt.

Kontakte mit der Pädagogischen Hochschule in Freiburg erbrachten verschiedenste Arbeiten und Denkansätze zugunsten der im Museum geführten Schüler. Im Ortenaukreis wurde die Zusammenarbeit mit dem Staatl. Schulamt und mit den Lehrern gesucht. Andere Gruppen wurden mit eigenen Veranstaltungen im Museum geführt, wie etwa Kinder von 6 - 12 Jahren oder Senioren. Dies wird noch weiter fortgesetzt seit der Einstellung einer Museumspädasogin im Jahre 1991. Natürlich vernachlässigt das Museum nicht die bekannteste museumspädagogische Aktivität: die allgemeine oder spezielle Führung durch das Museum. In den letzten Jahren waren dies jeweils immer knapp über 1.200. Die Museumsdidaktik äußert sich vor allem in der Beschriftung. Hier eröffnet sich nach nur vorläufigen Ansätzen noch ein weites Feld der Betätigung in Zukunft.

Die Besucherzahlen

Bis zum Jahre 1972 wurden seit 1964 insgesamt 967.120 Besucher gezählt. Bis heute zeigt sich seither folgende Besucherbilanz(15):

1973 327.142 1980 543.488 1987 433.063
1974 373.702 1981 487.801 1988 408.971
1975 415.743 1982 478.528 1989 426.771
1976 446.559 1983 443.055 1990 417.727
1977 501.174 1984 465.266 1991 418.054
1978 490.404 1985 445.477 1992 404.464
1979 516.360 1986 455.860 1993 403.197

Insgesamt ergibt sich eine Besucherzahl des Schwarzwälder Freilichtmuseums in 30 Jahren von 10.270.126 Personen. Diese Besucherzahl trifft natürlich auch das Umfeld, in nächster Nachbarschaft etwa das Dorf und die Gemeinde Gutach, auf die das Geschehen im und rund um das Museum nicht ohne Einfluß ist.

Die Gemeinde Gutach und das Schwarzwälder Freilichtmuseum

So begleitete die Gemeinde Gutach, vertreten durch den Gemeinderat(16), die bauliche Entwicklung und Entfaltung des Schwarzwälder Freilichtmuseums durchweg positiv und befürwortete die entsprechenden Bauanträge des Museums ohne Einsprüche und Einschränkungen: den Bau eines Brandweihers (1965 - 1967), die Umsetzung des Leibgedinghauses vom Gutacher Neubauernhof in das Museum (1965), die Umsetzung des Schwarzwälder Heidenhauses und der Hofkapelle (1966), der Hanfreibe (1968) und der Hochgangsäge (1970). Der Bau und die Umsetzung des Kinzigtäler Hauses (1971) wurden ebenso befürwortet wie der Neubau der Hammerschmiede und der Ölmühle (1974) nach Gutacher Vorbild. Der Gemeinderat stand hinter dem Neubau des sog. Zimmesbauernhofs im Museum (1979) ebenso wie hinter dem Nachbau des Hotzenwaldhauses (1979). Man stellte sich hinter den Bau eines Hundezwingers (1980) in der Sorge um die Sicherung des Museums, ebenso wie man den Nachbau des Schauinslandhauses (1980) für notwendig erachtete. Ebenso befürwortete der Gutacher Gemeinderat den Bau des sog. Sozialgebäudes im Museum (1984), um die Bediensteten des Museums besser unterzubringen und die Erste Hilfe sachgemäß leisten zu können. Schließlich befürwortete der Gemeinderat im Jahre 1990 die Renaturierung des Wellerbachs, eine Maßnahme, die zugleich auch dem Hochwasserschutz der nächsten Umgebung diente.

