Das Heidenhaus von Hermann Schilli - Die Ortenau 1937, S. 44 ff.

Unter all den Häusern unserer Heimat ist zweifellos am ältesten und auch interessantesten das sogenannte Heidenhaus. Es ist dies ein Haus, das dem aufmerksamen Beobachter beim Wandern durch den mittleren Hochschwarzwald durch seine eigenartige Erscheinung auffällt (Abb. 1). Aber auch die Einheimischen vermerken dieses Haus ob seiner besonderen Artung und gaben ihm die Bezeichnung "Heidenhaus". Mit diesem Namen will der Volksmund einmal die Andersartigkeit und zum andern das hohe Alter dieser Häuser kennzeichnen, womit er in beiden Fällen das Richtige trifft.

Wie wir auch anderweitig beobachten können, werden vom Volksmunde vorgeschichtliche Reste und sehr weit zurückgehende Erinnerungen mit dem Bestimmungswort "Heiden" angesprochen. Wir haben es dabei nicht nur mit einer volkstümlichen Zeitbezeichnung zu tun, sondern das Volk will dabei auch das Anderssein zum Ausdruck bringen. So dürfen wir immer bei Wortverbindungen mit dem Bestimmungswort Heiden wie Heidenwall, Heidenacker, Heidenbühl usw. auf irgendeine vorgeschichtliche Verknüpfung schließen, und unser "Heidenhaus" macht hierin keine Ausnahme.

Und in der Tat, wenn man diese Heidenhäuser unbefangen auf sich wirken läßt, so hat man auch tatsächlich das Empfinden, als ob diese Bauten aus grauer Vorzeit, also der Heidenzeit, in die Jetztzeit hineinragen würden. Mit dem großen, teilweise bis auf den Boden herabgezogenen Dach, an den Hang sich duckend, den Wohnteil hinten am Berg und immer auf der geschütztesten Seite, die Stallungen nach vorn, so daß dem Beschauer nur das mächtige, silbergraue Schindeldach und die untersten Teile der Stallwand entgegenblicken (Abb. 2 u. 17), machen diese Höfe zunächst einen abweisenden, unfreundlichen, wenn auch monumentalen Eindruck. Beim Nähertreten wird dieser Eindruck durch das stark angeräucherte und teilweise verwitterte Holz, den einfachen, jeden Schmuckes entbehrenden Blockwänden den kleinen Fenstern und der niederen Bauweise noch verstärkt, um dann beim Betreten der niederen Stube, der schwarzen Küche mit der Rauchhöhle in die Gewißheit überzugehen, es hier mit den ältesten Häusern unseres Schwarzwaldes zu tun zu haben. 

Abb.1. Barthelbauernhof in Schwarzenbach / Schönwald. Erbaut 1610.
Abb.1. Barthelbauernhof in Schwarzenbach / Schönwald. Erbaut 1610.

Ein Blick auf einen der Büge(1) neben der unteren Haustüre oder der Außentür zum Gang auf der Außenseite des Hauses läßt uns dann auch meist eine Jahreszahl aus dem 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts entziffern. Hierbei mag als Merkwürdigkeit vermerkt werden, daß die Häuser aus der Zeit des Beginnes des 16. Jahrhunderts nur römische, zu Ende des 16. Jahrhunderts römische und arabische und im 17. Jahrhundert nur arabische Ziffern tragen. Zugleich beachten wir auf diesen Bügen - es sind dies die schräg gestellten Hölzer, welche die vorspringenden Balken unterstützen - in reicher Zahl und im Gegensatz zu den übrigen Häusern, in werkgerechter Art, in Kerbschnitt oder mit Ochsenblut ausgemalt, Heilszeichen und Sinnbilder einer entschwundenen Welt, wie Sechssterne, Fünfsterne, Sonnenwirbel, Hakenkreuze und Lebensbäume. Gerade die letzteren, Sonnenwirbel und Hakenkreuze in Verbindung mit dem Lebensbaum und der Lebensblume, sind sehr häufig. Wenn der Bauer mit seinen Knechten im Spätherbst aus der Tenne drosch, in Zeiten, in denen draußen bereits der Schnee lag, mögen diese Zeichen, in die Tennwand eingegraben(2), ein Sinnbild der erfreuenden Gewißheit gewesen sein, daß auf jeden Winter, mag er noch so hart und lang sein, ein Sommer mit Licht und Wärme folgt.

Diese Höfe, die in der Mehrzahl um die Mitte und das Ende des 16. Jahrhunderts errichtet wurden, traten zu diesem Zeitpunkt, wenn wir die Lebensdauer eines derartigen Hauses auf 500 bis 600 Jahre veranschlagen, an die Stelle der inzwischen altersschwach, das heißt baufällig gewordenen Häuser der gleichen Art, die bereits im 9. und 10. Jahrhundert erstellt worden waren.



Abb. 2. Rainertonihof in Schwarzenbach / Schönwald. Erbaut 1626
Abb. 2. Rainertonihof in Schwarzenbach / Schönwald. Erbaut 1626.

