Die Pfarrkirche St. Jakobus zu Grafenhausen


Hummel, Johannes: Die Pfarrkirche St. Jakobus zu Grafenhausen - Geroldsecker Land, Heft 15 - 1973, S. 200 - 209

Wer zwischen Rhein und Schwarzwald nach Norden oder Süden fährt, sieht weithin die Pfarrkirche von Grafenhausen emporragen. Als mächtiges Schiff erhebt sie sich inmitten der Dorfgemeinde. Der schlanke Turm weist nach Süden, Bug und Spitze eines Langhauses mit hohem Satteldach. Das Gotteshaus entstand in der Nachzeit des Barock, der als einheitlicher Kunststil Europa von 1600 bis 1750 beherrschte.

Seinen besonderen Ausdruck fand der Barock in einer dekorativen Architektur: der Raum verharrt nicht in statischer Majestät wie etwa im Klassizismus, sondern entfaltet sich in schwungvoller Bewegung zu einer großen Einheit, Abbild der alles durchdringenden Weltordnung, die zugleich von der Macht des Geistigen durchglüht und erhöht wird. Architekturmalerei weitet den Kirchenraum zur realistischen Vision des Himmels aus.

Da die Pfarrkirche von Grafenhausen erst aus der Folgezeit des Barock stammt, gestalten auch klassizistische Elemente das Gotteshaus. Im Gegensatz zum Barock bevorzugt die klassizistische Baukunst einfache, antike Grundformen und eine klare Flächengliederung. Die sparsamen Ornamente sind aus der klassischen Antike übernommen: Mäanderband, stilisierte Laubkränze, Vasen, Lorbeerblätter. Kühl und zurückhaltend bleiben auch die Farben. Nur wenige Pastelltöne unterbrechen einen weißen Hintergrund. Vertritt der Barock eine überströmende Lebensfreude, die in lebendiger Bewegung den Menschen emporträgt, so bleibt die Grundhaltung des Klassizismus eher puristisch, auf Distanz bedacht und von schlichter Klarheit.

Der Außenbau mit Glockenturm und Fassade

Von Anton Hirschbühl 1787 / 89 erbaut, zählt die Pfarrkirche St. Jakobus zu den Bauten der berühmten Vorarlberger Barockschule. Unverkennbar ist der Einfluß Peter Thumbs, der die Kirchen in Birnau, St. Peter, Waldkirch und Ettenheimmünster schuf. Auch die Kirche von Grafenhausen verrät die Handschrift des großen Meisters. Die Fassade mit Glockenturm und Hauptportal gliedern Lisenen und Gurten. Zwei Rundbogenfenster und kleine barocke Rundfenster unterbrechen die Seitenwände und den leicht geschwungenen Giebel. Die mächtigen Turmmauern ragen im Unterbau zu drei Vierteln in die Kirche hinein und stehen daher außen nur wenig vor. Das Gesims des Langhauses ist am Turm weitergeführt und teilt den Bau zu einem Drittel ab. Eine Klangarkade durchbricht im zweiten Drittel den Giebel und verweist auf die dahinter liegende Orgelempore. Darüber erhebt sich, wieder durch ein Sandsteinband abgesetzt, der Glockenstuhl als quadratische Weiterführung des Unterbaus mit abgeschrägten Kanten. Der dem Grundriß des Glockenstuhls folgende Helm, eine schlanke, achtseitige Pyramide, war ursprünglich als Zwiebeldach geplant. Der Turm wurde aber 1789 nur bis zur Höhe über dem Glockenstuhl errichtet, das schiefergedeckte Steildach stammt aus späteren Jahren. Seine Spitze krönt eine feuervergoldete Kugel mit dem Doppelkreuz.

Pfarrkirche St Jakobus in Grafenhausen Aufn  Arthur Strebler
Pfarrkirche St. Jakobus in Grafenhausen - Aufn. Arthur Strebler

Zwei Pilaster mit korinthischen Halbsäulen flankieren das Hauptportal im unteren Turmdrittel. Sie gipfeln in einem Rundbogen, dessen Schlußstein die Jahreszahl 1789 trägt. Das Oberlicht des Portals füllt ein Ornamentwerk aus schmiedeeisernen Ästen, Blättern und Blüten. Über einem Zwischengesims ruht eine Nische. In ihr steht die Sandsteinplastik der Madonna als Schlangenzertreterin.

