
<<< zur Galerie
Schauspieler
Als Schauspieler bezeichnet man Personen, die mit den Mitteln der Sprache, der Mimik und Gestik oder Pantomimik etwas anderes als sich selbst - eine Rolle, d.h. in der Regel eine andere Person - leibhaftig verk?rpern. Als Schauspieler werden solche Personen aufgefasst, die der schauspielerischen T?tigkeit regelm??ig (beruflich oder als Hobby), in einem bestimmten institutionellen Rahmen (n?mlich in einem Theater oder im Film) oder Fernsehen, mit einem k?nstlerischen Anspruch sowie auf der Grundlage ausgiebiger ?bung und/ oder einer speziellen Ausbildung nachgehen und sich dabei nach einer Anweisung (Drehbuch, Regieanweisung) richten. Doch sind die hier genannten Referenzen nicht zwingend.
N?here Bestimmung
Die T?tigkeit des Schauspielers ist durch den Dramatiker und Kritiker Eric Bentley in der klassisch gewordenen Formel so definiert worden: A verk?rpert B, w?hrend C zuschaut. Demnach m?ssen drei Bedingungen erf?llt sein: 1. A muss einen anderen als sich selbst verk?rpern. 2. A muss B tats?chlich verk?rpern. Das hei?t, es gen?gt nicht, ?ber B nur erz?hlend zu berichten oder eine einzelne Eigenart zu imitieren. 3. Der Vorgang muss von wenigstens einem Betrachter wahrgenommen werden.
Viele Nebenbedingungen, die in der Alltagsverwendung des Begriffs oft mitgedacht werden, sind also ausdr?cklich nicht Bestandteil der Definition, unter anderem: Es muss sich bei B nicht zwingend um eine andere (reale) Person handeln; man kann auch G?tter und Geister, Tiere und Fabelwesen, sogar Dinge verk?rpern. Es ist nicht vorausgesetzt, dass sich A vollst?ndig in B verwandelt; es gen?gt, dass A so viele Merkmale von B zum Vorschein bringt, dass C - der Betrachter - sich B vorstellen kann. Umgekehrt ist ebenso wenig vorausgesetzt, dass C den Vorgang des Verk?rperns durchschaut; die Definition ist auch erf?llt, wenn C glaubt, dass tats?chlich B anwesend sei, ohne zu bemerken, dass B nur von A gespielt wird.
Bentleys allgemeine Definition macht deutlich, dass die Darstellung durch den Schauspieler sehr viel mit der Vorstellung durch den Zuschauer zu tun hat. Erst in der Wahrnehmung des Zuschauers entsteht das Bild von jenem B, den A zu verk?rpern versucht, so, als w?re dieser B tats?chlich anwesend.
Urspr?nge, Geschichte
Schauspieler in der oben genannten allgemeinen Bestimmung hat es vermutlich schon in den fr?hesten Epochen der Menschheitsgeschichte gegeben. Zwar fehlen dar?ber verst?ndlicherweise Dokumente oder Berichte, doch findet man bei vielen Ausgrabungen pr?historische Masken, die auf Vorg?nge des Verk?rperns hindeuten, sowie bildliche Darstellungen maskierter Menschen; die Ethnologie hat schauspielerisches Verk?rpern und Masken bei allen indigenen V?lkern beobachtet.
Im Unterschied zu fr?heren idealistischen Auffassungen, wonach die T?tigkeit des Schauspielers auf einen "mimetischen Urtrieb" ("der ewige Mimus") und eine angeborene Lust am Nachahmen zur?ckzuf?hren sei, geht die heutige Forschung davon aus, dass der Ursprung schauspielerischer Bet?tigung in Riten liegt, mit denen die vorgeschichtlichen Menschen ?berlebenswichtige Handlungen (z. B. bei der Jagd) und erw?nschte soziale Verhaltensweisen nachahmend ein?bten oder als unbeherrschbar erlebte Naturkr?fte durch fig?rliche Verk?rperungen (D?monen, G?tter) zu beschw?ren versuchten. Diese Auffassung wird durch den Umstand stark gest?tzt, dass sehr viele fr?he oder "primitive" Zeugnisse (Masken, Zeichnungen, ethnologische Beobachtungen) den Zusammenhang zu (jagdbaren oder gef?hrlichen) Tieren bzw. essentiellen Naturvorg?ngen (Sonnenlauf, Niederschlag, Fruchtbarkeit usw.) belegen.
