Max Wingeroth die Kunstdenkmäler des Großh. Baden, Tübingen 1908 - GENGENBACH, S. 336 / 445
Schreibweisen:
monasterium Genginbach Anf. 9. Jhs.; mon. Kenginbach 9. Jh.; Ghanginpach desgl.; Keginbach desgl.; Ghanginbach desgl.; Kenginbach; in monasterio Gengenbacensi 1117; monasterium Gengenbacense 1139 etc. - Stadt: Gengenbach 1232; Genginbach 1267; oppidum de Gengenbach 1231; oppidum de Gengenbach 1248; "in dem stab zü Gengenbach mit namen im Füsserspach, im Schweigbach, im Birmerspach, im Richenbach, im Pfaffenbach und waz im stab gelegen" 1483.
Die Erklärung des Namens wurde vielfach versucht, sie ist wohl: Bach des Gango. Archivalien der Gemeinde: Mitteil. d. histor. Komm. Nr. 5 (1885), S. 263. Archiv der Röder von Diersburg, Mitteil. Nr. 16 (1894), S. 74, und FDA. 13 (1880), S. 273 - 281; Z. 52, S.671. Annales Gengenb. Monumenta Germ. hist. Script., 4°, Hannover 1826 sq., V, S. 389. Schulte, Acta Geng. 1233 bis 1235, Z. NF. 4, S. 90 - 114.
Literatur(1):
E. Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes.
J. Baumgarten, Aus dem G. Klosterleben, Z. NF. 8, S. 436 - 493, 658 - 702; 9, S. 240 - 260.
Derselbe, Bilder aus G. Vergangenheit, Schauinsland 20, S. 11 - 33; 22, S. 1 - 43.
Alb. Ebbecke, Ein Bild a. d. bad. ev. Diaspora, K. Reiff 1891.
H. Ehrensberger, Beiträge zur Gesch. der Abtei G., FDA. 22, S. 257 - 275.
W. Franck, Zur Gesch. der Benediktinerabtei und der Reichsstadt G. (1525 - 1539), FDA. 6, S. 1 - 26; Z. S.81 - 105.
W. Lübke, Kunstwerke und Künstler III, S. 349 f.
Mayer und Ruppert, Beitr. zur Gesch, des Klosters G., FDA. 16, S. 157 - 215.
Ruppert, Beiträge zur Gesch. d. Klosters G., Z. 31, S. 315 - 331; 32, S. 309 - 320; 33, S. 128 - 159.
Simmler, Das "Velletürlin" als Grenzbezeichnung der Gengenbacher Klostergrafschaft, Z. NF. 13, S. 165.
P. Staudenmeier, Kriegsdrangsale des Stiftes und der Stadt G. im 17. Jh., Deutscher Hausschatz 7, S. 311.
J. N. Pehem, Beschreibung, geogr., der Landvogtey Ortenau, dann von den drey Reichsstädten G. etc., Karlsruhe 1795.
Führer durch Offenburg, Gengenbach und Umgegend, herausg. von den beiden Schwarzwaldvereinssektionen O. und G. 1893.
G. und die Kinzigtal-Diaspora, Flugblatt Nr. 13 des bad. Hauptvereins der Gustav Adolf-Stiftung.
Stadt-Recht zu G., 2. Band der neuen Bad. Gesetzes-Sammlung, Karlsruhe 1805, vgl. Bad. Bibliothek I, S. 7.
Fig. 188. Gengenbach. (nach einem Aquarell von Näher.)
Ansichten: Kupferstich von Werner, ca. 1700, sowie ein Augsburger Kupferstich von 1750 von Johann Christian Leopold († 1750).
"Auf den wohlerhaltenen Grundmauern und in den Wällen eines römischen Standquartiers hatten die Benediktiner ihren Sitz genommen; der überragende Burghügel, den sie mit Rebenpflanzungen bedeckten und mit einer Kapelle schmückten, bewahrte durch seinen Namen 'Kastelberg' die römische Erinnerung."(2) Schon 1289 wird er so genannt. Sein zweiter Name aber: sant Einbettenberg (1520), Castelberg sonsten sanct Einbethenberg (1682), scheint auf noch höheres Alter zu deuten. Diese Einbetha, eine heilige Jungfrau keltischen Ursprungs, finden wir vielfäch am Ober- und Mittelrhein, überhaupt im südlichen Deutschland bis nach Tirol(3). Sie kommt gewöhnlich mit zwei anderen Jungfrauen, Warbethe und Wilbethe, vor und wird mit ihnen meist, wie hier, auf Bergeshöhen verehrt. Sie scheinen etwas ähnliches wie Schicksalsschwestern gewesen zu sein. In christlicher Zeit wurden sie in Nothelferinnen verwandelt, so finden wir sie im Kloster Adelhausen zu Freiburg und es erhält sich ihr Kult bis in späte Zeiten. In Gengenbach bekam Einbetha die Märtyrerinnen Felicitas und Perpetua beigesellt(4) und man verband sie in der Legende mit den Jungfrauen der h. Ursula, wie aus einer Beschreibung ihres Lebens in den Klosterprotokollen vom J. 1682 hervorgeht.(5)
An offenbar uralter Siedelungsstätte haben also die Römer ihre Station gegründet. Einer der wichtigsten Straßenzüge des Dekumatenlandes führte schon in der Zeit der Flavier über Gengenbach, die Kinzigtalstraße, deren erste Station von Straßburg aus nach Kehl Offenburg war(6). Selbstverständlich haben die Römer den so geeigneten Kastelberg nicht ohne Befestigung gelassen und wohl in der Ebene ein Lager errichtet (?), das eine der minder wichtigen Stationen dieser Straße war. Auf dem Kastelberg ist der untenverzeichnete römische Fund gemacht und außerdem eine Anzahl römischer Münzen entdeckt worden. Bei dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft fluteten die Scharen der Alemannen über das Gebiet und verdrängten die Reste römischer Bevölkerung in die Gebirgstäler. Dort hielten sie sich noch lange, und es scheint, daß eine besondere Kunstfertigkeit sie beliebt machte und ihnen ihre Freiheit sicherte, nämlich ihre Fertigkeit in der Gewinnung edler Metalle. Mit dem Bergwerksbau mag wohl das älteste Auftreten des Namens Gengenbach verbunden sein. Gothein hat darauf hingewiesen, daß tief im Gebirge, am Abhange des Mooswaldes, an den Quellen der Haigerach, noch jetzt ein Forstrevier den Namen "im alten Gengenbach" trägt und ihn schon trug, "als i. J. 1531 die Pfandherren der Landvogtei daselbst ein Silberbergwerk einrichteten. In ihrer Verleihungsurkunde berichteten sie, daß hier viele Mundlöcher alter Gruben vorhanden seien; sie müssen seit Jahrhunderten aufgelassen gewesen sein, denn keine frühere Urkunde erwähnt sie. Hingegen sind in der ältesten aller Regalverleihungen als die nördlichsten Bergwerke des Distriktes jene am 'Mosebergk' aufgezählt, und wir werden in ihnen das alte Gengenbach erkennen"(7). Da der spätere Ort Gengenbach in fränkischer Zeit nicht an der Stelle der Stadt, sondern beim heutigen Friedhof gelegen haben muß, so werden wir, wenn wir eine Anknüpfung an die keltische Niederlassung annehmen, wohl auch die alemannische Ansiedelung hier suchen dürfen, und somit wäre die Kontinuität von keltischer bis fränkischer Zeit wahrscheinlich.
Als dann mit dem 6. Jh. die Franken unsere Gegenden in Besitz nahmen, da brachten sie auch ihren Nationalheiligen mit, den h. Martin, und nach ihm hieß künftig die Pfarrkirche des Orts(8) an der Stelle der heutigen Leutkirche vor der späteren Stadt. Gegen die Mitte des 8. Jhs. wurde das Kloster gegründet und bald fanden auf dem großen Platze vor diesem die Märkte statt; Dienstleute des Klosters werden sich somit hier unter dem Schutze seiner Mauern angesiedelt haben, und so entstand vielleicht - wie Gothein meint - noch in den alten, zerrütteten, aber noch brauchbaren Befestigungen die Stadt. Auf dem Eigengut des Klosters war sie angelegt. Wann das Marktprivileg erteilt worden ist, wissen wir nicht. Als Bamberg in den Besitz des Klosters gelangte, ward die Stadt mit anderen Lehen in der Mortenau den Zähringern überlassen(9). Und so erscheinen diese im 11. Jh. als Herren. Nach ihrem Aussterben im 12. Jh. erhielt Kaiser Friedrich für 4.000 Mark Silber diese Lehen.
In den großen kirchlichen Kämpfen Heinrichs IV. war das Kloster auf des Kaisers Seite gestanden. In den vielen damit verbundenen Zwistigkeiten scheint es immer mehr verfallen zu sein, und die Ministerialen erlaubten sich daher verschiedentlich Übergriffe auf das ihm vorbehaltene Eigen.
Im 13. Jh. endlich entbrannte dann ein Streit mit dem Kloster in Angelegenheiten der Leutkirche, worüber in der untenstehenden Geschichte des Klosters das Nähere nachzusehen ist. Hier interessiert nur, was wir gelegentlich dieses Streites über die Verfassung der Stadt hören(10). Der Kaiser und sein Sohn (Heinrich) verfügten über das Reichsgut in der Ortenau ebenso wie über die Bamberger Lehen. In der Ortenau waren damals zwei königliche Schultheißen, zu Mahlberg und Offenburg, welch letzterem auch die Burg Ortenberg offengestanden zu haben scheint. Sie sind nicht etwa die späteren Stadtschultheißen, wogegen das Benehmen des Schultheiß Konrad von Offenburg spricht, sondern sie erscheinen als Verwalter des gesamten Reichsgutes in der Nachbarschaft, also die Vorläufer der späteren Reichslandsvögte, aber noch mehr mit städtischen Verhältnissen verwachsen. Zu ihnen gehört, als gemeinsam mit der Verwaltung beauftragt, der Schultheiß Wölflin von Hagenau. Alle drei sollen den Abt in dem Streite schützen, Schultheiß Konrad von Offenburg aber steht offenbar auf der Seite der Gegenpartei. Neben ihnen erscheint noch ein Reichsvogt Reinbold auf Ortenberg, der jedoch offenbar nur ein militärischer Beamter war. Endlich findet sich noch ein Landrichter in der Ortenau, damals ein Herr von Bodmann, ein eigentlicher Beamter, der nur der Rechtsprechung vorsteht. Als später - im 14. Jh. - das Schultheißenamt in Offenburg zu einem ausschließlich städtischen Amt geworden war, hat dann der Landvogt auf Ortenberg die Kompetenzen jenes.
Die Streitigkeiten Friedrichs mit dem Papste machte sich das nach Erweiterung seines Territoriums konsequent strebende Bistum Straßburg zunutze; 1247 eroberte Bischof Heinrich von Stahleck außer Ortenberg und Offenburg auch Gengenbach. Er war es, der des letzteren Befestigungen verbesserte, einen Wehrgang baute etc. Und während der ganzen Dauer des Interregnums blieben die Bischöfe im Besitze; so hören wir 1267 von der "universitas oppidi de Gengenbach, dilecti fideles episcopi Argentinensis". Erst Rudolf von Habsburg brachte die Ortenau wieder dem Reiche zu. Er regelte auch die Verhältnisse des Klosters zu seinen Hintersassen und Zinsleuten. Und nun blieb die Landvogtei einige Zeit unmittelbar dem Reiche untergeben, Gengenbach stand mit den anderen Städten, mit Zell und Offenburg, mit denen es die gleichen Schicksale hatte und durch engste Interessenbande verknüpft war, deshalb auch zu König Adolf, der den Städten sehr günstig gesinnt war, ein Zeichen davon ist vielleicht der Vertrag, den Gengenbach 1308 mit dem Landvogt Otto von Ochsenstein abschloß: "wir Otte der Herre von Ohsenstein tun kund, das wir über ein komen mit den burgern von Gengenbach, das siu uns han erwelt und genomen zu herren und zu pfleger und das och wir siu hant empfangen und genomen in unsern schirm und pflegenie bis an ihren rehten herren, und swenne sit den gewinnent, so sullent siu von uns und och wir von inen gütliche und alles dinges lidig sein". Es wurde bestimmt, daß die Stadt nie mehr als 40 Mark Silber zu Bet und Steuer geben sollte.
1309 sah sie dann königlichen Besuch in ihren Mauern, Heinrich VII. Nicht lange aber dauerte das vorteilhafte Verhältnis zum Reiche, sondern bald begannen die Könige, Reichsgut und Stadtsteuern nur als gute Versatzgegenstände zu betrachten. Und so ward denn die Landvogtei an die Markgrafen von Baden versetzt. Aber schon 1351 wurde den Bischöfen von Straßburg die Erlaubnis verliehen, sie von jenen zu lösen, das gleiche Recht 1356 auch dem Pfalzgrafen, der indes erst 1405 davon Gebrauch machte und die Hälfte der Berechtigungen einlöste. - In den Kriegen der Bischöfe von Straßburg mit ihrer Stadt hatte daher auch Gengenbach zu leiden; so wurde es am Ende des 14. Jhs. von den Straßburgern belagert, und wir hören 1395, "daz die statt zü Gengenbach von des Krieges wegen, alse die von Straßburg vor Gengenbach lagent und die vorstette brantent, in semelichen großen kosten gebresten und schulden gevallen sint". Das ganze 15. Jh. blieben der Bischof und der Pfalzgraf "gemeinsame Pfandherren, erhoben ungeteilt die Einkünfte und nahmen beide ihre Untertanen in Eidespflicht, wie es bei solchen Kondominaten üblich war".(11)
Über die Verfassung der Stadt wäre etwa folgendes zu sagen: Sie besaß im allgemeinen freie Selbstverwaltung. An der Spitze derselben standen noch bis zum Ende des 13. Jhs. der Schultheiß und die Geschworenen, die Zwölfer. Im 14. Jh. trat daneben der Bürgermeister und der Junge Rat oder auch der Neue Rat. So heißt es 1351 "die zwelfe, die dez alten rates sin", und dagegen der "newe Rat" in einer Aufzählung seiner Mitglieder von 1360(12). Infolge dieser Entwickelung hat sich das Zwölferkollegium mit dem Schultheißen wesentlich auf die Rechtsprechung zurückgezogen. Diese Beschränkung zeigt sich z. B., als die Städte 1308 sich in Otto von Ochsenstein und 1313 in Ritter von Murhard einen Pfleger wählen, die Wahl geschieht offenbar von der Gesamtheit der Reichsleute. Hingegen haben die Zwölfer darüber zu erkennen, was ihrer Stadt Freiheit sei, "und der Träger der öffentlichen Gewalt hat sich jeweils ihrem Weistum zu fügen". Sie haben im öffentlichen und privaten Recht - in beiden ist ihr Ausspruch bindend - nicht neues Recht zu schaffen, sondern das alte zu wahren. Dieses wichtige Recht haben die Städte sich wiederholt von den Kaisern bestätigen lassen, es war die Grundlage und das Hauptstück ihrer Verfassung. "Lag die Vermutung vor, daß ein Recht der Stadt gekränkt sei, so wandte sich der Junge Rat im Namen der Gemeinde, als deren eigentlicher Vertreter er erscheint, an den Alten Rat um einen Rechtsspruch." "Die Zwölfer erscheinen hier also immer in ihrer Eigenschaft als ein vom Kaiser gesetztes Gericht" und sie wahrten sich konsequent diesen Charakter. Nur einige Verwaltungsbefugnisse hatten sie auszuüben, bezüglich des Besitzes, der vom Reiche herrührte oder aus einer Zeit stammte, wo es nur das Zwölferkollegium gab. In allen anderen Verwaltungssachen war der Junge Rat zuständig.
Laut Privileg von 1331 stand dem Abt des Klosters die Ernennung des Schultheißen zu, zusammen mit Wassermeier, Bannwart, Zinsmeister und Mesner, welche alle Steuerfreiheit genießen. Später fällt der Bannwart weg und an die Stelle des Wassermeiers ist der Oberbote getreten. Schultheiß, Oberbote und Mesner haben den Ehrendienst beim Abt, wenn er ein feierliches Hochamt hält, sie tragen ihm den Stuhl und breiten den Teppich. Da diese Männer, "die Fünfschezzer", zugleich die freien Zinsleute am Dinggericht vertraten, so war also die Besetzung der Ämter von Wichtigkeit; wir verstehen daher, warum die Gemeinde von Gengenbach am Ende des 13. Jhs. eben wegen Besetzung des Mesneramtes einen heftigen Streit mit dem Abte hatte.
Vor allem aber war natürlich die Besetzung des Schultheißenamtes, der auch Urteilfinder im Dinggericht war, ein Gegenstand des Streites. Die Frage, wer ihn einzusetzen habe, war lange im Ungewissen geblieben und dem Abte nur ein Einspruchsrecht bewahrt gewesen, bis - wie oben gesagt - Kaiser Ludwig das Recht dem Abte verlieh. Aber auch danach war es für diesen noch nicht leicht durchzusetzen. Lange Zeit waren die Herren von Swaibach im Besitz des Amtes gewesen und hatten davon sogar den Namen angenommen. Es sind wohl die im 13. und 14. Jh. erwähnten Reimboldus, Bertholdus, Johannes etc. Sie wollten von ihrem Erbrecht nicht weichen, und so kam es zur Fehde, da ein Teil der Geschlechter und des benachbarten Adels zu ihnen hielt. 1344 wurde durch Vermittelung Straßburgs und Offenburgs der Krieg beigelegt. Gegen eine bedeutende Abstandssumme verzichteten die Swaibachs auf ihr Recht wie auch darauf, ein Pförtchen in der Mauer zu haben, durch das sie Bewaffnete einlassen konnten. Doch sagte ihnen der Abt zu, daß er ihnen Gnade tun wolle am Schultheißenamt, jedoch ohne dauernde Verpflichtung, und so finden wir denn auch wieder 1361 "Johannes Sweipach" als Schultheiß, später aber auch andere Mitglieder des Gengenbacher Patriziates.
Was die Zwölfer betrifft, so haben sie das Recht, sich selber zu ergänzen, sei es aus dem Jungen Rat, sei es aus der Bürgerschaft. In letzterem Fall muß das neue Mitglied zugleich den Ratsherren- und den Zwölfereid schwören. "Gegen das Reich und die Pfandherren hatte das Kollegium nur die Verpflichtung, ihnen die Gerichtsfälle, soweit sie ihnen zustehen, einzusammeln. Als Pfleger von des Reichs wegen hatten sie in der Stadt einen freien Sitz; sie waren völlig steuerfrei" und als derartig bevorrechtete Korporation hielten sie nach außen hin streng zusammen.
In ihrer Selbstverwaltung waren also die Gemeinde und ihr Gericht nirgends beeinträchtigt, auch das Recht der Steuererhebung stand ihnen zu. Als Bürger der Stadt standen sie nur unter dem Reiche oder dem Pfandherrn. Da sie aber vom Kloster herrührende Allmende genossen, so mußten sie im allgemeinen Dinggericht erscheinen. Für Abänderung eines Rechtes war nur bei den Gotteshausleuten die Zustimmung des Abtes nötig, die freie Gemeinde stand nur unter dem Vertreter des Reiches.
Die Befugnisse des Reiches waren seit der Mitte des 14. Jhs. (s. oben) an Pfandherren übergegangen, diese übernahmen dieselben Verpflichtungen wie die einzelnen Vögte. Sie hatten die Zwölfersprüche anzuerkennen, die völlig unabhängige Gerichtsbarkeit der Städte zu gewährleisten, ebenso ihren Besitz an Wäldern und Wassern, sie mußten versprechen, nicht gegen den Willen der Bürgerschaft neue Gebäude aufzuführen, neue Bewohner anzunehmen sowie die Juden bei ihrem Rechte zu erhalten. Als Gegenleistung wird der Bezug der Reichssteuer, in Gengenbach 40 Mark Silber, bestimmt.
1351 schwor Bischof Bernhard von Straßburg, diese Verpflichtungen zu halten; trotzdem suchte das Bistum begreiflicherweise seine Gerechtsame auszudehnen. Und richtig erlangte es auch 1358 ein Privileg des Kaisers, daß alle Pfandstädte außer dem Reichshofgerichte nur dem Gerichte des Bischofs unterstehen sollten. Mit dieser Feststellung der richterlichen Autorität wären die Reichsstädte allmählich zu einfachen Landstädten herabgesunken. Damals aber war Abt des Klosters Lambert de Burn, eine hervorragende Persönlichkeit in Wollen und Taten. Wie er in den Beziehungen des Klosters zur Stadt in gerechter Weise für diese sorgte, so jetzt für ihre Selbständigkeit. Er wußte eine neue Entscheidung herbeizuführen, Karl IV. erteilte das große Privileg von 1366, das die alten Freiheiten sicherte: Die Städte sollen, so oft sie versetzt oder verpfändet sind, das Recht genießen, daß die Zwölf des Alten Rats sagen dürfen, was der Stadt Freiheit sei; außer dem Reichshofgericht sollen die Bürger nur dem Zwölfergericht unterstehen etc. In einer glänzenden Versammlung von Fürsten und Edlen bestätigte der Kaiser diese Urkunde, in der die Städte die Grundlage ihrer Reichsfreiheit sahen. Sie haben sich dieselbe in den kommenden Jahrhunderten trotz der damit verbundenen hohen Kosten immer wieder bestätigen lassen, Gengenbach allein im 15. Jh. zehnmal.
Vor allem aber vereinbarten sich die drei Städte zu einer gemeinsamen Auslegung ihrer Verpflichtungen, zu einem treuen Zusammenhalten im Schutz ihrer Rechte. Es existiert noch eine Aufzeichnung aus dem 14. Jh. darüber. Unter gewissen Bedingungen stand bei Fehden des Pfandherrn seinen Truppen der Zutritt in die Städte offen, was natürlich nicht gerade angenehm empfunden wurde. Als nun die doppelte Pfandherrschaft eintrat, gelang es den Städten, völlige Neutralität zu erreichen. Überhaupt gestattete ihnen dies Doppelverhältnis die Politik, immer einen Pfandherrn gegen den anderen auszuspielen. Und auf der Hut waren sie vor Beeinträchtigung ihrer verbrieften Rechte und wußten insbesondere alle Eingriffe in ihre Gerichtsbarkeit abzulehnen.
In der geschilderten Richtung etwa bewegte sich die äußere Politik der Stadt während des Mittelalters; im Innern waren es die Kämpfe gegen den sozialen und wirtschaftlichen Druck des Klosters, die den Inhalt seiner Geschichte ausmachten. In dem Weistum von 1275 waren die Berechtigungen des Klosters, das ja der Grundherr war, festgestellt. Sie waren groß genug. "Der Leibfall wird von jedem Freien oder Unfreien, der von des Gotteshauses Gut etwas innehat, unterschiedslos erhoben, auch der Fremde, der Jahr und Tag zwischen diesen Zielen bleibt, ohne nachfolgenden Vogt, wird zum Gotteshausmann, und wen auf der Durchreise der Tod ereilt, von dessen Habe wird der Fall oder, wenn sich kein Erbe meldet, diese selber für Abt und Kastvogt in Beschlag genommen." Dazu war noch ein besonderer Güterfall eingerichtet worden, der besonders lästig wurde: von jedem Stücke Gut, ob es unter die alten oder die neuen Güter gezählt werde, ob es viel oder wenig sei, gebührt je ein Fall dem Kloster. Bei jedem Wechsel des Gutes wurde wieder das Obereigentum geltend gemacht; bei jeder neuen Leihe mußten die Erschätze entrichtet werden. Man kann sich vorstellen, wie erbitternd das wirkte, da man doch schließlich ja das ursprüngliche Klosterlehen als Eigenes betrachtete.
Gewaltig waren auch die Anrechte des Klosters als Grundherr an Wald und Wasser. Fischfang und Benutzung des Wassers in den Bächen in dem ganzen Gebiete (von Haslach etwa bis Staufenberg etc.) waren von dem Willen des Abtes abhängig, in der Kinzig waren ihm alle großen "bännigen" Fische zugesprochen. Ähnlich groß auch die Berechtigung des Klosters in den Forsten(13). Wie mußten sich Bürger und Bauern in ihrem wirtschaftlichen Vorwärtsdrang gehemmt fühlen!
Aber es sollte noch schlimmer werden! In den Kämpfen Ludwigs des Bayern wußte das Kloster von diesem, der die Anhängerschaft desselben belohnen und sich sichern wollte, neue Privilegien zu erhalten. Die Gebundenheit des Landvolkes, die Obrigkeit des Klosters wurde darin mit einer für die Folge verhängnisvollen Schärfe betont. Das alte, 1275 nicht erwähnte Anrecht auf zwei Drittel des Allmendgenusses erscheint jetzt wieder, und die Gemeinden werden in der Verwertung der Allmende von dem Willen des Klosters abhängig gemacht. Der Leibeigene, wo er sitzen mag, soll doch überall dem Kloster vom Leibe fallbar bleiben. "Wo Ungenossen einander freien, Mann oder Frau, da zieht das Kloster ohne weiteres zwei Drittel ihrer Habe ein"(14). Außerordentlich spitzfindig wurde die Fallpflichtigkeit ausgedeutet. Sollte doch der Bauer, wenn er in gefährliche Krankheit fiel, kein Vieh mehr verkaufen dürfen! Und hat er es doch getan, etwa gar das Besthaupt, so mußten die Erben es einlösen auf ihre Kosten. Auch wenn er nur Anteil an Vieh hatte, ein Drittel oder ein Viertel, so mußte auch hiervon der Fall gereicht werden. Haben die Erben aber nicht das Beste gegeben, dann ist das Gegebene verloren und das Besthaupt noch dazu. Man stelle sich die Erbitterung vor und denke sich den kleinen Umfang des Städtchens; mit welchem Haß mögen manche Bürger die nahen Klostermauern betrachtet haben.
Zunächst zwar ließen sich die Dinge noch günstiger an. Denn auf dem Abtsstuhle saß eben jener Lambert de Burn, der Gengenbach seine Kaiserprivilegien erwirkt hatte. Möglich, daß er selbst aus der Gegend stammte, aus dem Geschlecht der Burne, von denen gerade damals (1363) einer, Wilhelm, das Schultheißenamt bekleidete(15). Er hat auch hier nicht nur als rechtlicher, sondern auch als politisch weitdenkender Mann den Weg der Mäßigung eingeschlagen und mit dem Rat einen Vertrag geschlossen, "in dem das Kloster auf die zwei Drittel der Nutzung und des Geldes aus den Allmenden verzichtete oder vielmehr den Anspruch in die jährliche Abgabe eines kleinen Florentiner Guldens und einen geringfügigen Erschatz umwandelte, sowie die Forsthoheit der Stadt, Wälder in Bann zu schlagen, anerkannte". Noch im 18. Jh. hat der Prior Dornblüth ihm das nicht vergessen und eine bissige Notiz darüber in der Klosterchronik gemacht.
Wie wir es in Offenburg sehen werden, so begann nun auch Gengenbach eine aktive Ausbürgerpolitik, die aber hier unendlich stürmischer verlief, denn man versuchte es hier, hörige und freie Gemeinden ganz mit sich zu verschmelzen, d. h. also, man beschränkte sich nicht auf die Aufnahme als Ausbürger. So inkorporierten sich die Ohlspacher 1402 der Stadt; sie verbanden sich zu einer Zunft, wie das auch andere Vogteien schon getan hatten, gelobten Meister und Rat Gehorsam; ihr Dorfeigentum behielten sie als Zunfteigentum weiter. Die Zünfte nämlich waren - worauf diese Notiz weist - in Gengenbach zum Regiment gekommen, wie es scheint, nicht ohne Gewaltsamkeit. Dieser Zunftverfassung aber war keine lange Dauer beschieden. Der Schultheiß und der bisherige Rat wollten die Veränderung nicht anerkennen und wandten sich an den Inhaber der Reichsvogtei um Entscheidung. Und diese erfolgte in den Zünftlern ungünstigem Sinne, die alte aristokratische Verfassung der Zwölfer kam wieder in Geltung, der Junge Rat war daneben gänzlich unbedeutend. Sogar das Amt des Stättmeisters wurde abgeschafft.
Nach der Niederwerfung dieser populären Bewegung wurden die Beziehungen zum Kloster Gengenbach immer drückender. In diesem hatte zudem, wenige Jahre nach Lamberts Tode, die Tendenz gesiegt, nur noch Adelige aufzunehmen: es wurde so recht das Spital des Ortenauer Adels. Und so wurden die Rechte des Klosters nur als Bedrückungen des Adels empfunden. Das Dinggericht verschwand und an seine Stelle trat das Mannengericht. In diesem konnte noch der Gengenbacher Schultheiß die Rechte der Stadt und der Bürger vertreten. Als dem Abt das aber unbequem wurde, da berief er den Schultheiß nicht mehr zu diesem Gerichte ein; die Pfandherren entschieden, daß er ihn wohl berufen müsse, daß derselbe aber nur seine Stadt, nicht private Händel vertreten dürfe. Dazu kamen Waldstreitigkeiten ernster Art. Das Nutzungsrecht der Bürger war auf ein Minimum eingeschränkt, und noch eifersüchtiger hielt das Kloster bei den Gewässern sein Eigentum aufrecht,(16) auch die neu entstandenen Wasserwege fielen dem Abte zu. Ungerecht vor allem aber war es, wie das Kloster die Fallpflicht ausdehnte. Es hatte i. J. 1424 von dem Landvogt Bernhard von Eberstein eine Bestimmung erwirkt, "wonach alle und jegliche Einwohner zu Gengenbach und in der Grafschaft als solche vom Leibe fallpflichtig seien, während bisher doch immer diese Verpflichtung vom Besitz der Güter abhängig war. Der Güterfall ward zugleich wiederum dahin bestimmt, daß so viel Güterstücke jemand vom Kloster besitze, er auch so viel Fälle zu entrichten habe"(17). Das führte denn zu den unleidlichsten Bedrückungen. Endlich forderte der Abt auch noch den Zinspfennig. Dagegen erreichten die Bürger wenigstens, daß er dem Abt nur von seinen Eigenleuten zugesprochen wurde, aber "es möchte sich dem Kloster zu eigen geben, wer nur immer wolle". Und ganz besonders lästig war auch, daß der Abt seine Eigenleute den städtischen Verpflichtungen und Obrigkeiten entzog. Dazu kam noch die überaus drückende Weise, in der der Zehnte erhoben wurde, so daß der Zinsmeister des Klosters eine gefürchtete Person war. Ging man doch mit solch raffinierter Spitzfindigkeit vor, daß der Bauer sich mit seinem Viehstand und Mobiliar in äußerster Unsicherheit befand. Die Pachtzinse der meist dem Abt gehörigen Reben um Gengenbach wurden auf die unvernünftigste Weise in die Höhe getrieben.
