Stadtfest Lahr - 750 Jahre Spital - Schauspiel Heilika vor dem Storchenturm


Vor dem Lahrer Storchenturm, dem einzigen vollständig erhaltenen Abschnitt der unter Walter von Geroldseck erbauten Stadtburg tragen Laienschauspieler*innen die Geschichte der Stifterin Heilika von Mahlberg (siehe oben, Einleitungstext) vor. Viel Aufmerksamkeit wird ihnen zuteil und solchermaßen wird auch viel Wissen um die historischen Begebenheiten der Siedlung Lahr im 13ten Jahrhundert "unter das Volk gebracht".

Alle Schauspieler*innen in Kostümen, der Zeit nachempfunden und nicht selten selbst geschneidert, tragen ihre Rollen mit Engagement und Leidenschaft vor. Das Publikum belohnt die Mühen mit begeistertem Beifall.

Noch "spuken" viele Annahmen über Heilika von Mahlberg - war sie eine Tochter des nahegelegenen Städchen gleichen Names oder nicht. Dazu berichtet noch einmal Dr. Hermann Wiedtemann und bestätigt den vorausgegangenen Bericht von Dr. Heinrich Frhr. v. Lersner:

Dr. Hermann Wiedtemann über Heilika von Mahlberg - Der Altvater - Heimatblätter der Lahrer Zeitung, 19. März 1960, Seite 23 - 24

Wenn von der Gründung des Lahrer Spitals im Jahre 1259 die Rede ist, wird als treibende Kraft dazu die Gemahlin Walters I. von Geroldseck genannt. Denn die Stiftung erfolgte nach der erhaltenen Urkunde im Gedenken an sie, die beschlossen hatte, zu ihrem und ihrer Eltern Seelenheil zwölf Arme in ein Haus aufzunehmen und sie aus ihren Mitteln zu verhalten. Sie war gestorben, ehe sie ihr Vorhaben verwirklichen konnte. Aber Gatte und Söhne hielten sich an ihren testamentarischen Wunsch gebunden und erfüllten ihn großzügig, indem sie den aus dem elsässischen Kloster Steiga nach Lahr berufenen Augustinermönchen Grund und Boden in der Nähe ihres Schlosses schenkten und Mittel für deren sowie den Unterhalt von zwei Dienern, drei Pflegern und den vorgesehenen zwölf Armen zur Verfügung stellten.

Diese Tatsache aber gibt Veranlassung, sich auch einmal eingehender mit dieser Frau zu befassen, d. h. zu fragen, wer sie war und was von ihr bekannt ist.

Dabei ist als erstes festzustellen, daß wir ihren Namen aus der Stiftungsurkunde vom 30. November 1259 nicht erfahren können. Hinter den Worten "uxor nostra nomine" befindet sich die erste der vielen bedauerlichen Lücken des Textes. Es geht aus ihr allein hervor, daß sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte. Die Worte "in testamento novissimo" legen außerdem noch die Vermutung nahe, daß ihr Tod nicht lange zurücklag. Mehr ist daraus nicht zu entnehmen.

Woher aber weiß man ihren Namen? Darüber gibt eine ältere Urkunde Aufschluß. Sie stammt aus dem Jahre 1252. Dort ist das Ehepaar genannt: "ego Waltherus dominus de Geroltzecke et uxor mea Heilika" (ich Walter, Herr von Geroldseck, und meine Gemahlin Heilika). Sie übertrugen in jenem Jahre dem Zisterzienserkloster Tennenbach ihre curia in Harderen bei Weisweil. Bei dieser Gelegenheit also begegnen wir dem Namen dieser Frau und können ihn daher als den der Urheberin zur Stiftung des Lahrer Spitals ergänzen.

Die Herkunft Heilikas

Es erhebt sich nun naturgemäß die Frage nach der Herkunft Heilikas. Die beiden Urkunden sagen darüber nichts aus. Trotzdem ist zumeist, wenn sie erwähnt wird, von ihr als einer Heilika von Mahlberg die Rede. Wie steht es damit?

Diese Herkunftsbezeichnung geht auf die um das Jahr 1530 entstandene Chronik "Tractatus, seu historia de origine progressuque generosorum ac inclitorum baronum de Geroltzeck" des Augsburger Canonicus und Dr. jur. Matheus Marschalk von Piberbach und Pappenhaim zurück, deren Handschrift sich im Generallandesarchiv in Karlsruhe befindet und die teilweise auch im Urkundenbuch der "Pragmatischen Geschichte des Hauses Geroldseck" (Frankfurt und Leipzig 1766) abgedruckt ist.

