Heimat- und Grimmelshausenmuseum - Oberkirch

Im Alten Rathaus in der Hauptstraße befindet sich das Heimat- und Grimmelshausenmuseum. Das Gebäude wurde noch unter fürstbischöflich-straßburgischer Herrschaft im Jahr 1802 errichtet. Es diente nicht alleine als Rathaus, sondern beherbergte auch Schulräume, eine Markthalle und Wohnungen.
Nachdem die Oberkircher Stadtverwaltung 1988 in das ehemalige Waisenhaus St. Gebhard umgezogen war, wurde das Alte Rathaus zum Museum umgebaut.
Seither erhalten Besucher hier Einblicke in die Stadtgeschichte, die Entwicklung von Handwerk, Landwirtschaft und Industrie sowie das Brauchtum im Renchtal.
Ein Schwerpunkt des Museums ist das Leben und Werk des Barockdichters Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen.
Im alten Rathaus von 1802 ist seit 1991 das ortsgeschichtliche Museum mit der literarischen Gedenkstätte für Johann Jakob Christoph von Grimmelshausen untergebracht. Mit zahlreichen Ausstellungsstücken werden die Herrschaftsverhältnisse von den Zähringern über die Bischöfe von Straßburg bis zum Übergang an das Großherzogtum Baden illustriert. Modelle Oberkircher Burgen, Kirchen und Klöster, Waffen und Kupferstiche, ein Stadtmodell von 1790 und zahlreiche weitere Text- und Bilddokumente markieren die wichtigsten Entwicklungsetappen des Ortes von der Reformation bis ins 19. und 20. Jahrhundert, als die Renchtalbahn, die Industrialisierung, das Badewesen, der aufkommende Tourismus und zwei Weltkriege das Leben und den Alltag nachhaltig veränderten.
Brauchtum und Volksfrömmigkeit, Handwerk und Landwirtschaft, Bürgertum und Vereinsgeschichte bilden weitere Schwerpunkte der Ausstellung. Die Gedenkstätte erinnert an den im Renchtal 1676 verstorbenen Dichter Grimmelshausen, der mit seinem "Simplicissimus" den bedeutendsten deutschen Roman des 17. Jahrhunderts verfasste. Zu den Exponaten gehören Primär- und Sekundärliteratur mit Ausgaben vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. (Quelle: netmuseum.de)
Der berühmteste deutsche Dichter des Barocks Johann Jacob Christoph von Grimmelshausen (1621 - 1676) wurde in Gelnhausen/Spessart vermutlich 1621 geboren. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges kam er bereits im jugendlichen Alter an den Oberrhein. In verschiedenen Funktionen vom Musketier bis zum Schreibgehilfe erlebte Grimmelshausen den fürchterlichen Krieg. 1649 heiratete er in Offenburg, inzwischen zum Katholizismus konventiert, die um sieben Jahre jüngere Catharina Henninger. Noch im gleichen Jahr trat Grimmelshausen die Stelle eines Schaffners bei seinem ehemaligen Kriegsherren Hans Reinhard von Schauenburg und dessen Vetter Carl in Oberkirch-Gaisbach an. 1653 erwarb er die Spitalbühnd in Gaisbach, wo er zwei Häuser errichtete, den "Silbernen Stern" und das ehemalige Rathaus. Von 1662 bis 1665 arbeitete Grimmelshausen als Schaffner und Burgvogt auf der Ullenburg. 1665 war er Wirt in seiner Wirtschaft "Silberner Stern", die bis heute bewirtet wird. Von 1667 bis zu seinem Tod 1676 war Grimmelshausen Schultheiß der fürstbischöflich-straßburgischen Herrschaft in Renchen. Sein berühmtester Roman "Der Abenteuerliche Simlicissimus Teutsch" erschien 1668. Bereits 1666 war "Der satyrische Pilgram I" herausgekommen. 1669 wurden sein höfischer Roman "Dietwald und Amelinde", 1670 "Der ewig währende Calender", "Die Erzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche", "Der seltsame Springinsfeld", 1671 "Der erste Bärenhäuter" u. a., 1672 "Des wunderbarlichen Vogelnests" u. a., 1673 "Der Teutsche Michel", "Der Stolze Melcher" und 1674 der zweite Teil "Des wunderbarlichen Vogelnests" veröffentlicht.