Kurz, der Druck war unerträglich, und der offensichtliche Beweis für denselben lag in dem Rückgang der Bevölkerung. Viele Häuser standen in Gengenbach leer und verfielen. 1484 hören wir, daß "allein in den letzten Jahren zwölf Bauernhöfe durch Schuld der unerbittlichen Zinsmeister abgegangen seien und wüst ständen". Der im Kloster vertretene Adel hatte begonnen, die Gegend auf das schamloseste auszusaugen.
Am Ende des 15. Jhs. wehte ein frischer Wind durch die deutschen Lande. Der vielversprechende Maximilian bestieg den Thron, und an ihn wanden sich denn auch sofort die Ortenauer Reichsstädte. Er ordnete zunächst an, daß alle, auf deren Hofstätten ehemals Häuser gestanden, diese wieder aufbauen müßten, welche Weisung sich vor allem gegen das Kloster kehrte. Ganz besonders scharf aber ging er 1495 auf dem Reichstag von Worms gegen dieses vor. Er befahl, den Bürgern sofort die Haupt- und Leibfälle zu erlassen, sie in den Gebrauch der Fischwasser einzusetzen, die öden Hofstätten binnen Monatsfrist aufzubauen; auch stellte er das Bürgermeisteramt wieder her. Es wurden nun wieder zwei Stättmeister gewählt, einer aus dem Alten und einer aus dem Neuen Rat, als Vertreter der Selbstverwaltung der Gemeinde.
Nun galt es, das Erreichte durchzusetzen; es kam zu Prozessen und zu Tagsatzungen 1496 unter dem Vorsitz der Pfandherren, die jetzt unter dem Einfluß des Kaisers den Städten geneigt waren. Die Leibfälle wurden aufgehoben, die Unrechtmäßigkeit des Zinspfennigs erklärt, die Güterfälle blieben, aber es wurde eine Norm für billiges Eintreiben, gerechten Anschlag, Erlaß je eines Viertels festgesetzt.
Der Kaiser hatte Gelegenheit, sich noch weiterhin mit den Angelegenheiten der Ortenau zu beschäftigen. Nach der Niederlage der Kurpfalz im Landshuter Erbfolgekriege und nachdem Maximilian selbst vor Ortenberg gezogen war, mußte Kurfürst Philipp die Reichspfandschaft Ortenau abtreten. Die Städte hatten den Kaiser kräftig unterstützt, und dankbar forderte er 1504 die Zwölferkollegien der drei Städte auf, alle Rechte durch Spruch festzustellen. Das geschah, und so wurde auch der Anspruch des Straßburger Bischofs als Pfandherrn auf seinen Anteil an der Reichssteuer eingeschränkt. Auch als nach der Verpfändung der Landvogtei an den Fürstenberg dieser gegen manche Rechte der Städte vorstellig wurde, hatte er bei dem Kaiser keinen Erfolg.
Bei diesen seinen Aufenthalten in der Ortenau hatte Maximilian verschiedentlich in Gengenbach gewohnt, und zwar im Kloster. Der hochgebildete Abt Philipp von Eselsberg erfreute sich seiner Gunst. Und so glaubte auch das Kloster manches erreichen zu können. Wieder griff Maximilian persönlich ein und ernannte 1507 zu Hagenau eine Kommission zur Schlichtung aller Streitpunkte, Diese entschied gegen eine Ablösungssumme von 1.100 fl. an das Kloster für alle Bürger der Stadt und für alle, die in deren Kirchspiel, Gebiet oder Gerichtszwang wohnten, völlige Ablösung von der Leibeigenschaft, kein Leib- oder Todfall solle mehr gestattet werden. Die Erschätze wurden geregelt; der Güterfall wesentlich erleichtert, das Recht des Klosters auf Fischwasser wurde dagegen formell anerkannt. Nur die Städte, hier nur Gengenbach für seine Bürger und Bauern, hatten das aber erreicht. Für alle anderen, welche zwischen Schwigenstein und Velletürlein wohnten, wurde bestimmt, daß sie Gotteshausleute seien; der Grundsatz, daß hier die Luft unfrei mache, wurde mit aller Strenge durchgeführt. Alle geschilderten Bedrückungen blieben auf den nicht zur Stadt Gehörigen liegen. Und so war denn der Zündstoff gegeben, der bald zu hellem Brand werden sollte "Alles drängte," wie Gothein sagt, "der großen Katastrophe des deutschen Bauernkrieges zu."
Als die Stürme des Bauernkrieges über die oberrheinischen Lande dahinbrausten, da blieben die drei Reichsstädte von ihren schlimmen Wirkungen ziemlich verschont. Ihre Verfassung, in der Bürger und Bauern mit genügenden Berechtigungen zusammengefaßt waren, bot Gelegenheit zu friedlichen Auseinandersetzungen; bereits seit einem Jahrhundert war der Kampf um wirtschaftliche und soziale Erleichterungen hier auf gesetzlichem Wege geführt worden. Die Städte schlossen sich nicht den Aufständischen an, aber sie besaßen ihr Vertrauen wie das der Obrigkeiten, sie konnten deshalb in günstiger Weise vermitteln und so kam mit ihrer Beihilfe die Acherner Abrede zu stande und der Ortenauer Vertrag zu Renchen, womit der Aufstand glücklich beendigt wurde. Auch das Kloster blieb verschont, da es (s. unten), allerdings nur mit vorübergehender Wirkung, unterdes säkularisiert worden war und also kein Konvent mehr da war, gegen den sich der Zorn richten konnte. Sorgenvoll immerhin waren die Zeiten, und bei dem allgemeinen Kriegszustande sorgten Rat und Gemeinde dafür, daß jeder, vom obersten bis zum niedersten, zum Schutz der Stadt und zum Zusammenhalt bereit war.
Die Reformation hatte unterdes in Gengenbach Fortschritte gemacht und die Verteidigung der alten Richtung war ziemlich unterlegen, als die Landvogtei an Friedrich von Fürstenberg kam und damit die Rekatholisierung der Gegend begann. Zwar setzte man der Einführung des Interims zunächst Widerstand entgegen, aber auf die Dauer, zumal als die fürstenbergische Herrschaft aufhörte und die ungeteilte Pfandherrschaft an Österreich kam, war der Standpunkt nicht zu halten. In der kirchengeschichtlichen Darstellung ist des näheren auf diese Verhältnisse eingegangen wie auch auf die Geschicke des Klosters, worauf ich hier verweise.
In der zweiten Hälfte des 16. Jhs. war Gengenbach wieder katholisch geworden, das Kloster als bürgerliches Kloster wiederhergestellt. Und nun begann, wenn auch lange nicht mit der Erbitterung und der Schärfe früherer Zeiten, der alte Streit um die Privilegien. Er füllte die folgenden Jahrhunderte aus, ohne aber zu wirklichem politischen Leben zu verhelfen. Dem allgemeinen Rückgang politischen und geistigen Lebens in Deutschland unterlagen natürlich vor allem auch die drei kleinen Städte, deren Reichsfreiheit übrigens noch nicht über allen Zweifel erhaben war. Der österreichische Landvogt versuchte Übergriffe, so kam es 1566 zu Zwistigkeiten und es weigerten sich 1572 die Städte, die Reichs- und Türkensteuern auszuzahlen. Damals schlossen sie zur Verteidigung ihrer Rechte einen geheimen Bund, der 1614 erneuert und öffentlich wurde. Die Differenzen mit Österreich waren schon 1590 beigelegt worden, aber nun verdüsterte sich der politische Horizont immer mehr, der Dreißigjährige Krieg brach aus: die Städte schlossen sich immer enger aneinander, um nicht auf das Niveau einer vorderösterreichischen Landstadt herabgedrückt zu werden. Offenburg wehrte sich zunächst noch mit Erfolg gegen die Einlegung einer Besatzung, Gengenbach hatte sich freilich eine solche gefallen lassen müssen und ward 1622 sogar zum Hauptquartier. Die Kaiserlichen hausten wie überall so auch hier übel, und die Stadt litt vielfach unter den verschiedenen herumziehenden Heereskörpern. Abt und Konvent waren über den Schwarzwald geflüchtet. Das größte Verderben aber brachte das Jahr 1643, als im Spätjahr die Armee Bernhard von Weimars die Stadt in Brand setzte. Der Konventuale Feinlin hat uns darüber folgenden anschaulichen Bericht hinterlassen:(18)
"Den 2. Sonntag in der Fasten, als den 1. Martii a. 1643, als man den Gottesdienst anfangen wollte, hat sich eine von der Weimarischen Armee reitende Partie vor der Stadt allhier sehen lassen. Weilen dann aber der Obrist-Lieutenant Byßinger mit 100 oder mehr Pferden allhier angelangt, also ist er auf sie losgegangen, dieselben bis nacher Haßlach in die Flucht gejagt, allwo schon über 500 Weimarische gelegen, welche plötzlich wider Hrn. Byßinger und Hrn. Jakob Großen, Rittmeistern von Offenburg, einen Ausfall gethan, etwelche ihrer Soldaten niedergehauen und gefangen bekommen und gleich morgens frühe, als beide Hrn. Obrist-Lieutenant und Rittmeister sich noch allhier, ist von den Weimarischen unversehens angekommen Hrn. Obrist Roßwurm mit 1000 Kommandirten Reitern, welche das Städtlein umringt, also daß bemelte 2 kaiserliche Offizier sich kümmerlich mit der Flucht salvirt und der ihrigen etwelche in der Flucht verloren haben. Worauf dann Gengenbach aufgefordert worden, mit Versprechen hiesige Soldaten, deren 70 Mann sammt einem Lieutenant Michael Schöffel aus Offenburg, Schauenburgischen Regiments, allhier gewesen, solche frei und sicher nach Offenburg convoyren zu lassen. Weilen ihnen aber die Uebergabe des Orts abgeschlagen worden und man allhier der Hoffnung war, es sollte die ganze feindliche Armee nit anlangen, so ist doch wider Vermuthen Dienstag den 3. Martii Hr. General Comte de Guebriant mit der ganzen Armee angelangt und alsbald, weil der Kommandant nicht gleich auf Diskretion ergeben wollte, die Stadt mit Stucken beschießen lassen, doch auch inzwischen einen Serganten unter dem Namen eines Fähndrichs hereingeschickt, mit der Condition, das man den Fähndrich von hier hinausschicke, welches, nachdem es geschehen und kein Vergleich wegen Versicherung der Soldaten, Pardon und Convoyrung naher Offenburg hat können getroffen werden, als ließe der schwedische General seinen Serganten wiederum abfordern, welcher, nachdem er über den Schutzgatter hinausgekommen, ist unser Fähndrich (welcher gleichfalls hereingewollt) von ihnen wiederum zuruckgenommen worden, mit Bedrohung, wenn sich jetzt der Commandant nit ergeben wollte, solle alsbald dem Fähndrich das Leben genommen und nach Eroberung der Commandant aufgehenkt werden. Weil man bei solcher Gestalt der Sachen nicht wußte, was zu thun wäre, und die armen Pfarrkinder nit in die höchste Gefahr gerathen und mit sammt dem Fähndrich das Leben lassen müßten, bin ich P. Leonhard Feinlein und Hr. Martinus Pistorius des jüngeren Raths allhier hinausgegangen und mit einem gethanen Fußfall bei dem Hrn. General um Barmherzigkeit und Verschonung der armen Pfarrkinder, welche damalen alle in der Klosterkirch sich versammelt, gebeten. Dann nichts Gewißers zu erwarten war, als der äußerste Untergang, massen der Klosterthurm und die Mauren durch starkes schießen schon etliche Löcher bekommen. Worauf wir von Hrn. General die Antwort bekommen: Sofern der Lieutenant sich nit in einer Viertelstund ergeben werde, soll ein Exempel statuirt werden, dergleichen nit viel erhört worden, daß auch sogar dem Kind im Mutterleib nicht verschont werden solle. Darauf nach geschehener Relation hat Hr. Lieutenant sich zu ergeben anerboten, woferne ihm und allen bei ihm habenden Soldaten Versicherung des Lebens und daß sie nit ausgeplündert werden sollten, zugesagt würde. Welches dann Hr. General versprochen und man darauf die Porten ihnen eröffnet und die darin gewesenen Soldaten sich haben müssen unterhalten lassen, ist also der Accord schlecht gehalten worden. Darauf Hr. General Feldzeugmeister, ein geborner Herzog v. Württemberg, wie auch Hr. Obrist Lüzau, Hr. Gen. Schönbech das Quartier im Kloster genommen und alles Gute sich anerboten. Aber als des anderen Tages Mittwoch d. 4. Martii obige Herren abgereist, ist der Einfall von rohischen schottischen und fläschmarischen (?) Soldaten in das Kloster geschehen, alles ausgeplündert, zerschlagen und verderbt worden, auch in der Kirch Kelch, Alben, Altartücher usw. genommen, doch von Hrn. Rittmeister Rattschein mir in die Kirche ein Kelch wieder restituirt worden und der Räuber von ihm hart bleßirt worden, andere Insolenzien zu geschweigen. Nach diesem Ruine sind obgemelte Regimenter allhier 3 Monat verblieben ohne weitere Beleidigung derer, so bei ihnen gebliben. Anno 1643 d. 29. Maii ist diese weimarische Armee hinweggezogen, an welchem Tag sie die 3 Stadtthor verbrennt, 2 Thürm, als den hinter unserem Chor und den in dem Eck unsres Conventgarten, unterminirt und in die Luft gesprengt und 2 andere, als nämlich den Thurm auf dem oberen Thor und an der Stadtmauer, allwo das Wasser in das Kloster lauft, verbrannt. Was für Angst dermalen unter den Leuten gewesen, mag jeder errachten der in dergleichen Noth und Gefahr gewesen. Nach diesem Abzug seind die armen Pfarrkinder, so hin und wieder zerstreut waren, widerum naher Haus gekommen, sind aber nit länger als auf den Sonntag d. 26. Julii sicher gewesen, da dann abermal ein Geschrei erschollen, ob sollt die ganze weimarische Armee widerum anhero kommen, worauf dann Jedermann aus Furcht die Flucht genommen, das Kloster und die Stadt dergestalt verlassen, daß nit ein einziger Mensch darin verbliben. Daher Alles von dem Feind dermassen verderbt worden, daß es kaum zu beschreiben, sonderlich in dem Kloster, da alle Dächer verderbt, alle Fäßer in den Kelleren, alle Tisch, Bänk, Trög, Stühl, Bettladen, Thüren, alle Läden, Getäfer, Bretter, verbrennt, die Better ausgeschüttet und Oefen, Fenster zerschlagen, die Reliquien mit Füßen getreten, das Sacrarium spoliert, die Monstranz zerbrochen, sonderlich Alles, was zum Gottesdienste in der Pfarrkirch gehörig, ein groß silbernes Ciborium, ein vergoldte Paten, kurz Alles so leer ausgeraubt, daß zu Haltung des Gottesdienstes nit das Geringste übrig geblieben. Nach welchem gänzlichen Ruin sie den letzten Augst widerum hinweg über den Rhein in das Elsaß gezogen. Worauf dann die armen Pfarrkinder sich Jeder wiederum heim begeben, ein Jeder seine Wohnung so gut er konnte wieder zugericht und mit saurem Schweiß seine Nahrung zu suchen angefangen, der tröstlichen Hoffnung, es werde nunmehr dieses gottlose Volk an diesen Ort nit mehr kommen. Aber leider, da man wieder am sichersten zu sein vermeinte, sind gemelte Truppen, so einen starken Succurs aus Frankreich von dem Duc d’Anguin unter dem Kommando des Hrn. Generals Ranzau bekommen, den 1. Tag Nov. wiederum über den Rhein gekommen. Dahero dann zum 3. mal meine Pfarrkinder in das Elend sich begeben, außer etlich wenigen, so bei mir allhier geblieben, der Hoffnung, es werden diese Völker wegen des äußersten Ruins an diesem Ort nit mehr verlangen, sondern den Weg anderstwohin nehmen. Als derohalben unserer wenige zwischen Furcht und Hoffnung allhier verblieben, sind sie den 4. Nov. ohnversehener Weis hereingefallen, Alles was wiederum an Roß und Vieh vorhanden gewesen, mitgenommen, Geistliche und Weltliche ausgeplündert, ausgezogen, geschlagen, verwundet, und dermaßen mit uns umgegangen, daß es einen Türken hätte erbarmen sollen, auch der Kirchen nicht verschonet, sondern ärger als vormal gehauset, die Altär zerschmetteret, alle Stühle verbrennt, endlich auch die Stadt angezündt, das Rathhaus sammt 9 oder mehr anderen Häuseren verbrennt und noch in etlichen Feuer eingelegt, daß also, wann ich unwürdiger Pfarrer, Peter Hauser und Jakob Bruder mit etlichen Weibern, so gelöscht, nit so ernstlich gearbeitet hätten, die ganze Stadt sammt dem Kloster wäre eingeäschert worden."
Und kaum hatte sich die Gegend von den Folgen dieses fürchterlichen Krieges zu erholen angefangen, als sie wieder zum Schauplatz schwerer Kämpfe wurde in den Verwüstungskriegen Ludwigs XIV. Am 9. September 1689 ist Offenburg zerstört worden, zwei Tage vorher schon traf das Schicksal die Schwesterstadt Gengenbach. Auch darüber wird in den Protokollen berichtet:
"A. 1689, nachdem die französische Armee unter dem Kommando des Marschall de Duras unterhalb bei Offenburg gestanden und vom König vorher die Ordre eingelaufen, daß alle, die von der Pfalz am Rhein herauf bis gegen Straßburg auf 6 Stund weit gelegene Ort und Städt, so mit Mauren umgeben, sollen verbrannt werden, als ist von ermeldter Armee ein Detaschement den 7. Septbr. Morgen um 10 Uhr in 6 Esquadrons an der Kinzig und etliche Bataillon bei der Pfarrkirch zu stehen kommen. Da man nun solchen Anmarsch von dem Thurm gesehen, sind mehrentheils Herren, Frauen und Kinder zum oberen Thor hinausgeflohen. Darauf ein Trompeter zum Thor gekommen, begehrend man soll die Thore öffnen. Die Burgerschaft aber mit viel hereingeflüchteten Bauren schlugen es ab, gab bald darauf aus Doppelhacken Feuer auf den Feind. Das Fußvolk ließe sich auch vom Kirchhof heraussehen. Darauf die Bürger mit Flinten feuerten und etwelche todt schossen. Und weilen auf dem Bergle bei der Wallfahrt auch Bürger und Bauren aus Norderach und Hammersbach waren, darbei sich ein Lieutenant und 15 Musquetiers befunden, als haben die Franzosen von der Infanterie etliche 100 Mann über den Stollen beorderet, so durch den Schweiggraben bei der Mühle herauskommen und in die Häuser in Oberdorf sich begeben, oben zu den Dächern hinaus gegen sie geschoßen, wodurch gleich ein Bauer aus dem Hammersbach bleßirt worden. Dargegen man auch hinunter gegen sie tapfer gefeuert, da hingegen die anderen an verschiedenen Orten angefangen den Berg hinauf zu kommen, auf welche unsere Leute gut Feuer gaben. Allein, als man die Gewalt gesehen, sind diese Leut, da sie keine Brustwehr vor sich hatten, zuruck in die Reben gesprungen und sich mit der Flucht auf den anderen Berg salvirt. Die in der Stadt hielten sich bis 7 Uhr Abends, in der Hoffnung der von Teutschen zu Wolfach vertröste Sukkurs. Als aber nichts erfolgt, hat man mit dem Capitain de Vilars, so vorigen Winter hier im Quartier lag, von den Mauren hinunter accordirt, daß den Einwohnern am Leben nichts geschehen soll, so auch sancte gehalten worden. Anbei war von dem Feind befohlen, daß männiglich sich in die Klosterkirch begebe. Worauf die Franzosen hereinmarschirt und genommen, was ihnen gefallen. Morgen darauf um 6 Uhr, als die Leut aus der Kirch und Stadt mit den Soldaten herausgezogen waren, haben sie alle Gebäu sammt dem Kloster und der Kirchen völlig abgebrannt, daß nit ein einziges Häusle in der Stadt stehen geblieben. Auch sogar die Pfarrkirch außer der Stadt ist zerstört worden. Die Häuser aber in den Vorstädten und Oberdorf sind stehen geblieben. Die Leut aus der Kirche haben sie mit sich nacher Offenburg geschleppt, endlich allda laufen lassen. In der Stadt haben einige Herren zuvor das Beste geflehnet, andere aber haben zu wohl getrawt und Alles verlohren. In dem Kloster sind die Scheuren mit Garben und die Keller, mit vielem Wein angefüllt, völlig zu Grund gegangen neben sehr vielen Mobilien, absonderlich die extraordinari schöne und kostbare große Orgel. Das Glück war noch, daß man die Glocken, die Kanzlei und Bibliothek salvirt hat. Der Schaden, so das Gotteshaus durch diesen Brand erlitten, wird, laut dem schwäbischen Kreis eingereichter Spezifikation, über 100.000 fl. geschätzt. Acht Tag darauf ist die Stadt Offenburg und Oberkirch auch so verbrennt worden. Ohnerachtet dieses grausamen Schadens, haben die Franzosen gleich Anfangs des 1690. Jahrs an das Gotteshaus wiederum die Ordinari Contribution per 2.000 Livres angesetzt, so auch hat müssen nebst anderen furage praestandis geliefert werden."
Da in diesen Kriegen sich die Wichtigkeit der Ortenau klar herausgestellt hatte, so lag es im Interesse Österreichs, die Landvogtei nur in zuverlässige Hände gelangen zu lassen. So lehnte man daher den Vorschlag des Markgrafen Leopold Wilhelm, die Landvogtei gegen Güter in Böhmen einzutauschen, ab, ganz besonders aber mußte man den Bischof Franz Egon von Straßburg verhindern, hier Fuß zu fassen. Endlich erhielt Markgraf Ludwig Wilhelm die Landvogtei, der Türkenlouis, dem man die Fähigkeit zutraute, sie sicher zu schützen, und so blieb sie bei Baden-Baden, bis das Haus ausstarb. Dann zog Österreich die Ortenau wieder an sich. Die Städte dehnten darauf ihren Bund dahin aus, daß sie auch alle Zwistigkeiten zwischen Magistraten und Gemeinden untereinander schlichten wollten. Es kam darüber zu einem neuen Prozeß vor dem Reichskammergericht.
Dieses war ja auch für die geringfügigsten Streitigkeiten die oberste, in vielen Fällen überhaupt die erste Instanz. Bei der vielberufenen Langsamkeit seines Verfahrens wurde dieser ursprüngliche Vorteil ihrer Reichsunmittelbarkeit den Städten bald lästig, und oft wandten sich die Untertanen an die Gerichte der Landvogtei. Zwar erlangten die Obrigkeiten der Landstädte noch einmal 1778 auf die Klage ihrer Untertanen den Bescheid, daß sie keinem anderen Gerichte als dem Kammergerichte unterworfen seien, aber, wie Gothein bemerkt, schon die Tatsache des Prozesses bewies, daß die. bevorrechtete Stellung der kleinen Reichsstädte nicht nur wertlos, sondern lästig geworden war.
Auch in den inneren Zuständen finden wir den gleichen Kräfteverfall. Der alte Zwist zwischen Patriziat und Zünften, die Streitigkeiten mit dem Kloster schleppten sich immer weiter fort, immer schwebte ein und der andere Prozeß zwischen dem Kloster ind der Stadt bei dem Reichskammergericht. 1612 machte der energische Abt Georg nochmals Anstrengungen, die sämtlichen verlorenen Rechte, auch den Leibfall, wieder zu erhalten, das Mannengericht wiederherzustellen, und in letzterer Hinsicht erhielt er einen günstigen Bescheid. Dann versuchten die Bürger dem Abt vorzustellen, da aller Adel ausgestorben oder fortgezogen, solle der Schultheiß künftig aus den Bürgergeschlechtern ernannt werden; der Abt aber ernannte statt dessen einen fremden Adeligen, einen Herrn von Scheidt, der neue Unruhe in die Stadt brachte und die Bürgerschaft gegen den Rat zu organisieren suchte, bis er von einer kaiserlichen Kommission abgesetzt und zu lebenslänglicher Haft nach Ortenberg abgeführt wurde. Und so ging es weiter. Einiges hatte die Stadt erlangt; so schon 1567 die Forsthoheit in den Allmenden; 1597 hatte der Rat bezüglich des Güterfalls verlangt, er müsse endlich genau wissen, welche Güter fallbar wären, und der Abt auch die Herstellung eines genauen Urbars versprochen. Über ein derartiges Hin und Her aber kam man nicht hinaus; der kleineren Zänkereien nicht zu gedenken. Aus den oft zitierten Protokollen wissen wir, wie manches räudige Schaf unter den Klosterinsassen war, und da mag es genug Grund zur Beschwerde gegeben haben. Aber wir dürfen die Mönche in dieser Zeit allgemeiner Verwilderung nicht mit zu großen Vorwürfen belasten, denn auch in der Stadt ging es, weiß Gott, derb genug her. Vergehen gegen das sechste Gebot, Prügeleien in der Trunkenheit, Stechereien - sie waren an der Tagesordnung und beschäftigten fortwährend den Rat. Wie überall in Deutschland, brachte auch erst das 18. Jh. eine allmähliche Milderung der Sitten und stellte einen friedlichen Zustand in der Stadt her.
1718 ging man daran, unter kaiserlicher Bewilligung die Zünfte neu zu errichten. Aber die Handwerker mußten zum Bauer gehen, um Aufträge zu erhalten. Joseph II. mußte dann in einer stattlichen Urkunde der Krämerzunft bestätigen, daß die Untertanen des Gebiets nur bei Gengenbacher Krämern kaufen dürfen, bei schwerer Ahndung. Das waren die letzten Angelegenheiten von großer Wichtigkeit.
So war es Zeit, daß dieser Zustand aufhörte, und es konnte als eine Erlösung gelten, als Gengenbach 1803 badisch wurde.
Römisches:
s. Corpus inscript. Rhen. Nr. 1681. Auf dem Castelberge stand noch 1751 eine römische Votivsäule, von wo sie der Reichsprälat 1811 in den Garten der Abtei bringen ließ. Bei der Aufhebung des Klosters kam sie nach Baden und von da 1858 in die Karlsruher Sammlung (C 42, Fröhner 43). Der Schaft ist mit Blättern des Pinienapfels verziert; er steht auf einer quadratischen Basis mit jetzt beschädigter Inschrift, die ungefähr lautete:
Bæbius Baebiique filii s. v. l. (?)
Was oben auf der Säule stand, läßt sich nicht mehr bestimmen. (W.) Außerdem wurden eine Anzahl Münzen hier gefunden, s. K. Bissinger, Funde röm. Münzen im Großh. Baden, Karlsruhe 1889, S. 18.
Über die Befestigung der Stadt und des Klosters liegt ein Bericht von Placidus Künstle (1700 bis 1785) vor, der teils nach Augenschein, teils nach alten Nachrichten die angeblich römische Festung, in der Tat aber die mittelalterliche beschreibt:(19)
"Die römische Festung zu Gengenbach bestund aus der Area oder dem innern Hof, oder ebenen Platze, der vermuthlich der Waffenplatz für die römischen Soldaten war. Dieser ebene Platz war in der Runde mit einer sehr hohen Mauer umgeben, die an gehörigen Orten mit Rondellen und Bastionen versehen war: außer dieser Mauer war gegen Morgen - ein breiter Graben oder der Bach Gengenbach mit einem Schleußen; über diesem Graben der untermauerte Wall, an dessen Spitze oder Ecken runde Thürme stunden, dieser Wall erstreckte sich mit dem äußersten Graben bis an den Berg: wo dieser Wall war, sind heut zu Tage ablehns gelegene Gärten, der Graben aber ist Mattfeld oder Wiesen.
Gegen Mittag war über der innern hohen Mauer ein Zwinger, welcher mit einer etwas niedrigen Mauer und außerhalb mit einem von Quadersteinen gefütertren Wassergraben umgeben gewesen; außer diesem Graben war endlich der untermauerte Wall mit seinen Thürmen, der sich mit seiner Glaßie oder ablehnenden Verdachung bis an den Kinzig-Fluß ausdehnte; jetzt sind Gärten daselbst angepflanzt. Gegen Abend war die Befestigung des Platzes die nämliche wie gegen Mittag, nämlich die innere hohe Mauer, der Zwinger, die niedere Mauer mit ihrem Graben, und der Wall mit seinen Thürmen und der Glassie.