Also rein zeitlich gesehen, stammen diese Häuser aus einer Zeit, in der die eindringenden Germanen noch nicht in diese für die damalige Zeit sehr unwirtlichen und abgelegenen Gebiete vorgedrungen waren. Die Erstbesiedlung gerade der Gebiete, in denen wir die Heidenhäuser noch in ihrer ältesten Form antreffen, durch die Alemannen erfolgt wohl erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts durch das Kloster St. Georgen. Wenn wir weiter bedenken, daß es keinen Stand gibt, der bei gleichbleibendem Blute zäher an der gewohnten Lebenshaltung und den einmal entwickelten Formen festhält als den Bauern, die Arbeitsbedingungen und damit die Arbeitsweisen sich im Schwarzwalde kaum wesentlich verändert haben dürften, und wenn wir ferner die Vorbilder dieser Häuser, wie oben angeführt, bereits im 9. und 10. Jahrhundert hier antreffen, so dürfen wir in der heutigen Gestalt dieser Häuser ein Bild sehen von der Wohnweise im 1. Jahrtausend unserer Zeitrechnung, also der vorgermanischen Bevölkerung.

Eine weitere Stütze findet diese Erklärung der eigenartigen Bauweise dieser Häuser noch in der Arbeit von Karl Schulte, der in der Zeitschrift für die "Geschichte des Oberrheins", Band 4, Heft 3, gerade im Gebiete unserer Ortenau Reste einer romanisierten vorgermanischen Bevölkerung nachgewiesen hat. Die Untersuchung der Bauweise der Häuser unserer Ortenau gibt uns nun weitere Beweisstücke zur Stützung der Untersuchungen Schultes, wie auch umgekehrt die Arbeit Schultes das vereinzelte Auftreten der Bauart des Heidenhofes im Bereiche des Kinzigtales einfach und ungezwungen erklärt. Wenn man auch heute die Keltomanie des letzten Jahrhunderts mit Recht belächelt und als unwissenschaftlich ablehnt, so darf man doch nicht in das Gegenteil verfallen und das Vorhandensein einer romanisierten vorgermanischen Restbevölkerung die Trägerin und Ubermittlerin eines vollständig neuen Baugedankens gewesen sein könnte, den wir nachher bei der Beschreibung des Heidenhauses näher kennen lernen werden, einfach ausschließen.

abb 03
Abb. 3. Querschnitt eines ortenauer Schwarzwaldhauses.
abb 03
Abb. 4. Querschnitt eines Heidenhauses.

Ich werde nachher bei der Schilderung dieser Häuser und ihrer Verbreitungsgebiete noch näher auf diese Frage eingehen, die geeignet zu sein scheint, die kulturelle Überlegenheit des oberdeutschen, unterteilten Zweifeuerhauses über die übrigen deutschen Hausarten zu klären.

Wie bereits mehrfach angedeutet, ist nicht nur die äußere Erscheinung, sondern auch der bauliche Aufbau ganz verschieden von dem der übrigen Schwarzwaldhäuser. Dieser Aufbau dürfte daher für die Erforschung der Herkunft und der heutigen Form der Bauernhäuser unserer Gegend von ganz besonderem Wert sein. Bekamen wir bereits beim Betrachten des Hauses von außen den Eindruck, es mit einem Dachhause zu tun zu haben (Abb. 2), so wird dieser Eindruck nunmehr beim Betreten dieses Hauses durch den konstruktiven Aufbau bestätigt. Tatsächlich ist dieses Haus aus dem Dach, dessen Unterstützung der ganze Aufbau dient, hervorgegangen. Die Unterstützung des Daches erfolgt durch einen langen Balken unter dem First, der Firstpfette, die von Pfosten, Hochsäulen genannt, getragen wird. Dieser an und für sich sehr einfache Ausbau erinnert an die Art, in der einfache Waldhütten oder Zelte gebaut werden. Die Hochsäulen mit je zwei weiteren Ständern, die unter sich durch angeblattete Quer- und Längshölzer miteinander verbunden sind, bilden das Traggerüst und damit den wichtigsten Bauteil des Hauses (Abb. 4 und 9).

Im Gegensatz hierzu hat das ortenauer Schwarzwaldhaus eine ganz andere Entwicklung genommen. Dort sahen wir die Entwicklung des Dachwerkes aus dem einfachen Gespärre hervorgehen (siehe Heft 23 der "Ortenau": "Bauernhäuser der Ortenau"). 

Abb. 5. Erdgeschoßgrundriß des Schwarzbauernhofes (Schnitt E - F). Erbaut 1580. Katzensteig / Furtwangen
Abb. 5. Erdgeschoßgrundriß des Schwarzbauernhofes (Schnitt E - F). Erbaut 1580. Katzensteig / Furtwangen
1 und 3 Stallungen, 2 Futtergang, 4 Hausgang, 5 Wohnstube, 6 Stube (Altenteil), 7 Vorplatz, 8 Küche.


Zum besseren Verständnis betrachte man den Schnitt durch ein Schwarzwaldhaus kinzigtäler Art (Abb. 3 und 4). Auch dem Laien dürfte der grundsätzlich anders gestaltete Aufbau auffallen. Wir haben es also beim Betrachten der Bauernhäuser des mittleren Schwarzwaldes mit zwei ganz verschiedenen Urformen zu tun, von denen das eine, das "Heidenhaus", bodenständig, das andere, das kinzigtäler oder ortenauer Schwarzwaldhaus, wie ich es nennen möchte, zugewandert ist. Selbstverständlich haben sich beide Häuser gegenseitig beeinflußt und eine Reihe von Zwischenformen ermöglicht, über die mal zu anderer Zeit an diesem Ort geschrieben werden soll.