Eindeutig klassizistischen Ursprungs sind die bekränzten Vasen zu beiden Seiten der Nische. Auch die Einfassung des Giebels wurde im neuen Stil gestaltet: die Enden der Sandsteinbogen laufen jeweils als Mäanderband in Sockel aus, die stilisierte Vasen tragen.

Das fünfachsige Langhaus, dessen Außenwände Lisenen paarweise unterteilen, setzt sich in der sechsten Achse leicht ab. Es mündet in die halbrunde Apsis des Hochaltars, die, ebenfalls durch Lisenen gegliedert, seitlich gleich hohe Rundbogenfenster aufweist wie das Kirchenschiff. Gegen Osten ist vor die sechste Achse die Sakristei gesetzt, deren heutige Form vermutlich aus jüngerer Zeit stammt.

Das Kircheninnere

Beim Betreten des Innenraums überrascht die ungewöhnliche Weite. Hohe Wände reflektieren das Licht ungebrochen und geben dem Raum eine Atmosphäre strahlender Helligkeit. Das Kirchenschiff ist der Länge nach flach überwölbt und mit Stichkappen über Fenstern und Altären seitlich abgestützt. Pilasterpaare mit korinthischen Kapitellen teilen das Langhaus in fünf Joche. Kräftig profilierte Gesimse, die je zwei Vasen tragen, betonen die Gewölbeansätze. Zur Bildung des um drei Stufen erhöhten Chores sind bei den letzten zwei Jochen die Wände auf die Breite der Apsis eingezogen und wie im Langhaus gegliedert. In die erste Vierung über dem Hauptportal fügt sich die Orgelempore. Überraschend reich und vielfältig sind die Stuckarbeiten, die Seitenwände und Decke der Kirche gestalten. Um den ganzen Innenraum spinnt sich ein Netz zarter Blüten und schwungvoller Barockornamente. Blumengirlanden und Rocaillen aus Akanthusblattern ranken sich über die Rundbogenfenster und wiederholen sich unter den Gesimsen. Die flachen Wandpfeiler schmücken Stuckkartuschen mit je einem Kreuz. Selten in Barockkirchen und daher umso kostbarer ist der Schmuck des Gewölbes und der Stichkappen. An Stelle der üblichen Fresken beleben Stuckreliefs die Decke, thematisch hingeordnet auf den Grundgedanken barocker Frömmigkeit: die Verehrung der heiligen Eucharistie. Das Flachrelief über der Orgel zeigt die Offenbarung des Gottesnamens. Über einem Kelch erscheint in hebräischer Schrift der Name Jahwes. Das Langhaus überwölbt ein großes Stuckrelief mit Kreuz, Anker und den Gesetzestafeln des Mose. Vor dem Chor verweist ein drittes Bild auf die heilige Eucharistie. Über dem Altarraum thront in einer Wolke das Lamm auf dem siebenfach versiegelten Buch. Als Meister dieser Arbeiten wird der Kunstmaler Leopold Rauch aus Mengen in Schwaben genannt.

Zartgetönte Reliefs in den einzelnen Stichkappen, die fast wie ornamentale Stuckmalereien anmuten, nehmen den Grundgedanken der Deckenbilder auf und führen ihn fort. Auf leichten Blätterranken gruppieren sich um den Hochaltar die Symbole der heiligen Eucharistie: Aspergill und Meßkännchen, Kelch, Weihrauchfaß und Lunula, schließlich Garbe und Sichel, das Zeichen des Brotes. Die beiden letzten Stichkappen des Altarraums tragen die Symbole des Petrusamtes, Tiara und dreifaches Kreuz, und die Symbole des Bischofsamtes, Mitra und Krummstab. Im Kirchenschiff unmittelbar vor der ehemaligen Chorschranke sind die Zeichen des Priesterdienstes dargestellt: Kasel, Stola und Monstranz, ihnen gegenüber Kelch, Ciborium und Kerzenleuchter. Beiderseits über dem Gestühl des Langhauses folgen die Bilder dem Leidensweg des Herrn. Sie zeigen die einzelnen Marterwerkzeuge von der Geißelsäule bis zur Leiter der Kreuzbesteigung und der Lanze.