Fig. 189. Inschrift an der Mauer beim Prälatenturm in Gengenbach
Dieser Thurm, um der Ausfälle wegen, und die Festung mit dem Schlosse zu verbinden, hatte in dem untersten Stockwerk rechter Seite eine Thür, und eine andere linker Seits. Oberhalb hatte er auch die dritte Thür, um die wandelbare Brücke (Zugbrücke) über den Graben von dem entgegengesetzten Thurm aufzunehmen: der letztere Thurm ist noch einseitig zu sehen; der erstere aber, welcher schon lange bis auf besagtes Stockwerk zerstört worden, ist vor wenigen Jahren auf Befehl des Stadtraths ausgegraben worden. Das Castell (Schloß auf der Höhe des Berges), von welchem der Berg den Namen Castellberg hat, war ein römisches Standquartier, und mit einem Bergtempel des Jupiters geziert; nachdem aber dieses zerstört worden, so ist statt dessen eine christliche Kapelle denen heil. Jungfrauen Eimbetha und Cordula geweihet, nachgefolgt, welche noch heut zu Tage zu sehen ist."
Von Wichtigkeit ist dann noch eine weitere Notiz Kolbs(20), die er wohl ebenfalls Placidus Künstle entnommen hat, daß nämlich der Bischof Heinrich von Stahleck "1240 zu Gengenbach innerhalb gegen die Häuser von dem innern Thor bis zum obern an der hohen Mauer Schwibbogen" baute "und obenher einen Gang, um das Sturmlaufen des Feindes durch die Schlitzlöcher der Mauer zu verhindern". Letztere Begründung ist nicht recht klar; um Schießscharten kann es sich bei diesen Schlitzen kaum handeln, der Zweck war wohl überhaupt, ein Berennen der Mauer und Aufbrechen derselben mit den derzeit neuesten Verteidigungsmitteln zu verhindern. Die Notiz ist wichtig, weil wir uns nach ihr wohl vorstellen dürfen, daß die Stadtbefestigung am Anfange des 13. Jhs. nicht sehr glänzend war, vielleicht nur aus einer Mauer bestand, und daß damals eine durchgreifende Verbesserung stattfand.
Fig. 190. Plan der Stadt Gengenbach mit eingezeichneter Mauer
Wir werden sehen, daß dieser einige dernoch heute stehenden Türme wenigstens in ihren Grundmauern angehören. Anderthalb Jahrhunderte später haben aber auch diese Anlagen nicht mehr genügt, man erneuerte sie von Grund aus, so daß man glaubte von einem völligen Neubau reden zu können, wie es die in der Nähe des Prälatenturmes eingemauerte, in Fig. 189 im Faksimile wiedergegebene Inschrift beweist, die wir wohl richtig lesen dürfen: "Anno Domini 1384 XII calendas maij inceptus est circuitus huius civitatis."
Dem Ende des 14. und dem 15. Jh. verdankte die Stadt wohl die in obiger Beschreibung Künstles wiedergegebene Anlage, welche auch heute noch in dem Plan der Stadt deutlich erkennbar ist (s. Fig. 190). Aus dem ersten Jahrtausend war gegeben das Klosterareal, der vor seinen Mauern liegende Marktplatz und die durch die Stadt durchführende Kinzigtalstraße. Die östliche Hälfte wurde von dem Kloster und seinen Gebäuden eingenommen, das durch eine einen Knick bildende Mauer, die genau an der Ostwand des heutigen Rathauses herführte, von der Stadt abgeschlossen war. Nach außen wurde es von der Fortführung der Stadtbefestigung umfaßt. Diese bestand hier nur aus einer Mauer mit einem Graben, durch den der Gengenbach strömte, dann folgte der untermauerte Wall, "an dessen Spitze oder Ecken runde Türme standen", und dann nur im nördlichsten Teil noch ein äußerer Graben, auf den man im südöstlicheren Teil der Nähe des Berges halber verzichtete. Den Klosterbezirk durchfloß der Mühlbach von Norden nach Süden, am Ein- und Ausfluß dürfen wir besondere Schutzvorrichtungen vermuten(21). Eine Schleuße oder Stauvorrichtung, da wo der Gengenbach den Graben verließ, diente dazu, denselben unter Wasser zu setzen.
Fig. 191. Stadtbefestigung Gengenbach im Südwesten
Gegen Süden, Westen und vermutlich auch im Norden (nur die nordöstliche Seite wird durch den Gengenbach geschützt und nur auf sie bezieht sich die Notiz Künstles über die Befestigung gegen Mitternacht) war die Stadt durch eine reichere Anlage geschützt, durch die eigentliche Mauer, den vor ihr liegenden Zwinger mit einem Rinnsal, dann folgte die Zwingermauer, welche mit einer vor ihr liegenden durch die aus Zwinger und Graben aufgehäufte Erde eine Verteidigungslinie bildete (die niedere Mauer), hierauf folgte ein Graben, der wohl aus der Kinzig gespeist wurde, und dann der Wall mit seinen Türmen und vorgelagertem Glacis. Noch heute ist im Südwesten diese Befestigung erkennbar (s. Fig. 191). - Nach Künstle scheint indes auch der über Gengenbach sich erhebende Berg mit der Einbethenkapelle befestigt und an die Stadt angegliedert gewesen zu sein, was allerdings für deren Sicherheit unerläßlich war. Und so dürfen wir ihm wohl Glauben schenken. Eine Mauer umzog ihn mit Rondellen, und unten vermittelte wohl in der Nordostecke der Zugbrückenturm über dem Einlauf des Mühlbachs die Verbindung mit der Stadt. Der Turm wurde 1643 (siehe Feinleins Bericht) verbrannt. Es scheint nach Künstle, daß man im 18. Jh. diese nun unnötig gewordene Anlage abtrug.
Fig. 192. Stadtmauer mit Rodell, sogen. Schwedenturm Gengenbach
Von diesem geschilderten Befestigungskreis ist die ganze Anlage im Süden der Stadt in der Gestaltung des Terrains noch erhalten, auch die Reste der Zwingermauer noch zu sehen. Sie war aus Bruchsteinen mit Mörtelverband errichtet. Im Südosten und im Westen sind die Spuren verwischt, während im Norden die eigentliche Mauer selbst, vom Haigeracher Tor west- und ostwärts, noch ca. 3 m hoch gut erhalten und als Außenmauer für die hier stehenden Häuser benutzt ist. Sie besteht ebenfalls aus Bruchsteinmauerwerk, in ihrem westlichen Teil wird sie unterbrochen von einem halbrunden Turm, der nach innen offen ist, also einem Rondell, dem sogenannten Schwedenturm (s. Fig. 192). Sein oberes Stockwerk ist auf Holzbalken ein wenig vorgekragt und mit einem polygonalen Ziegeldach gedeckt. An den Resten der Mauern innen, soweit sie freistehen, sieht man noch Konsolen, die wohl für die Holzstützen des auch hier zweifellos vorhandenen Wehrgangs angebracht waren. Von den Schwibbogen, von denen die obige Notiz spricht, ist hier nichts mehr zu sehen.
Etwa 2 m vor dieser Mauer finden sich die Reste einer zweiten, also wohl der Zwingermauer, in der Südseite des Hauses Nr. 17; ihre Ecke war mit Bossenquadern bekleidet. Auch die Reste einer dritten Mauer haben sich bei baulichen Arbeiten gezeigt. Die Grabenstraße, die sich in entsprechender Entfernung in der gleichen Richtung wie die Mauer herumzieht, wird, wie ihr Name sagt, dem ehemaligen Graben entsprechen. Die Mauerzüge lassen sich nach Westen verfolgen bis zum Hause Nr. 17 der Hauptstraße, das in seinem Holzwerk noch den alten Wehrgang besitzen dürfte. Im Südwesten, im Keller des Herrn Bühler, sind wieder Reste der früheren inneren Stadtmauer mit ihren Bossenquadern erkenntlich, 12 m westlich vor ihnen in den Westmauern des Bühlerschen Hauses die Reste der vorderen Mauer. In den hier gelegenen Gärten ist der alte Graben, die Stadtmauer und die Futtermauer des inneren Walles nachzuweisen. Am Ausfluß des Gewerbekanals wieder Spuren, hier auch - aber neu eingemauert - eine Jahreszahl 1657.
Am besten erhalten ist die östliche Mauer in dem Prälatengarten, mit einem ähnlichen Rondell wie der Schwedenturm, dem später zu einem Gartenhaus umgebauten Prälatenturm. In ihrem südlicheren Teil zeigt sie in 1,80 - 2 m Höhe einen Mauerabsatz, der als Wehrgang diente und 0,70 m breit ist. In 1,10 m Höhe darüber, also in normaler Brusthöhe, war die Mauer durch später zugemauerte, 1 m breite Öffnungen unterbrochen, die also bequemen Schuß gestatteten (s. Fig. 193, wo die spätere Füllmauer der Öffnungen weggelassen ist). Diesen Wehrgang haben wir uns durch ein Dach auf Holzstützen gedeckt zu denken. Anders die Vorrichtung zum gleichen Zwecke im nördlicheren Teil dieser Mauer. Hier sind ihr kräftige Pfeiler vorgelegt(22), über denen wohl Bogen gewölbt waren, die den hölzernen Wehrgang trugen.
Fig. 193. Wehrmauer im Prälatengarten in Gengenbach.
Der Prälatenturm, ein nach innen offenes Mauerrondell, aus dem gleichen Bruchsteinwerk wie die Mauer, mit einem Zeltdach gedeckt, ist im 18. Jh. durch das Einbrechen geradsturziger Fenster, durch Einziehen von Zwischendecken und einer Abschlußmauer nach innen zu einem Gartenhaus umgeändert worden. Er war 1643 unterminiert und ruiniert worden. In seinem Erdgeschoß noch drei viereckige Schießscharten aus den Zeiten seiner ursprünglichen Bestimmung. Hier ein grottenartiger Bewurf mit kleinen Steinchen, am Plafond in Stuck das Auge Gottes. Im nächsten Stockwerk eine Ausmalung mit Landschaften, das zweite Geschoß zeigt ebenfalls eine Kinziglandschaft, das dritte ist mit einem schmiedeeisernen Balkon versehen, dessen Monogramm auf Abt Benedikt Rischer (1743 bis 1763) als denjenigen hinweist, der aus dem alten Festungswerk dies lauschige Plätzchen geschaffen. In einer Nische neben seinem Erdgeschoß, wo die obencitierte Inschrift, Reste einer mittelalterlichen Wandbemalung mit Rankenwerk.
Fig. 194. Niklasturm in Gengenbach.
Während wir im Klosterbezirk kein Tor nach außen nachweisen können - der Zugang scheint durch die Stadt erfolgt zu sein -, öffnete sich der Stadtbezirk in dreien, wovon zwei noch erhalten: das Obertor oder Haigeracher Tor im Norden, das Kinzigtor im Süden und im Südwesten das heute nur noch in der Stadtanlage erkennbare Offenburger Tor. Etwas südlich von ihm der in einige Meter Entfernung von der Stadtmauer errichtete, stattliche Nikasturm(Fig. 194), der von einer früheren ausgedehnteren Toranlage, mit Vorhof etc., zeugt (Fig. 194). Der Turm hat seine heutige Gestalt erst im Laufe der Zeiten erhalten. Wohl noch der Stadtbefestigung um 1400 gehört der untere Teil von quadratischem Grundriß an, der zwei Drittel der ganzen Höhe ausmacht. Es ist ein Bau von Bruchsteinen mit gut gearbeiteten Bossenquadern an den Ecken. In seinen drei Geschossen über dem Keller weist er Schießscharten auf, den üblichen geraden Schlitz von etwa 45 cm Breite(23) und 1,10 m Höhe, und einige später eingebrochene geradsturzige Fenster mit hohlgekehltem Gewände. In das erste Stockwerk führt (jetzt aus dem Haus, an das der Turm angebaut ist) eine geradsturzige Tür mit Hohlkehlen und Volutenablauf, also ausgesprochen 16. Jh. Das Innere ist später verändert, Mauern sind eingezogen worden, auch Holzwände dienen zur Abscheidung verschiedener, ehemals als Gefängnis dienender Räume. Dann geht der Turm in der auf der Zeichnung ersichtlichen Weise zum Achteck über (s. Fig. 195). Im Innern vermitteln in den vier Ecken herübergespannte Flachbögen diesen Übergang und dienen als Stützbögen für die aufsetzenden Achteckseiten.
Fig. 195. Vom Niklasturm in Gengenbach (Aus Schauinsland XXII, S. 27)
In dem ersten Achteckgeschoß teils geradsturzige Fenster, teils große rundbogige Öffnungen. Auf der einen Seite unter dreifacher Bogenbekrönung, in der ein phantastischer Kopf und über der drei Kugeln angebracht sind, in vertieftem, umrahmtem Felde das Wappen der Stadt Gengenbach mit der Inschrift (Fig. 195):
An der entgegengesetzten Seite auf Steinplatten vorkragend ein Abort mit Fenstern. Darüber auf Konsolen, die an bedeutenden Stellen fratzenartig ausgebildet sind, ein Rundbogenfries, der die Maßwerkbrüstung trägt, welche den durch Zurücktreten des obersten Stockwerkes entstandenen Umgang schützt. Geradsturzige Fenster erhellen es, deren abgetreppte Gewände in kleinen Voluten endigen, die, sichtlich nicht ursprüngliche Tür mit ähnlichem Volutenablauf und vorgelegten Pilastern. Am Sturz die Jahreszahl:
Das gleiche Steinmetzzeichen findet sich noch fünf- oder mehrmal (s. Fig. 217). Der Bau ist aus Bruchsteinen, mit Bossenquadern (Sandstein) an den Ecken des viereckigen Teiles, glatt behauenen am Achteckaufbau. Seine Mauern sind im Keller ca. 2,40 m stark. Sie verringern sich durch jeweiliges Zurückspringen (von 20 - 9 cm) für das Auflagern der Balken in jedem Stockwerk bis oben. Im obersten Geschoß beträgt die lichte Weite, von Achteck- zu Achteckseite gemessen, ca. 6 m. Die Innenwände zeigen überall noch Reste ihres Bewurfes. Bedeckt wird der Turm von einem hohen, einmal geknickten, ziegelgedeckten Zeltdach, das von einem Kamin durchbrochen wird und in einer zwiebelförmigen Glockenlaterne endigt. Das Glöckchen ist leider unzugänglich, wie ich höre, stammt es aus dem 19. Jh. Aus der ganzen Betrachtung ergibt sich, daß der Turm am Ende des 16. Jhs. eine durchgreifende Erneuerung erfahren hat; damals mag erst das Achteckgeschoß aufgesetzt worden sein, während das Dach und insbesondere die Glockenlaterne dem 18. Jh. entstammen. Eine Jahreszahl 1727 an dem (älteren) Abort gibt wohl das Datum der damaligen Renovation.
Fig. 196. Kinzigtorturm in Gengenbach.
Auch der im Süden der Stadt gelegene Kinzigtorturm (s. Fig. 196) hat sein Dach erst in späteren Zeiten erhalten. Er ist, wie ja fast alle solche Bauten, aus Bruchsteinmauerwerk errichtet mit Sandsteinbossenquadern an den Ecken und dürfte in seinem Kerne noch dem 13. oder 14. Jh. angehören(24). Die Torhalle ist von einem Kreuzrippengewölbe mit Kreisschlußstein gedeckt, die Wände des Torwegs bestehen aus Sandsteinquadern. Nach der Kinzig zu ist die Toröffnung spitzbogig, auf einfach abgeschrägten Kämpfern, hinter dem vorderen Bogen der Schlitz für das Fallgitter. Nach der Stadtseite ist ein Vorbau vorgelegt (s. Fig. 197), der die Verbindung zu den beiderseitigen Wehrgängen bildete und zugleich den Zugang zum ersten Turmgeschoß; dieser Gang ist durch ein Pultdach auf Holzstützen gedeckt. Nach der Stadt zu öffnet sich das Tor in gedrücktem Rundbogen mit Kielbogenendigung ohne profilierte Kämpfer. An den Bögen und im Torweg die Steinmetzzeichen:
Nach außen im Erdgeschoß zwei Schlüsselscharten, ebensolche weiter oben nach Süden, Osten und Westen; im dritten Turmgeschoß deuten zwei große Konsolen auf eine ehemalige Abortanlage oder eine Pechnase. Das oberste Geschoß des Turmes öffnet sich in großen Spitzbogenfenstern, nach der Stadtseite zu zwischen ihnen das Zifferblatt einer großen Uhr, natürlich nicht mehr dieselbe, von der wir 1385 hören. Darüber das steile Pyramidendach mit dem kleinen Glockentürmchen, dessen Glöckchen nach unkontrollierbarer und unwahrscheinlicher Dachdeckeraussage die Jahreszahl 1221 tragen soll.
Fig. 197. Kinzigtorturm in Gengenbach, Erdgeschoß.
Nach jeder Seite tritt ein mit einem Obelisken und Giebel bekrönter Erker aus Riegelwerk auf Konsolen vor das Dach vor. Hier oben befand sich die Türmerwohnung, von hier aus wurden die Stunden ausgerufen; noch wird hier das Wächterhorn aus Messing mit der Jahreszahl 1718 aufbewahrt. Die Höhe des Turmes (etwa 14 m bis zum Dachanfang) gestattete einen weiten Ausblick in das Tal. Nach allem ist es nicht unwahrscheinlich, daß der Turm im 14. Jh. erbaut worden ist, um 1400 wurde ihm der Vorbau zur Verbindung mit dem Wehrgang vorgelegt, Ende des 17. Jhs. erhielt er sein heutiges Dach mit den Erkern.
Fig. 198. Obertor oder Haigeracher Tor-Turm in Gengenbach.
Bedeutend niedriger als er der Obertor- oder Haigeracher Tor-Turm am Nordausgang in das Oberdorf und weiterhin in das Haigeracher Tal. Auch er aus Bruchsteinen mit Mörtelbewurf, an den Ecken Sandsteinbossenquader (s. Fig. 198). An der Südseite und von da jeweils bis zur Hälfte der Ost- und Westseite zieht sich ein Vorbau herum, der eine Holzgalerie mit Pultdach trägt und auf den an der Südseite eine Rundbogentür hinausführt, der Eingang zum Turm; das Ganze die Verbindung mit dem Mauer-Wehrgang. Das Tor öffnet sich in gedrücktem Spitzbogen(25), nach außen der Mauervorbau und der Schlitz für das Fallgitter. Der flachgedeckte Torweg ist bis zu Manneshöhe aus guten Sandsteinquadern gebildet; an Steinmetzzeichen finden sich:
Nach Norden und Süden Schießscharten, der einfache Schlitz mit Kammer, also wohl für Armbrüste, ebenso nach Osten und Westen zur Beschießung der Mauer, außerdem spätere Schlüsselscharten. Mit Ausnahme letzterer dürfte der Turm noch dem 13. Jh. entstammen, das Obergeschoß mit den im Flachbogen geschlossenen großen Fenstern und das einmal geknickte, achtseitige, hohe, ziegelgedeckte Pyramidendach verdankt er wohl erst dem Ende des 17. Jhs., wenn nicht dem 18. Seit etwa einem Jahre ist die ehemalige Brüstung des Vorbaues durch die schöne Holzgalerie mit Balustersäulchen vom Pfaffschen Hause ersetzt worden. Das Innere ist durch Holzdecken in vier Stockwerke geteilt. Nach der Stadtseite zu finden wir neu gemalt in mächtiger Rocaillekartusche das Gengenbacher Wappen an Stelle eines früheren schlichteren. Im ersten Obergeschoß an der Scharte die Ausarbeitung für die Winde, mit der die Kette des Fallgitters bewegt wurde. Vor dem Tor eine Wachtstube des 17. oder 18. Jhs. Endlich sind bei Grabungen auf der Straße ins Oberdorf die Spuren des vorderen Tores, also die Ausdehnung der ganzen Toranlage zu Tage getreten.
Kirchliches. (Kloster.)
Literatur:
Nomina Fratrum de Kenginbach. Liber Confraternitatum. Mon. Germ., S. 75, 76, 214.
Ruppert, Abt Friedrich von Keppenbach und der Versuch, das Kloster Gengenbach in die Hände der Grafen Anton von Salm zu bringen, FDA. XVI, S. 196 - 215.
Franck, Zur Gesch. der Abtswahl des Friedrich von Keppenbach, FDA. VII, S. 83 - 105.
Fr. Zell, Die Säkularisation der Reichsabtei Gengenbach, FDA. VI, S. 297 - 316.
Petrus, Suevia ecclesiastica, S. 346 - 348.
Crusius, Annales Suevici I, S. 347.
Grandidier, Hist. de l’église de Strasbourg et des évêques-princes I, S. 421 - 423.
Oeuvres historiques inédites I (Colmar 1865), S. 174 - 178.
Gerbert, Hist. Nigrae Silvae I, S. 62 ff., 133 ff., 297 ff.; II, S. 47, 145, 236 ff.; III, S. 236.
Rettberg, Kirchengesch. Deutschlands II, S. 84.
Friedrich, Kirchengesch. Deutschlands II, S. 536 ff.
Gothein, Wirtschaftsgesch. des Schwarzwaldes I (Straßb. 1892), S. 21, 141, 207 - 308.
Georg Hager, Die romanische Kirchenbaukunst und Schwaben (München 1887), S. 29, 30.
C. H. Baer, Die Hirsauer Bauschule (Freiburg 1897), S. 52 - 56.
Kolb, Lexikon von dem Großherz. Baden I, S. 363 - 371.
Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großh. Baden I2, S. 689 - 700 (hier auch eine zuverlässige Abtsliste).
Alte Ansicht des Klosters samt der Einbethkapelle auf einem ehemaligen Altarblatt dieser Kapelle ca. 1690 (Abb. in Schauinsl. 20, S. 17) und auf einem Ölgemälde in Privatbesitz.
Die in ihren Anfängen offenbar bedeutende und reich dotierte Abtei Gengenbach hat weder auf dem Gebiet der Wissenschaften noch auf dem der äußeren Geschichte Hervorragendes geleistet; um so bemerkenswerter ist ihre Rolle in wirtschafts- und verfassungsgeschichtlicher Hinsicht, in die uns verhältnismäßig reichhaltiges Aktenmaterial einen guten Einblick gestattet. Eine treffliche, zusammenfassende Darstellung nach dieser Seite hat Gothein geliefert; eine allgemein geschichtliche Würdigung fehlt hingegen noch vollständig. Nicht als ob die Vergangenheit dieser Abtei, die schließlich für den Ortenauer Adel ein geistiges und materielles Zentrum bildete und deren Schicksale während der Reformation von typischem Charakter sind, nicht bedeutsam genug wäre, auch fließen die Quellen reichhaltig genug, so daß die Entwickelung für jedes Jahrhundert vom 11. Jh. ab fast lückenlos daraus aufgebaut werden kann. Für die Zeit des Investiturstreites sind wichtig die aus dem 12. Jh. stammenden kaiserlich gefärbten Annales Gengenbacenses; einen Querschnitt der rechtsgeschichtlichen Entwickelung aus der ersten Hälfte des 13. Jhs. geben die Acta Gengenbacensia. Noch reichhaltiger wird das Material in den turbulenten Zeiten des 16. Jhs.; vom 17. Jh. ab bilden dann die von dem jeweiligen Prior zu führenden Protocolla(26) eine schätzbare, wenn auch nicht ganz lückenlose Chronik, zu der vor allem Prior und späterer Abt Thalmann (1661 bis 1681), Hieronymus Ziegler, Prior von 1681 bis 1694 (mit Kürzungen benutzt von P. Gallus Mezler, FDA. XIV, S. 159 - 215), Prior Nazarius Pistorius (bis 1703), Prior Huber und besonders Prior Augustinus Dornblüth (von 1703 bis 1725) beigesteuert haben. An wertvolleren geschichtlichen Aufzeichnungen sind von diesen Klosterchronisten größtenteils wörlich aufgenommen die anschaulichen Berichte des Priors Leonhard Feinlein sowie die für den Stand der Klosterdisziplin besonders beachtenswerten Protokolle des Capitulum triennale der Straßburger Benediktinerkongregation.
Als Gründer des Klosters Gengenbach wird in dem ältesten Zeugnis, einer von Crusius und Grandidier(27) publizierten, bezüglich ihrer Echtheit aber stark angezweifelten Urkunde Karls des Dicken (ca. 885), Ruthardus dux genannt. Nach den Gengenbacher Annalen starb dieser Herzog, dem auch die Gründung des Klosters von Schwarzach zugeschrieben wird, gegen 756 und fand wie seine Gemahlin Irmensinde und ein minderjähriges Söhnchen in dem von ihm ins Leben gerufenen Kloster seine letzte Ruhestätte; die Schutterner Chronik gibt ihm den Titel dux Alsatiae und comes a Zeringe. Dieser Rudhard scheint der fränkische Gaugraf gewesen zu sein, dessen Stellung zum fränkischen Reich nach Mone(28) auch die Bezeichnung Herzog rechtfertigen kann, während der Umstand, daß die Zähringer gleichfalls eine Grafschaft in der Ortenau besaßen, es verständlich macht, daß die Überlieferung ihn zu einem Abkömmling dieses Dynastengeschlechtes machte. Eine weitere Tradition schreibt die Gründung auch noch dem h. Pirmin zu(29); die beiden Angaben widersprechen sich an und für sich keineswegs, da die Stiftung Rudhards bezüglich der Art ihrer Ausführung von Pirmin beeinflußt sein konnte, wenngleich gesagt werden muß, daß auf diesen Reformator des alemannischen Mönchtums schlechthin die Anfänge fast aller alten Klöster in dieser Gegend, nicht immer mit sehr viel Recht, zurückgeführt wurden. Da Pirmin 727 die Reichenau verließ und nach dem Elsaß sich wandte, alia instructurus coenobia, so setzt man die Gengenbacher Gründung nach diesem Zeitpunkt an. Damit fiele von selbst die spätere Annahme einer Bestätigung dieser Gründung durch Chilperich II. (715 bis 720). Ist durch sehr alte und zuverlässige Gengenbacher und Schutterner Quellen der nahe Zusammenhang Rudhards mit dem Kinzigkloster zur Genüge bezeugt, so kann es doch auffallen, daß das älteste Dokument, die Verbrüderungsliste im Reichenauer Liber Confraternitatum, den Namen Rudhardus nicht enthält, wie man erwarten sollte.
Patronin des Klosters war die Gottesmutter, wie bei der Mehrzahl der fränkischen Stifte des 8. und 9. Jhs. Auch die Klosterkirche ist in honorem S. Dei Genitricis geweiht, später begegnen uns aber noch als patroni secundarii die beiden gleichfalls in fränkischer Zeit sehr beliebten Apostelfürsten Petrus und Paulus. Älter wohl noch als die klösterliche Niederlassung ist die Leutkirche S. Martin, deren Patron gleichfalls auf frühfränkischen Ursprung hinweist. Sie war und blieb von Anfang an die Pfarrkirche des bürgerlichen, später städtischen Gemeinwesens, das, wie sich schon aus dieser kirchlichen Zuständigkeit ergibt, vor der Klostergründung sich bereits gebildet hatte und offenbar an eine römische Niederlassung anknüpfte. Der Kastelberg mit seinem sehr wahrscheinlich eine heidnische Kultstätte ersetzenden Einbeth- oder Jacobuskirchlein hält die Erinnerung an das römische Castrum noch heute fest; Kleinfunde wie Münzen und ein Jupitervotivstein, der lange Zeit als Fuß der hölzernen Stütze der Emporenbühne in der Klosterkirche diente, sind weitere untrügliche Zeugnisse für eine längere Anwesenheit der Römer. Schulte hat darauf hingewiesen, daß in den Nachbartälern die römische Bevölkerung überhaupt sich erhalten hat(30); daher erklärt sich wohl das Vorkommen einer größeren Zahl unverkennbar römischer Namen in der Verbrüderungsliste des Gengenbacher Klosters. Aber auch angelsächsische Namen sind darin nicht selten, wie auch in den Listen anderer Klöster aus dieser Zeit. Es ist wohl anzunehmen, daß an der ersten Besiedelung dieser Niederlassung und überhaupt in den ersten Jahrzehnten das iro-schottische Element hervorragend beteiligt war. Die Volksbezeichnung "Schotten" für die Mönche scheint wie anderwärts auch hier üblich gewesen zu sein und sich noch im Ortsnamen Schottenhöfe im Harmersbacher Tal erhalten zu haben.
Die ersten zwei Jahrhunderte der Klostergeschichte sind für uns nahezu ganz tot. Wir wissen nur aus den Annales Laureshamenses (S. 28), daß Chrodegang 761 aus der Musterabtei Gorze bei Metz Mönche nach Gengenbach (monasterium Hrodharti) sandte, augenscheinlich um die Chrodegangsche Observanz einzuführen. Wertvolle Anhaltspunkte, die Bedeutung des Ortenauer Klosters und die Zahl sowie die nationale Herkunft seiner Insassen kennen zu lernen, geben die Listen im Reichenauer Verbrüderungsbuch (die älteste ca. 830; eine spätere vor 949). Aus ihnen läßt sich auch mit einiger Sicherheit die Reihenfolge der Äbte während des 9. Jhs. feststellen. Es sind Germundus (ca. 815 bis 825)(31), Alframnus (ca. 825 bis 828), Emilo, Adalhelm, Lando, Thomas (noch vor 925). Die traditionelle Liste beginnt mit Rustenus oder Rusterno, von dem aber außer dem Namen nichs weiter bekannt ist; sie enthält dann nach den Äbten des Verbrüderungsbuches noch 49 Namen, die teilweise in die Schutterner Liste übernommen worden sind, so daß die Annahme sich bilden konnte, daß im 10. Jh. die zwei Ortenauer Klöster zeitweilig die gleichen Äbte hatten. Erst vom J. 1027 ab bewegt sich die Abtsliste, auch bezüglich der zeitlichen Ansetzung der einzelnen Prälaten, auf festerem Boden.