In dieser Chronik heißt es, Walter habe "zu Gemahel gehapt ein Grävin von Malberg". Und es ist dort weiter zu lesen, daß mit ihr die Grafschaft Mahlberg an die Herrschaft Geroldseck gekommen sei. Drittens wird gesagt, daß diese Gemahlin Walters ... gestorben sei und zu Lahr begraben liege. An der punktierten Stelle fehlt die Jahreszahl.

Heilika wird also hier als die Erbtochter eines Mahlberger Grafengeschlechtes bezeichnet. Und das nimmt der Verfasser der "Pragmatischen Geschichte des Hauses Geroldseck'', der markgräflich badische Geheime Rat Johann Jakob Reinhard, auf und berichtet in Fußnoten, daß er sich bemüht habe, etwas Zuverlässiges über das Geschlecht der Herren oder Grafen von Mahlberg zu finden. Lange habe er über nichts anderes verfügt als über eine Urkunde aus dem Jahre 1232, in der unter den angeführten Zeugen zwischen einem L. de Lichtenberg, einem B. de Geroldsecke, A. de Rapoldstein, O. de Ochsenstein, E. d. Mundingen, G. de Landesberg auch ein M. de Malberc aufgeführt ist.

Reinhard stellt nun darüber folgende Ueberiegungen an: der B. de Geroldsecke sei ein Burchardus und gehöre zu den elsässischen Geroidseckern. Die Lichtenberger, Rapoldstejner und die Ochsenberger seien bekannte reichsherrliche Geschlechter gewesen. Stünde nun M. de Malberc zwischen diesen, könnte man ihn zu den Dynasten zählen. Da aber in der Zeugenreihe unmittelbar auf ihn E. de Mundingen folge, der nur dem Ritterstande angehört habe, sei es ungewiß, ob der Mahlberger zu den Dynasten oder den Rittern gehöre.

Reinhard fand dann aber einen Gnadenbrief Kaiser Friedrichs II. für das Kloster Hirsau aus dem Jahre 1215 und darin unter den Zeugen einen Merboto de Malberch. Dieser steht hier aber vor dem Conradus de Horburch, den Reinhard als Angehörigen eines elsässischen Dynastengeschlechtes bezeichnet. Daraus folgert er die Wahrscheinlichkeit, daß der genannte Merbot von Mahlberg auch ein Dynast, also ein Graf, gewesen sei. Er bezieht sich für diese Ansicht noch auf die schwäbische Chronik von Crusius, die sich auf ein Manuskript aus dem Jahre 1479 stütze.

Reinhard räumt ein, daß es zweifellos auch ein nur ritterschaftliches Geschlecht von Mahlberg gegeben habe. Man dürfe dieses nicht mit den dortigen Dynasten "vermengen". So müsse der in einer Urkunde von 1156 als Zeuge genannte und dort auf einen Arnoldus de Serrha folgende Cuno de Maelberg dem niederen Adel zugezählt werden. Dieser tauche auch in einer Urkunde von 1158 und vorher in einem Gnadenbrief Kaiser Konrads III. für das Kloster St. Maximin bei Trier (!) aus dem Jahre 1146. und in anderen Urkunden als Zeuge auf. Ein Rudolphus de Mailberg ist 1197 geradezu unter den ministeriales aufgeführt.

Soweit Reinhard. Er vertritt also die Auffassung, es habe bis zum 13. Jahrhundert ein Grafengeschlecht von Mahlberg gegeben, Heilika sei die Erbin gewesen, als es im Mannesstamm erlosch, und durch ihre Heirat mit Walter I. sei die Herrschaft Mahlberg in den Besitz des Hauses Geroldseck gekommen.

Bedenken erheben sich ...