Eng mit der Ausdehnung und Entwicklung des Museums hing die Frage nach einem Bebauungs- und Flächennutzungsplan zusammen, die den Gutacher Gemeinderat lange Zeit bis auf den heutigen Tag beschäftigt. Wurde doch der erste Bebauungsplan 1972 vom Landesdenkmalamt Freiburg beantragt, um die Entwicklung des Museums auch baurechtlich einwandfrei voranzutreiben. Mangels Finanzen wurde dieser Bebauungsplan zunächst zurückgestellt, dann aber doch Ende 1973 erstmals beraten. Man legte zunächst das Gebiet fest und bezog damals noch den "Mattenhof" mit ein. Man wollte eine Erweiterung des Parkplatzes, und der Gemeinderat forderte damals schon eine WC-Anlage dort. 1974 erfolgte eine weitere Beratung des Bebauungsplans "Freilichtmuseum Vogtsbauernhof", wobei man ausdrücklich festlegte, daß sich dieser nicht nachteilig auf die angrenzenden Gewerbebetriebe auswirken dürfe. Drei Jahre später mußte dieses Problem wiederum bedacht werden, da von seiten der gastronomischen Betriebe Erweiterungen notwendig geworden waren. Diese Belange wurden 1979 / 80 bei erneuten Beratungen berücksichtigt und 1981 insofern vom Bebauungsplan "Freilichtmuseum" abgekoppelt, als seit diesem Jahr ein Bebauungsplan "Wählerbrücke" angeregt und verwirklicht wurde.

Im Jahre 1978 wurde das Museumsgelände in die Überlegungen zum Flächennutzungsplan miteinbezogen. Damals gab der Gemeinderat den Entwurf zum Flächennutzungsplan als Teil eines Gesamtplans zur Offenlegung frei. Das eigentliche Museumsgelände wurde als Sonderfläche in das Plankonzept aufgenommen; die Fläche zwischen Mattenhofsiedlung und Museum soll für eine eventuelle Museumserweiterung offen gehalten werden. 1980 war der Flächennutzungsplan Gegenstand der Beratungen einer Behördenbesprechung und ermeut des Gemeinderates. Im Hintergrund standen damals die Probleme der Parkplatzerweiterung, die Verlegung der Streuguthalle und die Erweiterungsmöglichkeiten für die gastronomischen Betriebe. Entsprechend wurde 1981 der Flächennutzungsplan für diesen Bereich geändert. Das Problem der Verlegung der Streuguthalle wurde 1983 nochmals aufgegriffen, aber bis heute noch nicht in die Tat umgesetzt.

sowohl für die Gemeinde Gutach als auch für das Museum und seine Besucher war in den letzten 30 Jahren ein Problem am brennendsten, das seit 1968 angegangen und schließlich erst 1993 positiv bereinigt werden konnte: die absolute Sicherheit der Besucher und der Anwohner im Bereich der Bundesbahn unmittelbar vor dem Museum. Diesem Problem versuchte man 1968 erstmals gerecht zu werden, als man zustimmte, den Bahnübergang "Mattenhof" oberhalb mit einem Wärterhaus zu bestücken. Dadurch könne auch der Übergang "Vogtsbauernhof" besser bewacht werden. Dies erwies sich bei den steigenden Museumsbesucherzahlen jedoch als Trugschluß, so daß 1972 am Übergang "Vogtsbauernhof" Blinklichtanlagen mit zugbedienten Halbschranken in Betrieb genommen wurden. 1977 stimmte man dem Einbau eines zweiten Fußgängerweckers zu. Ein Jahr später wollte man den Übergang "Vogtsbauernhof" zu einem reinen Fußgängerübergang mit Vollschranken machen, wogegen sich die Gemeinde aussprach. 1979 suchte die Bundesbahn mit der Einführung eines Pfeifsignals der Lokomotive eine weitere Sicherung einzubauen, was auf Einspruch der Bevölkerung zurückgenommen werden mußte. 1980 wollte man einen eigenen Schrankenwärter für den Museumsübergang planen. Doch seit diesem Jahr trat man dann Überlegungen an eine Fußgängerüber- oder Unterführung nahe. Planfeststellungsverfahren wurden getroffen, zurückgenommen und neu eingeleitet. 1981 fand eine Behördenbesprechung statt. Doch mußten danach zehn Jahre vergehen, bis 1991 der Beginn eines Baues einer Fußgängerunterführung fest geplant wurde. Danach kam es zu intensiven Beratungen zwischen der Bundesbahn, der Gemeinde Gutach und dem Landkreis. Im November 1991 wurde mit dem Bau der Unterführung begonnen, der im Juli 1993 vollendet war und am 30. September 1993 eingeweiht wurde.