Eine wichtige Veränderung in der hoheitsrechtlichen Stellung des Klosters vollzieht sich i. J. 1007, insofern aus der bisher kaiserlichen Abtei Gengenbach ein bischöflich bambergisches Kloster wurde. Heinrich II. vergabte Gengenbach mit noch anderen alemannischen Klöstern an das neugegründete Bistum (nostri quondam iuris abbatiam Genginbah dictam in pago Mortenova sitam in comitatu Hessini comitis)(32), so daß von da ab jeder neugewählte Abt von dem Bamberger Bischof mit den Temporalia belehnt werden mußte. Später wird das Lehensverhältnis in die Zahlung von 500 fl. und Erfüllung einiger Formalitäten umgewandelt. Diese nahe Beziehung zum salischen Kaiserhaus und dessen Lieblingsgründung warf die Abtei Gengenbach mitten hinein in die unseligen Wirren des Investiturstreites und hatte zur Folge, daß wiederholt Äbte im Widerspruch gegen Rom und gegen einen Teil des Konventes von Heinrich IV. ernannt wurden. So kam nach Azelins Tod (gest. 1074) Ruotpertus, der als Abt der Reichenau von Gregor VII. abgesetzt und schließlich wegen hartnäckiger Renitenz exkommuniziert worden war, durch den Kaiser als Abt nach Gengenbach. Hier wurde er aber schon 1075, 12. Dezember, im Streit mit zwei Lehensherren in Andersbach (Entersbach), die gegen des Abtes Willen eine Mühle bauen und sonst noch die klösterlichen Rechte beeinträchtigen wollten, zusammen mit seinem Kaplan erschlagen(33). Das Urteil über ihn ist bei Freund und Feind ziemlich einmütig in die Anklagen wegen skrupelloser simonistischer Bestrebungen und wegen maßloser Habgier - nummularius nannten ihn die Annales Schutterani - zusammengefaßt. Als Nachfolger Ruotperts nennen die Annalen einen Willo, der als kaiserlicher Parteigänger ebenfalls exkommuniziert, wohl nach kurzer Zeit von der päpstlich gesinnten Kommunität vertrieben wurde und als Abt von S. Jakob in Mainz endete. Statt dieses Intrusus führt Mezlers Vorlage unmittelbar nach Ruotpert Poppo auf (gest. 4. November 1083)(34). Die Wahl des nächstfolgenden Abtes fand nach den Annalen erst 1089 statt. Der Konvent war offenbar noch gespalten, denn der Propst und Kanonikus Berthold, dem die Wahl hauptsächlich zu verdanken war, entsetzte den gewählten Hugo seines Amtes und vertrieb ihn. Erst nach sieben Jahren brachte ihn Herzog Berthold (wohl von Zähringen), qui eundem locum illo tempore per violentiam obtinebat, wieder zurück zur Freude der ganzen Kommunität (1096)(35). Ein zweites Mal vertrieben, soll er um 1100 gestorben sein(36).
Wesentlich ruhigere Zeiten waren dem Kloster im 12. und einigen Jahrzehnten des 13. Jhs. beschieden. Das Hauptverdienst hieran kommt unstreitig der Hirsauer Reform zu, die Abt Friedrich, ein Schüler Theogers, aus dem Hirsauer Kloster S. Georgen stammend (gest. 1120), in Gengenbach durchführte. Dagegen dürfen wir den "Abt Marquard", von dem Trithemius(37) und nach ihm Gerbert und Grandidier(38) berichten, daß er, aus Hirsau selber mit zwölf Mönchen kommend, 1094 die Hirsauer Disziplin in dem arg verwahrlosten Kloster einführte, ins Reich unbeweisbarer Legende verweisen; sein Name fehlt sowohl im Protocollum Gengenbacense als auch in Mezlers Series abbatum. Noch heute verrät sich der von Hirsau ausgeübte Einfluß in der Bauweise und den Formen des Gotteshauses. Parallel mit der inneren Konsolidierung und strafferen Leitung der Kommunität geht ein mächtiger Aufschwung der materiellen Lage dank einer rationellen Nutzbarmachung seiner wirtschaftlichen Kräfte.
Fig. 199. Gengenbach, Ansicht der Kirche von Osten
Ein Privileg Heinrichs VI. (1231) ermöglichte großartige Rodungen, z. B. im Mooswald(39); ebenso erfolgreich war die Inbetriebnahme des Bergbaues im Mooswald, in Prinzbach und Haslach. Leider gehen die Urkunden über den Besitz des Klosters über das 12. Jh. nicht hinunter. Die älteste, die Bestätigungsbulle Innocenz’ II. vom J. 1139, nennt als geschlossenen Besitz Gengenbach, Zell, Steinach, Harmersbach, Reichenbach, den vierten Teil der Burg Geroldseck und Nordrach mit allem Zubehör, außerdem noch zerstreute Güter in der Mortenau, in Breisach, im Elsaß und in Schwaben. Für alle, die Klostergut bewohnen, wurden Immunitätsprivilegien gegeben. Hundert Jahre später (1234) werden als Grenzen des geschlossenen Besitzes von Gregor IX. Staufenberg und Fischerboden angeführt, in einer Urkunde König Rudolfs I. der Swigenstein bei Haslach und Velletürlin an der Kinzig bei Staufenberg. Innerhalb dieses Territoriums besaß der Abt zwei Teile vom weltlichen Gericht und zwei an Holz wie am Zehnten vom Allmendwald, die Fischerei in allen Gewässern, die Fälle von Freien wie Knechten und von den auf Klostergut sterbenden Fremden den Todfall. Dreimal jährlich werden diese Einkünfte ihm gerichtlich zuerkannt, zweimal darf er Branntwein ausschenken(40). Man hat dieses Klostergebiet als eigentliche Grafschaft angesehen und letztere identifiziert mit der alten ortenauischen Grafschaft Kinzigdorf. Aber eine solche Grafschaft stand dem Abt doch nicht zu: er darf den Richter nicht selber setzen, sondern nur vorschlagen, und das Recht auf Fälle erstreckt sich nur so weit als der Besitz. Und wenn in dem Weistum von 1275(41) von einem Gericht des Klosters die Rede ist, so ist es doch nur ein aus der Grundherrschaft fließendes Hofrecht, dem die Freien als Pächter oder Nießer der Allmende unterliegen, nicht ein aus dem Grafschaftsrecht sich ergebendes Gaugericht. Die Kast- und Schirmvogtei war von den Bamberger Bischöfen zuerst den Zähringern übertragen worden; nach deren Aussterben kaufte der Kaiser die Ortenauer Lehen wieder ans Reich zurück um 4.000 Mark Silber(42) (1225), so daß in Gengenbach, auf der Burg Ortenberg, in Offenburg und Mahlberg königliche Schultheiße saßen.
Mit dem zunehmenden Ansehen und Wohlstand des Klosters stellten sich auch alsbald wieder Wirrungen und Streitigkeiten ein. Sie kamen zum größten Teil von dem Nachbaradel, der oft genug die Rechte und Besitzverhältnisse des Klosters antastete. So waren die Einkünfte der vor der Stadt gelegenen Martinskirche, die für Arme und Reisende bestimmt waren, zu Anfang des 13. Jhs. wiederholt in unrechtmäßiger Weise Familienangehörigen der Äbte oder sonstigen Personen zugewendet worden, wie Mitte der zwanziger Jahre dem Scholaster von S. Thomas in Straßburg, 1233 dem Pfarrer von Harmersbach. Diesem Mißstand suchte Abt Gotfried mit größter Entschiedenheit entgegenzuarbeiten und die Kirche wieder ans Kloster zu bringen. Schon 1220, 11. März, sah sich Papst Honorius zum Einschreiten genötigt und beauftragte die Äbte von Schwarzach und Alpirsbach und den Erzpriester von Oberkirch mit der Untersuchung der vom Abt angestrengten Klage. In der Antwort dieser Kommission konnte gemeldet werden, daß die Kirche durch sie wieder ans Kloster gekommen sei. Aber schon 1225 verlieh der bekannte Konrad von Urach, Kardinal von Porto und Rufina, den man über die Rechtslage völlig getäuscht hatte, das Gotteshaus dem Scholaster Heinrich von S. Thomas in Straßburg. Ein Widerruf des Kardinals und die Bitte, der Bischof von Straßburg möge dafür sorgen, daß der Scholaster das Kloster nicht belästige, wurden einfach ignoriert und die Installation durch den Bischof mit Gewalt vorgenommen. 1226 sprach sich der Papst unumwunden zugunsten der Abtei aus und gab den Befehl zur Rückgabe der Kirche. Kritischer noch gestaltete sich der Streit, als wenige Jahre später die Martinskirche dem Pfarrer von Harmersbach wieder zugewendet wurde. Diesmal standen auch die Klöster Schuttern und Ettenheimmünster auf seiten des feindlichen Adels; ganz besonders taten sich auf dieser Seite der Erzpriester von Zunsweier und dessen Bruder, der Prior von Schuttern, hervor. Den letzteren wollte die Adelspartei im Einverständnis mit päpstlichen Kommissarien dem Kloster Gengenbach als Abt aufdrängen. Die Klosterinsassen zogen daraufhin in Prozession über Offenburg, Straßburg nach Hagenau zur Königin, um deren Hilfe zu erflehen. Der Gegenabt hatte inzwischen in das wehrlose Kloster seinen Einzug gehalten, mit seinem Gefolge dessen Vorräte und Habe geplündert und schlimmen Unfug besonders im Archiv angerichtet, wo Urkunden und Briefe der Siegel und Bullen beraubt oder ganz zerstört wurden. Als der Konvent wieder in Gengenbach erschien, mußte er sich durch den von der Königin mitgegebenen Röder den Eintritt erzwingen (1235). Es gelang ihm aber, den Pseudo-Abt zu entfernen und auch die Martinskirche wieder zurückzubekommen(43). Schon 1246 wurde das Recht des Klosters daran neuerdings angefochten. Damals wurde die Stadt im Kampfe von Bischof Berthold genommen. Der Abt aber fiel 1247 auf dem Wege nach der päpstlichen Kurie der staufischen Partei in die Hände(44).
Standen in diesen Streitigkeiten die königlichen Beamten in Offenburg und Ortenberg, denen das Reichsgut unterstellt war, durchweg auf der Seite der Klostergegner, so war es auch nicht anders in den Kämpfen um die klösterlichen Gülten und Zehnten, von denen aus der zweiten Hälfte des 13. Jhs. berichtet wird. Es scheint, daß gerade auf solche Wirrungen die Entstehung des Weistums vom J. 1275 zurückzuführen ist und daß Rudolf von Habsburg dessen Fertigstellung anordnete, um die rechtlichen Verhältnisse des Klosters klar- und gegen alle fremden Ansprüche und Eingriffe sicherzustellen. Aber noch im gleichen Jahre muß sich der König gegen seine eigenen Beamten wenden und ihnen ernstlich jede Beeinträchtung der Abtei und jede Hinterziehung von Gülten und Einkünften untersagen(45). Ein weiterer Schutzbrief erging von Heinrich VII. ums J. 1302. Bedeutend erweitert wurden die Rechte der Abtei, soweit sie in dem erwähnten Weistum normiert sind, durch König Adolf, der die Steuerfreiheit der Pachthöfe aussprach, und durch die großen Privilegien König Ludwigs des Bayern, die sich besonders gegen die Städtefreiheiten (Offenburg) richteten und die grundherrliche Gewalt des Klosters in seinem Territorium sowie die Unabhängigkeit vom Kastvogt unbedingt aussprachen. Diese weitgehenden Konzessionen wurden eine Quelle unablässiger Fehden mit den umliegenden Städten, bis später Kaiser Maximilian sie auf das richtige Maß wieder einschränkte. Schon 1337 mußte König Ludwig an die Stadt Offenburg den Befehl richten, sich mit dem Kloster zu vertragen wegen der Fälle, und als das nichts fruchtete, wurde die Reichsacht verhängt. Das Kloster mußte aber doch schließlich nachgeben und auf die Fälle sowie alle damit zusammenhängenden Rechte in bezug auf die Stadtinsassen verzichten (1343)(46).
Andere Differenzen, die allerdings das Kloster weniger als die Stadt Gengenbach berührten, ergaben sich aus der Reichspfandschaft über die Ortenau. Einen erfolgreichen Sachwalter fanden die Reichsstädte an dem Gengenbacher Abt Lambert von Burn, der 1366 ein Privileg Karls IV. erwirkte, wonach die Reichsfreiheit ein für allemal wiederhergestellt war. Dieser Lambert von Burn, dessen politischem Weitblick dieser bedeutsame Erfolg zuzuschreiben ist, war einer der hervorragendsten Männer, die auf deutschem Boden im späteren Mittelalter den Krummstab getragen. Seiner bewundernswerten politischen und wissenschaftlichen Begabung entsprach auch seine glanzvolle Laufbahn. Ursprünglich Novize im Kloster Neuweiler, kam er 1359 auf den Abtsstuhl in Gengenbach, wurde hernach Kanzler Karls IV., 1361 Bischof von Brixen, 1364 von Speyer, 1372 von Straßburg, 1373 von Bamberg; an letzterem Ort starb er 1398(47). In der Klostertradition steht sein Andenken weniger glänzend da, weil man ihm den Verzicht auf den Zweidrittelertrag der Allmendnießung nicht recht verzeihen konnte(48).
Mit Ende des 14. Jhs. bildete sich die Sitte aus, nur Adelige zur Prälatur zuzulassen; 100 Jahre später war man dann so weit, überhaupt nur Adelige noch aufzunehmen. Von da an war die alte Abtei tatsächlich, worauf der Ortenauer Adel auch stets pochte, des "Adels Spital". Damit waren wieder Folgen gegeben, die das Kloster in Gegensatz zu den Interessen der Reichsstadt brachten, und mehr noch zu den Interessen der Ordensdisziplin. An Stelle des Dinggerichts war das Mannengericht getreten; die Meierämter in den Tälern standen nicht mehr den Eigenleuten, sondern Adeligen oder Ritterbürtigen zu. Das Interesse des Ortenauer Adels mußte sich infolgedessen diesen Ämtern zuwenden, und die Rechtsprechung dieser Mannengerichte lief darauf hinaus, des Klosters Privilegien zu bestätigen. Eine andere bedenkliche Folge der Beschränkung der Abtswürde auf adelige Herkunft war die zwiespältige Wahl, die von jetzt ab eine ständig wiederkehrende Erscheinung bildet. So geschah es schon im zweiten Jahrzehnt des 15. Jhs. bei der Wahl eines Nachfolgers Konrads von Blumberg. 1456 übertrug der Papst die Abtei als Kommende dem Kardinal Wilhelm von Metz, indes der Konvent Volzo von Neueneck wählte, der mitsamt seinen Wählern exkommuniziert wurde und erst nach dem baldigen Tod des Kardinals die Bestätigung des Papstes fand (1456). Unter diesem Abt vollzog sich die tatsächliche Umwandlung des Klosters in ein hochadeliges Stift; 1461 wurde die exklusive Aufnahme von Adeligen zu einem eidlich von jedem Insassen zu bekräftigenden Statut. Eine schwache Reaktion gegen die immer weiter um sich greifende Verweltlichung und Disziplinlosigkeit bildete die Aufnahme in die Bursfelder Kongregation (1463); eine namhafte Besserung führte sie aber ebensowenig herbei wie die Reformordnung, die der Straßburger Bischof 1501 unter Gutheißung des Kardinals Raimund Peraudi dem Kloster Gengenbach gab. Völlig turbulente Zustände leitete der Abt Konrad von Müllheim ein, der Erbauer des prächtigen Frauenchörleins in der Klosterkirche und des h. Grabes darin. Ein prunkliebender, religiös wenig ernster Mann, ward er in bezug auf seine Verwaltungspraktiken wie auch auf seine sittliche Führung der gravierendsten Vergehen von seiner Kommunität beschuldigt und schließlich auch ohne Verhör gefangen und auf recht unsanfte Weise in ein Verlies geworfen (1506). Den wahren Grund zu diesem Vorgehen hat man wohl in dem Widerstand zu suchen, den Abt Konrad dem Plane des Haupträdelsführers Philipp von Eselsberg, das Kloster in ein weltliches Stift umzuwandeln, entgegensetzte. Denn es muß doch sehr auffallen, daß dieser Mann alsbald nach Konrads Tod (1508) zu dessen Nachfolger gewählt wurde, und zwar per formam compromissi, und daß er sofort seinen Lieblingsplan wieder aufnahm. Nach dreimaliger persönlicher Anwesenheit in Rom erreichte er auch sein Ziel. 1523 wurde die Bulle ausgestellt, welche die Umwandlung des Klosters billigt. Karl V. aber legte ein Veto ein und so unterblieb zunächst das Vorhaben(49). Dafür sollte die Abtei 1525 tatsächlich säkularisiert werden auf eifriges Betreiben des lutherischen Grafen Wilhelm von Fürstenberg, des Ortenauer Landvogts und Kastvogts des Klosters. Das am 25. Februar jenes Jahres getroffene Abkommen sicherte dem Abt und seinem Konvent eine angemessene Jahresrente, wogegen sie auf alle Besitzungen und Rechte des Klosters verzichten, der Graf aber Aufrechthaltung des Gottesdienstes in guter beständiger Ordnung in Aussicht stellt. Wir erfahren aus einer Zusatzurkunde, daß der Graf und der Rat der Stadt dem Abt gestattet haben, verschiedenes Hausgeräte, wie zehn silberne Löffel, zehn Becher und "ein vergult, verdeckt Becherlin" sowie zwei Bettstätten, zu lebenslänglichem Gebrauch in seine Wohnung nach Offenburg mitzunehmen. Eine dritte Urkunde erklärt uns, wie sich der Abt zu solcher Abmachung herbeilassen konnte. Er stand unter nachdrücklichem Zwang, da der Graf ihn in Gewahrsam nahm, ihm die Zustimmung einfach abnötigte und ihn noch urkundlich versprechen ließ, sich später in keiner Weise zu rächen noch etwas gegen das Abkommen zu unternehmen. Da der Rat der Stadt nach solchen Verhandlungen die Abtei so gut wie ganz schon in Händen zu haben glaubte und wenigstens einen Teil der säkularisierten Güter zu erhalten hoffte, hatte er ein sehr begreifliches Interesse, das Kloster gegen die schon kurz hernach ausgebrochenen Bauernunruhen zu schützen, indem er es okkupieren ließ. Freilich mußten der Graf wie die Stadt bald darauf auf den fetten Bissen verzichten: das Reichsregiment erteilte der Abmachung die Bestätigung nicht, ordnete vielmehr an, daß der Abt und Konvent wieder in die Administration einzusetzen seien. Diese Verfügung mußte mehrmals wiederholt werden, da sie offenbar zunächst gar nicht oder nur ungenügend beachtet wurde. Noch 1527 beschwerte sich Abt Philipp, der Graf belästige das Kloster durch Einlegung von Mannschaften, durch Gebrauchnahme von Pferden und anderem dinglichen und leiblichen Besitz sowie durch Sperrung von Zehnten in unerträglichem Maße. Erst jetzt kam durch Vermittelung des Straßburger Bischofs und Gutheißung Karls V. ein Vertrag zustande, der die Leistungen des Klosters an den Kastvogt (1 Fuder Wein, 30 Viertel Hafer und einige andere Bezüge und Rechte) regulierte. Dagegen ließ der Graf den großen Zehnten frei, lieferte Brief und Siegel wieder aus und erklärte sich zu Vergleichsverhandlungen über den Kleinzehnten und die Leibgefälle auf einem demnächstigen Reichstag bereit. Inzwischen hatte auch die Stadt unter Hinweis auf die angestrebte Umwandelung des Klosters in ein weltliches Stift ihre Forderungen geltend gemacht, worüber ein langwieriger Austausch und gegenseitiges Verhör vor dem Grafen von Fürstenberg in den Jahren 1525 / 26 und 1529 stattfanden. Die Stadt wünschte abwechselnd mit dem Abt das Besetzungsrecht an den Vikarien, Verlegung der zu weit entfernten Pfarrkirche in die Klosterkirche. Der Pfarrer solle vom Kloster dotiert, aber vom Rat gesetzt, die Schule künftig besser besorgt und die Spitaleinkünfte zu ihrer tatsächlichen Bestimmung verwendet werden. Wasser, Weiden, Wälder und Allmenden sollen käuflich an die Stadt abgetreten werden, das Kloster außerhalb der Klostermauern keine Häuser in der Stadt besitzen dürfen, keine ewigen Zinsen mehr kaufen und die schon vorhandenen ablösen. Dagegen solle es die Erbgüter im Stab Gengenbach versteuern und bei weltlichen Angelegenheiten der städtischen Gerichtsbarkeit wie auch der Stadtpolizei unterstehen. Mit anderen Worten: die Stadt verlangte gänzliche oder teilweise Aufhebung der Exemtion, der Freiheiten und Einschränkung der Besitzrechte. Soweit sie prinzipiell bisherige Rechte anfaßten, lehnte das Kloster diese Zumutungen ab. Bezüglich des städtischen Pfarrers (Konrad Servitoris) erklärte der Abt, er hätte bislang "das Kloster vielfältig verfolgt und durächtet", auch in seinen Ämtern und Predigten den Bestimmungen des Kaisers nicht entsprochen. Wie die langen, bis ins J. 1529 reichenden Verhandlungen ausgingen, ergibt sich aus den zum großen Teil erhaltenen Akten nicht(50). Wohl aber erfahren wir daraus, daß Abt Philipp auch im letztgenannten Jahre seinen unglückseligen Plan einer Umwandelung der Abtei nochmals aufgriff, daß er den Adel wohl dafür hatte, dagegen aber die Vertreter des Bischofs. Die ganze Aktion der Stadt lief, das geht mit wünschenswerter Deutlichkeit aus den gewechselten Schriftstücken hervor, nicht auf Klärung verworrener oder unhaltbarer Rechtsverhältnisse, auch nicht auf Abstellung einzelner Mißstände hinaus, sondern auf die Protestantisierung des Stiftes. Zu diesem Zwecke sollte die Pfarrei mit dem von der Stadt bestellten, dem Kloster so feindlich gesinnten Prädikanten in die Abteikirche verlegt und die Herrschaft des Rates über das Kloster ausgedehnt werden. Diesem von zwei Seiten, vom Grafen Fürstenberg und vom Rat der Stadt, unternommenen Versuch einer Säkularisierung und Entkatholisierung widerstand das Stift vorläufig noch. Man hat die Empfindung, daß das Verdienst hieran nur in beschränktem Maße dem Abt Philipp von Eselsberg zuerkannt werden kann. Eine Humanistennatur, deren Wissen und Klugheit gerühmt und auch von dem zweimal für längere Zeit in Gengenbach anwesenden Kaiser Maximilian geschätzt wurde, ein Grandseigneur von wenig sparsamem Sinn und vielleicht noch weniger Verwaltungstalent, entbehrte dieser Abt jeglicher Eigenschaften, die für die schwierigste Krisis seines Klosters notwendig gewesen wären. In noch weit bedauerlicherem Grade war das bei seinem Nachfolger Melchior von Horneck der Fall(51). Bei seiner Wahl (1532) bestand der Konvent nur noch aus drei Patres, so daß es dem Grafen Wilhelm ein leichtes war, seine Kreatur durchzubringen, deren Neigung zur Verschwendung und zu zügellosem Leben verbunden mit dem Mangel tieferen religiösen Sinnes ihn zu einem willenlosen Werkzeug in der Hand des Kastvogtes machte. Er wurde offenkundig Protestant und hielt sich Konkubinen; ob er vor seinem Tode, wie bei Kolb zu lesen ist, zur Kirche zurückkehrte, ist sehr zweifelhaft. Nach der Klostertradition starb er in apostasia. Unter ihm fand die Säkularisierungsidee wieder namhafte Förderung: 1532 wurde der Abt der Klosterverwaltung vom Grafen entsetzt, 1533 wieder zugelassen, aber unter Bedingungen, die jede Selbständigkeit aufhoben. 1539 wurde der Entwurf eines Pensionsabkommens aufgesetzt, das das Kloster schon ganz in den Händen des Fürstenbergers zeigt und den Abt mit einer Leibrente abfindet(52). Noch kurz vor seinem Tode genehmigte Melchior die schon früher geäußerten, auf die Protestantisierung des Stiftes hintreibenden Wünsche der Stadt. Der Kerbzettel(53) für die Bestallung zweier aus den Klostereinkünften dotierten Prädikanten und für die Verlegung des Stadtgottesdienstes in die Klosterkirche trägt wenigstens noch den Namen Melchiors von Horneck, wenngleich er erst Wochen nach seinem Tode (12. März 1540) ausgestellt ist. Graf wie Stadt schienen um diese Zeit ihr Ziel erreicht zu haben; aber gerade jetzt setzte die Gegenreformation in Gengenbach ein mit dem entschiedenen Eingreifen der Bischöfe von Straßburg und Bamberg, das noch nachhaltiger gefördert wurde durch die Abwesenheit und spätere französische Gefangenschaft des Grafen Wilhelm und durch den Ausgang des Schmalkaldischen Krieges bezw. die Einführung des Interims. Zum guten Teil ist die Gegenbewegung auch unterstützt worden durch die Kündigung der Reichspfandschaft (1551), wodurch dem Grafen die Schirmvogtei über das Kloster entzogen ward.
Die Stadt Gengenbach neigte, teils unter dem Einfluß des nahen Straßburg, teils infolge der langen wirtschaftlichen und verfassungsgeschichtlichen Fehden mit dem Kloster, mehr aber wohl noch infolge dessen sittlichen Tiefstandes, in den zwanziger Jahren schon der Reformation zu. 1529 nahm sie einen Teil der Rottweiler auf, die wegen der Zugehörigkeit zur neuen Lehre vertrieben worden waren. Auch im Stadtpfarrer, der das Kloster so heftig "verfolgte und durächtete", hat man wohl einen Prädikanten zu erblicken. Der ungehinderte Abfall konnte sich aber erst unter Abt Melchior vollziehen. Unter ihm richtete die Stadt nach Straßburger Muster eine Schule ein, die sich der besonderen Fürsorge Caspar Hedios zu erfreuen hatte; durch diesen kam als äußerst rühriger Lehrer Hedios Freund und Landsmann Matthias Erb (gest. 1571) an die Neugründung (bis 1537)(54). 1537 führt Ambrosius Blarer Gengenbach unter den evangelischen Städten auf und in deren Reihen unterschreibt es auch 1541 das Protokoll des Regensburger Religionsgespräches. 1541 gewährte die Stadt dem wegen einer Epidemie fortgezogenen Straßburger Gymnasium gastliche Aufnahme. 1545 erschien ein evangelischer Katechismus mit dem Wappen der Reichsstadt, für Gengenbach und die Nachbartäler (Kurze und einfältige Form eines christl. Catechismi für die Kirche zu Gengenbach, 1545), herausgegeben und dem Stadtrat gewidmet von den drei damaligen Prädikanten Lucius Kyber, Thomas Lindner und Lorenz Montanus; 1546 hielt Hedio eine Visitation ab(55).
Im Kloster war nach dem Tode Melchiors von Horneck nur noch ein einziger Pater, der Prior Friedrich von Keppenbach. Daß die Abtswahl nach dem Zusammenbruch der Selbständigkeit des Klosters und dem Aufhören des Katholizismus in der Stadt nur unter sehr erschwerenden Umständen vor sich gehen konnte, ist natürlich. Der Prior, ohnehin eine unentschiedene Natur, wurde vom Grafen noch obendrein in Gewahrsam nach Ortenberg gebracht, um ihn für die Forderungen des Schirmvogts gefügiger zu machen. So begreift es sich, daß der persönlich gut katholische Mann die letzte Abmachung seines Vorgängers über die Einführung von Prädikanten ins Stift nicht widerrief, ja sie nach seiner Wahl sogar anerkannte. Der letzteren gingen lange Verhandlungen mit dem Grafen, aber auch mit dem Bischof von Straßburg voraus. Es kann kein Zweifel bestehen, daß Graf Wilhelm an diesem geringschätzig nur "das Priorle" genannten Vertreter des Klosters dasselbe gefügige Werkzeug zu haben glaubte wie an seinem Vorgänger. Das Unwürdige seiner Behandlung ergibt sich am besten aus den Zumutungen, die er schließlich nach langem Zögern auch annahm: den Status quo der Säkularisation und die Prädikanten zu dulden, nicht in die Wahl eines fremden Abtes zu willigen und neben sich eine "Statthalterei" des erst siebenjährigen Grafen Otto von Eberstein, an dessen Stelle später der junge Graf Anton von Salm (1543) trat, zu dulden(56). Dem letzteren sollte die Abtei in die Hände gespielt werden; bis zur Volljährigkeit des jungen Salm aber mußte Abt Keppenbach nach außen jeden Verdacht beseitigen. Zu seiner Überwachung wurde ihm ein unehelicher Sohn des alten Salm, Dominicus von Rheims, als Prior auf den Hals geladen, und in den letzten Jahren des Abtes Friedrich von Keppenbach wußte dieser den künftigen Klosterinhaber Grafen Salm auch tatsächlich ins Kloster zu schmuggeln (1554) als Koadjutor. Man kann sich unter solchen Umständen die peinliche Lage des Prälaten vorstellen; trotzdem wirkte er mit Entschiedenheit an der Restauration des Katholizismus, eröffnete die seit Jahrzehnten geschlossene Klosterschule und übertrug sie dem eigentlichen Träger der Gegenreformation in Gengenbach, dem gelehrten Cornelius Eselsberger(57). Nach dem Interim und dem Tod des Grafen Wilhelm mußten auch die drei Prädikanten von dannen ziehen, und mit ihnen wich langsam die neue Lehre aus der Reichsstadt. Friedrich von Keppenbach war wenn auch kein starker Charakter, so doch eine heiligmäßige, ascetische Natur. Er starb unerwartet rasch (1555), so daß man den "wälschen Prior" einer Vergiftung seines Abtes beschuldigte. Nach dem Tode Keppenbachs hauste dieser Prior eine Zeitlang allein im Kloster, da der aus gleichfalls zwiespältiger Wahl hervorgegangene neue Abt Gisbert Agricola (1556 bis 1586) erklärte, nicht eher das Kloster zu betreten, als bis die fremden Insassen dasselbe verlassen hätten. Erst jetzt war die fast ein halbes Jahrhundert lang drohende Gefahr, das Stift seiner ursprünglichen Bestimmung zu entfremden, beseitigt. 1548, 7. Juli, hatte schon ein kaiserlicher Befehl dem Rat der Stadt eingeschärft, "das Interim ohne weiteren Verzug in das Werk zu richten". Aber noch 1560 befanden sich Protestanten in der Stadt, denn Cornelius Eselsberger, der Stadtpfarrer, mußte sich damals gegen Angriffe wenden, die gegen katholische Gebräuche und besonders das Meßopfer öffentlich angeschlagen worden waren(58). Agricola ließ sich, nachdem wieder einige Ruhe eingetreten, vor allem die Restauration der arg verwahrlosten Klosterbauten angelegen sein, wovon ein inschriftliches Chronostichon Kunde gab.