Abb. 6. Obergeschoßgrundriß des Schwarbauernhofes. Schnitt G - H (1:200)
Abb.6. Obergeschoßgrundriß des Schwarzbauernhofes. Schnitt G - H (1:200). 1 Gang (Zugang zu den Kammern 2, 3, 4),
2, 3, 4 Kammern für das Gesinde (Kammerwalmen), 5 Gang, 6, 7 Schlafkammern, 8 Heuboden, 9 Küche, 10 Vorratsraum (unbelichtet),
11 alte Dreschtenne, die heute nicht mehr benutzt wird; die jetzige befindet sich bei 8. (Vergl. Längsschnitt)

Als konstruktive Merkwürdigkeit mag noch vermerkt werden, daß in den Heidenhäusern die Büge nie unter 45 Grad gestellt werden, sondern in der Regel unter einem Winkel von annähernd 60 Grad, der im Mittelalter üblichen Anblattung von Hölzern gegen seitliche Verschiebung (im Längsschnitt, Abb. 7, zu erkennen). Man ging dabei offenbar von dem richtigen Gefühl aus, daß steile Büge mehr tragen. Die hierdurch jedoch verringerte Wirkung gegen Schuh versuchte man wohl durch mehrfaches Zahnen der Anblattungen auszugleichen.

Das Aussehen des Heidenhauses ist durch die oben beschriebene Besonderheit des Aufbaus, wohl einer völkischen Eigentümlichkeit, und durch den Werkstoff bedingt, so sehr man auch geneigt sein möchte, gerade dieses Dachhaus, das sich doch anscheinend vor dem rauhen Klima verkriecht, als das typische Gebirgshaus, welches Wind und Wetter zu trotzen hat, anzusehen. übrigens wird eine solche Annahme noch im gleichen Tal, vielleicht schon von dem Nachbarhaus, über den Haufen geworfen. Vielleicht wenige 100 m von unserm Heidenhof entfernt steht ein höheres, zweistöckiges Haus mit zahlreichen Eckfenstern, Trippel, Krüppelwalm und Streubauten, bei näherem Betrachten auch ein Gebirgshaus, den gleichen Zwecken dienend und doch ganz anders als unser Heidenhaus. Boden und Umwelt allein können demnach nicht diese Häuser gestaltet haben. Auch hier zeigt es sich, daß es immer das Blut ist, welches das Haus zunächst gestaltet und erst dann durch die Umwelteinsflüsse mit der Landschaft in Einklang gebracht hat. Man denke doch nur an Oberbayern, wo unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen das flache Dach entwickelt wurde. Oder wer da glaubt, diese abgelegenen Gegenden hätten den primitiveren Bau beibehalten im Gegensatz zu den vom Leben durchpulsten Tälern, das Heidenhaus wäre vielleicht der Vorläufer des ortenauer Schwarzwaldhauses, der wird durch einen Gang durch eines dieser Häuser dahingehend belehrt, in diesen Häusern ein durchaus eigengeartetes Haus zu sehen, das ursprünglich mit dem ortenauer Schwarzwaldhaus aber auch gar nichts gemein hatte.

Beim Betreten des Heidenhauses fällt uns sofort der quergeteilte Grundriß des Hauses auf, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Grundriß des schleswiger Hauses aufweist(3). Zwei durchgehende Quergänge teilen das Haus in drei Teile, einen Wohnteil und zwei Stallteile (Abb. 5). In manchen Häusern befindet sich neben dem Hausgang, der den Stall vom Wohnteil abtrennt, eine quer durch das Haus und durch die beiden Stockwerke gehende, nicht befahrbare Dreschtenne(4) (Abb. 10 und 11). Der zweite Quergang wird als Futtergang benutzt. Die Stellung der Traggerüste erzwingt, wie wir sehen, eine Erschließung des Hauses von der Traufseite her, die auch ursprünglich im Dachboden fortgesetzt wurde und erst in der späteren Entwicklung der Längserschließung wich. Wohnzimmerdecken und Stalldecken liegen auf einer Höhe. Die Stubendecke ist als Keilbohlendecke ausgebildet. Über dem Wohnteil im Erdgeschoß liegen Kammern für den Bauern, die meistens als Schlafräume benützt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite war bei vielen Häusern ursprünglich die Dreschtenne (Abb. 6). Beim Fehlen dieser Dreschtennenanlage sind hier Böden für Heu, Heuwalmen genannt, die nach oben keinen Abschluß erhalten. Über den Stallungen auf der Wohnseite sind eine Reihe von Kammern für die Mägde und Knechte, der sogenannten Kammerwalmen. 


abb 07
Abb.7. Längsschnitt durch den Schwarzbauernhof (1 :200). 1 Heutige Dreschtenne, 2 "Obede" (Dachraum), 3 Rauchgaden, 4 Einfahrt
(Die abgewalmte Dachfläche über dieser Einfahrt mußte bei der Verlegung der Dreschtenne einem Satteldach mit Giebel weichen),
5 Heuboden, 6 Gang, 7 Küche, 8 and 10 Stallungen, 9 Futtergang, 11 Hausgang, 12 unbelichteter Raum (im Obergeschoßgrundriß 10).

Diese Räume sind durch einen Gang von der Aussenseite des Hauses her betretbar (Abb. 5, 6, 9). Die ursprünglichen Dreschtennen unten im Erdgeschoß des Hauses neben dem Hausgang oder im Obergeschoß auf der Seite über der Küche werden heute nirgends mehr benutzt. Die Dreschtenne liegt heute über der Balkenlage nach kinzigtäler Art und ist von außen befahrbar. Die Anlage der Dreschtenne nach kinzigtäler Art, um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert durchgeführt, also die Erschließung des Dachbodens in der Firstrichtung von den Dachwalmen her, mag die Folge eines stärkeren Zuzugs von Bauern aus dem Kinzigtal sein, denen es gerade in den Jahren, in denen wir das erste Auftreten dieser Anlagen beobachten, selten schlecht ging (Hermann Baier, Wirtschaftsgeschichte der Ortenau, "Ortenau", Heft 16, 241).