Altar Aufn  Arthur Strebler
Hochaltar - Aufn. Arthur Strebler

Die Gewölbeansätze zwischen den Stichkappen beleben Rocaillen, Muschelornamente und stilisierte Blätter. Blumengirlanden in hellen Farben vollenden die dynamische Bewegung. Strahlende Lebensfreude, heitere Blüten und die Passion Christi - scheinbar unvereinbare Gegensätze weiß der Barock beschlossen im lebendigen Dasein einer göttlichen Ordnung in dieser Welt. Obgleich in klassizistischer Klarheit gegliedert, schmücken auch die Orgelbrüstung zartbunte Gipsreliefs. Jedes Segment zeigt in einfachem Stuckrahmen alte Musikinstrumente: Da gibt es Flöte, Waldhorn, Schalmei und Posaune, Mandoline, Laute, Mundorgel und Dudelsackpfeife, Tamburin, Pauke und Violine beschließen den klingenden Reigen.

Taufstein von 1688
Taufstein von 1688 - Aufn. Arthur Strebler

Die Kanzel Aufn  Arthur Strebler
Die Kanzel - Aufn. Arthur Strebler

Altäre und Bilder

In diesen lichtdurchfluteten Raum voller Leben und Bewegung fügen sich drei Altäre. Die Rückwand der Apsis nimmt das Retabel des rot-violett marmorierten Hochaltars ein. "Vom Tabernakel und dem Hochaltar, der Opferstätte, aus erhält die gesamte Kirchenanlage des Barock Richtung und Ziel", schreibt Hugo Schnell. Der Kampf um die Eucharistie zur Zeit der Gegenreformation weckte das Verlangen, den Tabernakel zum zentralen Mittelpunkt der Kirche zu machen. Der rokokohafte Tabernakelaufbau trägt - eine plastische Wiederholung des Deckenreliefs - das Buch mit den sieben Siegeln, das Lamm und das Kreuz. Zwischen den Säulen des Retabels treten rechts und links die Plastiken der Apostel Petrus und Paulus hervor. Als Finale bildet das Hochaltargemälde den feierlicher Abschluß der Decken- und Stichkappenreliefs: die Kreuztragung Jesu. Die Bildmitte beherrscht die Gestalt des leidenden Gottesknechts. Zur Linken schlägt seine Mutter Maria weinend die Hände vors Gesicht. Jesus selbst wendet sich nach rechts, den wehklagenden Frauen von Jerusalem zu, die den Vordergrund des Gemäldes einnehmen.

Die Nebenaltäre des Langhauses, blau-grau marmoriert, stehen leicht schräg dem Volk zugewandt. Das Bild des rechten Seitenaltars führt das Thema des Hochaltars fort. Die heilige Helena, Mutter des ersten christlichen Kaisers Konstantin, steht auf dem Golgothaberg, die wiedergefundene Reliquie des heiligen Kreuzes in der Hand. Darüber die Inschrift: ergo evacuatum est scandalum crucis aus Gal. 5, 11: "Nun ist das Ärgernis des Kreuzes aus der Welt geschafft." Eine kleine Bildtafel darüber zeigt die Kreuzabnahme. Der Leichnam Jesu wird seiner Mutter in den Schoß gelegt. Goldverzierte Plastiken der Heiligen Barbara und Nepomuk stehen vor der Altarrückwand. Sie werden als Nothelferin gegen Gewitter und plötzlichen Tod verehrt und als Patron bei Hochwassergefahr. Das Bild des Marienaltars zeichnet diesen als Altar der Rosenkranz- und Skapulierbruderschaft aus. Um Maria mit dem Kind schwebt eine Schar Engel. Zu ihr aufblickend kniet Dominikus, dessen Attribut der Hund mit einer brennenden Kerze ist. Er erinnert an einen Traum seiner Mutter, wonach sie einen kleinen Hund mit brennender Fackel im Maul gebären solle, der die ganze Welt erleuchten und entflammen werde. Eine Schrifttafel zitiert Joh. 19, 27: ecce mater tua - "Siehe deine Mutter". Das kleine Schlußgemälde läßt die Eltern der Gottesmutter, Joachim und Anna, erkennen. Im Vordergrund hält Maria ihrer Mutter die Schrift entgegen. Auch hier, am Marienaltar, auf der früheren "Frauenseite" der Kirche, flankieren goldverzierte barocke Plastiken den Altaraufbau. Gegenüber der heiligen Agatha, Helferin bei Feuersbrünsten, steht der heilige Antonius. Er gilt als Patron der Ehe, der Frauen und der Bräute und wird auch bei verlorenen Sachen um Hilfe angerufen.