Einige Aufregung verursachte im Konvent die vom Straßburger Bischof Erzherzog Leopold angeordnete Losreißung (1618) des Klosters von der Bursfelder Kongregation und die Eingliederung in die Straßburger Kongregation, gleichzeitig wurde eine Visitation angeordnet, über welche die Acta commissionis odiosae de intrudendo inspectore sub pallio reformationis leidenschaftlich Bericht erstatten. Schlimmer waren für die Abtei die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges. Der Abt war in den späteren Jahren meist abwesend in Villingen oder Rottweil, und auch der Konvent bestand oft nur aus drei Personen. Die Stadt hatte sich gegen hohes Lösegeld Schonung von den Schweden erkauft, und auch das Kloster ging lange Zeit heil aus. Die schwedische Einquartierung vom J. 1634 fiel entweder den Österreichern zum Opfer oder kam in Gefangenschaft; auch ein Angriff der Straßburger ward bald hernach vereitelt. Zu allem Elend kam in diesen Jahren noch ein Zwist mit der Stadt, die für die Stadtkirche einen Weltgeistlichen wollte an Stelle des Ordenspriesters, der zu schlecht katechisiere und keine Taufbücher führe. Als das Kloster diesem Verlangen nicht sofort entsprach, sperrte die Stadt ihm den Zehnten, erhielt aber vom Bischof von Straßburg den gemessenen Befehl, unter der Strafe der Exkommunikation die Sperre aufzuheben und noch 200 fl. Buße zu erlegen.
Dafür konnte der Rat sich jetzt einen geeigneten Pfarrer in der Person des trefflichen Pater Leonhard Feinlein (gest. 1679) wählen (1640), von dem wir sehr anschauliche Berichte über die Gräuel des Dreißigjährigen Krieges haben, so über die dreimalige Plünderung der Stadt und des Klosters durch die Weimarer Truppe in dem einen Jahr 1643. Das erste Mal hatten der Klosterturm und die Mauern durch die Beschießung "etliche Löcher" bekommen. Die letzte gleich vandalische Plünderung und Verwüstung, teilsweise mit Brandlegung, ging den 4. November vor sich. Noch schlimmere Drangsalierung und Verheerung standen der Stadt wie dem Kloster 40 Jahre später bevor. Schon 1675 und 1678 sah Gengenbach die Kriegsgefahr wiederholt an seine Tore klopfen, und mehr noch in den folgenden Jahren die Greuel der Franzosen in der Rheinebene draußen auflodern. 1689 fiel es selbst nach dem Fall von Straßburg denselben zum Opfer.
Zu der Kriegsgefahr, Plünderungen und fast unerschwinglichen Kontributionen (1703 bis 1704) im Spanischen Erbfolgekrieg kam noch die gänzlich unfähige Regierung des Abtes Augustinus Müller (1696 bis 1726), unter dem die Disziplin in bedenklicher Weise gelockert und das Vermögen wie die Güter in unverantwortlichem Maße, besonders durch Nepotenwirtschaft einiger Patres, verschleudert wurden So stellte sich 1721 eine Schuldenlast von 25.000 fl. heraus. Der Konvent war noch teilweise in Nachbarklöstern zerstreut; der Abt wohnte anfangs in Zell. Es sind bittere Worte, mit denen Dornblüth sein Endurteil über den untauglichen Klosteroberen abgibt: Erat, si otium, gulam et crapulam excipias, sat bonus religiosus(59). Zwar gelang es, nicht den nächsten Nachfolgern Seeger und Rischer, wohl aber den beiden letzten Äbten, die Schuldenlast wieder vollständig zu tilgen. Rischer hatte sich sogar durch Errichtung einer Glashütte und Kobaltfabrik in Dörrenbach in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, um so besser aber rentierten sich nach seiner Abdankung und Übersiedelung nach Dörrenbach die Anlagen. 1803 kam das Stift, das bis dahin reichsunmittelbar gewesen war, an Baden und wurde säkularisiert(60).
Auf dem Gebiet der Geisteskultur hat das reiche und angesehene Stift kaum Nennenswertes aufzuweisen. Das Schulwesen zeigt sich, so oft im Laufe der vielen Jahrhunderte davon die Rede ist, in verwahrlostem Zustande. Erst in der Zeit der Gegenreformation nahm sich Cornelius Eselsberger des Bildungswesens hervorragend an. Das protestantische Gymnasium hielt sich nur unter Matthias Erb auf der Höhe; unter dessen Nachfolger Dionysius Reuchlin (1537 ff.) sank es merklich. Auch für die theologische Ausbildung des Nachwuchses leistete das Kloster nicht viel. Im J. 1670 wurde der Kongregationsbeschluß, daß wenigstens zwei begabte Brüder auf eine Akademie zum Studium der Theologie und des kanonischen Rechts zu schicken seien, angenommen. Im J. 1672 bezogen tatsächlich zwei Gengenbacher die Universität Freiburg; sie wurden aber schon nach einem Semester wieder zurückberufen, weil der Erfolg zu gering sei. Das gleiche geschah 1711, als zwei Patres für kurze Zeit nach St. Blasien gingen, um sich für das Professorat in Gengenbach vorzubereiten. Nicht weniger geringfügig sind auch die literarischen Leistungen des Gengenbacher Konvents. Sieht man von den Klosterchronisten ab, so hat sich nur Pater Augustin Dornblüth(61) (gest. nach 1750) durch eine lange Liste von Übersetzungen, pädagogischen und ascetischen Schriften(62) einen Namen gemacht.
Der Abt Placidus Thalmann schrieb ein ascetisches Buch Angelus confortans(63), der Humanist Philipp von Eselsberg ein handschriftlich erhaltenes Werk über die Reformation(64). Subprior Augustin Schillinger veröffentlichte in Rastatt 1792 / 93 in vier Bänden das Gebet- und Unterrichtsbuch "Der gutkatholische Christ, so wie er seyn soll in Worten und Thaten".
Fig. 202. Klosterkirche zu Gengenbach, Rankenornament des Gurtgesimses.
Außer der Klosterkirche hatte Gengenbach noch eine Stadtkirche vor den Toren (ad S. Martinum), von deren Schicksalen wiederholt schon die Rede war. Außerhalb des städtischen Schutzes, war sie feindlichen Verwüstungen ganz besonders ausgesetzt. Gleichfalls außerhalb der Stadtmauer gelegen war das kleine Klausnerinnenklösterchen neben der Martinskirche, das 1302 von Abt Dietrich IV. für drei Frauen gegründet wurde. Schon 1395 wurde es beim Überfall Gengenbachs durch die Straßburger zerstört, die Beghinen werden aber noch 1449 genannt(65). Sehr alten Ursprungs ist wohl die Kapelle auf dem Kastellberg, im Mittelalter (1289) Jakobs-, später Einbethkapelle genannt. Ein Spital, das eine Zeitlang während der Klosterherrlichkeit das Gymnasium beherbergte, lag in der Vorstadt auf dem Weg gegen Offenburg. (Sauer.)
Fig. 203. Rankenornament an den Kämpfern der Säulen und Pfeiler in der Kirche zu Gengenbach.
Von dem stattlichen Kloster stehen heute nur noch die Kirche, das Konventsgebäude aus zwei rechtwinkelig zueinander stehenden Flügeln, deren westlicher an die Fassade der Kirche anstößt, die östlichen Wehrmauern mit einem später zum Gartenhaus umgebauten Turm (s. oben) und die Türpfosten des Klostergartens. Die Ausdehnung des ehemaligen Bezirkes ist in unserem Plane ersichtlich. Von diesen Bauten aber stammt nur die Kirche aus dem Mittelalter, allenfalls noch Reste der Mauer, alles übrige gehört den 17. bezw. 18. Jh. an. Die ehemalige Klosterkirche, jetzige katholische Pfarrkirche, als deren Himmelspatronin schon 1140 "beata et sancta dei genitrix Maria" erwähnt wird, dürfte, wie sich aus der Geschichte und der Formenbehandlung ergibt, aus den Jahren der von S. Georgen vorgenommenen Reformation stammen. Ein Blick auf den Grundriß (s. Fig. 200) läßt das Hirsauer Schema erkennen. Wir haben eine dreischiffige, flachgedeckte Basilika vor uns mit nur drei Stufen höher liegendem Chor, der in einer runden Apside schloß (später verändert) und sich in je zwei Arkaden auf einer Säule nach den ebenfalls in runden Apsiden geschlossenen Seitenchören öffnet, welche als die Fortsetzung der Seitenschiffe gedacht sind. (Tafel XII.) An den übrigbleibenden Ostwänden des Querhauses sind zwei weitere Apsiden angebracht. Pfeiler von kreuzförmigem Grundriß tragen die Vierung, auf der möglicherweise einmal ein Turm oder ein Dachreiter saß. Dafür spricht, daß bei sonstigem Wechsel von Pfeiler und Säule im Langhaus man es doch für nötig hielt, hier auf den Vierungspfeiler zunächst wieder einen Pfeiler folgen zu lassen.
Tafel XII - Blick in den Chor der Klosterkirche in Gengenbach (nach Restauration)
Darauf folgen auf jeder Seite untereinander abwechseind drei Pfeiler und drei Säulen und am Innern der Fassadenwand Pilaster; auf der Südseite ist jedoch die dritte Säule des nahen Turmes halber in der Barockzeit in einen Pfeiler verwandelt worden und an die Stelle des dritten Pfeilers ist der mächtige Unterbau des Turmes getreten(66). Der Stützenwechsel ist hier nicht zu einer Gliederung des Hochbaues benutzt worden durch Zusammenfassung, wie vielfach in den sächsischen Kirchen. Ein horizontales Gurtgesims zieht sich etwa 1 m über den unprofilierten, rundbogigen Arkaden her(67). Dieses Gurtgesims, das auch an der Ostseite herumzieht, ist an dieser, an der Langhaussüdwand und an dem östlichsten Teil der nördlichen Mittelschiffwand bis über den ersten Pfeiler nach dem Vierungspfeiler durch einen Schachbrettfries geziert, der dann auch an der Kämpferplatte der Säulen und der Pfeiler wiederkehrt.
Fig. 201. Längsschnitt durch die Klosterkirche in Gengenbach.
Über dem genannten Pfeiler bricht derselbe plötzlich ab und an seine Stelle tritt hier wie an Säulen und Pfeilern ein schwungvoll gezeichnetes und voll plastisch gearbeitetes, schönes Rankenornament (s. Fig. 203). Das deutet in seinem plötzlichen Auftreten doch auf einen Wechsel in der Bauführung hin, wofür auch die Mauerverbände sprechen. Baer hielt den nordwestlichen Teil mit diesem Rankenornament für den älteren, da man wohl, um die alte Kapelle möglichst lange zu erhalten und trotzdem den Altarplatz nicht verlegen zu müssen, im Westen zu arbeiten begann. Allerdings hält er auch die umgekehrte Hypothese für gerade so wahrscheinlich, und in der Tat scheint es mir plausibler, daß man zunächst für den Altar das neue, würdige Haus schuf, also die Ostpartie, womit auch das primitivere Schachbrettornament älter wäre als das feinere Rankenornament.
Fig. 204. Klosterkirche in Gengenbach, Säulenkapitelle.
Von der legendären und ganz unwahrscheinlichen erstmaligen Reform direkt von Hirsau aus i. J. 1094, mit der auch Baer operiert, müssen wir nach Sauers Darlegungen absehen. Erst Abt Friedrich (gest. 1120), von S. Georgen stammend, reformierte das Kloster nach den Hirsauer Grundsätzen. In diese Zeit oder kurz nachher, also in die erste Hälfte des 12. Jhs., werden wir demnach unseren Bau zu setzen haben. Überall zeigt er den Anschluß an das schwäbische Vorbild. Die Säulen sind durchaus in hirsauischem Sinne gebildet, wie das Würfelkapitell mit dem halbkreisförmigen Schilde, dessen doppelter Umrahmung (s. Fig. 204) und der einfachen Schräge zeigt. Der Halsring, welcher den Übergang zum Schaft vermittelt, findet sich ebenfalls in der Peterskirche in Hirsau, auch die steile attische Basis, das Eckblatt aber erinnert an die ebenfalls der Hirsauer Bauschule angehörige Kirche in Alpirsbach.
Fig. 205. Klosterkirche in Gengenbach, Säule im Langhaus.
Die Säulen (s. Fig. 205) sind nicht so schlank wie diese, aber schlanker als diejenigen in Hirsau. Es darf zum Schluß nicht übersehen werden, wie das Rankenornament am Gesims als fortlaufend, an den Kämpfern mit einer geschickten leisen Abänderung als in sich geschlossenes Ornament behandelt ist. Auch möchte ich darauf hinweisen, daß in dies Ornament an der nordwestlichsten Säule und dem darauffolgenden Wandpfeiler Tierkörper hineinkomponiert sind. Die Kirche war ursprünglich mit flacher Decke gedeckt, welche die große Restauration unter dem damaligen erzbischöflichen Baudirektor Meckel in den letzten Jahren des 19. Jhs. wider rekonstruiert hat. Die beiden verlängerten Seitenschiffe neben dem Chor haben ihr spätgotisches Rippengewölbe vom Ende des 16. Jhs. behalten, die Rippen zeigen die trockene Profilierung der Spätzeit, an dem einen Schlußstein das Wappen des Erbauers, des Abtes Joh. L. Sorg, und die Jahreszahl 1589. Dagegen wurde die gesamte Barockstuckdekoration der Decken etc. herausgerissen. Die spitzbogigen Fenster der Seitenschiffe verdanken dem Lichtbedürfnis des späteren Mittelalters ihre Entstehung, ebenso das Fenster an der nördlichen Westwand und das in der Chorapsis. In den Stürmen des 17. Jhs. waren Dach und Hochmauern des Mittelschiffs offenbar einem Brande zum Opfer gefallen, man baute sie wieder auf (noch ist die Ansatzlinie deutlich zu erkennen), natürlich mit zahlreicheren, rundbogigen Fenstern (Fig. 206). In die Ecke der nördlichen Seitenschiff- und Querschiffmauer ist im 16. Jh. die Kapelle des heiligen Grabes eingefügt worden, deren Beschreibung unten folgt, gegenüber an der Südseite eine Kapelle der Barockzeit.
Die fünf Konchen sind zum Teil auf den alten Grundmauern errichtete Ergänzungen des 19. Jhs. Durchaus alt die Apsis des verlängerten nördlichen Seitenschiffs und die dem südlichen Querschiff vorgelagerte. Die Apsis des Hochchors selber scheint mir in gotischer Zeit verändert, aus ursprünglich rundem Grundriß polygonal gestaltet worden zu sein. Ihr Gewölbe erhielt sie bei der letzten Restauration, welcher auch die Apsis am nördlichen Querschiff und die des verlängerten südlichen Seitenschiffs angehören. Bei dieser Renovation ist auch der im 18. Jh. höher liegende Boden des Chors abgetragen worden.
Das Äußere der Kirche ist von großer Schlichtheit, schlichter noch, als es die Gewohnheit der Schule verlangte; darin der Alpirsbacher Kirche verwandt. Etwas reicher ist die Ostpartie ausgebildet (s. Fig. 207). Unter den Fenstern zieht sich ein Gurtgesims hin, das an der Hauptapsis um sechs, an den beiden Nebenapsiden um zwei mehrkantige kleine Wandpfeiler kapitellartig verkröpft ist, welche Kapitelle entweder dreieckförmig gestaltet und mit Rosetten u. a. verziert oder prismatisch gebrochen sind.
Fig. 206. Klosterkirche in Gengenbach, Querschnitt
An der Seitenapsis endigen sie in einem zapfenförmigen Aufsatz. Aus dem Sockel wachsen sie auf ziemlich hohen, polygonalen Basen auf, die merkwürdige Eckblätter an der Plinthe aufweisen. Baer und Baumgarten haben diese Dekoration als ursprünglich hingenommen, mir scheint sie um das J. 1100 unmöglich.
Fig. 207. Ostteile der Klosterkirche in Gengenbach.
In der Tat sind auch die Reste der alten Dekoration (s. Fig. 208) stehen geblieben, nämlich die runden Halbsäulen auf echt romanischen, attischen Basen, da, wo die Apsiden zusammenstoßen, die heute als Stümpfe ohne Kapitell endigen. Ob diese Teile nicht fertiggestellt waren oder aus welchen Gründen hier eine Änderung stattfand, vermag ich nicht zu sagen. Auf der bis zu etwa 3 m Höhe stehen gebliebenen Mauer der Hauptapsis hat man in der gotischen Scheu vor dem einfachen Rund den heutigen polygonalen Abschluß aufgeführt, wie auch in Alpirsbach. Da ich nun keinen vernünftigen Grund sehe, warum die Barockzeit gerade die heute auf zweifellos vorhandenen Grundmauern erneuerten zwei Apsiden hätte wegschlagen sollen, so glaube ich daraus entnehmen zu sollen, daß sie nie ausgeführt, daß die Ostteile also nicht fertiggestellt waren. Den Formen nach im 13. Jh. in früher Gotik hat man die drei angefangenen Apsiden vollendet.
Fig. 208. Untere Dekoration der Klosterkirche in Gengenbach.
Auch die Westfassade (s. Fig. 209) hat manche Eingriffe dulden müssen. Im Erdgeschoß ist sie durch Lisenen in fünf Bogenfelder geteilt, in deren mittlerem das Hauptportal, dessen romanische Formen durch die Vorhalle zerstört oder verdeckt sind. Die Lisenen gehen in rundem Wulst in die Wand über, die zwei das Hauptportal flankierenden tragen als Kämpferstück je einen liegenden Löwen (siehe Fig. 210), der anscheinend nicht hierher paßt, da der Blendarkade ein schmaleres Stück entsprechen würde und der eine Löwe ersichtlich später abgehauen ist.
Fig. 209. Westfassade der Klosterkirche in Gengenbach.
Der Sockel, aus Wulst und einem Plättchen bestehend, zieht sich um den ganzen Bau herum. An der Nordseite, sofort bis der Westecke, ist er von einem rundbogigen, typisch romanisch profiliertem Portal unterbrochen. Dessen Gestalt allein bewiese schon seine Ursprünglichkeit, dann aber auch die alte Abarbeitung des Sockels, der sich jenseits der Türe fortsetzt. Die Existenz dieses Portals deutet nicht notwendig darauf, daß der Zugang von Norden her zum westlichen Hauptportal durch eine Mauer gesperrt war, wie Baumgarten meint.
In dem nördlichsten Bogenfeld der Fassade ist ein gotisches Fenster eingebrochen mit heute neuem Maßwerk, an dem südlichsten Felde eingeritzt die Vorzeichnung (s. Fig. 211) eines hochgotischen Fenstermaßwerkes, das in vergrößertem Maßstabe hier angebracht werden sollte. Das jetzige Barockportal ist durch einen Vorbau, eine Art Windfang, mit Kupferwalmdach und Kompositpfeilern an den Ecken geschützt(68). In dem Bogenfeld neben dieser Vorhalle ist das romanische Relief eines Adlers eingemauert (s. Fig. 212).
Fig. 210. Westfassade der Klosterkirche in Gengenbach, Kämpferstück am Hauptportal.
Über diesem Erdgeschoß zieht sich eine gotische Wasserschräge hin, die zwischen den zwei romanischen Rundfenstern zur Sohlbank der Nische emporsteigt. Die Mittelsäulchen der gekuppelten Rundbogenfenster haben steile attische Basen und weit vorladende Kapitellstücke.
Fig. 211. Fenstervorzeichnung an der Klosterkirche in Gengenbach.
Zwischen den Fenstern (s. Fig. 213) spannt sich ein Blendrundbogen über die flachbogige Nische, in der jetzt eine geringe Barockfigur der thronenden Madonna mit dem Kinde angebracht ist. Im Giebel der Kirche, hoch oben in einer rundbogigen Nische, die romanische Figur einer thronenden Maria mit dem bekleideten, segnenden Kinde auf einem Thron, der von romanischen Säulen gestützt ist (s. Fig. 214); eine etwas ungefüge Figur, die noch die Form des ursprünglichen Steinblocks verrät.
Der auf der Wasserschräge über der mittleren Lisene der nördlichen Fassadenseite ansetzende, jetzt zwecklose Wandpfeiler scheint mir nicht, wie Baumgarten meint, auf die möglicherweise ja vorhandene Vorhalle zu deuten, vielmehr hatte er vor der späteren zweimaligen Erhöhung der Kirche, etwa in Bezug auf die niedriger ansetzenden Pultdächer der Seitenschiffe, eine andere heute nicht mehr erkennbare Funktion.
Auf dem First eine spätgotische Laterne, deren Spitzgiebel jetzt leider abgebrochen ist. Wie aus der Beschreibung hervorgeht, ist die Fassade in gotischer Zeit erstmals verändert worden durch Einbrechen von Fenstern, Hinzufügung eines Gurtgesimses sowie der Laterne; die Barockzeit fand die Fassade in durch die Franzosenkriege sehr ruiniertem Zustand, sie hat dieselbe wieder geflickt, die wo anders herstammenden Reliefs hier verwendet und den Vorbau vorgelegt.
Ob sie die romanische Vorhalle oder das Paradies erst beseitigt hat, oder schon die Gotik, können wir heute nicht mehr bestimmen. Daß ein solches vorhanden war, hat sich durch Grabungen bei der Restauration gezeigt. Bedauerlicherweise existieren davon keine Aufnahmen. Nach den Berichten fanden sich den Arkaden des Langhauses entsprechende Fundamentmauern, die auf eine Dreischiffigkeit desselben hindeuten. Es mag dieselbe Breite gehabt haben wie in Alpirsbach und flachgedeckt gewesen sein; der einzige Rest sind jetzt die Blendarkaden.
Fig. 212. Adler, Relief an der Klosterkirche in Gengenbach.
Das Material der Fassade besteht unten aus gut behauenen Sandsteinquadern; oben aus ebensolchen, untermischt mit geringeren Werkstücken, was auf eine einstmalige Ausbesserung hinweist.
Ein Bild des Klosters und der Kirche finden wir auf dem Altarblatt der Einbethenkapelle. Es entstammt der Zeit um 1690 und zeigt die Kirche mit zwei westlichen Fassadentürmen(69). Die Richtigkeit dieser Angabe ist bezweifelt worden; wie Baer behauptet, hätten Nachgrabungen nichts entdeckt. Ich kann letztere Angabe nicht nachkontrollieren. Weniger wichtig ist das Fehlen einer Notiz über schon existierende Türme in dem von Baumgarten publizierten Protokoll. Denn daß mindestens ein Turm wenigstens in Anfängen in gotischer Zeit bestanden hat, das beweist mir der heutige, der auf seinen Grundmauern emporgeführt ist; ich kann mir den heutigen Befund nicht anders deuten. Der Turm ist in die Südwestecke der Kirche hineingebaut, der westlichste Pfeiler der Mittelschiffarkaden wurde nach 1690 zu einem kräftigen Unterbau. Das Erdgeschoß öffnet sich im Rundbogen in die Kirche. Sein Licht erhält es durch ein spätgotisches Spitzbogenfenster. In drei Stockwerken steigt der Turm auf. Ein kräftiger Sockel der Barockzeit mit an den Ecken verkröpftem Wulst umgibt ihn. In den zwei unteren Stockwerken dorische, im dritten ionische Pilaster tragen das verkröpfte Gebälk. Darüber ein Achteckgeschoß mit bauchigen Vasen an den freibleibenden vier Ecken des Unterbaues; die langgestreckten Fenster sind von einem Wulst umzogen und durch Kompositpilaster getrennt, darüber ein Zwiebeldach mit Laterne. Im Innern finden sich nun über dem Erdgeschoß Konsolen der Renaissancezeit mit hier aber nicht Müllenheimischen Rose, einer Hausmarke und einem anderen undeutlichen Zeichen, eine Nische im flachen Eselsrückenbogen und die Spuren einer Tür. Alles deutet darauf hin, daß bereits im 16. Jh. ein Bau bestanden hat. Das Spitzbogenfenster erscheint mir nach 1669, wenn auch möglich, so doch nicht wahrscheinlich.
Die für den Turmbau wichtige Stelle in den Annalen(70) lautet über das Jahr 1669: "Proposuit abbas, utrum consultum iudicarent, ut nova extrueretur turris pro campanis nostris, eo quod turris illa lignea supra chorum posita, ob vetustatem esset necessario deicienda? Conclusum et resolutum novam turrim aedificandam, si rev. sciat, adesse sufficientia media pro perficicudo tali opere. Turrim deinde abbas a dextro latere maioris portae ecclesiae in ingressu coepit extruere, quam et perfecit, sed parum firmam, quia non ex fundamento, sed solum supra muros ipsius ecclesiae, alias debiles et non 3 pedes geometricos latos collocavit, dissuadente p. priore cum toto conventu; manifeste cuim videbatur res valde pericolosa et opus non diu duraturum." Dazu bemerkt Ziegler (s. daselbst) später: "Turris ista post incendium a. 1689 toti monasterio et ecclesiae nostrae illatum, deiecta fuit totaliter, quia minabatur ruinam, quia columna illa lapidea, cui turris ex una parte inuitebatur, notabiliter ex incendi vehementia destructa et exusta fuit...Hoc anno turris nova, ut supra dictum fuit, aedificari coepta est."
Fig. 213. Fenster von der Fassade der Abteikirche in Gengenbach.
Wir entnehmen daraus, daß ein hölzerner Dachreiter auf der Vierung saß, der aber wegen seines Alters nicht mehr genügend schien. Man schritt deshalb 1669 zu einem neuen Turmbau, wobei man wohl die Reste des schon vorhandenen Turmes benutzte. Auf besondere Fundamentierung verzichtete man, der Turm ruhte mit seiner Nordostecke also auf dem nicht verstärkten östlichsten Langhauspfeiler. Bei dem Brand von 1689 hat natürlich auch der Turm sehr gelitten. Die ungenügende Fundamentierung schien deshalb besonders gefährlich, hauptsächlich der Pfeiler hatte gelitten, und so ging man an seine Abtragung. Zunächst errichtete man über dem Chor wieder einen Dachreiter(71) am 23. Oktober wurde der Knauf mit dem Kreuz aufgesetzt. Auf den Stichen des 18. Js. wie einer kleinen Zeichnung von 1825, im Besitze des Freifräuleins von Löwenberg, ist er mit seinem Zwiebeldach noch zu sehen. Der Aufbau des großen Turmes stand wohl wegen Geldmangels noch einige Zeit an. 1711 verkaufte das Kloster das Dornblüthsche Erbe(72) ein großes Haus und viele Matten und Reben; die dafür erlösten 4.000 fl. wurden für den Turm verwendet. Seine Errichtung wird wesentlich dem Klosterbruder Nazarius Pistorius verdankt, einem der Schriftsteller des obencitierte Protokolls, der ihn bis zur Höhe des Klosterdaches aufführte. Sein schriftstellerischer Nachfolger Dornblüth, der dies berichtet, drückt seine Verwunderung darüber aus, daß der Turm so auf die Seite gestellt wurde und nicht in die Mitte, gleichsam als ob zwei Türme projektiert gewesen wären, was nicht ganz unwahrscheinlich erscheint. Das öfter erwähnte Altarbild gäbe dann eine Darstellung des Gewollten, nicht des Ausgeführten. Allerdings fügt Dornblüth als eigenliche Erklärung hinzu, daß der Graf Prosper von Fürstenberg den Abt überredet hätte: "ut parvam istam turrim lapideam gothico constructam ceu insignem antiquitatem conservaret".
Fig. 214. Romanische Madonna im Giebel der Klosterkirche in Gengenbach.