Schauspieler im dem engeren Verst?ndnis, dass sich Menschen auf diese T?tigkeit spezialisieren und sie (halb)professionell aus?ben, gibt es in Europa seit der Antike (siehe Theater der griechischen Antike, Theater der r?mischen Antike); die N?he zur vorhellenischen Praxis wird in der fr?hen Antike noch dadurch deutlich, dass die Schauspieler in der Regel Masken tragen. Diese (vor)berufliche Tradition findet im europ?ischen Mittelalter und in der Fr?hneuzeit vor allem deshalb keine Fortsetzung, weil das Theater - der Hauptort schauspielerischer Bet?tigung - durch die Kirche streng ge?chtet ist; schauspielerische Bet?tigung ist allenfalls als "Possenrei?en" und Nebenbesch?ftigung von Gauklern denkbar, die als Vaganten (Fahrendes Volk) die Jahrm?rkte bereisen und einen dementsprechend randst?ndigen sozialen Status innehaben.
Erst mit der S?kularisierung der Neuzeit entwickelt sich wieder die M?glichkeit zu spezialisierter schauspielerischer T?tigkeit, und zwar in zwei Sektoren: zun?chst in den Hoftheatern und Opern, die Adlige v. a. im 17. und 18. Jahrhundert zu repr?sentativen Zwecken gr?nden und unterhalten, dann auch mit dem Erstarken des B?rgertums in den b?rgerlichen Theatern, sehr fr?h bereits in England (Elisabethanisches Theater) und Italien (Commedia dell"arte), deutlich sp?ter in Deutschland. Das Hoftheater mit seiner vorwiegend auf Repr?sentation, Festlichkeit und Erhabenheit zielenden Kultur verlangt noch nach einem Schauspieler-Typ, der eher deklamiert als verk?rpert, eher vortr?gt als spielt. Erst in der Gegenbewegung einer sich vom Feudalismus emanzipierenden b?rgerlichen Theaterkultur entsteht die Forderung nach empfindsamer Nat?rlichkeit der Charaktere und nach innerer Motivation der Handlung. Mit Lessing, den Dramatikern der Weimarer Klassik und den Theaterpraktikern ihrer Zeit entsteht ein neues Verst?ndnis dessen, was Schauspieler tun und k?nnen sollen.
Die heutige Vorstellung, wonach ein Schauspieler die umfassende Illusion einer anderen Person erzeugen, sich "einf?hlen" und "nicht aus der Rolle fallen" soll, ist historisch also relativ jung. Sie wird im 19. Jahrhundert weiter ausgebaut und perfektioniert, wobei vom Naturalismus des ausgehenden Jahrhunderts und dann vom Aufkommen des Films zu Beginn des 20. Jahrhunderts nochmals pr?gende Einfl?sse ausgehen. Die steigenden Anspr?che an schauspielerisches K?nnen f?hren u. a. zu verst?rkten Anstrengungen, die Arbeit des Schauspielers auch methodisch und theoretisch zu fassen (siehe unten), sowie zu einem enormen Bedeutungsgewinn der Schauspieler-Ausbildung, insbes. von Schauspielschulen.