Kanzel, Beichtstühle und Kirchengestühl

Die wiederum rot-violett marmorierte Kanzel, Gegenpol und Pendant des Hochaltars, erhebt sich an der linken Langhausseite über zwei Pfeilern. Goldene Verzierungen schmücken die Rückwand, den Kanzelkorb und die Brüstung der Treppe. Den Kanzeldeckel krönt eine Plastik des Christus Salvator, die Weltkugel in der Hand.

Einbezogen in die Konzeption der gesamten Innenaustattung, sind die Beichtstühle unter den ersten vier Fenstern der Langhausmauern eingelassen. Die geschnitzten Eichenfassaden kragen in der Mitte leicht vor. Von vier Pfeilern getragene Gesimse umschließen ovale Ölbilder, deren Darstellungen sich auf die Buße beziehen. Auf den Segmentgiebeln sitzen elegante Barockschnitzereien, Rosenblüten bekränzen den Rundbogen der Mitteltür.

Die Wangen des Langhausgestühls gleichen großzügig geschwungenen Rocaillen. Sie wiederholen die Bewegung der Stuckornamente in kräftigen Linien und finden ihre Ergänzung im holzgeschnitzten Chorgestühl.

Taufstein und Weihwasserbecken stammen noch aus der früheren Kirche. Der Taufstein ist in rotem Sandstein einfach gearbeitet und trägt die Jahreszahl 1688. Das ovale Weihwasserbecken mit schlichten Blattreliefs nennt die Jahreszahl 1765.

Weihwasserbecken Aufn  Arthur Strebler
Weihwasserbecken - Aufn. Arthur Strebler

Obwohl die Pfarrkirche St. Jakobus schon 1787 / 89 erbaut wurde, sind die Altarbilder erst in den Jahren 1854 - 57 entstanden. Wilhelm Dürr, Hofmaler aus Freiburg, schuf zunächst das Gemälde des Hochaltars und nach einigen Jahren auch die Tafeln der Langhausaltäre. Nach langen Verhandlungen über den Preis und die zu wählenden Motive ersetzten sie ehemalige "... Zerrbilder auf den Altären der sonst so schönen Pfarrkirche ...", wie ein Bericht aus dem Jahr 1832 die vorherigen Gemälde nennt.

Auch die Innendekoration erfuhr im Lauf der Jahre geringfügige Änderungen. Die Schäden, die im Zweiten Weltkrieg entstanden waren, machten zu Anfang der 50er Jahre eine umfassende Renovierung notwendig. Nachdem der Steilhelm des Turms und das Dach des Langhauses wiederhergestellt waren, begann 1951 die Erneuerung des Innenraums. Wohl aus finanziellen Gründen wurden die Stuckornamente in Gewölbe und Stichkappen nicht wie ursprünglich mit Gold verziert, sondern in Pastellfarben leicht betont. An Stelle der buntgemalten Fenster wurde nur schwach getöntes Glas in rechteckigen Verbleiungen eingesetzt. So dringt das Licht kaum gebrochen ein und gibt dem Raum eine unerwartete Weite.

Die wertvolle Kirchenorgel ist ein Werk der Silbermannschule Straßburg aus den Jahren 1790 / 92. Als nahezu originale Spätbarockorgel und Erstlingswerk des Orgelbauers Blasius Schaxel, deren sämtliche Register erhalten geblieben sind, hat sie heute eine beachtliche kunsthistorische Bedeutung. Ihre Herkunft war selbst in Fachkreisen bis vor kurzem noch unbekannt.