Gegen diese Auffassung erheben sich aber einige Bedenken, wenn man die Geschichte des Gebiets ins Auge faßt. Zunächst gegen das Vorhandensein eines Mahlberger Dynastengeschlechtes bis zu dieser Zeit. Wir wissen nämlich, daß Kaiser Heinrich II. Im Jahre 1007 das neugegründete Bistum Bamberg mit umfangreichen Besitzungen in der Ortenau ausstattete. Dazu gehörte neben den Klöstern Gengenbach und Schuttern auch Mahlberg. Damit war es der Amtsgewalt des Ortenaugrafen entnommen. Die Grafschaft aber hatte im 11. Jahrhundert und bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1218 die Zähringer inne. Sie erwarben außerdem auch die Vogtei über die bambergischen Besitztümer, also auch von Mahlberg. Damit ist bereits für diese Zeit nicht anzunehmen, daß dort noch ein Dynastengeschlecht ansässig war. Als aber 1218 die Zähringer im Mannesstamm erloschen, zog der Hohenstaufenkaiser Friedrich II. diese Lehen ein. In Mahlberg saß zu dieser Zeit ein königlicher Schultheiß. Es war also wiederum kaum Platz für einen selbständigen Dynasten. Und als schließlich 1245 auf dem Konzil von Lyon Kaiser Friedrich II. für abgesetzt erklärt wurde, kam es unter Führung des Straßburger Bischofs zu einem Feldzug gegen die staufischen Besitzungen am Oberrhein. Die Geroldsecker waren Verbündete des Bischofs und bemächtigten sich der Festung Mahlberg. Auch die Erben der Zähringer konnten sich nicht mehr in den Besitz des Gebietes setzen. Von den Kämpfen darum bezeugt die beurkundete vorübergehende Gefangennahme Walters durch den Grafen von Freiburg im Jahre 1250. Aber Walter behielt Mahlberg auch im Kappeler Frieden von 1262 nach der Niederlage seines Sohnes Walter, der Bischof von Straßburg geworden war, bei Hausbergen im Elsaß und vererbte es 1277 an seine Enkel.

Das alles macht die Rolle Heilikas als Erbtochter des Mahlberger Grafengeschlechtes unwahrscheinlich. Die Bedenken dagegen finden eine Bestätigung in der im allgemeinen recht zuverlässigen "Geschichte der Mortenau" von Ph. Ruppert (Achern 1882). Er bestreitet, daß eine Grafschaft Mahlberg oder ein gräfliches Geschlecht von Mahlberg um jene Zeit nachzuweisen sei. Und er wendet sich gegen Reinhards Argumente. Er hält den in der Urkunde Friedrichs II. für das Kloster Tennenbach genannten Mahlberger für einen Ministerialen, die Cuno usw. von Mahlberg, Maelberg, Mailberg in den anderen Urkunden aber für niederrheinische Adelige.

Bezüglich Merbotos von Mahlberg betont Ruppert nachdrücklich, daß nichts weiteres als der Name aus den Urkunden zu erfahren und nicht ersichtlich sei, daß er der Mortenau angehört habe - "wenn aber, so führte er die Benennung von Malberg nur als Vogt dieser Stadt".

Ruppert geht auch auf das von Reinhard als Beweis aufgeführte Wappen in der Stiftskirche ein. Hier habe sich Reinhard geirrt. Was er für das Mahlbergische Wappen halte - den aufrechtstehenden Löwen im geränderten Schild mit Helm und Schwanenhals -, sei "nichts anderes als das alte Wappen der Lichtenberger". Ruppert weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß freilich spätere Geroldsecker mit Lichtenbergerinnen verheiratet waren. Und er kommt zu dem Schluß: "Es läßt sich darum mit Sicherheit annehmen, daß Walters Gemahlin keine Erbtochter von Malberg war und diese Stadt und Veste nicht durch sie an Geroldseck gelangte."

Beweise liegen nicht vor

Darüber hinaus macht Ruppert darauf aufmerksam, daß Heilika, die Gemahlin Walters I., auch schon als Tochter des Grafen Berthold II. von Sulz (und zwar in Schwaben) bezeichnet wurde. Er hält das aber ebensowenig für bewiesen wie die Mahlberger Herkunft. Endlich habe man eine von Papst Innozenz IV. im Jahre 1254 erteilte Heiratsdispens für einen Edlen Walter von Eschibach mit Kunigunde von Sulz schon auf Weiter von Geroldseck bezogen. Auch dahinter setzt Ruppert ein Fragezeichen.

Das sollte einmal dargelegt werden, um zur Vorsicht bezüglich der Herkunft der Gemahlin Walters I. von Geroldseck zu raten. Es besteht keine unbestreitbare Sicherheit, daß Heilika von Mahlberg stammte, und es ist zweifelhaft, ja ziemlich unwahrscheinlich, daß sie die Erbtochter eines dortigen Dynastengeschlechts war. Dieser Befund aber verbietet es, auf so unsicherer Grundlage allerlei zu folgern, wie das immer wieder geschieht. Die Chronik des Matheus Marschalk von Piberhach und Pappenhaim ist als im Stil der Zeit zur höheren Ehre und zum Ruhme der Geroldsecker verfaßte Familiengeschichte eine recht anfechtbare Quelle, die Argumente Reinhards und sonstige Vermutungen sind nicht zwingend.

So gerne wir mehr wüßten, müssen wir uns mit dem begnügen, was die Urkunden von 1252 und 1259 aussagen, solange kein weiteres einwandfreies Material zur Verfügung steht.