Die Küche im Wohnteil des Hauses geht durch die beiden Stockwerke hindurch und wird nach oben durch die Balkenlage gegen den befahrbaren Hauptdach- und Wirtschaftsraum, die "Obede", abgeschlossen. In der Decke selbst befindet sich ein Loch, auf das in der oberen Einfahrt zur Erzielung eines besseren Zuges ein sich nach oben verjüngender Holzkasten, mancherorts Rauchgaden genannt, aufgesetzt wird. Der schwei-

abb 08
Abb.8. Querschnitt A - B durch den Schwarzbauernhof in Höhe der Küche (1 : 200).

zerische Hausforscher Hunziker(5) will in diesem Rauchfang eine burgundische Überlieferung sehen. Hunziker hat dieses Bretterkamin auf schweizer Boden im Raume des ersten burgundischen Reiches festgestellt. Eine Beeinflussung der benachbarten Häuser des Schwarzwaldes, die Hunziker nicht in seine Betrachtung miteinbegriffen hat, wäre schon denkbar, wie auch umgekehrt der alte schweizer Hausbau von hier aus in dieser Richtung angeregt werden konnte. Doch scheint der ganze Aufbau des Hauses und die sich daraus ergebende Erschließung des Hausraumes, wie noch ausgeführt werden wird, weit über die Völkerwanderungszeit hinaus zu weisen. Es mögen daher in diesem Falle die gleichen Blutquellen zu gleichen Lösungen in verschiedenen Räumen und zu verschiedenen Zeiten geführt haben. Vielleicht haben wir es in beiden Fällen mit einer Abart der nordischen Ljore, einer öffnung in der Mitte des Dachrückens des alten nordischen Hauses in Skandinavien(6), zu tun.

So dürfen wir vielleicht auch in dieser Art der Abführung des Rauches in der Küche, die den anderen Lösungen, die wir bei den ortenauer Schwarzwaldhäusern beobachten, überlegen ist, die Anfänge unseres Schornsteines suchen. In der oberen Einfahrt verteilt sich der Rauch im ganzen Dachraum und trägt so seinen Teil zur Erhaltung des Holzes und damit der Lebensdauer dieser Häuser bei. Über dem Herde in der Küche befindet sich der aus Sträuchern geflochtene und mit Lehm


abb 09
Abb. 9 Querschnitt C - D durch den Schwarzhauernhof in Höhe der Stallungen (1 :200)

verstrichene Funkenfang. Neben dem Küchenherd befindet sich das Feuerungsloch für den Kachelherd, Kunstwerk genannt, in der Stube. Speck und Schinken sowie sonstige Fleischwaren werden an der Decke zwischen Funkenfang und Rauchabzugsloch mit Rauchgaden, sder sogenannten Rauchhöhle geräuchert (Abb.8).

Im Stallteil des Hauses liegen über der Stalldecke, die auf der Höhe der Erdgeschoßstubendecke liegt, die Heuböden. An der letzten Hochsäule dieses Teiles, dicht unter dem First, hängen oder hingen immer ein oder mehrere Ochsen- oder Pferdeschädel (Abb. 12). Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß wir es hier mit einer alten völkischen Erinnerung zu tun haben. Wie mir ein alter Bauer erzählte, sollen es die Schädel der Zugtiere sein, die einst die Bauhölzer herbeigekarrt hatten(7). Wir hätten es also in diesem Falle mit den Resten einer auch im nordischen Kulturkreis weit verbreiteten Sitte zu tun, die auf heidnische Tieropfer zurückgeht und durch die man ein Recht auf göttlichen Beistand zu gewinnen erhoffte(8). Später traten diese kultischen Beweggründe in den Hintergrund zugunsten rationalistischer Vorstellungen wie Schutz gegen Krankheit, Unglück im Stall und Blitzschlag, ein Aberglaube, der in den letzten Jahrhunderten und vielleicht heute noch lebendig ist.


Jedenfalls erscheint es mir beachtenswert, daß es immer die Hochsäulen des Stalles sind, die Tierschädel tragen und nicht etwa die Hochsäule im Küchenraum, in der unmittelbaren Nähe des Herdes(9)

Dieser so beschriebene Grundriß ist einerseits bedingt durch den Aufbau des Hauses als Pfettendachhaus, bei dem die Dachhölzer (Sparren) mit dem Dachbelag (Latten und Schindeln) auf einem Längsholz der Firstpfette ruhen, die ihrerseits von Pfosten, den Hochsäulen getragen wird (Abb. 4, 9), andererseits durch das Streben, allen Bedürfnissen der bäuerlichen Wirtschaft unter einem Dache möglichst ohne Erstellung von Sondergebäuden durch eine wohldurchdachte Gliederung der Aufgaben gerecht zu werden. So entstand in unserm Heidenhaus, dessen Aufbau diesen Wünschen, die ja weitgehend den Forderungen des schwarzwälder Wetters entspringen, sehr entgegenkam, ein echter Einbau. Hier sind keine Einzelbauten zusammengewachsen, wie wir das bei unsern Häusern der mittelbadischen Rheinebene und am vollkommensten beim ortenauer Schwarzwaldhaus beobachten können(10). Hierbei sei nochmals auf die bereits angezogene Ähnlichkeit der räumlichen Einteilung unseres Heidenhauses mit dem Grundriß des schleswiger Hauses hingewiesen. Auch hier mögen die gleichen Blutsquellen zu verwandten Lösungen geführt haben.