Ein großes Problem war bereinigt. Mehrere andere Anliegen und Fragen, die die Gemeinde und das Museum gemeinsam betrafen, wurden ebenso, wenn auch in kürzerer Zeit angegangen und bewältigt. Ein erster Brandweiher etwa wurde in den Jahren 1965 bis 1967 angelegt. Dieser wie die Renaturierung des Wellerbaches (1990) dienten auch dem Hochwasserschutz für die Nachbarschaft und das Museum. Ein langwieriges Problem war und ist die Situation des Parkplatzes sowie die damit zusammenhängenden bau- und verkehrsrechtlichen Fragen. Nur einige Stationen seien hier hervorgehoben: Das Straßenbauamt drängte schon 1966 auf einen solchen Parkplatz, der 1968 nicht mehr genügte und 1969 neu geplant werden mußte: 113 Plätze für PKW und 15 für Omnibusse. Die Gemeinde sollte dafür auch ein Grundstück verkaufen. 1974 / 75 mußten der Bau einer WC-Anlage auf dem Parkplatz sowie die Anlage einer Verzögerungs- und Abbiegespur zum Parkplatz beraten und mit Grundstücksverkäufen ermöglicht werden. 1978 und 1980 wurden erneute Parkplatzerweiterungen notwendig, die sich 1981 auf die Gestaltungen des Flächennutzungsplanes auswirkten.

Eröffnung der Fußgängerunterführung vor dem Museum am 30. September 1993. Von links: Landrat Günter Fehringer, Bürgermeister Volker Sahr aus Gutach und Bundesbahndirektor Karl-Hans Zimmermann
Eröffnung der Fußgängerunterführung vor dem Museum am 30. September 1993. Von links: Landrat Günter Fehringer, Bürgermeister Volker Sahr aus Gutach und Bundesbahndirektor Karl-Hans Zimmermann

Eng verbunden mit dem Parkplatz waren wiederholt Fragen und Probleme mit Hinweisschildern auf das Museum (1967, 1979, 1982). Wichtig sowohl für Besucher und Anwohner des Museums war die Frage der Straßen- und Wegeführung, die durch die Probleme des Bahnübergangs kompliziert wurden. Aber auch diese Frage wurde gemeinsam zwischen der Gemeinde und dem Museumsträger angegangen und für alle befriedigend gelöst (1968, 1972/73, 1981, 1991).

Vom Parkplatz gelangt man über die sog. Wählerbrücke zu den gastronomischen Betrieben und zum Museum. Diese Brücke mußte 1975 erweitert und verstärkt werden. Erneut waren Verhandlungen zwischen Gemeinde und Museumsträger notwendig, um vor allem die Finanzierung abzuklären. Im Jahre 1993 waren solche Arbeiten erneut nach Hochwassern notwendig geworden, so daß sich 1994 die Wählerbrücke in einem guten erneuerten Zustand befindet.

Erst seit 1979 und 1981 rückte der Parkplatz vor dem Schulhaus "GutachTurm" in den Bereich der Museumsbesucher, als man die Benutzung dieser Parkmöglichkeit für Museumsbesucher verbot.

Gemeinsame Sorgen um das Feuerlöschwesen verbinden ebenso Gemeinde und Museum, machen aber auch Beratungen notwendig. So war es auch bei der Frage, ob die Gemeinde Gutach ein Tanklöschfahrzeug erwerben solle und inwiefern diese Anschaffung, die auch dem Museum zum Vorteil gereichen würde, vom Museumsträger mitfinanziert werden könne und solle. Diese Verhandlungen zogen sich von 1977 bis 1980 hin, ehe ein Tanklöschfahrzeug angeschafft wurde, das heute auch seinen sicheren Platz in der Brandbekämpfung innerhalb des Museums einnimmt. Außerdem war es keine Frage, daß die Schlußübung der Gutacher Feuerwehr 1990 im Freilichtmuseum stattfand.

Nahezu alltägliche Fragen, Nöte, Sorgen verbinden Gemeinde und Museum auch. Bezieht man etwa das Museum ein in die Frage der Kurtaxe und der Kurkarte? Hat dies Folgen für deren Umfang und zeitliche Dauer (1982 und 1983)? Hat das Freilichtmuseum auch in dem zu erstellenden Heimatbuch seinen Platz (1985)? Arbeitet die Gemeinde mit dem Museum bei Künstlerausstellungen zusammen; kann das Museum dazu Material ausleihen und kundige Mitarbeiter (1987)?