Im 20. Jahrhundert wird die ,klassische" Auffassung von schauspielerischer T?tigkeit und F?higkeit - kaum hat sie sich gefestigt - bereits wieder in Frage gestellt. Die neuen audiovisuellen Medien - zun?chst Film (und in gewisser Weise auch Radio), dann Fernsehen - stellen vollkommen andere Anforderungen an Schauspieler (vgl. Filmschauspieler), ver?ndern aber auch die Rezeptionsgewohnheiten und damit die Erwartungen der Zuschauer; die Auff?cherung der Genres (vgl. z. B. die Entstehung des Musicals) und die zunehmende Durchl?ssigkeit der Grenzen zwischen Gattungen und Medien vervielf?ltigt die Anspr?che an schauspielerisches Handwerk. Die ?berkommene Vorstellung von kompletter Einf?hlung und perfekt illusionistischem Spiel wird aber auch ganz programmatisch in Frage gestellt. Eine Reihe von Theaterpraktikern und -theoretikern, allen voran Brecht, beruft sich darauf, dass diese Auffassung schauspielerischer T?tigkeit historisch entstanden ist, also keineswegs genuin mit Schauspielen verkoppelt ist, und daher auch wieder ?berwunden werden kann. Viele Verfechter dieser ?berzeugung fordern, dass Schauspieler sichtbare Distanz zu ihrer Rolle einnehmen, eine andere Person eher vorzeigen als imitieren und ihren eigenen Standpunkt gegen?ber der Figur verdeutlichen sollen. Als Mittel, um dies zu erreichen, schlagen sie vor, historische Schauspieltraditionen (z. B. das Tragen von Masken), aber auch Praktiken des au?ereurop?ischen (oft des fern?stlichen) Theaters zu beerben.
Anforderungen, Beanspruchungen und Belastungen
Ungeachtet der im 20. Jahrhundert entwickelten Gegenkonzepte ist die heute vorherrschende Auffassung von der T?tigkeit eines Schauspielers noch oft, dass der Akteur m?glichst nahtlos in seiner Rolle aufgehen solle, die Handlungsweise, Motivation und innere Verfassung der Rollenfigur durch Einf?hlung glaubw?rdig darstellen und die vollst?ndige Illusion hervorbringen solle, die verk?rperte Person sei tats?chlich anwesend. In der Mehrzahl professioneller Arbeitszusammenh?nge f?r Schauspieler - in den meisten Theatern, bei fast allen Filmen und nahezu ausnahmslos beim Fernsehen - werden diesbez?gliche F?higkeiten gefordert; und auch in der allt?glichen Verwendung des Begriffs wird fast immer diese Auffassung stillschweigend mitgedacht, wenn von Schauspielern die Rede ist.
Das Verm?gen, dieses Konzept schauspielerischer Arbeitsweise zu realisieren, ist mit hohen Anforderungen in psychisch-mentaler, intellektueller, sozialer und oft auch k?rperlicher Hinsicht verbunden. Fundamental belastend ist die Anforderung, die augenblickliche eigene mentale und emotionale Verfassung zu jedem Zeitpunkt vollst?ndig zu beherrschen, um Charakterz?ge, Gem?tslagen, Stimmungen usw. der Rollenfigur zum Ausdruck zu bringen, die der eigenen Befindlichkeit nicht entsprechen, ihr unter Umst?nden sogar direkt entgegengesetzt sind. In Zusammenhang damit steht die gleicherma?en belastende Anforderung, sich die sprachlichen, stimmlichen und k?rperlichen Ausdrucksmittel einer (gedachten oder wirklichen) anderen Person so zu eigen zu machen, dass die eigenen "nat?rlichen" Ausdrucksmittel dahinter weitgehend oder ganz zur?cktreten.
In der Psychologie und Sozialisationstheorie ist bis heute umstritten, wie es zu diesem hohen Grad der Selbstbeherrschung und der F?higkeit, ?ber Ausdrucksmittel in solchem Ma?e willk?rlich zu verf?gen, ?berhaupt kommen kann. Einige Forscher neigen zu der Auffassung, dass Schauspieler gleichsam "nicht zu Ende sozialisierte" Individuen seien, die sich im Laufe der Pers?nlichkeitsentwicklung nicht auf ein stabiles Selbstkonzept festlegen, sondern eine dynamische Pers?nlichkeitsstruktur beibehalten. Andere sehen im Schauspieler eher den Prototyp eines "?bersozialisierten" Menschen, der die heute generell gestellte Forderung nach Selbst- und Triebbeherrschung so stark internalisiert hat, dass er fast beliebig ?ber seine Emotionen und ?u?erungen verf?gen kann. Unter diesem Blickwinkel betrachten manche Autoren - auch in philosophischer Perspektive - den Schauspieler als zugespitztes Modell des entfremdeten Menschen.