Darunter werden wir wohl die ehemals sicher sehr elegante gotische Laterne auf dem Westgiebel zu verstehen haben und können somit das kunsthistorische Verständnis des Grafen bewundern. Auf Betreiben des Anselm Bender wurde der Turm dann 1715 bis 1716 vollendet, wozu er allerhand Klostergut zu Schleuderpreisen verkaufte und das Kloster in Schulden stürzte. Der Architekt des Turmes war Jacobus Rischer aus Bregenz, damals kurpfälzischer Kirchenbaudirektor (architectus administrationis ecclesiasticae electoratus palatini). Wir werden sehen, daß auch bei Kirche und Kloster Bregenzer Künstler die Ausführung hatten, wieder ein Beitrag zu der künstlerischen Herrschaft dieser Algäuer Architektenschule über ganz Süddeutschland. Der Knauf des Turmes war aus vergoldetem Kupfer, das Kreuz hat der Laienbruder Jakob Heimb verfertigt. (Fig. 215.) Die Betrachtung des Turmbaues hat unserer sonstigen Darstellung etwas vorgegriffen. Wir kehren zu dem hohen Mittelalter zurück. Die frühe Gotik hat, wie wir sahen, nur am Chor einige Spuren hinterlassen. Im Laufe der kommenden Jahrhunderte mögen dann die Fenster der Westfassade und der Seitenschiffe gebrochen worden sein. Einen größeren Neubau bringt der Anfang des 16. Jhs. Der Abt Konrad von Müllheim, nicht gerade löblichen Angedenkens, den sein eigener Prior und Konvent in den Kerker warfen, errichtete 1505 die Kapelle am nördlichen Seitenschiff, "sacellum B. V. Mariae in latere majoris ecclesiae, vulgo das Frauen Cöhrlein, et in eo sepulchrum Christie", wie Gallus Mezler berichte. Bei den Beschwerden seines zuchtvergessenen Konventes gegen ihn spielte auch der Bau dieser Kapelle eine Rolle: er habe des Klosters Gut verschwendet, "indem er ime selbst ein solch cöstlich capellen und begrebnuß gemacht und uffgericht hett", anderes aber an der Kirche hätte verwahrlosen lassen(73). Und in der Tat, Geschmack muß der Abt gehabt und sich die besten Meister, wohl von Straßburg, haben kommen lassen.
Fig. 215. Turm der Klosterkirche in Gengenbach.
Die Kapelle ist in die Ecke des nördlichen Seitenschiffes und des Querschiffes Marienkapelle eingebaut. Sie ist von oblongem Grundriß, besteht aus zwei Gewölbejochen, denen entsprechend sie sich nach Norden in zwei hohen Spitzbogenfenstern öffnet. Diese Fenster sind an der Nordseite einpfostig, an der Westseite zweipfostig mit Fischblasenmaßwerk. Ein hoher gotischer Sockel und darüber ein Kaffgesims bezw. eine Wasserschräge umzieht die Kapelle mit ihren zwei Strebepfeilern, von deren origineller Eckausbildung die Fig. 216 ein Beispiel gibt. Hier auch die Steinmetzzeichen Fig. 217. Die Kapelle(74) ist mit einem Netzgewölbe eingedeckt, dessen Rippen in üblich trockener Weise mit flacher Hohlkehle profiliert sind. Für die Diagonalrippen schießt jeweils ein runder, schlanker Dienst auf steiler Basis empor, der Übergang in die Rippen wird durch eindrittellebensgroße Halbfiguren der Propheten verdeckt, vorzügliche plastische Werke im Stil(75) der späten Gotik, aber aus dem 19. Jh. aus der Simmlerschen Kunstwerkstatt.
Fig. 216. Abteikirche zu Gengenbach, Eckausbildung.
Sie halten Spruchbänder in den Händen, auf denen steht: Simeon Luc. 2.35. Jesaias 53.5. Jeremias II. I. Daniel 9.26. Zacharias 12. 10. Ps. 21. In den Schlußsteinen einmal das Müllheimsche Wappen, die vierblättrige Rose, im zweiten ein silberner Adler im weißen Feld. (Bemalung neu.) Zwischen den beiden Nordfenstern das später zu besprechende h. Grab. Denken wir uns noch den ursprünglich vorhandenen geschnitzten Marienaltar dazu, so erhalten wir ein überaus reizvolles Ganzes, für das wir dem Müllenheimer dankbarer sind als seine Mönche - In einem großen Spitzbogen mit neuem Gitter öffnet sich die Kapelle gegen das Seitenschiff. Gegenüber betritt man durch einen hohen Rundbogen die i. J. 1694 angebaute Kapelle des h. Joseph, die mit einem falschen Kreuzgratgewölbe eingedeckt ist. Der gleichen Zeit entstammen auch die Räume an der Südseite des südlichen Querschiffs, von denen einer in einem vierfachen Kreuzgratgewölbe auf Mittelsäule gedeckt ist, sowie die an den Turm und das südliche Seitenschiff sich anlegenden Räume. Der alte Bau ist mit den erwähnten wenigen Veränderungen ziemlich unberührt geblieben bis 1689. Bei der Einäscherung der Stadt litt die Kirche ebenfalls großen Schaden und mußte gründlich repariert werden. In dem Mezlerschen Bericht heißt es, daß "alle Gebäu sammt dem Kloster und der Kirchen völlig abgebrannt".(76)
Doch ist das nicht so wörtlich zu nehmen. Wie man aus den Berichten über die Wiederherstellungsarbeiten sieht, haben vor allem die Obermauern, der Chor in seinen oberen "Teilen und die innere Ausstattung gelitten. 1692 wurde, wie schon oben berichtet, das Türmlein auf dem Chor erneuert(77). Im Sommer 1693 wurde der Chor wiederhergestellt, die Mauer hinter dem Altar 20 Fuß höher geführt, damit sie die Höhe der Kirche hätte, d. h. also, für die neugeplante Höhe des Langhauses genügte der alte Chor nicht mehr. Sämtliche Fenster hier wurden vollkommen erneuert. Diese Arbeit, wie die der Renovation der ganzen Kirche, war einem der bedeutendsten Künstler der Vorarlberger Architektenschule übertragen worden, dem Meister Franz Beer(78). Wir verdanken diesem glänzenden Meister die Klostergebäude von Salem, die Kirche zu Irrsee bei Kaufbeuren, die Kirchen der Rheinau, Münsterlingen, S. Urban, S. Peter und Paul in Weißenau u. a. m. Die Gengenbacher wendeten sich also so ziemlich an den berühmtesten Künstler des Oberrheins.
Am 22. August 1693 wurde der "Hauptverdüng über dem newen Klosterbaw deß Gottshaus Gengenbach abgeschlossen, mit dem ehrevösten Herrn Frantz Behren, Maurer und berüehmten Bawmeistern in dem Bregentz-Waldt, Feltkürcher Herrschafft". Aus diesem Kontrakt(79) erfahren wir über die Arbeiten an der Kirche, der Architekt solle "alle Mauern des gantzen verbrantten Gottshauß vollig niederwerfen und dem Boden gleich abbrechen". Das ist nun wieder nicht buchstäblich aufzufassen; wie der Befund zeigt, ist nur der obere Teil der Mauern an Langhaus und Querschiff, dann wohl die ganze Mauer des südlichen Seitenschiffes erneuert worden. Des weiteren sollte er bauen eine "newe Capelle (wohl die S. Josephskapelle), welche den 4. Theyl des Kreützganges inne hat" - der also vorhanden war, aber zweifellos gelitten hatte und wohl bei den damaligen Neubauten verschwand -, "in der Länge 99 1/2, in der Breütte 18 1/2 schüch. Endtlichen den schadhaften Kürchengübell gegen den Convent abzubrechen, soweit es von nöthen sein würdt, undt selbigen wiederumb aufführen mit einem gehawenen Gübell, gleichwie in dem Abrüß zu ersehen".
Fig. 217. Steinmetzzeichen an spätgothischen Strebepfeilern und am Turmfenster
der Klosterkirche, sowie am Niklausturm und der Einbethenkapelle zu Gengenbach.
der Klosterkirche, sowie am Niklausturm und der Einbethenkapelle zu Gengenbach.
Dies geschah, es ist der Giebel des südlichen Querschiffes, ein Volutengiebel mit Obelisken besetzt. Man sieht übrigens aus der Nachricht, daß - naturgemäß - der Brand, vom Kloster ausgehend, vor allem die Südseite der Kirche getroffen hat. 1694 am 24. April wurde für S. Josephi et Joan. Baptistae der Grundstein gelegt(80). Außer Franz war auch noch ein Peter Baer hier tätig. Er hatte 1694 mit Reparaturen an den Säulen der Kirche zu tun. "Interea dum murarius," heißt es(81), "sinchoabat ponere fundamenta pro novo monasterio nostro, honestus vir Peter Beer quoque Brigantinus lapicida, aptabat et quadrabat lapides pro duabus rotundis columnis ecclesiae ad dextram maioris portae ingressus, iam ante incendium ruinosis, per flammas vero magis laesis, simul etiam pro quadrata columna proximiore portae, eadem ex parte ecclesiae, quae in superiori parte notabiliter destructa per flammarum vehementiam fuit. Pro dictis columnis 2 rotundis et una quadrata reparandis dicto lapicidae dati fuere 25 fl. Cum fornix, quem columna haec quadrata et ipsa ecclesiae paries sustentabant, necessario fuerit reparandus, et ad duorum pedum altitudinem coeterisque fornicibus altius drigendus, ut commodior esset ingressus ad ambonem supra portam ecclesiae maiorem positum, ubi ante incendium maius evectum stabat organum, opus sane magnificum, at barbaricis quoque flammis in cineres redactum, r. n. pro labore et reparatione huius fornicis praefato Petro Beer 18 fl. ex solvit."
Wir erfahren hier also, daß die beiden westlichsten Säulen der südlichen Reihe vom Brand stark beschädigt waren. Sie wurden repariert. Es deutet zunächst noch nichts auf den vollkommenen Umbau der westlichsten in einen Barockpfeiler hin, wie wir ihn heute sehen. Auch der beschädigte Pfeiler, an dessen Stelle heute der mächtige Turmpfeiler steht, wurde, wie es scheint, nur geflickt, sein Bogen erhöht, um einen leichteren Zugang zu der hier vorhandenen Orgelempore zu gewinnen. Dabei ist noch nicht die Rede von der Rücksicht auf einen Turmbau. Die obencitierte Notiz, daß der Turm 1689 begonnen, ist also mißverständlich; erst im Verlauf der Wiederherstellungsarbeiten nach 1694 scheint man an diesen gegangen zu sein.
Derselbe Peter Beer hatte die Marienkapelle mit dem h. Grab zu reparieren: "ab ignibus foede fuerit deformatum ipsumque altare quoque in cineres abierit". Er solle, heißt es in dem Vertrag(82), alle zersprungenen Steine und die Zieraten am Grab Christi mit Gips sauber ausbessern: "Zum andern solle Meister Peter in dieser Kapellen ein sauberen, zierlich wohlstehendten altar (darin 2 Altarblättlein kommen) dem gegeben Rüss gemäss von güpss oder Stuckhathurarbeit auf das zierlichste aussförttigen undt stellen. Ahn dem gedachten Altar sollen die Säullen undt was sonster leiden mag, aus rothe Marmorsarth ausgearbeitet werdten, alles nach des Meisters besten Vermögen. Für diesse seine Arbeit würdt ihme versprochen des Tags 7 ß 6 ? der Tüsch in dem Convent, umb jedes mahl ein halbmass Wein." - 1715 wurde, wie oben erwähnt, das Kreuz und der Knauf auf den Turm aufgesetzt, der also wohl in den Jahren vorher vollendet worden. Auch sein Architekt stammte aus der Vorarlberger Bauschule, es war Jakob Rischer "Brigantinus"(83), und so erinnert denn auch der Turm in seinem geschilderten Schema an die Turmbauten dieser Meister in der Schweiz und Schwaben. Ich glaube, daß er mit dem Offenburger Kirchturm das Muster für die ganze Umgegend gab, ja, ich möchte vermuten, daß die beiden Meister, Beer und Rischer, während ihrer Tätigkeit in Gengenbach vielfach von den umliegenden Orten bei ihren damaligen Neubauten um Rat gefragt wurden.
Nach Vollendung der Bauten schritt man wohl an die Ausstattung. Die Säulen waren mit Backstein verkleidet und mit Stuck überzogen worden; dem Geschmack der Zeit entsprechend hat man sie uniform zu Pfeilern gestaltet. Ob das schon zu Zeiten Beers geschah, muß nach obiger Notiz über die Restaurierung der Säulen zweifelhaft erscheinen. Möglich also, daß die gesamte Innendekoration nicht mehr den Bregenzer Baumeistern zu verdanken war. Sie ist bei der letzten Restauration vollständig wieder zerstört worden, wogegen ich hier nichts sagen mag; bedauerlicherweise hat man sie vorher nicht aufgenommen, mindestens habe ich keine Aufnahmen auffindig machen können, außer ein paar zufälligen, aber verdienstvollen des Photographen Schöndienst in Gengenbach.
Fig. 218. Der Chor der Klosterkirche in Gengenbach vor der Restauration.
Nach diesen versuche ich, eine Andeutung dieser Ausstattung zu geben. Den auf obige Weise hergestellten Pfeilern hatte man schlichte Kämpfer gegeben, über ihnen gingen Lisenen in die Höhe, die in einem verkröpften Gesims endigten, welches das romanische Gurtband zudeckte. Auf mit Eierstab verzierten Konsolen setzte das Rippengewölbe an, in der Tat ein Tonnengewölbe mit einschneidenden Kappen und angeklebten Rippen. Überall wurden in den erneuerten Mauern die Rundbogenfenster angebracht. Außerdem scheinen an verschiedenen Orten Statuen aufgestellt worden zu sein; näheres konnte ich darüber nicht mehr feststellen.
Altäre besaß die Kirche in wechselnder Anzahl. 1656 wird die Errichtung eines Altars verlangt "mit dem Bildnis der Maria und einerseits des h. Dominicus, andererseits des h. Benedikt im großen Chor vor dem Fronaltar für die damals neu gegründete Rosenkranzbruderschaft"(84) Bei der Renovation 1669 wurden die Altäre teils erneuert, teils entfernt. So verschwanden bei der Abtragung des Lettners vier Altäre: "S. Catharinae, quod proxime sacellum b. M. virginis positum;; altare Rosarii, quod antea venerabilis sacramenti dicebatur, in medio ecclesiae collocatum, adhaerens fastigio; altare apostolorum prope imaginem dolorosae matris in pariete, et baptisterium inter columnam et parietem; quartum, collocatum in fastigio, s. cruci sacrum."(85) Wir hören dann von der Errichtung zweier Altäre an der Stelle des alten Lettners "ad columnas choro proximas, tamen extra chorum, uti antea erectum stabat fastigum". Nach der obenberichteten Erhöhung des Chors wurde der Hochaltar einen Schritt näher an die Mauer gerückt, damit er von den neu eingebrochenen Fenstern besser beleuchtet würde. Dasselbe Schicksal hatten die Altäre des h. Benedikt und der h. Scholastika. Am 8. September 1669 hat dann der Straßburger Generalvikar und Suffragan Gabriel Haug drei Altäre geweiht: "in mirum maius seu summum et sacri rosarii et s. Josephi".(86) Daraus geht doch hervor, daß auch der Hochaltar nicht zurückgerückt, sondern ganz neu hergestellt war, es heißt auch: "destructum seu amotum". Seine alten Reliquien wurden wieder in ihm verschlossen. Am folgenden Tage wurden zwei weitere Altäre geweiht, der eine in sacello D. Benedicti, der andere in sacello S. Scholasticae(87) 1671 führte der Prior Thalmann die Bruderschaft zum kostbaren Blut ein; 1672 wurden in großartigem Aufzug die Reliquien des h. Nazarius und anderer Heiligen übergeführt, wobei bildliche und scenische Darstellungen das Ereignis verherrlichten. Nach der Einäscherung durch die Franzosen, bei der mit Ausnahme des Altars des h. Benedikt alle Altäre zerstört wurden, ging man an die Wiederaufrichtung. Um bei den schlechten Zeiten die Gebühren der Altarweihen dem Kloster zu sparen, bat der Abt Thalmann unter Darlegung der traurigen Verhältnisse beim Papst um die Erlaubnis, die Altäre selbst weihen zu dürfen, zumal da der Suffragan des nun französischen Bischofs es nicht wagte, kaiserliche Gebiete zu betreten. Er erhielt die Erlaubnis für diesmal, und nun wurden 1692 sechs Altäre errichtet "de novis lapidibus seu tabulis" und am 30. September geweiht:
1. Altare in medio navis ecclesiae extra chorum in honorem s. Fortunati.
2. A cornu evangelii extra chorum in honorem sacratissimi rosarii Patronae.
3. A cornu epistolae extra chorum antea s. Josephi consecratum in honorem s. crucis et dolorosae societatis.
4. In sacello s. Annae in honorem s. Joachim.
5. In sacello Beatae Virginis in latere maioris ecclesiae olim a. d. Conrado de Mülheim ca. a. 1505 erecto, in honorem s. Mariae virginis.
6. In sacello s. Scholasticae(88)
Einige Reliquien dafür lieferte das befreundete Einsiedeln. Im J. 1693 wird der Hochaltar bezw. die Mensa desselben errichtet (erectus stipitique superimpositus fuit). Als Abt Thalmann stirbt, wird in der Notiz über ihn gesagt, daß er acht Altäre geweiht habe.
Der Aufbau über der Mensa des Hochaltars wurde i. J. 1723 errichtet: "Dieses Jahr ist auch der newe Hohe Chor-Altar von Gibbs-Marmor verfertigt und das zierliche Blatt nativitatis B. virginis, so anjetzo eingangs der Kirch auf der Seithen bei der Sakristey hangt, von d.r. Paulo Seeger, moderno (1726 bis 1743) r. d. abbate, zu Donaueschingen, woselbst er pro tempore sacellanus anticus were, gemahlt, der Tubernackhul aber, so nun annoch auf dem Altar stehet, von dem hiessigen Bildhauer auff abermahlige recommendation P. Joachimi seines Schwagers schlecht genug um 60 fl. gemacht worden. Das Fassen dieses Altars aber kame nebst der Kost drei Arbeitern, die sie über 10 Wochen protrahirten, in Verding auf 90 fl. Welchergestalten aber ersagter Newer Chor-Altar in anno 1730 um wegen der Commodität des Newen Chorgestühls und Orgel widerumb cassirt, und wie derselbige zuvor dahier verdingt und verfertigt worden seye, ist in meo protocollo cancellariae de anno 1622 zu ersehen."
Fig. 219. Ehemaliges Chorgestühl und Orgel in der Klosterkirche zu Gengenbach.
Wie dieser Hochaltar in seiner letzten Form war, können wir nach einer Schöndienstschen Photographie ungefähr sagen. Es war ein leichter Aufbau von Säulen mit verkröpftem Gebälk, auf dem Putten saßen, zwischen ihnen eine tabernakelartige Nische, von geschwungenem Rundgiebel bekrönt. Er stand unter der Vierung, Türen führten neben ihm in den Chor. Der Aufbau war luftig und nicht zu hoch, um den Einblick in den Chor nicht zu hindern. Denn dieser Chor enthielt das prachtvolle Gestühl, das in Verbindung mit der schönen Orgel seine herrliche Zierde war (s. Fig. 218 u. 219). Wie sich aus obiger Notiz ergibt, wurde es ca. 1730 errichtet; es ist also eines der frühesten Werke, das den Rocaillestil über den Rhein brachte.
Fig. 220. Mittelfeld am unteren Teil der ehemaligen Orgel in Gengenbach.
Das Gestühl wurde bei der Restauration unter Meckels Leitung herausgerissen und steht jetzt zum Teil in den beiden Seitenchören, zum Teil im Querschiff. Die Orgel aber wurde leider nicht wieder verwendet, sie lag lange Zeit in Trümmern in einem Hause der Stadt und ist jetzt, wie ich höre, von der Städtischen Altertumssammlung in Freiburg i. Br. erworben und damit wohl vor dem Ruin gerettet worden.
Unsere Abbildungen(89) geben einen Begriff von dem vorzüglichen Aufbau des Ganzen. Die Ostwand des Chores wurde durch die gewaltige Orgel verdeckt. In einem lebendigen Vor- und Zurücktreten der größeren und kleineren Pfeifen war der Bau gegliedert, geschwungene Gesimse und reichbewegte Rankenornamente schlossen diesen Teil ab; darauf die Kolossalfiguren der Heiligen Petrus und Paulus und in der Mitte das Abteiwappen. Über verkröpftem Gesimse der Abschluß: Engelsfiguren, auf kräftig profilierten Postamenten bauchige Urnen, die durch Girlanden mit dem abschließenden Giebel verbunden waren; dieser Giebelaufbau enthielt ein Ölgemälde der h. Jungfrau mit dem Kinde. Im unteren Teil der Orgel über dem Stuhl des Organisten war im Mittelteil eine geschnitzte Füllung zu sehen mit dem Reichsadler (s. Fig. 220). Zu beiden Seiten schloß sich das Gestühl an, und zwar zunächst je ein besonders ausgestatteter Thronsitz für Abt und Prior. Beide, zu einem Stück vereint, stehen jetzt im nördlichen Querschiff. Auf den beiden Seiten des Chors die Sitze für die Mönche in zwei Reihen übereinander, reich und doch nicht überreich mit Schnitzereien geschmückt, in den feinen Formen des "Style en Régence", Ranken Netzwerk etc.; die Rückwand wird durch doppelt vorgelegte Pilaster gegliedert. Über dem verkröpften Gebälk im Gegensatz zu den unteren, ruhiger gehaltenen Teilen reicher, durchbrochener, geschnitzter Aufsatz in ausgesprochenen Rocailleformen, mit einer Urne dazwischen.
Fig. 222. Heiliges Grab in der Klosterkirche zu Gengenbach.
Zu äußerst standen hier noch die Figuren zweier Heiligen (s. Fig. 221). Die Schnitzereien, in Eichenholz, sind hervorragende Arbeit. Es bleibt unbegreiflich, daß man noch vor wenigen Jahren dies einzige Ganze zerstören konnte. Auch die Barockkanzel mußte weichen. 1715 war sie durch den Schwager des P. Joachim Schneider, den dieser mannigfach begünstigte, errichtet worden. Der Chronist Dornblüth fügt der Notiz boshaft hinzu: "quippe parochi sub d. Augustinus abbate ad nullas redditiones rationum obligabantur et sic ut absoluti domini reddituum suorum eos pro lubitu vel consumabant vel fundatores rerum quarundam se faciebant."(90) Sie scheint ein wirkungsvolles Schnitzwerk gewesen zu sein, mit Figuren an der Brüstung und reichen Voluten auf dem Schalldeckel. Im entsprechenden Stil die zwei ebenfalls abgebrochenen Seitenaltäre mit Putten, Ölgemälden etc.
Fig. 221. Ein Stück des ehemaligen Chorgestühls der Klosterkirche in Gengenbach.
Von der Ausstattung der früheren Zeit ist dagegen noch der hübsche Taufstein in typischer krauser Rocailleform erhalten (Sandstein); der holzgeschnitzte Deckel zeigt die Taufe Christi. Seit dem 14. Jh. wurde der Chor der Kirche von dem Langhaus durch einen Lettner geschieden. Er war durch den Abt Konrad von Blumberg (um 1400) errichtet worden. Über ihm hing ein gewaltiger Holzkruzifixus herab, den nach Inschrift Lambert de Burne ca. 1385 zum erstenmal restaurieren ließ. Die zweite Reparatur erfuhr er 1600, eine dritte 1686. Drei Jahre nachher fiel das offenbar sehr alte Stück den Flammen der Franzosen zum Opfer. Der Lettner aber wurde als hinderlich 1669 abgebrochen. Die Stelle in der zitierten Chronik lautet darüber:(91)
"Nam fastigium, quod navem ecclesiae et chorum intersecabat et impediebat populum, ne caeremonias videre posset in choro peragi, destructa et amota est...Fastigium hoc constructum erat ab abbate huius monasterii, Conrado de Bluomberg. Supra fastigium et altare s. crucis crux lignea in alto pendebat, non modicae magnitudinis, supra cuius summitatem in transversa trabe affixa erat tabula cum sequenti scriptura: Reverendissimus in Christo pater ac. d. d. Lambertus de Burnen, ex Neovillensi monasterio postulatus abbas huius loci, qui ob raram doctrinam, prudentiam et rerum usum dei et apostolicae sedis gratia per Urbanum V et Carolum IV imperatorem ad episcopum Argentinensem, Spirensem et Bambergensem promotus hanc crucem cum impositis de ipsa s. cruce aliorumque sanctorum reliquiis primum renovari fecit."
Dazu die Notiz des Chronisten Ziegler über die zwei weiteren Renovationen.
Das interessanteste Stück, das die Kirche von ihrer früheren Ausstattung bewahrt, ist wohl das heilige Grab in der Marienkapelle, das Konrad von Mülheim zusammen mit dieser 1505 errichten ließ. Es befindet sich zwischen den beiden Nordfenstern derselben, ist etwa 5,45 m hoch, 2,6 m breit und 90 cm tief mit seinem Untersatz (s. Fig. 222). Pfeiler mit Flachnischen, deren Säulchen auf hohen steilen Basen vorgelegt sind, tragen den Baldachin, der in zwei Eselsrückenbogen sich nach vorne öffnet, zwischen denen ein neuer Pfeiler in die Höhe führt. Er ruht auf einer Konsole, an der ein flatterndes Engelfigürchen das Wappen der Mülheim hält. Überall schneiden sich die mit krausen Krabben besetzten Bögen und es entstehen so die kapriziösesten Formen, zumal das Maßwerk oben die naturalistischen Formen des Astwerks annimmt, bis endlich die Pfeiler über einer Maßwerkgalerie in Fialen mit teilweise herabgeschlagenem Abschluß endigen. Im Innern ein zweiteiliges Kreuzgewölbe. Am Sockel in Hochrelief die schlafenden Wächter. Der Leichnam Christi von guter Durcharbeitung mit stark hervortretenden Adern und edler Kopfbildung. An der Rückwand auf kleinen Konsolen zwei Engel mit Weihrauchfässern, zwischen ihnen die drei h. Frauen, vornehme Gestalten mit edlem vollem Gesichtsoval (s. Fig. 223). Auf der Konsole mit dem Stifterwappen in kleinerem Maßstab der Auferstandene. An dem rechten Pfeiler unter Astwerk in nicht sehr hohem Relief der Stifter selbst, knieend einem im Astwerk fast versteckten Kruzifix und dem Altar der Kapelle zugewandt. Das Material ist gelber Sandstein. Überall, ganz besonders an den Marien am Grabe, sind noch die Farbenspuren deutlich erhalten.
Das Werk gehört in dem eleganten, reichen Aufbau zu den vorzüglichsten der Gattung, es ist mir vom ganzen Oberrhein nichts Besseres bekannt. Auch die künstlerische Qualität der Statuen ist eine erfreuliche. Ein ihnen im Stil so nahe verwandtes Werk zu bezeichnen, daß man auf den gleichen Urheber schließen könnte, ist mir nicht möglich. Die Vermutung liegt ja nahe, daß der Abt sich den Künstler aus dem nahen Straßburg kommen ließ.
Fig. 223. Die Marien am Grabe, vom heiligen Grab in der Klosterkirche zu Gengenbach.
Nahe dem Eingang zu der Marienkapelle findet sich an der nördlichen Seitenschiffwand das wie mir scheint erneuerte Epitaph ihres Stifters, eine Sandsteinplatte, mit dem Wappen in Relief und der Inschrift:
Im nördlichen Seitenschiff Epitaph, oblonger Sandstein (138 X 70 cm). Oben unter einer Nische mit Blattverzierungen das Wappen in Rollwerkschild: auf einem Dreiberg nach rechts gerichtetes Schwert. In unterer Rollwerkkartusche die Inschrift:
Von der weiteren Ausstattung sind noch zu erwähnen: zwei steinerne Weihwasserbecken mit achteckiger Cuppa, wohl aus dem 16. Jh.; Beichtstühle von der geschwungenen Grundrißform des 18. Jhs., mit Schnitzereien in graziösem Rocaillerankenwerk verziert. Auch die Kirchenbänke gehören dem gleichen Stil an. Die Türen des Hauptportales, mit dem Rankenornament ihres Mittelpfeilers, den schweren Füllungen in einem Rahmen mit Akanthusblättern, den Vorhangornamenten in den oberen Füllungen, gehören noch der Renovation durch die Vorarlberger am Ausgange des 17. Jhs. an.
Die Glocken hatten den Brand von 1689 gut überstanden(92). Aber es waren nicht mehr die des Mittelalters, sondern Werke lothringischer Meister aus den J. 1686 und 1687(93). Man hatte sie zum Schutz in die Erde vergraben und holte sie nun wieder herauf(94) 1716 läuteten sie wieder zum erstenmal. Von den heutigen stammen zwei von 1687, es sind also die geretteten, von den Lothringern gegossenen, auf der einen die Figuren S. Petri und S. Pauli, eine unter Jacopo Abbate gegossene von 1783, zwei weitere von 1841 und 1859. Näher beizukommen war mir nicht möglich.
Sakristei - Kirchengeräte: In den Stürmen des 17. Jhs. müssen alle älteren Stücke geraubt oder eingeschmolzen worden sein, man mußte die Kirche am Ende desselben neu ausstatten. Aus den Protokollen erfahren wir, daß 1683 der alte Speisekelch nicht mehr genügte, daß man ihn daher mit anderen Silberstücken (Vasen etc.) "vulgo Bruchsilber, ad 68 Loth"(95) einem Goldschmied gab und daß dieser, "Joannes Stadler aurifaber in Offenburg", daraus ein neues Ciborium machte, mit dem Wappen des Abtes Placidus am Fuß. "Pro omni labore suo in conficiendo hoc vasculo aurifaber capiebat 16 fl,8 ß, 8 ? pro eo deaurando dedit rer. noster 3 cum dimidio duggatos seu aureos nummos, fecit 10 fl., 6 ß, 8 ?" 1716 bietet ein reisender Schaffhausener Goldschmied einige Monstranzen zum Kauf an, es wird auch von ihm eine grofe gekauft für 1.200 fl., die sich aber nur als die Hälfte wert herausstellte; man war auf einen Schwindler hineingefallen(96). Später wurde der Monstranz noch eine große Perle eingefügt. 1719 wurden sechs silberne Leuchter von Augsburg erworben(97). 1721 schenkte der "Goldstückher Auble" zu Straßburg, dessen Sohn nach einem Duell im Kloster Asyl gefunden hatte, eine "eigenhändig von ihm verfertigte gestickhte silberne Insult so auf 200 fl. geschätzt worden".(98) Von all diesen Stücken ist indes nur noch die Monstranz (s. unten) vorhanden.