Die Glocken der Kirche haben ihre eigene Geschichte. Die große und älteste Glocke stammt noch aus dem ehemaligen Kloster Ettenheimmünster. Sie trägt die Aufschrift: In Honorem B. M. Mariae Assumptae Et S. Landelini M. Me Confiât Curavit - Rmus Dnus Augustinus Divi Ettonis Abbas - Matthaeus Edel Zu Strasburg Gos Mich 1763 - Jesus Judaeorum Nazarenus Rex. Während im Ersten Weltkrieg die drei kleineren Glocken für Kriegszwecke verwendet wurden, blieb die Marienglocke im Turm. 1924 stiftete die Gemeinde Grafenhausen drei neue Glocken. Sie waren dem heiligen Jakobus geweiht, dem Patron der Pfarrkirche, dem heiligen Josef, Patron der Sterbenden, und der Unbefleckten Empfängnis. Doch auch dieses Geläut blieb nicht lange erhalten. Im Zweiten Weltkrieg wurden alle drei größeren Glocken abgeholt und nur die kleine Marienglocke zurückgelassen. Diesmal glaubte man, auch die große, älteste Glocke nicht entbehren zu können, die 1917 wegen ihres Kunstwertes verschont worden war. Zur Freude der ganzen Gemeinde kehrte sie nach Kriegsende wieder zurück, und bald sollten zwei neue Glocken das Geläut vervollständigen. Diese tragen die Bilder des heiligen Jakobus und der Muttergottes. Sie wurden 1950 in der Pfarrkirche geweiht und in Dienst genommen.

Die Neugestaltung des Innenraums 1971 / 72

Nachdem in den Nachkriegsjahren die Innendekoration in ihrer barocken Schönheit wiederhergestellt war, bedurfte nun auch die Ausstattung dringend der Erneuerung. Der alte Sandsteinboden war ausgetreten und uneinheitlich, Risse und Sprünge bildeten eine ständige Stolpergefahr. Die unbequemen Kirchenbänke waren morsch und brüchig, ganz abgesehen von den Klagen der Damen, die sie als Laufmaschenfallen bezeichneten. Auch der Gestühlsboden verfaulte teilweise und brach. Obwohl künstlerisch durchaus wertvoll, entsprach doch der Hochaltar nicht mehr den Anforderungen des Gottesdienstes, dessen Sinn und Mitte, die Feier des eucharistischen Opfers, einen unmittelbaren Kontakt von Priester und Gemeinde verlangt. Die Einrichtung der Sakristei war veraltet, und die morschen Emporetreppen gefährdeten mehr und mehr die Sänger. In wochenlanger Eigenarbeit stellten sich Mitglieder der Gemeinde mit Werkzeugen und den notwendigen Maschinen unentgeltlich zur Verfügung, um bei der Erneuerung ihrer Pfarrkirche mitzuhelfen. Die alten Sandsteinplatten sind einem hellen Boden aus Juramarmor gewichen, der in Langhaus und Chor mit den pastellfarbenen Wänden eine harmonische Einheit bildet. Form und Profilschnitt der Treppen zum Altarraum und der Altarstufen blieben dabei nach dem ursprünglichen Vorbild erhalten.

An Stelle der altersschwachen Kirchenbänke fügt sich über einem Parkettboden ein bequemes Gestühl aus astfreier Eiche zwischen die erhaltenen Stirnseiten der ehemaligen Bestuhlung. Die elegant geschwungenen barocken Wangen wurden von ihrem dunklen Farbanstrich befreit und vertiefen in der ursprünglichen Schönheit heller Eiche den lichten Charakter des Gotteshauses. Das Chorgestühl zu beiden Seiten des Altarraums, ebenfalls sachkundig behandelt, zeigt die originale Feinheit seiner Holzschnitzereien und Intarsien.