Durch die Stellung der Hochsäulen war die Entwicklung der Teilung des Hauses in der Querrichtung, also die traufseitige Erschließung, durch die binderartige Verbindung der Hochsäulen und sonstiger Pfosten untereinander zur Erzielung einer größeren Standsicherheit, eine Teilung nach der Höhe das Gegebene und wohl auch frühzeitig befolgte. Die ältesten uns bekannten Pfettendachhäuser oder kurz Pfostenhäuser aus der Jungsteinzeit, wie sie Prof. Dr.Reinerth, Berlin, im Federseemoor und im Bodensee ausgegraben hat (Abb. 13), zeigen bereits die Anfänge einer Unterteilung in der Senkrechten. Wir dürfen daher in diesem Haus das erstmalig nach der Höhe unterteilte Haus sehen, das die einwandernden Alemannen zur Unterteilung ihres mitgebrachten ursprünglich einräumigen Hauses anregte. Hier in diesem Hause, dessen Aufbau die Überbauung größerer Flächen mit den gleichen handwerklichen Mitteln gestattete, konnten die Wohnräume, Tier- nnd Erntegut recht frühzeitig unter einem Dach vereinigt und so ein echtes Einhaus entwickelt werden. Die Speicher, die in bescheidenen Ausmaßen auch diese Häuser in vielen Fällen begleiten und so dem Baugedanken des Einhauses widersprechen, sind sicherlich aus dem kinzigtäler, also alemannischem Brauchtum übernommen. Das ortenauer Schwarzwaldhaus ist ja in seiner üppigen Gestaltung von einer Reihe von Streubauten begleitet, unter denen der Speicher den Vorzug genießt.


In unserm Heidenhaus, in dem so frühe, durch die Konstruktion vor gezeichnet, die Abtrennung der einzelnen Räume erfolgte, wird auch wohl der zur Heizung der Stube notwendige Ofen sund damit die zweite Feuerstelle, von der Küche aus heizbar, angelegt worden sein.

abb 10
Abb. 10. Weitverbreitete Grundrißart von Heidenhäusern.
1 und 3 Stallungen, 2 Futtergang, 4 Tenne, 5 Hausgang, 6 Stube, 7 Küche.

Ich erinnere hierbei an die bereits beschriebene, gegenüber den übrigen Schwarzwaldhäusern überlegene Anlage des Rauchabzuges.

So sehr auch die Hochsäulen die Grundrißgestaltung beherrschen, so hatte diese Bauart auch ihre guten Seiten. Man konnte diese Art Häuser in jeder Größe anlegen und vor allem beliebig verlängern. Man brauchte nur eine weitere Reihe von Säulen, also ein weiteres Traggerüst, einen Binder, wie der Zimmermann sagt, stellen. übrigens wußten sich die Leute zu helfen und der mißlichen Stellung der Hochsäule in der Küche eine angenehme Seite abzugewinnen, indem man sie mit Bretter umgab und so als Tischstütze benutzt. Die den Wohnraum störende Hochsäule wurde frühzeitig unten abgesägt, zuerst durch einen Unterzug abgefangen und später unter kinzigtäler Einfluß an dieser Stelle durch einen liegenden Binder ersetzt (Abb. 8), wobei man gleichzeitig einen freieren Dachraum gewann. Hand in Hand mit der freieren Gestaltung des Dachbodens, der "Obede", durch die Ubernahrne des liegenden Binders des ortenauer Schwarzwaldhauses ging auch die bereits erwähnte Verlegung der unteren, nicht befahrbaren Dreschtenne und damit die Erschließung des Dachraumes in der Länge, der First- und Traufrichtung des Hauses.

Vom Heidenhaus können wir keine Verknüpfung zum ortenauer Schwarzwaldhaus herstellen. Aufbau und Grundrisse beider Häuser schließen dies aus. Beide Häuser können daher nicht auf eine gemeinsame Urform zurückgeführt werden.

abb 11
Abb. 11. Eingang zum Dilgerhof, erbaut 1606 im Hinteren Breng / Furtwangen.
Rechts Hausgang, links ehemalige, durchgehende, nicht befahrbare Dreschtenne.
Davor Gang, der Zugang zum Kammerwalmem Vgl. Abb. 6 und 10.

Erinnert das ortenauer Schwarzwaldhaus in seiner urtümlichen einräumigen Gestalt mit seinen vielen Nebengebäuden an die germanische Halle mit den Wirtschaftsgebäuden, so lebhaft und eindeutig erinnert aber auch unser Heidenhaus mit seiner Einteilung an das vorgermanische, bereits in Vorplatz, Wohn-, Schlaf- und Herdraum geteilte Haus.

Am eindringlichsten jedoch spricht für die vorgermanische Herkunft des Heidenhauses der Aufbau als Pfostendachhaus mit den Sparren als Träger der Dachschindeln. Diese Bauart läßt sich, wie bereits angeführt, bis ins erste Jahrtausend zurückverfolgen und hat damals bestimmt an ältere, in dem Raume seines heutigen Vorkommens vorhanden gewesene Uberlieferungen angeknüpft. Das Pfostendachhaus, bei dem die Firstpfette und damit das Dach durch Pfosten getragen wird, also das Pfettendachhaus, tritt in Süddeutschland, im Federseemoor und am Bodensee, in Sipplingen und Unteruhldingen, rund 2000 v. Chr. auf. Es wurde nach dem heutigen Stand der Wissenschaft von einer Welle der nordischen Völker, die das heutige Süddeutschland um jene Zeit überwanderten, hierher gebracht(11) und hat sich in der Seegegend und in der Schweiz bis auf den heutigen Tag erhalten.


abb 03
Abb. 12. Ochsenschädel an der Stallhochsäule
des Schwarzbauernhofes.
abb 03
Abb. 13. Steinzeitliches Pfostenhaus aus
Unteruhldingen / Bodensee.