Dagegen erwähne ich:
Sonnenmonstranz, silbervergoldet, mit getriebenen Rocailleornamenten und Früchten, Augsburger Zeichen, darunter W und ICB; eine weitere, im gleichen Material, mit getriebenen und aufgelegten Rankenornamenten, Putten mit Passionswerkzeugen, reich mit Steinen besetzt, dazwischen kleine Emails. Am Fuße Widderkopf und HL also H. J. Läublin aus Schaffhausen (Rosenberg Nr. 2569); es ist dies demnach die obenerwähnte, überbezahlte Monstranz; eine kleine Monstranz, kupfervergoldet, mit eingravierten Rocailleornamenten.
Kelche des 18. Jhs. sind in der großen Zahl von zehn erhalten, und zwar:
1. Silbervergoldet, getrieben, mit Bandornamenten sowie den Marterwerkzeugen Christi; ohne Zeichen. Anfang des 18. Jhs.
2. Silbervergoldet, getrieben. An den Buckeln des Fußes und der Cuppa in Relief getrieben Engel mit Marterwerkzeugen und Scenen aus der Passion, an einem Buckel die Inschrift: Sanguis Eius Super nos et Super filios nostros; Augsburger Beschauzeichen und .
3. Silbergetrieben, vergoldet, mit drei doppelten Engelsköpfen und drei Reliefs der Passion an den sechs Buckeln des Fußes, ebenso an den sechs Buckeln der Cippa, Engelsköpfe am Nodus, außerdem Bandornament; gute Arbeit vom Anfange des 18. Jhs.; Zeichen ? und
4. Silbergetrieben, vergoldet. Rocailleornament, drei Emails am Fuße, die Heiligen Joseph, Agathe und Therese darstellend, drei an der Cuppa, Benedikt, Madonna mit Kind und Abendmahl in reicher Fassung von Amethysten, Beryllen, Rubinen; die Emails vorzügliche Arbeit; Augsburger Zeichen, darunter (Rosenberg 89: ca. 1747 bis 1749) und (Joh. Friedr. Bräuer ? ) 1753, Rosenberg 355).
5. Silbergetrieben, vergoldet, am Fuß drei Putten mit Leidenswerkzeugen und in Amethystfassung drei Emailmedaillons, die Heiligen Joachim, Anna und Cölestin darstellend, an Cuppa ebenfalls drei Putten und drei Reliefs: Opfer Noahs, Gebet am Ölberg und Abendmahl. Hübsches Stück, leider stark lädiert; ohne Zeichen.
6. Silbergetrieben, vergoldet, mit reichen Rocaille- und Blumenornamenten, bewegte Form, sehr gute Arbeit; Augsburger Zeichen, darunter (Rosenberg 104: 1765 bis 1767) und (Jos. Tobias Hezebik ? 1788, Rosenberg 377).
7. Silbergetrieben, vergoldet, mit Putten am Fuß und Medaillons mit Heiligen im Relief, an der Cuppa aufgelegt Putten mit Passionswerkzeugen in Ranken, ohne Zeichen, Anfang des 18. Jhs.
8. Silbervergoldet, schlichte Arbeit; Ende des 18. Jhs.
9. Kupfergetrieben, vergoldet mit Bandornamenten, zwei Schilde, in. einem und ein Mann mit Hammer als Helmkleinod.
10. Kupfergetrieben, vergoldet, mit Girlandenverzierung, vom Ende des 18. Jhs. Speisekelch, kupfergetrieben, vergoldet, mit Rocailleornamenten, ohne Zeichen. Wettersegen, kupfergetrieben, vergoldet, mit Rocailleornamenten, besetzt mit Steinen. Patene, kupfervergoldet; mit Namenszug Jesu und 1628.
• Zwei Weihrauchfässer, silbergegossen und getrieben, mit Rankenwerk und Frauenköpfen, an denen die Ketten befestigt sind; Straßburger Feingehaltszeichen, wie Rosenberg 1504 etwa, und "Koenig".
• Weihrauchschiffchen, silbergetrieben, mit Akanthusblattverzierung; Straßburger Feingehaltszeichen, wie Rosenberg 1503 {?), und "Koenig".
• Wasser- und Weinkännchen mit Tablette, silbergetrieben, vergoldet, mit getriebenen Rocailleornamenten, den Emailmedaillons der Evangelisten und Steinbesatz; Augsburger Zeichen, darunter und , also von demselben Meister wie Kelch Nr. 4.
• Ovale Platte mit Wasser und Weinkännchen, silbergetrieben, vergoldet, mit Muschelornamenten; Augsburger Zeichen, darunter und Franz Thaddaeus Lanz
(Rosenberg Nr. 358). Er wie Bräuer (s. oben) haben auch noch sonst viel für diese Gegenden gearbeitet. Auf der Platte steht außerdem:
• Halskette aus Granatgehängen, abwechselnd mit feinen Ringen, sowie Amethysten; Anfang 18. Jhs. (Ehemaliger Miederschmuck.)
• Sechs große vernickelte Messingleuchter mit Rocaille-, sechs andere mit eingravierten Akanthusornamenten.
• Kruzifix, aus, Bronze (hier oder in der Kirche aufgestellt), Corpus Christi etwa 30 cm hoch; vorzüglich durchgearbeitetes Stück vom Ende des 17. Jhs.
• Kruzifix, aus Elfenbein geschnitzt, Corpus etwa 20 cm hoch; gute, leider etwas beschädigte Arbeit des 18. Jhs.
An Textilarbeiten ist zunächst zu erwähnen ein großer aus den Fährlichkeiten des 17. Jhs. geretteter Gobelin von 1608, dessen einen Teil Tafel XIII (3; 4; 5) wiedergibt. Er ist 4,5 m lang, 1 m breit und zeigt fünf Scenen aus der Leidensgeschichte des Herrn mit Überschriften und verschiedenen Monogrammen.
Tafel XIII - Gobelin in der Klosterkirche zu Gengenbach
1. Die Grablegung:
Joseph legt den Leib Christi in sein new grab
in ein Felsen gehawen, Matthei rrVII.
in ein Felsen gehawen, Matthei rrVII.
2. Kreuzaufrichtung:
Christus wurt am creutz auffgericht.
Johannis r|r.
Johannis r|r.
3. Kreuztragung:
Christus tregt sem creütz auß Jerusalem an berg
Caluarie Zu creutzigen außgefürt. Matth. rrVII.
Caluarie Zu creutzigen außgefürt. Matth. rrVII.
4. Gefangennahme Christi:
Christus Würt gefangenn am Ölberg Petrus
Hawt des Hohenpriesters Knecht ein ohr ab. Matth. rrVI.
Hawt des Hohenpriesters Knecht ein ohr ab. Matth. rrVI.
5. Christi Abschied von seiner Mutter:
Christus scheidet zü Bethania von seiner Libenn
müter unnd anndernn Freündenn, Matth. rrI.
müter unnd anndernn Freündenn, Matth. rrI.
Die einzelnen Scenen sind durch Säulen mit Kompositkapitellen voneinander getrennt. Außerdem eine Anzahl von Gewändern: Pluviale, Goldbrokat mit reicher Seidenstickerei von violetten und blauen Blumen, Klatschrosen an der Kapuze, messing-vergoldete Schließe. Dabei die dazugehörige Casel, Levitenkleider, Palla, Schoßtuch etc., letztere Silberbrokat;, Mitte des 18. Jhs, hervorragende Arbeit.
• Rotes Pluviale mit eingewirkten Rosen, Seide; später einmal gefärbt.
• Hellblaues Pluviale mit eingewirkten Blumen, Federn etc, im echten Rokokogeschmack, Hellblau und Hellgelb dominierend; dazu passende Casel, Levitengewänder, Stola, Palla etc.
Pluviale von weißer Ripsseide mit bunter Blumenstickerei; Mitte 18. Jh.
Des weiteren eine rote Casel mit Rankenstickerei in Silberfäden, eine violette mit eingewirkten Blumen in Gold und bunter Seide, nebst allem Zubehör; weißseidene Casel mit buntseidener Blumenstickerei; Predigtstolen auf Goldstoff gestickt; alles aus dem 18. Jh.
• Ein in der Farbe außerordentlich schönes salmrotseidenes Velum mit Silberfransen, mit Silber- und Goldplättchen bestickt, typisches Empirestück, sowie ein weißes Velum mit Applikationsarbeit. Ferner zahllose Reste ehemaliger Kirchengewänder, gestickter und gewebter.
• Ein großes hölzernes Vortragskreuz des 18. Jhs., vergoldet; ein zweites bemaltes mit gut gearbeiteter Figur Christi. Dazu noch zwei weitere eindrittel- und einhalblebensgroße Holzkruzifixe im Barockstil.
• Ein guter Bücherbeschlag mit eingraviertem Renaissanceornament an einem neuen Missale, ca. 1600.
• Drei Rosenkränze mit verschiedenen Medaillen des 16. und 17. Jhs., die einzelnen Glieder silbergetrieben oder aus Steinen.
Aus den Protokollen erfahren wir noch von der großen Uhr im Turm, die der Schlossermeister Johannes Thalmann, Neffe des Abts gleichen Namens, zum Dank für seine Erziehung 1721 stiftete. Sie hatte einen Wert von 50 fl., der Stifter garantierte zugleich, solange er lebte, alle Reparaturen(99).
Epitaphien am Äußern der Kirche. An der Nordseite in der erwähnten zugemauerten rundbogigen Tür Renaissanceepitaph ohne Inschrift, gelber Sandstein: unten Auferstehung Christi in kleinen Figuren, oben die Krönung Mariä, hier knieender Mann und Frau in der Tracht des späteren 16. Jhs., zwischen ihnen ihr Wappen, von denen nur noch das zweite: ein Mann mit Keule auf der Schulter, kenntlich ist. Das Ganze umrahmt von Pilastern mit Beschlagornament, nach außen in Voluten, Putten und Köpfen endigend. Der obere Teil ist leider behufs Einfügung in die Nische weggeschlagen; jetzt etwa 2 m hoch.
An der Südseite der Kirche, an der Kapelle des h. Joseph, Epitaph in rotem Sandstein. Übereinander aufgebaute Voluten tragen den Rocaillegiebel, darauf zwei Putten mit den Abtsinsignien, über ihnen in Rocaillekartusche das Wappen. Das Ganze ein überaus bewegtes und wirkungsvolles Werk des Rocaillestil. Die langatmige Inschrift lautet:
LEGE ET LUGE
HIC MORTALES IMMORTALES
SPIRITÛS EXUVIAS DEPOSUIT REVERENDISSIM
AC AETERNA MEMORIA DIGNISSIMUS DOMINUS * D *
BENEDICTUS
ABBAS GENGENBACENSIS
VIR MAGNAE NOMINIS EXACTAE PROBITATIS AC PRAETER DIVERSA
SCIENTIARUM LINGUARUMQUE PERITIAM TANTAE INPRIMIS
AGENDIS DEXTERITATIS; UT INCERTUM
NUM ANTECESSORUM QUISQUAM
VEL MAIOR VEL MELIOR VEL PRUDENTIOR
PATERNA IN FILIOS CHARITATE
PROFUSA IN PAUPERES LIBERALITATE
SINCERITATE IN AMICOS, IN HOSPITES HUMANITATE,
CERTUM NULLI SECUNDUS
DIGNUS QUEM OB PRAECELLENTES ANIMI,
INGENIIQUE DOTES SUMMI ETIAM GERMANIAE, GALLIAE
ITALIAE AC PURPURATI ADEO PRINCIPES
CUM VIVERET AMORE ET OBSEQUIO
DUM VIXIT: DOLORE ET DESIDERIO
PROSEQUERENTUR
TANTUS, TALISQUE CUM FUERIT
NON POTUIT NON MALEVOLORUM TELIS APPETI
QUAE SOLO TAMEN MANSUETUDINIS SCUTO
ET EXCEPIT ET RETUDIT
OMNE HAUD FALSO PROSPICIENS
MURES OLIM PROBATUROS AC LAPIDES
QUOD HOMINES REPROBARENT
OBIIT LABORE POTIUS QUAM AETATE CONIECTUS
DIE XXVIII DECEMBR: ANNO MDCC * LXIII
AETAT * LVII * REGIMIN: XX *
POSTQUAM ANNO ANTE OBITUM NONDUM EXPLETO
ABBATIALEM ULTRO INFULAM DIMISIT
UT ITA EXPEDITUS FACILIUS CONSEQUERETUR
QUAE IUSTIS IN COELO REMANET
MERITORUM CORONAM
...VIATOR, SI ES GRANDI CHARITATE
PIIS MANIBUS PIA PRECARE
MEMORIAE IPSIUS POSUIT
JACOBUS MARIA
ABBAS SUCCESSOR *
An der Nordseite noch ein schönes Epitaph in Rollwerkkartusche: Wappen, unten ein halbes Rad, oben OM, dann die Inschriftfläche, mit Früchten und Bändern verziert, und die Inschrift:
IST IN GOTT SELIG VER
SCHIDEN DER EHRHAFFT
OTTO MÖLLER GEWE
SNER ORGANIST DES GO-
TTSHAVS ALHIE DEM GO *
GNEDIG SEY AMEN.
An den Chormauern weiter zwei Schriftplatten, eine:
VS * HEREN * ANO
und:
RI QV OBIT ANO
M * D * LXX.
KLOSTERGEBÄUDE
Baunachrichten:
Das heute stehende Gebäude ist ein Werk des auch die Renovation der Kirche am Ende des 17. Jhs. leitenden Meisters Franz Beer aus der Vorarlberger Bauschule. Über das mittelalterliche Aussehen des Klosters fehlen uns alle Anhaltspunkte. Es hatte im Dreißigjährigen Krieg eine arge Verwüstung erfahren durch die weimarische Armee, bei der vor allem die Dächer und die innere Einrichtung sehr litten(100). Von einem kleinen Klosterbrand, dessen weitere Ausdehnung noch verhütet wurde, erfahren wir 1661(101). Den Zustand vor den Franzosenkriegen gibt uns - allerdings in sehr unzuverlässiger Weise - das schon genannte Bild. 1689 wurden dann von den Franzosen "alle Gebäu samt dem Kloster" etc. völlig abgebrannt(102). Im J. 1693 konnte man an den Wiederaufbau denken; am 22. August wurde mit Beer der Kontrakt abgeschlossen.
1) Soll Behr bei seinem gegebenen Abrüss verbleiben, welcher wegen seiner sauberen Stellung genehm gehalten wordten.
2) Soll er dem gegebenen Rüss gemäss erbauen auss dem Fundament die Abtey, welche zum theyll 3-, zum theyll 3 1/2 -stöckhig, in der Lenge 160 1/2 Schüch undt in der Breütte 43 Nierenberger schüch (der Nierenberger schuch solle durchauss beobachtet werden). Dass Convent, welcher Baw in der lenge 244 undt in der Breütte 48 schuch haltet, durchauss 3 undt ein halben Werkhstockh hoch. Mehr: einen Baw von dem Convent ahn biss ahn den Creützgübell der grossen Kürchen, welcher in der Lenge 90 undt in der Breütte 36 schüch haltet.
In gleichem ein Baw von jetzgemeldtem Kürchgübell ahn biss ahn die Stattmauren undt hat diesser Bau in seiner Lenge gegen die 110, undt dan in der Breütte 36 schüch. Diesse zwey Gebäw sollen nuhr zweystöckhig sein. Über diesses eine newe Capelle(103), welche den 4. Theyl des Kreützganges inhat, in der Lenge 99 1/2, in der Breütte 18 1/2, schüch. Endtlichen den schadhaften Kürchengübell gegen den Convent abzubrechen, soweit es von nöthen sein würdt, undt selbigen wiederumb aufführen mit einem gehawenen Gübell(104), gleich wie in dem Abrüss zu ersehen.
3) Soll er alle Mauern dess gantzen verbrantten Gottshauss völlig niederwerffen und dem Boden gleich abbrechen.
4) Soll der Baumeister alle Fundamenter dess gantzen Baws tüeff genug biss auf einen harten Booden aussgraben; ingleichen auch alle Keller, alss von der grossen portten der Abbtey herab biss in jetzigen Cantzelley-Keller. Dan von der Küchin ahn biss undter die Kellerey graben undt aussfüehren, insonderheit unter der Studierstube einen sauberen Keller sambt einem auf 6 Seüllen stehendten Gewölb zu verförttigen.
5) Solle er alle Fundamente teüff, dick und breütt genug gantz fleissig aufmauern, und dan alle Mauren mit Füess undt Haubtgestimbs aufführen.
6) Alle Gewölber in den Kellern, Küchin, Kreützgäng, in der Cappellen, Under- und Obercustorj, die Stiegen in dem unteren Stockh, dass Capitelhauss sambt dem nebensstüblein, Studierstube, Bibliothek, Cancellarj, Archiva (gleich wie in dem Rüss angezeigt) setzen undt mauren.
7) Alle Zügellwändt alss Stuben, Kammern, Gängen, wie auch alle Camin undt Däcken zu mauren, zu deckhen schuldig sein.
8) Alle Mauern und Zügellwändt soll er auss- undt inwendig bestecken undt aussbutzen, auch die Östrich in allen Zimmern etc, legen,
Fig. 224. Gengenbach, Giebel des Abteigebäudes und des südlichen Querschiffs.
9) Neben dem sauberen Bestück soll er noch tünchen: die newe Kapellen, dass Kapitelhauss, beede Custorien, dass Archive und seiner Hochwürden Gnaden Wohnzümmer.
10) Aus Stein soll er hauen lassen: dass Portal in der Abbtey, welches solle sauber undt zierlich gehawen sein, die Keller undt andere Bögen, alle Fenster undt Thürgestöll, alle Säyllen, Staffeln in die Keller, Stüegen in dem ersten Stockh, zu den Thüren. In gleichem die Stein zu den 4 aussgeschweüfften Gybell, alle Quaderstein, Offengeställ, Kellerlöcher etc.
Dafür soll er "neben dem Tüsch vor ihnen und seinen Meistergesellen oder Ballierer alleinig 11.000 fl. in landtläufigen Geltsorten" erhalten. Alle Materialien wird das Kloster liefern, es wird auch nach ihrer Gewohnheit den Maurergesellen bei Ankunft und Abreise, bei Legung des ersten Steines eines jeglichen Baues, so oft als ein Stockwerk vollendet ist etc., ein besonderes Essen und Trinken geben etc.
Wir ersehen daraus, daß Beer mit Benutzung einiger unteren Gebäudereste tatsächlich das Ganze neu aufzuführen hatte, und zwar die Abtei, den westlichen Trakt, daran anstoßend einen südlichen, den Konvent, von diesem aus bis zum Querschiff einen nördlichen Trakt und von da aus nach Osten zu einen weiteren Bau; die beiden letzteren nur zweistöckig. Am 24. April 1694 konnte der Abt die Grundsteine zu der Josephskapelle und zu dem Kloster legen, letzteren beim Eingang zur Kirche und zum Dreikönigschor. Die mit diesem Stein eingemauerte Urkunde nennt ihn "angularem lapidem monasterii beatae Mariae virginis e fundamento totaliter reaedificandi".(105)
Fig. 225. Gengenbach, Abteigebäude, Hofseite. Fensterummalung.
Am Ende des Jahres aber scheint der Abt an der Lage des Klosters verzweifelt zu sein, denn er fragt in der Konventsitzung am 16. Oktober 1694, ob mit dem Bau fortzufahren sei oder ob man bis zu Friedenszeiten warten solle. Man beschloß die Fortführung. Beer scheint jeweils über Winter verreist zu sein. So erfahren wir, daß er im Frühjahr 1695 zurückkehrte mit seinen Arbeitern, um Teile zu vollenden und neu zu bauen. Am 16. Mai legt der Abt von Schuttern für den kranken Thalmann(106) "lapidem angularem principalis aedificii claustralis in angulo qui arte se tendit versus huobam vulgo die Schneckhenmatt, a dextro vero versus Kintzingam", also den Schlußstein zum Südflügel, dem Konvent, das westliche Abteigebäude war vermutlich schon fertig. 1697 ist der größte Teil des Klosters fertig, enthaltend: "refectorium, culinam, musaeum et hypocaustum aulicum". Als man bei dem Ausgraben der Fundamente dazu "ad partem anteriorem huius aedeficii, hortum versus, ubi nunc stat refectorium medium inter musaeum et culinam" kam, stieß man auf viel Grundwasser, einen förmlichen Sumpf, und mußte nun 200 Eichenpfähle einrammen, auf denen das Gebäude errichtet wurde, welch letzteres aber in der schnellen Zeit von vier Monaten geschah. Vernali huius anni tempore konnte das Kloster endlich in richtiger Weise bewohnt werden "et domus capitularis per biennium refectorium fuite". Der Kapitelsaal hatte also zwei Jahre lang als Refektorium genügt. 1699 wurde der vordere Teil des Klosters "ab abbatia usque ad turrim ecclesiae" errichtet, also wohl der nördliche Teil des Westtraktes, Immerhin brauchte man 1703 für die Vollendung der Gebäude noch Geld. Von den Klostergebäuden wurde der östliche Flügel aus irgendwelchen Gründen abgerissen. Dagegen steht noch das westliche Abtei- und das südliche Konventgebäude, wirkungsvolle, einfache Bauten, aus verputztem Bruchstein aufgeführt, mit roten Sandsteingewänden. Die Fenster haben einfach abgetrepptes Gewände, teilweise mit Ohrenbildung in den oberen Ecken.
Fig. 226. Gengenbach, Klostergebäude, Treppenhaus.
Da, wo diese ausgebildeteren Gewände fehlen, an der Innenseite, dem Hofe zu, waren die Fenster von aufgemalten Gewänden mit gebrochenen Giebeln umgeben, wie es Fig. 225 zeigt. Auch sonst haben wir uns das Gebäude mit Architekturmalerei ausgeschmückt zu denken.
Fig. 227. Gengenbach, Klostergebäude, Tordurchgang, Tür nach dem Hof.
Den wesentlichsten Schmuck des Gebäudes bilden die mächtigen, in drei Abteilungen aufsteigenden Volutengiebel (s. Fig. 225) mit Obelisken auf den äußeren Enden der teilenden Quergurte. Zwei Giebel flankieren das Westgebäude, einer schaut am Südgebäude nach Osten und einer wurde, wie wir schon sahen, über der südlichen Querschiffendigung errichtet (s. Fig. 224). An diesem ist auch der Ansatz des alten Ostgebäudes erhalten, bergend Sakristei und Kustodie, dem Vertrag gemäß nur zweistöckig; dementsprechend ist das Westgebäude ein Stück um die Ecke nach Norden zu geführt. Am Ostbau ein Abtswappen (s. unten).
Fig. 228. Gengenbach, Klostergebäude, Blick in das Treppenhaus im ersten Stock.
So weit entstammt das Äußere dem Plane des Vorarlberger Meisters. Aber wie das Innere, so genügte auch das Portal einer späteren, wieder reicher gewordenen Zeit nicht, und so ließ der Abt Benedikt Rischer (1743 bis 1763), derselbe, dessen Grabstein wir kennen gelernt haben und der überhaupt eine größere Bautätigkeit entfaltete, das Innere und das Portal vollständig erneuern.
Fig. 229. Gengenbach, Abteigebäude, Geländer der Treppe vom ersten zum zweiten Geschoß.
Der Rundbogen des Portals wird von korinthischen Pilastern mit vorgelegten Säulen flankiert, die ein weit vorgekragtes, verkröpftes Gesims tragen, an der Mittelkonsole das Wappen des Abtes Benedikt. Auf dem Gesims das außerordentlich reizende schmiedeeiserne Gitter des Balkons, in ihm das Monogramm . angebracht. Über der Balkontür von Putten gehaltenes großes Wappen (Ende 17. Jh.) in Rollwerkkartusche des Abtes Augustin Müller (1696 bis 1726), unter dem der Beersche Bau fertiggestellt wurde. Durch das Portal betreten wir den sehr interessanten Tordurchgang nebst Treppenhaus (Fig. 226). Wie der raffinierte Grundriß zeigt, entsprechen den Pilastern der Wand links vom Eintretenden in einem flachen Bogen aufgestellte Säulen (ionischer Ordnung), die den oberen Treppenpodest stützen. Die flache Decke ist an ihrem Ansatz mit leichten Rocaillestuckornamenten verziert, während die ganze Pracht dieser Dekorationsweise an dem Ausgangstor nach dem Hof entwickelt ist (s. Fig. 227). Zwischen dem ersten Säulenpaar rechts vom Eintritt führt die mit feinem, schmiedeeisernem Rocaillegitter versehene breite Treppe in die Höhe. Von dem oberen Teile des Treppenhauses gibt Fig. 228 ein Bild. Die Wände sind durch Stuckgesimse in verschiedene Felder geteilt, die zum Teil mit reicher Stuckornamentfüllung, zum Teil mit Ölbildern geschmückt sind. Ein vielfach verkröpftes und geschwungenes Gesims zieht sich unter der Decke über den Durchgängen und den Türen hin. Über letzteren in reicher Stuckumrahmung Kaiserköpfe. Außerordentlich reizvolle Stuckdekorationen (Rocaillewerk, Vogel etc.) schmücken die große Hohlkehle und verbreiten sich an der flachen Decke. Sie ist mit einem großen Ölgemälde in reicher Stuckumrahmung geschmückt. Dasselbe, wie die Bilder der Seitenwände, ist neuesten Datums vom Ende des 19. Jhs., während die alten Bilder, von denen das Deckengemälde sehr ruiniert war, 1873 abgenommen und in die Karlsruher Altertumssammlung verbracht wurden. Das Deckenbild stellte dar den Engelsturz (dort C. 284), die zwei Seitenbilder (C. 285 und C. 286) Dädalus und Ikarus bei der Flügelanmessung und der Flügelanlegung. In den an das Treppenhaus beiderseits anstoßenden Räumen teilweise Stuckdecken des 18. Jhs.
Eine Treppe mit schmiedeeisernem Geländer führt von einem der Durchgänge aus zum zweiten Geschoß. Ihre Anlage entstammt noch dem Bau des Hauses am Ende des 17. Jhs., der gleichen Zeit auch das schöne Gitter (s. Fig. 229). Auch hier einige alte Stuckdecken, u. a. eine ziemlich reiche, mit einem Relief der Maria und Kind auf Wolken. Eine Anzahl Decken sind bei der Restauration vor elf Jahren heruntergeschlagen worden.
Im Südbau in den Gängen einfache Kreuzgratgewölbe. Hier auch das ehemalige Refektorium, dessen reiche Stuckdecke noch erhalten ist, aber jetzt sich auf mehrere Räume verteilt. Über der alten Eingangstür zu demselben reiche Rocaillestuckverzierung. In den Gängen des Südbaues, der heute als Pfarrhaus dient, werden eine Anzahl Ölgemälde aufbewahrt, vor allem zu nennen das alte Altarbild der Einbethenkapelle, darstellend die Heiligen Perpetua und Felicitas, darunter die obenerwähnte Ansicht des Klosters, ein nicht sehr bedeutendes Werk des 17. Jhs., vor der Zerstörung gemalt. Die Klosteransicht erweckt, mit Ausnahme der zweifelhaften Doppeltürme, durchaus den Eindruck der Zuverlässigkeit. Der daraus zu entnehmende Grundriß des Klosters mit den Bauten um den viereckigen Hof, dem sich nach Osten erstreckenden Anbau mit dem Dachreiter, dem nördlichen Verbindungsgang über dem ehemaligen Kreuzgang, stimmt mit dem, was sich bei neueren Umbauten ergeben hat. Auch der Aufbau mit den Rundtürmen an der Südseite, dem Giebelbau dazwischen, der Umfassungsmauer mit den Gängen, dürfte - natürlich nur im großen ganzen - richtig sein. - Des weiteren fünf Bilder von den alten Altären der Klosterkirche, eine Anbetung der Könige nach dem gleichen Vorbild aus der Rubensschen Werkstatt wie das Bild in Lautenbach, der Gekreuzigte mit Maria und Magdalena, ein Rosenkranzbild und h. Benediktiner, Werke vom Anfange des 18. Jhs., eine h. Scholastika aus der Mitte desselben, eine andere Heilige, bezeichnet F * I SToter pinxit 1771; ovale Medaillons von Altaraufsätzen, darunter ein guter Kopf eines alten Heiligen, weiter ein etwas rohes Gemälde der Brotvermehrung (18. Jh.) und zwei Abtporträts, das eine den Gisbert Agricola darstellend, aus dem Ende des 16. Jhs., das andere aus dem 18. Jh.
An dem Rest des an die Kirche ehemals angebauten Flügels an der Südseite ein älterer Wappenstein eingemauert mit der Zahl 1562 und den Abtsabzeichen, also wohl das Wappen des Abts Gisbert.
Der Hof ist leider durch einen Abortbau verunstaltet.
Der Klostergarten ist noch zum Teil von seiner alten Mauer umgeben. Er öffnet sich nach dem Klosterhof zu in einem Tor mit rustizierten Pilastern, auf denen Vasen stehen; hübsches schmiedeeisernes Gitter daneben wie an dem Tor. Zwei ähnlich rustizierte Pilaster mit bauchigen Rocaillevasen führen an der Nordseite der Kirche in den Kirchengarten. Auch diese Gartenanlagen verdanken ihre Entstehung wohl dem Abt Benedikt Rischer.