Es gab und gibt also viele Berührungspunkte zwischen Gemeinde, Gemeinderat, Museum und Museumsträger. Letzterer ist für das Museum verantwortlich und initiattv. Dies besagt jedoch nicht, daß der Gemeinderat von Gutach die Entwicklung des Museums nur durch die positive Weiterleitung von Bauanträgen mitbestimmt, sondern es gab auch Gelegenheiten, bei denen die Bedingtheiten von Museum und Gemeinde direkt zum Ausdruck kamen. So besuchte der Gemeinderat zusammen mit dem Kultur- und Bildungsausschuß des Ortenaukreises das Museum (1973). Außerdem fand in einer wichtigen Zeit der Museumsentwicklung (1977) ein direktes planendes Gespräch zwischen Landratsamt und Gemeinde statt. Der Gemeinderat würdigte die Verdienste des Museums und seines Initiators um die Gemeinde und ernannte H. Schilli zum Ehrenbürger (1975 / 76) von Gutach. Gemeinderat und Gemeinde sind heute zu allen Ereignissen im Museum eingeladen, um sich jederzeit ein umfassendes Bild davon machen zu können.

Denkt man in diesem Zusammenhang nochmals an die Menschen, an die Museumsbesucher und die Nachbarn des Museums vor allem, so wird man feststellen müssen, daß sich Gemeinde und Gemeinderat in ihrer Verantwortung um das körperliche Wohl der Menschen hier stark engagieren mußten. Dabei ging es sowohl um die lebensnotwendige Gastronomie vor dem Museum seit den Jahren 1967 / 68 und 1969 als auch um baurechtliche Fragen im Falle des neuen Zimmerbauernhofs (1972) oder um Wegebaumaßnahmen und Nutzungen des Bahnübergangs (1972 / 73, 1981).

Und haben sich schließlich auch die Gutacher vor dem Gemeinderat über das Museum geäußert? Vereinzelt haben sie dies getan. So fühlten sich Bewohner hinter dem Museum durch den Museumsbetrieb gehindert (1975). Die Parkplatznot wurde 1980 von Gutachern angeprangert und zu derer Behebung gar der Bau eines Parkhauses gefordert. Die neuangelegten Wege um das Museumsgelände wurden zum "wilden Parken" benutzt, was 1981 mißfiel und 1991 erneut Unruhe verursachte, jetzt aber, weil zu viele Schilder das Parkplatzverbot dort markierten. Schließlich sahen sich die Anwohner der Schreinergasse 1982 u. a. durch den Museumsbetrieb eingeschränkt.

Die Gemeinde Gutach und das Freilichtmuseum hatten in den vergangenen 30 Jahren manche Probleme und Fragen zu bewältigen, die sowohl das Museum selbst betrafen als auch in stärkerem Maße gemeinsamer Natur waren und überwiegend im Interesse der Betroffenen - Gemeindebürger und Museumsbesucher - waren. Dabei gehörte es zur Natur der Sache, daß bau- und verkehrsrechtliche Probleme überwogen.

Verhandlungspartner waren die Gemeinde Gutach, vertreten durch Bürgermeister und Gemeinderat, das Schwarzwälder Freilichtmuseum und sein Leiter sowie der Museumsträger, die Landkreise Wolfach und der Ortenaukreis, vertreten durch den jeweiligen Landrat und verschiedene kompetente Amtsleiter. Folgende Personen seien stellvertretend hier genannt: die Bürgermeister von Gutach Christian Moser (bis Sommer 1979) und Volker Sahr (ab August 1979), die Museumsleiter Hermann Schilli (bis August 1981) und Dr. Dieter Kauß (ab April 1983), die Landräte Ludwig Hess (bis 1965), Werner Ackenheil (bis Ende 1972), Dr. Gerhard Gamber (bis Oktober 1992) und Günter Fehringer (seit November 1992).

Die Arbeitsgemeinschaft der regionalen Freilichtmuseen von Baden-Württemberg tagte im April 1992 in Gutach. Neuer Vorsitzender wurde damals Landrat Peter Schneider, Biberach a. d. R. (2. v. l.)
Die Arbeitsgemeinschaft der regionalen Freilichtmuseen von Baden-Württemberg tagte im April 1992 in Gutach. Neuer Vorsitzender wurde damals Landrat Peter Schneider, Biberach a. d. R. (2. v. l.)