Nur in diesen Landstrichenauf deutschem Volksboden findet man alte Häuser(12), die mit unserm Heidenhaus den Grundriß des echten Einhauses und den Pfostendachaufbau, wenn auch nicht mehr so ausgeprägt wie unser Heidenhaus, teilen. Wir dürften daher in unserm Heidenhaus einen Abkömmling des nordischen Pfostenhauses des Bodensees und Federseemoores vor uns haben, der in seiner heutigen Form der urtümlichen Gestalt noch recht nahe stehen und so Zeuge der fernsten Lebensgewohnheiten sein dürfte.

Vielfach begegnen wir auch Heidenhäuser, die quer zur Fallinie gestellt sind und bei denen dann auch der Dachraum von der Seite erschlossen wird (Abb. 14). Es mag dies wohl die älteste Form sein. Auf der Seite erscheint dann ein kleiner Dachausbau. Steile Hänge werden bei der Auswahl der Baustellen vermieden. Die Aufstellung der Traggerüste mit den mächtigen Hochsäulen verlangt einen möglichst ebenen Baugrund. Flaches Baugelände wird daher bevorzugt. Diese Häuser hängen also im Gegensatz zum ortenauer Schwarzwaldhaus nie an der Neigung des Berges, nie wird auch der Versuch gemacht, durch Verwendung eines Untergeschosses, also durch Stelzung, wie sie beim ortenauer Schwarzwaldhaus immer angewandt wird, irgendeinen Hang auszunutzen und Kellerräume zu gewinnen.

Hier taucht sofort die Frage auf, warum hat es so lange gedauert, bis man dazu überging, auch im flachen Gelände das Haus parallel mit


der Fallinie zu stellen und so eine praktischere Aufteilung des Dachraumes zu ermöglichen? Sind es nur die bessere Ausnutzungsmöglichkeit gerade des welligen Geländes und das starre Festhalten an der nun einmal von den Vätern übernommenen Bauweise, oder wirken hier noch Erinnerungen an uralte Grundrisse der westischen Bauart mit, wie sie Prof. Dr. Reinerth in Gesellschaft mit den nordischen Rechteckhäusern in Dullenried im Federseemoor freigelegt hat? Diese ovalen Hütten haben in der Mitte der Längsseite eine Ausbuchtung der einen Seitenwand, die ein verwandtes Erscheinungsbild hervorruft.

Das älteste Haus dieser Art, vielleicht eines der ältesten Häuser des ganzen Schwarzwaldes, scheint mir das Höfle in Schönwald, erbaut 1509, zu sein. Es hat wie all diese im 16. Jahrhundert erbauten Häuser den Wohnteil hinten. Die Dreschtenne befindet sich bei diesem Hause unten. Aus der Zeit der Jahrhundertwende vom 16. zum 17. Jahrhundert sind uns dann in den entlegensten Tälern, die einstens der vorgermanischen Restbevölkerung zu Zufluchtsstätten wurden, als sie von den einwandernden Alemannen aus den fruchtbareren Ebenen und Tälern verdrängt wurden, eine ganze Reihe derartiger Häuser erhalten geblieben. Ein aufmerksames Beobachten der Erstellungszeitpunkte dieser Häuser in einer ganzen Reihe von Tälern im Raume Furtwangen-Neustadt deutet darauf hin, daß diese Höfe nacheinander im Abstand von drei zu drei Jahren erbaut wurden. Da diese Häuser mit ihren mächtigen, bis 18 m langen Hochsäulen nur in Gemeinschastsarbeit erstellt werden konnten, so dürfen wir annehmen, daß hier alte, baufällig gewordene Häuser durch neue, doch in der alten Art, wenn auch meistens mit bescheidenen Zugeständnissen an die neue Zeit mit ihrer neuen Baugesinnung, erstellt wurden. Die Bauern bildeten zum Bau »der Häuser eine Art Werkgenossenschaft, die dann unter Anleitung des fachkundigen Zimmermanns die Häuser erstellte. Mit Stolz und Genugtuung durfte der "weit beriemte Spanmaister, der das Haus erbauet", wie uns noch heute Haussprüche(13) künden, auf die nicht leichte, nun getane Arbeit schauen. Hierbei mußte schon aus technischen Gründen an dem von altersher übernommenen festgehalten werden. Fortschritte oder Neuerungen konnten sich hierbei nur langsam einbürgern. Noch heute betrachtet ja der Bauer alle Neuerungen mit Mißtrauen. Die jüngsten Häuser dieser auffallenden Baureihen, aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammend, werden von der anscheinend jetzt erst eindringenden alemannischen Bauweise beeinflußt. Zunächst wird der Wohnteil vorn an die Straße gelegt und die Dreschtenne in den Dachraum des Hauses verlegt, die Dachflächen und Dachwalmen verkürzt und stellenweise eine Schildwand ausgeführt, endlich zur Beseitigung der störenden Hochsäulen und zur Gewinnung eines freieren Dachbodens ein Traggerüst mit schrägen Stützen, der liegende Bund, eingeführt (Abb. 3, 8).


abb 14
Abb. 14. Hummelhof bei Katzensteig / Furtwangem Erbaut 1583.