Wer die Beichtstühle vor der Renovation gesehen hatte, mochte kaum geahnt haben, welche Pracht ein dunkelbrauner Anstrich verbarg. Die naturfarbene Eiche entfaltet einen vielfältigen Schmuck von handgeschnitzten Rosenblüten, Akanthusblättern und Rocaillen. Zwei der vier ehemals offenen Beichtstühle sind unter ihrer malerischen Form zu komplett schalldichten Anlagen geworden. Einfache Veloursvorhänge in der Farbe des Holzes vervollständigen die Erneuerung. Auch die Sakristei, mit einem warmen Parkettboden und hohen Einbauschränken ausgestattet, wurde zu einem zweckmäßigen Raum, der seine Aufgabe voll erfüllt. Die neuen Emporetreppen mit je zwei Podesten sind wie das Gestühl aus Eiche gearbeitet und haben furnierte Brüstungen. Das Eichenportal, abgelaugt und mit farblosem Lack überzogen, zeigt den schlichten Schmuck seiner handgeschnitzten Voluten und Bänder. Ein neuer Windfang mit zwei Pendeltüren aus Ganzglas und handgeschmiedeten Bronzegriffen führt ins Kircheninnere.

Orgel von Blasius Schaxel 1765 1843 in Herbolzheim Aufn  Arthur Strebler
Werk des Klavier- und Orgelbauers Blasius Schaxel (1765-1843) in Herbolzheim - Aufn. Arthur Strebler

Der neue Zelebrationsaltar

Was den Blick des Eintretenden dort zuerst an sich zieht und fesselt, ist nicht die Pracht einer stilechten Barockkirche, nicht die beschwingte Freude reichen Stuckwerkes, sondern der neue Zelebrationsaltar. Von innen her leuchtend erhebt er sich über den drei Stufen des Chorraumes, gleichsam in sich selbst ruhend und doch von dynamischer Strahlkraft, die alle Sinne konzentriert und festhält.

Krippe in der Marienkapelle
Krippe in der Marienkapelle auf dem Schönberg Gestaltet von Trud und Erich Honickel - Aufnahme: Arthur Strebler, Lahr - Reproduktion: Reprographia, Lahr

"Die Gemeinschaft der Kirchengemeinde", nannte der Freiburger Kunstschmiedemeister Erich Schwarz sein Werk, und er hat dieses Thema treffend verwirklicht. Es ist ja viel schwieriger, für eine stilechte Kirche vergangener Jahrhunderte einen Volksaltar zu schaffen, der unserem heutigen Denken und Empfinden entspricht, als ihn in eine neue Kirche einzuplanen. Diese Aufgabe wurde in Grafenhausen sehr gut gelöst. Von zurückhaltender Schönheit und zugleich strahlender Mittelpunkt des Gotteshauses, fügt sich der Altar organisch in den Raum.

Grundstein Aufn  Arthur Strebler
Grundstein - Aufn. Arthur Strebler

Die schwere Marmorplatte aus elfenbeinfarbenem Kristalline ruht über einem Unterbau einzelner Bronzeelemente, der sich nach unten leicht verjüngt. Diese zahlreichen, handgeschmiedeten Bronzeteile, einzeln kaum 30 cm hoch, bilden zusammen eine lebendige Einheit. Im Innern von dunkler Patina überzogen und außen leicht anpoliert, scheint ein verhaltenes Funkeln aus dem bewegten Gitterwerk zu brechen. Zurückhaltender und kaum angedeutet wiederholen die Schmalseiten der marmornen Tischplatte diese Bewegung. Aus kostbarem Material bewußt schlicht gestaltet, ist der neue Zelebrationsaltar zum einzig denkbaren Mittelpunkt der Kirche geworden: Tisch des Herrn, um den sich die Gemeinde versammelt.

Wer heute auf die Grafenhausener Pfarrkirche zugeht, ahnt nicht, welche Schönheit eine schlichte Fassade verbirgt. Obgleich ein original spätbarockes Bauwerk, bietet der Raum doch mehr als kunsthistorische Kostbarkeiten. Die Kirche ist im Zuge der letzten Erneuerung das geworden, was ihre ureigentliche Bestimmung war und immer sein soll: ein lichtes Gotteshaus für die Gemeinde und ein würdiger Raum zur Feier der heiligen Eucharistie.

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