Grimmelshausen ist der wichtigste und bedeutendste deutsche Erzähler des 17. Jahrhunderts. Er schrieb mit seinem »Simplicissimus« den ersten deutschen Prosaroman von Weltgeltung. Als realistischer volkstümlicher Schriftsteller stand er fern der künstlichen, höfisch-galanten Moderomane seiner Zeitgenossen, veröffentlichte allerdings auch zwei wenig bedeutende Werke im Zeitgeschmack. Anklingend an den spanischen Schelmenroman schuf er in seinem Meisterwerk »Simplicissimus«, der aus unmittelbarem eigenen Erleben gespeist wird, einen faszinierend-abenteuerlichen, derb-drastischen und von hintergründigem Humor zeugenden Zeitroman. Er bedient sich einer direkten, oft urwüchsigen Sprache und vermittelt mit dieser Zeit- und Menschenschilderung eine auch kulturhistorisch wertvolle Darstellung. Neben diesem Hauptwerk schrieb er Moralsatiren, Streitschriften und Kalender- und Anekdotenbücher.
Innerhalb von acht Jahren sind alle seine Werke erschienen. Die Erstausgaben sind im Museum ausgestellt. Auch Teile der von ihm errichteten Gebäude fanden Eingang in das Museum, in welchem Grimmelshausen im Kontext des Dreissigjährigen Krieges dargestellt wird.
Das Heimat- und Grimmelshausenmuseum in Oberkirch ist auch Gedenkstätte für den Oberkircher Heimatdichter und Ehrenbürger August Ganther (1862 – 1938). Als Lehrer wirkte August Ganther zunächst in Immendingen, dann in Möhringen. Im Jahre 1886 wurde er an die Lessingschule in Freiburg/Br. versetzt. Dort verbrachte er den größten Teil seines Lebens.
Innerhalb des Museums wurde eine Abteilung August Ganther eingerichtet. Sämtliche Werke, Manuskripte, Tagebücher, Zeitschriftenveröffentlichungen und Plakate dokumentieren das Werk des Dichters. Während Sonderveranstaltungen werden Tonbänder und Schalplatte mit seinen Lesungen abgespielt.
Ganthers Gedichte haben vorwiegend die kleine Welt des von Alltagssorgen geplagten Menschen zum Gegenstand. Ganther kam beim Niederschreiben seiner Gedichte zugute, dass er eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe besaß und ein guter Menschenkenner war. Er schrieb mit schlichtem, einfachem und sinnfälligem Vokabular das auf, was die Menschen in seiner Umgebung dachten, sprachen und taten. Seine Dichtung ist deshalb ein lebendiger Ausdruck des Geistes der alemannischen Landschaft und ihrer mit Schöpfer- und Gestaltungskraft begabten Menschen geworden. Durch Armut, Seele, Heiterkeit, Witz und Beschaulichkeit, die aus seinen Gedichten und Prosaschriften sprechen, öffnete Ganther dem Leser ein Fensterchen, "durch das ein winziger Schimmer der Befreiung, der Freiheit und der Hoffnung sichtbar wurde" (W. Streif). Ganthers bodenständige Mundartdichtung sprach besonders jenen Menschentyp an, den die technisierte Welt und die fortschreitende Zivilisation noch nicht völlig erfasst hatten.
Das Alte Rathaus ist geöffnet am Dienstag und Donnerstag von 15 bis 19 Uhr sowie am Sonntag von 10 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei - Text: Internetseite Oberkirch