Immer sind es die der oberen Einfahrt zunächst stehenden Hochsäulen die dieser Entwicklung weichen müssen. Doch finden wir auch noch im 16. Jahrhundert erstellte Heidenhäuser mit nur Hochsäulen als Träger des Daches. Bei dem in den Abb. 5 bis 9 gezeigten Beispiel, dem Schwarzbauernhof in Katzensteig / Furtwangen (Abb. 17), ist es die zweite Hochsäule, die weggelassen und durch einen liegenden Binder ersetzt wurde.

Am Ende dieses Jahrhunderts wird die seither geübte Bauweise verlassen; kinzigtäler, also germanische Bauweise, und die oben beschriebene vorgermanische Bauart vermischen sich zu dem allerorts im Hochschwarzwalde zu beobachtenden zweistöckigen Bauernhaus, nachdem selbstverständlich beide Hausarten eine geraume Zeit nebeneinander bestanden und sich gegenseitig beeinflußt hatten.

Was mag nun die Bewohner, beziehungsweise die an und für sich sehr konservativen Zimmerleute, veranlaßt haben, in der Mitte des 17. Jahrhunderts eine alte, bewährte Bauweise zu verlassen? Die außerordentliche Wärmehaltung gerade dieses Hauses, die praktische Ein- und Unterteilung, man denke nur an den geraden, für die bäuerliche Wirtschaft außerordentlich vorteilhaften und zeitsparenden Gang, den reichlichen Platz für den Bauern und seine Familie und zugleich für das Gesinde lassen doch gerade diese Einhauslösung so recht für den schneereichen, rauhen Hochschwarzwald für besonders geeignet erscheinen.

abb 15
Abb.15. Schiebladen vom Fixenhof / Mühlenbach.

Waren es die Hochsäulen deren Aufstellung sicherlich sehr mühsam war und deren grundrißbeherrschende Stellung lästig werden konnte, die zur Aufgabe dieses alten Baugedankens führten? Ich glaube nein. Die Änderung in der Zusammensetzung der Bevölkerung, die mit den eindringenden neuen alemannischen Siedlern einsetzte, die ihr Haus und damit einen neuen Baugedanken mitbrachten, verursachte das Auskommen einer neuen Bauweise und damit das Verschwinden dieser Art von Häusern die den Ankömmlingen immer fremdartig vorkamen und die so in den kommenden Jahrhunderten zu "Heidenhäusern" wurden.

Wir wundern uns daher auch nicht mehr, wenn wir gerade an den alten Durchzugsstraßen keine derartigen Häuser mehr finden. Ja, man kann im Gebiet dieser Durchzugs- und Einfallstraßen geradezu eine Übergangszone feststellen, in der sich die beiden Hausarten, ortenauer Schwarzwaldhaus und Heidenhaus, mischen. Wir beobachten in diesem Übergangsraum gestelzte Häuser, Galerien, Krüppelwalme, liegende Binder und zweistöckige Anlagen unter Anlehnung an den sogenannten fränkischen Grundriß (vgl. "Ortenau", Heft 23, S. 21, Abb. 13 und 15).

In den abgelegenen Zinken und Tälern dagegen treffen wir die reinen Pfettendachhäuser, unsere Heidenhäuser.

abb 16
Abb. 16. Fixenhof (Fannins / Mühlenbach / Haslach). Erbaut 1616.

Einen weiteren Beitrag zur Ergründung der Herkunft dieser Heidenhäuser liefern folgende Beobachtungstatsachen. Im Kinzigtal, dem Haupteinfallstor der eindringenden Alemannen, finden wir nur das ortenauer Schwarzwaldhaus mit Ausnahme einiger Täler in der Haslacher und Hausacher Gegend, in denen Schulte(14) auf Grund der dortigen Flurnamen Reste einer romanisierten vorgermanischen Mischbevölkerung festgestellt hat. Es sind dies die Täler Welschensteinach, Welschbollenbach, Waldstein, das Fannis, Pfaus und die Gürtenau in Mühlenbach und das Ullerst in Hofstetten(15).

Überall in diesen Tälern finden sich die unzweifelhaften Reste des oben beschriebenen Pfettendachhauses, unseres Heidenhauses. Hierbei kann man auch noch vereinzelt den Schiebeladen beobachten (Abb. 15), wie er bereits- an den Pfostenhäusern der Jungsteinzeit(16) verwendet wurde. Diese Schiebeläden wurden im 17. Jahrhundert durch Klappläden, soweit überhaupt noch Läden verwandt wurden, ersetzt. Die Drehaxe der Klappläden verläuft parallel mit der Fensterbank und dem Fenstersturz, so daß jeweils ein halber Laden über, beziehungsweise unter dem Fenster befestigt ist.

Im Fannis und Pfaus werden die Dachpfetten dieser Höfe noch durch durchgehende Pfosten unterstützt, während die eigentlichen Hochsäulen unter dem First in der Höhe des Kehlgebälkes abgesägt wurden, um liegenden Bindern, zur Gewinnung eines freieren Dachraumes, zu weichen. So erinnern heute nur noch die Pfosten über dem Kehlgebälk, welche die senkrecht liegende Firstpfette stützen, - die Schwarzwaldhäuser germanischer Bauart haben eine verkantete Firstpfette (Abb. 3) -, an die alten Hochsäulen.


