Wie der Schlosser Elsenheimer sein Weib überlistete
Brucker, Dr. Philipp: Wie der Schlosser Elsenheimer sein Weib überlistete - Ein Beitrag zu "In einem Alt-Lahrer Biergarten" [Erzählung] (Der Altvater, 25.10.1952)
In dem köstlichen Artikel ("Altvater" vom 11. September), der nicht nur das Leben in einem Alt-Lahrer Biergarten schilderte, sondern auch von manchem alten Lahrer Handwerksmann zu berichten wußte, stellte der Verfasser mit leisem Bedauern fest, daß über den Schlosser Eisenheimer niemand zu berichten wußte. Dies Bedauern kann beseitigt werden. Hier ist eine der vielen verbürgten Geschichten, die den Schlosser Elsenheimer "wie er leibte und lebte" auch demjenigen zeigt, der ihn nicht mehr persönlich erleben durfte.
Als guter, alter Lahrer pflegte der Schlosser Elsenheimer nach getaner Arbeit seine Schritte in den "Rappen" zu lenken. Dort traf sich eine jener gemütlichen Stammtischrunden, die nicht nur die kommunale Politik zu glossieren wußten, sondern auch in ihrer urwüchsigen Fröhlichkeit so anregend waren, daß ihre Mitglieder kaum mehr den Weg nach Hause einzuschlagen gewillt waren. Frau Elsenheimer war daher nicht die einzige Lahrerin, die ihrem Mann beständig in den Ohren lag, sobald er seine Mütze überstreifte und mit der Hand die Türklinke suchte. Herr Elsenheimer scherte sich wenig darum.
Eines Abends aber ging ihm das Lamento seiner Frau über die berühmte Hutschnur. Schon im Begriffe, die Tür zu öffnen, drehte er sich wieder seiner besseren Hälfte zu, nahm die Mütze ab und sagte: "Guet, wenn d' nit wit, daß i in dr Rappe geh, drno bliwi halt do!" Sprach's, setzte sich an den Tisch und sah seine Frau herausfordernd an. Frau Elsenheimer, am änderen Tischende sitzend, suchte vergeblich nach Worten. Und Elsenheimer schwieg beharrlich.
"Schwätz doch ebbis!" brummte die Frau nach einer Weile und setzte hinzu: "Im Rappe kannsch doch au schwätze!"
"Sag doch Du ebbs, Du schwätzesch jo immr" gab er zurück und faltete die Hände. Dann schwiegen beide wieder.
Als das Schweigen den Raum immer drohender zu füllen drohte, stand Elsenheimer plötzlich auf und machte seiner überraschten Frau den Vorschlag, ein kleines, nettes Spielchen zu spielen. Er sei in diesem Spielchen ein Metzger, sie aber eine Bäuerin. Nach diesen wenigen Erklärungen verließ er das Zimmer, um gleich darauf an die Stubentüre zu klopfen. Auf das "Herein!" seiner Frau trat er ein, wünschte einen guten Abend und nahm am Tisch Platz. Nach einigen belanglosen Worten über das Wetter und den Stand der Ernte im allgemeinen schnitt er sofort das Problem im besonderen an.
"Bieri", sagte er und sah dabei auf seine goldene Taschenuhr, "ich hab ghört, Ihr hätte ä schons Kalb zum vrkaufe Wellen'r 's mir nit gän?"
"Ha, i däts undr Umschdände schu gän", gab die Frau, der das Spiel zu gefallen begann, zurück. "Was bieten'r denn?"
"Was däten'r verlange?" frug er geschäftstüchtig zurück, und sie - die keine Ahnung vom Wert eines Kalbes hatte - gab schlagfertig zu bedenken, daß sie das Kalb für 80 Mark verkaufen wolle.
"Des isch z'vil. Unbedingt z'vil!" schrie er aufgebracht und bestand sofort auf 50 Mark.
50 Mark wollte sie wiederum nicht akzeptieren. Er gab fünf Mark nach, aber 55 Mark erschienen ihr als ein Schundpreis.
"Guet!" rief er nach einem längeren Wortgefecht, "i nimm des Kälbli fir 60 Mark!"
"Nix isch mit dem Handl, des hawi schön emol gsait!" polterte sie und hieb dabei mit der Faust auf den Tisch. "Wenn'r nit mindeschtens 70 Mark bezahle, drno bhalt ich des Kalb!"
Bei diesen ablehnenden Worten stand der "Metzger" Elsenheimer auf, streifte seine Mütze über den Kopf und sagte mit zitternder Stimme: "Also, wenn'r des Kälbli nit fir 60 Mark hergän, drno bhalten'r 's. Drno wurd nix us dem Handl, un fir mich isch diä Sach erledigt. Ä gueti Nacht!"
Sprach's, öffnete die Tür und marschierte schnurstracks in den "Rappen, wo ihn die Stammtischrunde stürmisch begrüßte.