Als Erinnerung

Das Land Baden-Württemberg(17) engagierte sich ziemlich spät bei der Schaffung und Entwicklung der Freilichtmuseen in der Bundesrepublik. Es entschied sich gegen die Form des Landes-Freilichtmuseums und förderte regionale Lösungen: 1964 in Gutach, 1969 in Kürnbach bei Schussenried, 1976 in Wolfegg bei Ravensburg, 1979 in Wackershofen bei Schwäbisch Hall, 1988 in Neuhausen o. E. bei Tuttlingen und 1990 in Gottersdorf bei Walldürn. Der Museumsstandort Gutach spielte dabei nicht nur zeitlich, sondern auch der Bedeutung und der Bekanntheit nach eine nicht unwichtige Vorreiterrolle.

Anmerkungen: .

1.) vgl. D. Kauß, 25 Jahre Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauermnhof" in Gutach, in: Ortenau 69, 1989, S. 407 - 439 und die dort angegebene Literatur; Chronik des Schwarzwälder Freilichtmuseums in Zeitungsausschnitten 1960 - 1993 (Standort: Freilichtmuseum)  
2.) ROK (Registratur des Ortenaukreises} 322.325; vgl. D. Kauß, Zur Geschichte des Vogtsbauernhofs in Gutach, in: Ortenau 66, 1986, S. 142 - 155 und s. u. S. 143 - 154.  
3.) ROK 322.329; vgl. B. Breithaupt, I. Jockers und D. Kauß, Das Leibgedinghäusle des Neubauernhofs in Gutach im Ortenaukreis, in: A. Bedal-S. Cornelius, Häuser fürs Museum, Rothenburg o. T. 1994. S. 78 - 85.  
4.) ROK 322.326  
5.) ROK 322.327; vgl. B. Breithaupt, I. Jockers und D. Kauß, Der Lorenzenhof aus Oberwolfach, in: Häuser fürs Museum (s. Anm. 3), S. 68 - 77  
6.) ROK 322.321; vgl. Herrischried. Gemeindechronik. München-Zürich 1982, S. 82 - 89.  
7.) ROK 322.322, vgl. P. Priesner, Die Geschichte von Hofsgrund. Band 2. Freiburg 1987, S. 312 - 318.  
8.) H. Schilli, Zur Geschichte und zum Aufbau des Schwarzwälder Freilichtmuseums "Vogtsbauernhof" in Gutach / Schwarzwald. in: Badische Heimat 1976, Heft 2, S. 271 / 278.  
9.) H. Schilli, Wie der Schwarzwälder einst lebte. Ein Besuch im Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach, in: Freiburger Almanach 1969. Freiburg 1969, S. 28 / 29.  
10.) vgl. D. Kauß, Zum Leben und Werk von Hermann Schilli, in: Ortenau 66, 1986, S. 127 - 141.  
11.) vgl.R. Jandl, Regionale Freilichtmuseen als kulturelle Aufgaben des Landes, in: Museumsblatt. Mitteilungen aus dem Museumswesen Baden-Württembergs 1, 1990, S. 7 / 8.  
12.) dazu und zum Folgenden vgl. den jeweiligen Jahresrückblick des Ortenaukreises seit 1984 (Hauptamt des Ortenaukreises) z. Teil veröffentlicht in dieser Zeitschrift ab 65, 1985.  
13.) ROK 322.328  
14.) ROK 322.43 und die entsprechenden Jahresrückblicke (s. Anm. 12).  
15.) ROK 322.71 und die entsprechenden Jahresrückblicke (s. Anm. 12).  
16.) Registratur der Gemeinde Gutach. Protokolle des Gemeinderats 1960 - 1992.  
17.) ROK 322.021, vgl. D. Kauß, Entwicklung und heutiger Stand der regionalen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg, in: Museumsblatt (s. Anm. 11) 1, 1990, S. 5 - 7, M. Schröder, Die sieben regionalen Freilichtimuseen - Erwartungen und Ergebnisse, in: Museumsblatt (s. Anm. 11) 13, 1994, S. 9 - 12.  



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