Im Grundriß findet sich auch noch der durchgehende Gang, wenn auch meistens verstümmelt. Auch der Außengang, der im Obergeschoß den Zugang zum Kammerwalm bildet, findet sich an diesen Häusern. Des weiteren fällt dem aufmerksamen Beschauer die Stellung all dieser Häuser im Gelände auf. Der Steilhang des Tales wird im Gegensatz zu den Häusern der ortenauer Art gemieden und das flache Wiesengelände jenseits der Straße, die ungefähr der Verschneidungslinie des Hanges mit der Talsohle entlang läuft, bevorzugt. Die Büge dieser Häuser haben alle die steile Stellung. Als Beispiele erwähne ich den Fixenhof, erbaut 1616 (Abb. 16), den Schneiderxavershof, erbaut 1636, und den Mattenhof mit dem Baujahr 1626. In der Gürtenau hat der einzige Hof, der noch aus dem 17. Jahrhundert steht, die seitlichen durchgehenden Pfosten über dem Kehlgebälkpfosten, welche die senkrecht stehende Firstpfette stützen, und durchgehend steile Büge.

Die gleiche Bauweise kann man in Welschensteinach beobachten. Hier und ebenso in Welschbollenbach und Waldstein hat sich sogar das Wort Heidenhof erhalten. Auch hier herrscht die Meinung, die Häuser oben beschriebener Art wären von den Heiden erbaut worden. überall in diesen Häusern finden wir die oben angezogenen Bauelemente des ursprünglichen Pfettendachhauses. In Waldstein, im Dürrholderhof, finden sich die Reste der ehemaligen Tenne neben dem Hauseingang. In demselben Tal hatte einer der Höfe, der leider vor dem Kriege abbrannte, den Pferdeschädel an der Resthochsäule des Stalles.

Auch in Gutach geht vom ältesten Bauernhaus, dem vorderen oberen Bauern, die Sage, es wäre von den Heiden erbaut. Auch an diesem erst vor kurzem umgebauten Hause finden wir die unzweifelhaften Reste unseres Heidenhauses. Wie die Höfe in Mühlenbach steht auch dieses Haus in auffallendem Gegensatz zu den übrigen Häusern in den Seitentälern des Gutachtales nicht am Hang, sondern auf einer in das Tal vorgeschobenen flachen Landzunge.

In dem offenen und weiten Gebiete der Wolf fand ich bis jetzt nur in abgelegenen Nebentälern zwei Höfe mit den unzweifelhaften Resten unseres Heidenhauses. Es sind dies der Dollenbacherhof im Happach und der "Romanishof" im hinteren Rankach. Im Dollenbacherhof trug auch die unten abgesägte Stallhochsäule einen Pferdeschädel.

abb 17
Abb. 17. Schwarzbauernhof bei Katzensteig / Furtwangen. Erbaut 1580. Ansicht von Süden.
Der vordere Dachaufbau sowie die nicht abgewalmte hintere Einfahrt sind neu.

Nach diesen Ausführungen dürfte es wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, daß wir in dem Heidenhaus das alte bodenständige, vorgermanische Haus vor uns haben, auch ein Kind der Gestaltungskraft und der Formenwelt der nordischen Rasse - wir versuchten ja Fäden über die Jahrtausende hinweg zu dem aus dem gleichen Blute gestalteten schleswiger Haus und zu den Pfahlbauten des Feder- und Bodensees zu spinnen -, das erst im Zuge der Besiedlung des Schwarzwaldes durch die Germanen von deren einräumigem Haus verdrängt wurde, nachdem es noch vorher zur Unterteilung des germanischen Hauses angeregt und so dazu beigetragen hatte, die Überlegenheit der süddeutschen Häuser gegenüber den norddeutschen zu begründen.

1.) Schräggestellte Hölzer zum Unterstützen von Längshölzern.  
2.) Aus der Tennwand des "Hummelhofes" aus dem Jahre 1583 im Katzensteig / Furtwangen.  
3.) O. Lehmann, das Bauernhaus in Schleswig-Holstein.  
4.) Auch hier wieder ein mit dem schleßwiger Haus gemeinsamer Zug.  
5.) Hunziker, Das Schweizerhaus.  
6.) K. Rhamm, Urzeitliche Bauernhöfe im germanischen Waldgebiet.  
7.) Erzählt vom Dollenbacherhof in Happach bei Wolfach.  
8.) Wahrscheinlich haben wir es mit dem aus der gleichen Wurzel entsprungenen mittelalterlichen Brauch in der Stadt zu tun, Tiere beim Bau des Hauses mit einzumauern. Vgl. auch Storms Novelle "Der Schimmelreiter".  
9.) Die Küchenhochsäule des verwandten Aargauer Hauses trägt geschnitzte Heiligenköpfe, der Funkenfang des Niedersachsenhauses Tierschädel.  
10.) "Die Ottenau", 1936, Heft 23.  
11.) Nach Prof. Dr. Reinerth.  
12.) Die flachen Pfettendachhäuser der Alpenvorlande sind nicht auf deutschem Volksboden entstanden, sondern aus dem Kulturkreis des Mittelmeeres dorthin gebracht worden.  
13.) Am Kernenhof im Vorderen Schützenbach / Furtwangen.  
14.) Siehe oben.  
15.) Vielleicht ließen die Alemannen die vorgermanische Bevölkerung mit Rücksicht auf den von ihr betriebenen Bergbau sitzen.  
16.) Nach den Ausgrabungen von Prof. Dr. Reinerth.  

zurück