Schauspielerische Arbeit stellt hohe Anforderungen in mentaler und intellektueller Hinsicht, weil die heute vorherrschende Auffassung von Schauspielerei eine intensive Auseinandersetzung mit der darzustellenden Figur erfordert - in den meisten F?llen also mit einer schriftlich fixierten Rolle in einem Drama oder Drehbuch -, was wiederum ein fundiertes Verst?ndnis des gesamten Handlungszusammenhangs voraussetzt, oft aber auch zus?tzliches Wissen ?ber die im Text nicht dargelegten weiteren Umst?nde (z. B. ?ber historische Hintergr?nde, Umgangsformen der Zeit oder Region, literarische Konventionen, Sprech- und Dialektvarianten u.v.a.). Dabei geht es nicht allein um die Analyse der Charaktere, die Aufdeckung der Konfliktstrukturen, die Aneignung von Hintergrundwissen, sondern um das Auffinden geeigneter schauspielerischer Mittel, mit deren Hilfe sich das Erkannte zum Ausdruck bringen l?sst.
Hohe soziale Anforderungen stellt schauspielerische T?tigkeit u. a. dadurch, dass die Arbeit in aller Regel in sehr komplexen, arbeitsteiligen Strukturen verrichtet wird. Abgesehen von (sehr seltenen) Alleindarstellungen (Monologst?cken) vollzieht sich schon das Rollenhandeln mindestens in Zwei-Personen-Dialogen, meistens sogar in gr??eren Ensembles; hier gilt es beispielsweise, die - unter Umst?nden geringe - Pr?senz und Bedeutung der eigenen Rolle zu respektieren und sich nicht unangemessen in den Vordergrund zu spielen (in der Theatersprache: eine "Rampensau" zu werden); es gilt aber z. B. auch, selbst dann noch Kollegialit?t zu wahren und den sozialen Zusammenhalt eines Ensembles nicht zu gef?hrden, wenn man sich etwa mit einer als zu klein empfundenen Rolle abgespeist f?hlt. Die Komplexit?t des Kooperationsprozesses wird aber nochmals um ein Vielfaches dadurch gr??er, dass an einer Produktion heutzutage zahlreiche andere Mitarbeiter/innen beteiligt sind: Regisseure und Produzenten, B?hnen-, Szenen-, Kost?m- und Maskenbildner, Licht- und Tontechniker, Kameraleute, Inspizienten, Souffleusen, B?hnenarbeiter, Kabeltr?ger usw. Viele von ihnen verstehen sich - wie die meisten Schauspieler - als k?nstlerisch T?tige, die berechtigt sind, auf das Produkt einen angemessenen Einfluss auszu?ben. Es liegt auf der Hand, dass hierhin viele Konflikte ?ber Interpretationen, aber auch ?ber den hierarchischen Rang, die Weisungsbefugnisse, die zustehende Anerkennung usw. angelegt sind, weshalb sehr viele Schauspieler ihren Arbeitszusammenhang als ?u?erst spannungsgeladen und hochbelastend darstellen. Vor allem bei Theaterschauspielern lassen sich die typischen Arbeitszeiten (Proben am Vor- oder Nachmittag, Auff?hrung am Abend) oft schlecht mit der Arbeits- resp. Freizeit von Partnern und Freunden synchronisieren, so dass die Gefahr einer sozialen Isolierung entsteht - mit entsprechend eingeschr?nkten M?glichkeiten, die sozialen und anderen Belastungen des Berufs zu verarbeiten.
Die k?rperlichen Beanspruchungen, die Belastungen des St?tz- und Bewegungsapparats an einem ,normalen" Proben- und Spieltag, k?nnen erheblich sein; umsomehr, wenn die Rolle Akrobatik, Fechten oder Tanzen verlangt oder wenn etwa bei einem Au?endreh im Film ung?nstige Witterungsbedingungen herrschen. Besonders beansprucht werden stets die Atem- und die Sprechorgane.