Das Rinnsal, das vor Kirche und Kloster durchführt, wird auf einem alten, noch mittelalterlichen (?) Steinpfeiler mit abgefasten Ecken zu der ehemaligen Klostermülhle weitergeleitet, die noch zum Teil aus dem 18. Jh. stammt. An dem Torvorbau des unter dem Schulhaus gelegenen Kellers ein Stein mit dem Wappen des Abts Placidus eingemauert, laut Aufschrift:
16 90.
Das gleiche Wappen von 1691 findet sich an einem wieder nach seinem alten Zwecke verwendeten Schlußstein in der Durchfahrt des Schulhauses. Wir befinden uns eben im alten Klosterbezirk, dessen Westmauer, durch die Häuser durchgehend an der Rückseite des Rathauses vorbei, noch deutlich nachzuweisen ist. Die ehemalige Pfarrkirche S. Martin, jetzige Friedhofkirche, ist, wie oben auseinandergesetzt worden, wohl die älteste kirchliche Gründung auf diesem Boden. Doch sind vom frühen Mittelalter keine Reste mehr erhalten, die heutige Kirche ist in der Hauptsache ein Bau von 1452, der im 17. Jh. viel gelitten und deshalb manche Renovationen und Veränderungen erfahren hat.
Die Baunachrichten darüber besagen:
Fig. 230. Inschrift an der Martinskirche in Gengenbach.
"dieweil vormals derselbe Thurn und Inebüw durch Schultheiss, rot und Statt zu G. und nit durch einen apt gebuwen und in gebuw erhalten war, dieweil auch der Statt Glockhen, die sy mit Iren Coste gemacht hätte, in demselben Thurn hingen". Der Entscheid des bischöflichen Richters Joh. von Steynborn zu Straßburg lautete:
1. jede Partei solle einen Baumeister bestellen, "die auf Globen und zu den Heyligen schwören sollen, den Thurn zu besehen; was die dan erkennen, das der egenant Thurn von dem Fulment und Fundament biss ahn das gewelbe des Ingeschlossen Buwes nottürftig syg, den soll der Abbt und Convent uff Iren Kosten und schaden thuen, was uber Buwes und Inbuwes derselbe Thurn von dem gewelbe ahn bis ahn das dach gewelbe und dach ussgeschlossen, nottiirftig syg nach erkenntnus der 2 Buwmeister, den soll Schultheiss und rot mit Irem Costen und schaden thun.
2. wan derselbe Thurn eines Helmes oder Dachs nottürftig ist, so ist bedingt, weil dasselbe Dach beyden Partheyen (dem Convent zu dem Gewelbe und Chor, dem Rot zu den Glocken) dienend ist, das es durch beyde Partheyen glicher Kosten gemacht werde. Ist auch beret, das ein schlecht redlich ziemlich Dach gemacht soll werden".
Daraus geht hervor, daß der Turm über dem Chor errichtet und daß diese ganzen Ostteile äußerst schadhaft geworden waren. Hält man damit zusammen, was die jetzt (nicht ursprünglich) am Nordanbau der Kirche eingemauerte Inschrift angibt (s. Fig. 230), daß nämlich der Bau anno 1452 begonnen und damals der erste Stein gelegt wurde, so möchte ich aus allem schließen, der bauliche Befund habe sich nach jenem Vergleich von 1443 als so schlecht herausgestellt, daß man sich zu einem gänzlichen Neubau der Kirche entschloß. Dafür spricht ihre heutige Beschaffenheit. Zweihundert Jahre später, 1641, hören wir dann, daß der Turm gänzlich einstürzte und den Chor in seinem Fall zerstörte.
"A. 1641 die 30 Jan. turris parochialis ecclesiae Gengenbac. ex fundamento totaliter corruit et chorum cum tribus altaribus in ecclesia subvertit. Causa fuit nimia altitudo, adhuc enim fuerat una contignatio,"(108) was weiterhin so erklärt wird: "causam eius ruinae esse affirmabant, quod turris haec altius fuerit erecta, dum adhuc una contignatio ei fuit superposita et turris scabris lapidibus tecta; tantam enim imponebant molem, cui ferendo fundamentum ipsum sufficiens non erat etc."(109)
Wir werden die Nachricht vom "totalen" Zusammensturz wohl nicht allzu wörtlich nehmen dürfen, doch scheinen mindestens die drei oberen Stockwerke zusammengestürzt zu sein, sie werden das Gewölbe des Chors kaput geschlagen und dessen Hochmauern dabei gelitten haben. - Zwei Jahre nachher hausten besonders hier in der Pfarrkirche die weimarischen Soldaten und raubten sie gänzlich aus. 1671 ging man an die Restauration, 1672 konnte das Kreuz dem fertigen Turm aufgesetzt werden, 1679 konnte der Chor geweiht werden, sieben Jahre nach seiner baulichen Fertigstellung, der Hochaltar dem h. Martin, die beiden Seitenaltäre der Kirche, der eine als Kreuz-, der andere als Marienaltar. Am 18. September des gleichen Jahres wurden vom Abt Placidus die drei großen Glocken geweiht, die von Mathaeus Grüninger in Villingen gegossen waren. Der Bericht lautet: "Ab initio septembris huius anni (1671) reaedificari coepta est turris cum choro ecclesiae parochialis Gengenbacensis, quae anno 1640 in mense Januario corruit; turris ista cum choro ad suam pervenit perfectionem 1. die Octobris a. 1672, quo die crux cum deaurato globo turris huius vertici imposita fuit. 1679: Hoc anno, nimirum 19 Sept. dedicatus est chorus parochialis ecclesiae s. Martini episcopi in Gengenbach, noviter a. 1672 erectus una cum summo altari et duobus altaribus extra praedictum chorum in navi ecclesiae abs rev. d. Gabriele Haug p. p. summum altare dedicatum est in honorem s. Martini; secundum altare ad dextrum introitus chori, in honorem s. crucis; tertium altare a sinistris ingressus chori, in honorem Mariae. Anniversaria dedicationis dies ecclesiae huius parochialis singulis annis celebratur dominica in albis seu octava paschalis domini...18. Sept. tres maiores campanae in ecclesia parochiali Gengenbacensi fuere benedictae et consecratae a praelato Placido. Dictae campanae pridie Villinga adductae fuerant, ubi et fusae fuerunt a Mathaeo Grueninger, cive Villingano. Post benedictionem hac campanae in novam turrim suspensae sunt."(110)
In den folgenden Franzosenkriegen scheint die Martinskirche nicht besonders gelitten zu haben, wohl weil sie außerhalb der Mauern war; auch bei der großen Zerstörung 1689 wird von ihr nichts berichtet. Sie stand wohl so bis in die Mitte des 19. Jhs. mit ihrem abgewalmten Kupferdach nebst Laterne, sichtbar auf der schon citierten Zeichnung im Besitze des Freifräulein von Loewenberg und dem genannten Kupferstich. Wenn diese darin Zutrauen verdienen, so doch kaum in der anscheinenden Achteckgestalt des Turmes, denn die heutigen viereckigen Obergeschosse stammen sicher noch aus dem 17. Jh. Sein Dach aber verlor der Turm ca. 1840 ohne triftigen Grund und erhielt das heutige stumpfe Pyramidendach.
Die Kirche ist ein schlichter Bau aus Bruchsteinmauerwerk mit Mörtelbewurf. Auf das einschiffige, flachgedeckte Langhaus folgt zunächst, bedeutend erhöht, über sechs Stufen zugänglich, das erste Chorquadrat, über dem sich der Turm erhebt, dann, wieder einige Stufen erhöht, das zweite, beide mit eingezogenem Kreuzgratgewölbe, und dann der ebenfalls mit Gratgewölben eingedeckte und nochmals um drei Stufen erhöhte Achteckabschluß. Wandpfeiler mit abgefasten Kanten und Kämpfer mit Profil aus Plättchen und Wulst tragen die Gurtbögen zwischen den beiden Chorquadraten und dem Langhaus.(111) Alle die erwähnten Stufen sind nicht zusammenhängend gemauert mit den Chorwänden, sie stammen also erst von der Renovation des 17. Jhs., wie auch die Rundbogenfenster des Chors. Dagegen sind die spitzbogigen Fenster mit Fischblasenmaßwerk des Langhauses, fünf an der Südseite, zwei davon, eines zugemauert, an der Nordseite, und endlich eines an der Fassade noch aus der Zeit des spätmittelalterlichen Baues. Unter ihnen bezw. ihre Sohlbank bildend zieht sich um den ganzen Bau das übliche gotische Kaffgesims herum. Einige Rundfenster auf beiden Seiten darunter sind im 17. Jh. gebrochen worden. Das Hauptportal, flachbogig, zeigt sich durchschneidende Rundstäbe auf, gewundenen und gestreiften hohen steilen Basen, hier auch die weiter oben wiedergegebenen Steinmetzzeichen. Alle Gewände an dem Bau wie gewöhnlich aus rotem Sandstein, im übrigen zeigen sich an ihnen vielfach Reste alter Quaderbemalung. Zwei kleinere Türen an der Fassade haben gerade Sturze auf hohlgekehltem Gewände; daneben ein Weihwasserbecken des 15. Jhs., an ihm skulpiert ein Schild, in dem eine Kanne. - Das Sockelgesims der Kirche ist das einfache gotische mit einer Hohlkehle, entsprechend die Dachschräge. - An der Südseite führt eine Barocktür, mit der Jahreszahl 1778 versehen, in die Kirche.
Der Turm, auf quadratischem Grundriß, ragt in drei Stockwerken aus dem Dach empor. In diesen Stockwerken geradsturzige, im oberen Rundbogen-Fenster des 17. Jhs. Überall aber noch die gotische Wasserschräge. An der Südseite ist die Sakristei angebaut, noch aus dem 15. Jh., mit kleinen Spitzbogenfenstern, von denen eines noch flamboyantes Maßwerk besitzt. Der flachgedeckte Raum öffnet sich nach dem Chor in einer Tür, deren Gewände Abfasung mit Volutenablauf zeigt, also 17. Jh.
An der Nordseite der Kirche, da, wo bei einer Querschiffanlage das nördliche Querschiff wäre, ist genau in der Ausdehnung eines solchen und mit einem Satteldach eingedeckt, das das Langhausdach schneidet, ein Anbau vorhanden, der unten in flachen Rundbogenfenstern und einer Rundbogentür nach dem Friedhof sich öffnend, ein Beinhaus enthält. Das Geschoß darüber ist als Empore ausgestattet und öffnet sich nach der Kirche zu in zwei Flachbogen, die auf einem kleinen Säulchen ruhen mit weit auskragendem plumpen Kämpfer. In den Öffnungen unten Balusterabschluß. Nach Norden zu öffnet sich der Raum in zwei Rundbogenfenstern. An seiner Nordwestecke eingemauert die obencitierte Bauinschrift. Ich möchte vermuten, daß der beim Turmeinsturz stehen gebliebene Rest eines Querschiffes im 17. Jh. derartig benutzt wurde. In der Südwestecke des Baues legt sich ein rundes Wendeltreppentürmchen an, vor dessen erster Stufe eine Platte eingelassen ist mit einem Schild, worauf Pflugschar und Rebmesser und eine zerstörte Inschrift.
Von der Ausstattung der Kirche ist zu bemerken zunächst in der Nordostecke des Langhauses eine spätgotische Nische mit Vorhangbogen, dann der Hochaltar und die zwei Seitenaltäre in dem wirksamen barocken Säulenaufbau, etwa Mitte 18. Jhs. In demselben am Hochaltar Gemälde des h. Martin, an dem einen Seitenaltar die Anbetung der Hirten, am anderen ein h. Sebastian, aus der gleichen Zeit. An der Nordwand die vorzügliche Rocaillekanzel mit Stadtwappen, Holz, marmorartig bemalt, in origineller Verbindung mit der unter ihr befindlichen, ebenfalls holzumkleideten Türe. Das vordere westliche Drittel des Langhauses wird durch eine Empore in dem beliebten bauchigen Grundriß eingenommen, auf Holzstützen, in blauer Marmorierung bemalt.(112) Auf der Empore die Orgel mit reicher Rocailleschnitzerei, mit musizierenden Engeln, jetzt in Holzfarbe übertüncht. Die Stuckdecke des Langhauses ist in einfacher Weise in Felder geteilt.
Über dem Triumphbogen ist in großem Rollwerkschild, von zwei Engeln gehalten, das Stadtwappen in Stuck angebracht. Vom Bogen hängt ein Holzkruzifix des 18. Jhs. herunter. Ein vorzügliches Werk des 17. Jhs. (1693) ist das Kruzifix in Lebensgröße an der Nordwand, wie ich höre, aus der abgebrochenen Kapelle an der Kinzigbrücke stammend. Die im Rocaillegenre geschnitzten Türen des Hauptportals weisen die Inschrift auf (1748):
DOMVS TVA VNVS ET TRINVS.
In der Sakristei auf den Schränken Holzkruzifix des 18. Jhs.
Von den Glocken stammt eine mit dem Gengenbacher Wappen von 1718, von Algeyer, eine zweite ebenfalls mit dem Wappen aus Villingen, eine dritte von 1802. Näher war nicht beizukommen, und dem vierten, höher aufgehängten kleinen Glöckchen überhaupt nicht.
Am Äußern der Kirche eine Anzahl Epitaphien eingemauert, und zwar an der Westfassade:
1. Weißer Sandstein, ca. 1,40 m hoch (s. Fig. 231). Pilaster, an denen die Hochreliefiguren der Heiligen Petrus und Paulus, flankieren eine Nische mit dem Relief der Auferstehung Christi. Die Pilaster tragen gebrochenen Giebel, an dem originell sich der Linie des Giebels anschmiegende Köpfe, dazwischen das Wappen. Am Sockel der Apostelfiguren Schilde mit der Hausmarke des Toten und dem Meisterzeichen (?) des Steinmetzen. Unter dem Geschilderten, von Beschlägornament umrahmt, die ovale Tafel mit der Inschrift:
Fig. 231. Grabmal des Peter Jüngel an der Friedhofskirche in Gengenbach
DEN * 17 * OCTOBRIS * ANNO
1609 IST IN GOTT SELIGLICH
VERSIDEN * DER EHRN VEST VND
WEISE * HERR * PETER * IVNGEL * ZW-
ÖLFER * VND STETMEISTER * DES AL-
TEN RATS * ZV GENGENBACH
DEM GOTT * GNEDIG * SEIN
WELLE * AMEN.
2. Heller Sandstein. Ovale Inschriftplatte, ca. 1,20 m hoch, in Rocaillekartusche, umrahmt von weinenden Putten, mit den Todesemblemen, dem Rienecker und Jüngelschen Wappen, der Barbara Rienecker, letzter der Familie Jüngel, und der Inschrift:
Terra haec recodit ossa dilectae Conjugis et Matris optimae
Desiderata terris, Coelo matura obiit 25ten Febru: 1764 ** aetat * ao 46 *
Religiosa in Deum, in Pauperes munifica, grata Populo,
a suis amata, bonis ommibus fuit Charrissima
Ex his nosce Praenob:em genere et nomine Dominam Margariam
Barbaram Rienecker, Yltimam Jünglingianae Stirpis Progeniem et
Virtutis avitae haeredem felicissimam * Si Plura tamen Scire cupio
Lege Salomonem: Mulierem forteminea miraberis * Requiescat in Pace.
VoLente Deo Con IVgeM seCVtVs est
Vir multum amabilis Praenob * D * F * Carol * Rienecker Praetor et XII vir
Imp * Civit * Gengenb: aet: 59 * qui vita ex virtutis lege Peracta ad beatam
imortalitatem aspirans laetus ipse sibi sequens composuit
Epitaphium * Credidi speravi dilexi Deum
Si autem totam non adimplevi legem quam sancam agnovi
Misericordiam Dei ter optimi implorans infinitis meritis
Iesu Christi spero Resurrectionem et vitam aeternam *
Di viator: amen.
3. Epitaph des Joh. Georg Heitzmann, gest. 1707, und seines Sohnes Josef Heitzmann, gest. 1752. Sandstein. Inschriftplatte mit Dreieckgiebel, von Voluten umrahmt. An dem Beinhaus die oben besprochene und abgebildete Bauinschrift.
4. Über dem Tor des Beinhauses eingemauert Sandsteinrelief des Gekreuzigten, etwa 95 cm hoch, gute Arbeit.
An der Südseite der Kirche:
5. Oblonge, 1,60 m breite Nische, der untere Abschluß als Wasserschräge gebildet, darauf setzt der Rundstab an auf hoher gewundener Basis; aus diesem Rundstab und einer Hohlkehle ist der weitere Rahmen der Nische gebildet; in derselben geringes Gemälde, Ende 16. Jhs.: ein Kruzifixus, vor dem eine Frau kniet.
6. Unter dieser Nische ein roter Sandstein eingemauert mit der Inschrift:
Des Edlvösten Hern Johann Michael Hosel welcher als Zwölfer des alten Raths
dahier den 2.t Dezembris 1734 Seines alters 65 * gestorben und deme die viel
Ehr- und
Tugendsame Frau Anna Maria Jäggin Seine eheliche Hausfrau den 30.t
aprilis 1737 * ihres alters 62 nachgefolget. Was seynd nun sie beede? Was du
wirst werden
Requiescant in Pace
amen.
7. In reichem Rocaillerahmen (s. Fig. 232) mit Voluten, Tödesemblemen etc., oben, hübsch in den geschwungenen Giebel hineinkomponiert, der Gekreuzigte mit Maria am Fuße des Kreuzes. In dem unteren Felde die Inschrift:
Allhier ruhen
die gehein
bed Edlvesten und wohlweisen
Herrn MATHEI Arnoldt Statt-
meister und zwölffern deß alten-
Raths dahier welcher den 19 mertz
1767 seelig in dem Herrn entschlafen
seines alters 61 jahr
* * *
Und der Ehr und tugendsamen
Maria Magdalena Zieglerin
deßen ehegattin welche gebohren
den 16 AVGST 1693 und gestorben
den 17 SEPTEMBER 1776 ist
also 83 jahr 1 Monath und
1 tag alt worden.
In kleiner Kartusche: die gehein
bed Edlvesten und wohlweisen
Herrn MATHEI Arnoldt Statt-
meister und zwölffern deß alten-
Raths dahier welcher den 19 mertz
1767 seelig in dem Herrn entschlafen
seines alters 61 jahr
* * *
Und der Ehr und tugendsamen
Maria Magdalena Zieglerin
deßen ehegattin welche gebohren
den 16 AVGST 1693 und gestorben
den 17 SEPTEMBER 1776 ist
also 83 jahr 1 Monath und
1 tag alt worden.
REQVIESCANT IN PACE.
Die Frau hat also ihren 13 Jahre jüngeren Mann noch um 9 Jahre überlebt. (Roter Sandstein 1,60 m hoch.)
8. Oblonges Epitaph, roter Sandstein 65 X 81 cm. In dem vertieften Felde das Allianzwappen des Toten, die Umschrift lautet:
DE GoTT GENAD /
9. Aufrechtes Rechteck, 1,95 X 0,89 m, gelber Sandstein, in zwei quadratische Felder geteilt, im oberen, in Relief, der Gekreuzigte, rechts (heraldisch) eine anbetende knieende Matrone, links das Wappen: zwei aufrechte Fische. Derbe Arbeit. Unterschrift:
Fig. 232. Epitaph des Stattmeisters Math. Arnold
und seiner Frau an der Leutkirche in Gengenbach
und seiner Frau an der Leutkirche in Gengenbach
In der unteren Abteilung steht:
DILECTISS *
MONUMET * HOC RE-
VERENTIAE
ET AMORIS * ERGO
POSUIT MOS-
ST* FILI' MICHAEL
BUECHNER: HUIS
ECCLAE * PASTOR *
VIXIT POST MONO-
GAMIAM ANNIS XXX
ET OBIYT ANO
DNI * MDLXXX IN
FESTO S *
MARTINI EPI * AETA-
TIS * SUAE: LXIII.
10. Reiches Renaissanceepitaph (s. Fig. 233) in rotem Sandstein, 2,20 m hoch. Eine flachbogige Nische, von Hermen flankiert, an deren einem die Hailbfigur eines Jacobspilgers, an dem anderen die Halbfigur einer Frau mit zwei Kindern (h. Anna selbdritt? Caritas?). Diese Hermen tragen das verkröpfte Gebälk, auf dem sich der Aufsatz erhebt. Pilaster mit Löwenköpfen, von Voluten flankiert, tragen den gebrochenen Giebel mit Zahnschnitt. In dem Aufsatz Relief der Himmelfahrt Mariä, in der Mittelnische der Gekreuzigte, links (vom Beschauer aus) knieender Mann mit Frau, rechts desgleichen mit Rosenkränzen in den Händen, die Frauenfigur ist später weggemeißelt.
Darunter leere Platte in Rollwerkumrahmung, dann das Wappen mit I K * (Johann Kun) und endlich die Platte mit der Inschrift:
IACOB GNTR * GNRX * HC * ANA QESCT
PACIFICO CLARI TEPORA MYLA TOT
AMBO PII FVERAT ABO VRTVE DEORI
AMBO PIE MATRE PERCLVEBE DEI
FILI ABOB PASTOR MOMET IOANES
PACIFICO CLARI TEPORA MYLA TOT
AMBO PII FVERAT ABO VRTVE DEORI
AMBO PIE MATRE PERCLVEBE DEI
FILI ABOB PASTOR MOMET IOANES
Fig. 233. Epitaph an der Leutkirche in Gengenbach.
Die äußerst schlechten Abkürzungen und dazu noch Fehler des Steinmetzen lassen nicht einmal den Namen deutlich erkennen. zu den Treppenstufen der jetzt folgenden Tür sind zwei Grabsteine mit jetzt unleserlichen Inschriften verwandt.
11. Grabstein mit ovaler Inschriftplatte, von Kranz umgeben, darüber fünfzackige Krone, von zwei Engelputten gehalten. (100% 72 cm.) Die Inschrift lautet:
HIER IST DIE
RUEHSTATT DES WOLEHRW:
IN GOTT GEISTLICHEN HERREN JOSEPH
SCHNEIDERS * WELCHER ANFAENGLICH IN MÜLLE
NACHGEHENDS * BEY DIE ZO JAHR * IN PRINTZBACH
EUFERIGSTER SEELSORGER UND DES * HOCHWÜR *
LAHRISCHen RURAL: CAPITULS CAMERER GEWESEN
LETZTENS * ABER * ALS CAPELLANUS * DER CAPPLONEY
DES HEIL: ERHARTI * IN GENGENBACH * IN * GOTT SELIG
ENTSCHLAFEN IST DEN Z0t AUG: ANNO
MDCCXXXII SEINES ALTERS IM L * V * JAHR
RUEHSTATT DES WOLEHRW:
IN GOTT GEISTLICHEN HERREN JOSEPH
SCHNEIDERS * WELCHER ANFAENGLICH IN MÜLLE
NACHGEHENDS * BEY DIE ZO JAHR * IN PRINTZBACH
EUFERIGSTER SEELSORGER UND DES * HOCHWÜR *
LAHRISCHen RURAL: CAPITULS CAMERER GEWESEN
LETZTENS * ABER * ALS CAPELLANUS * DER CAPPLONEY
DES HEIL: ERHARTI * IN GENGENBACH * IN * GOTT SELIG
ENTSCHLAFEN IST DEN Z0t AUG: ANNO
MDCCXXXII SEINES ALTERS IM L * V * JAHR
zu dessen Ewigen gedächtnus CAROLVS SCHNEIDER
VND CATHARINA * WINTERHALTERIN * des obgedacht
Verstorbenen * hinter * lassene * geschwisterige * disen
grabstein hierher haben setzen lassen
der barmherzige Gott * gebe * Ihm
und allen Christgläudigen
seelen * die Ewige Rueh
VND CATHARINA * WINTERHALTERIN * des obgedacht
Verstorbenen * hinter * lassene * geschwisterige * disen
grabstein hierher haben setzen lassen
der barmherzige Gott * gebe * Ihm
und allen Christgläudigen
seelen * die Ewige Rueh
An der nun folgenden Tür sind wieder zwei Grabsteine verwendet. Auf dem Friedhof zu bemerken: großer Rocaillegrabstein (s. Fig. 234). (Roter Sandstein.) Reiche, krause Voluten umrahmen das Inschriftoval. An ihnen Todesembleme, Leuchter etc., oben Kronos mit der Uhr, zu beiden Seiten zwei Tugenden, unter dem Oval das Allianzwappen der Verstorbenen. Originell im Aufbau und gut in der Ausführung. Am Sockel Rocaillekartusche. Oben steht:
HOC TVMVLO
CONDITA FVIT (1768)
PRAE NOBILIS IOANNA FRANCISCA RIENECKER
VXOR PRENOB * DOM * CONRADI * RAIM
CAESAR REG * LEGIONIS DE FVRSTEMBERG
SVPREMI VIGILIARVM PRAEFECTI
AETATIS XXI
IESV SALVATOR
CONCEDE EL REQVIEM (1768).
HUNC LAPIDEM POSUIT CONSTANTIS CURA MARITI
QUI COLUIT VIVAM QUI COLIT ET CINERES
NI LAPIS ES REDIENS REQUIEM PACEMQUE VIATOR
DIC ANIMAE CUIUS CONDIT HIC OSSA LAPIS.
QUI COLUIT VIVAM QUI COLIT ET CINERES
NI LAPIS ES REDIENS REQUIEM PACEMQUE VIATOR
DIC ANIMAE CUIUS CONDIT HIC OSSA LAPIS.
Fig. 234. Grabstein auf dem Friedhof in Gengenbach.
Von hier aus gegen die Mauer zu kleine Kapelle, Rundbogennische, in deren Hintergrund in äußerst roher Malerei (aufgefrischt) die Verspottung des Herm gemalt ist, die Figur des Herrn selber in Steinplastik davorstehend auf einer Konsole, dreiviertellebensgroß, mit stark hervorgehobenen Muskeln. An der Konsole steht:
1609.
Östlich von der Kirche eine weitere Kapelle, mit ähnlicher Nische, flankiert von dorischen Pilastern, die das Gesims tragen. An der Wand etwa zweidrittellebensgroßer Kruzifixus, Steinskulptur, hinter der sich gemalt die Gegend von Jerusalem erstreckt. An der linken Seitenwand großes ausgehauenes Wappen, heraldisch rechts goldener Hammer, Krone und Stern in blauem Feld, links drei Kleeblätter in Gelb, darunter die Inschrift:
hic jacet
Patriae culmen columen
Virtutib Decor suorum dec
Tam Omnib Char, Quam reipub proficu quis
D * Joannes Bender Imper * Civit:
Gengenb: Praetor Digniss de Consultu
cum Dilecta sua coniuge D. ANNA MARIA HILLERIN
Quam Diu? Ille aetatis * 59 * A * 30 Juliy 1704
Haec aetatis 66 * & * 10: Aprilis 1715 Parentes.
Liberorum quorum prior dignitate fulget Abbatia
Blasius Abbas San Blasianus posterior
Parentans D. Joachimus Praetoratus
Quibus hi et singuli
Voce dicunt luna nimi
Lux perennis luceat iis
Domine.
Hac in gentilitia sibi suisg haereditaria quiesunt (sic!) sepultura
Duo germani
Virtute, sanguine, pietate pari, vere fratres
nempe
Joanes Caspar & Joachimus de Bender
Sac * Rom * Imp * equites ille pie in Dno
obiit 15 Octob * 1721 Anos natus 44
Iste 5 Maii 1761 Annorum 77
Benedicente Dno
Primus decem libros obtinuit ex dulcissima
Conjuge dna Maria Ludgarde nata
Jüngling, denata
Martii 1757 aelatis 75
Disponente Deo
tertissima coniux da Maria
Ana jüngling cum 7 liberis praecessit
24 Julii 1752 aetatis 69
Perfuncti itag * dignitate consulari
& praetoriali fide, prudentia & inte-
gritate summa * de patria
Imperio optime mariti
Ita sunt defuncti, ut eorum obitus ad
Vitam imortalem pie credatur introi-
tus, hac ne et tu transicus, eis apprecare
quibus hoc monumentum ponere
MaestI fILII gratI parIter
haere Des sVCCessores.
Neben der Nische eine Platte, Grabmal des Feldmarschalls Joh. Joachim Freiherrn von Bender, mit der Inschrift:
* 12 Februar 1741
† 26 July 1818
Ein Blitz dem Freund
Ein Fels dem Feind
Nie Todes scheu
Der Tugend treu
Ihn, den zu kühnen Mutes Lohne
des Lorbeers ewig Grün umkränzt,
dem auch die zarte Bürgerkrone
mild in dem Silberhaare glänzt,
In dessen kühn nnd gütgem Herze
der Held und Mensch verbrüdert war,
Ihm weiht der Sohn mit heißem Schmerze
den kalten Stein zum Dank-Altar.
Er war! Sein Nahme aber schwebet
in manchem Nacht-Gebet empor,
doch wenn sich einst der Vorhang hebet,
dann strahhlt er rein durchs Dunkel vor.
† 26 July 1818
Ein Blitz dem Freund
Ein Fels dem Feind
Nie Todes scheu
Der Tugend treu
Ihn, den zu kühnen Mutes Lohne
des Lorbeers ewig Grün umkränzt,
dem auch die zarte Bürgerkrone
mild in dem Silberhaare glänzt,
In dessen kühn nnd gütgem Herze
der Held und Mensch verbrüdert war,
Ihm weiht der Sohn mit heißem Schmerze
den kalten Stein zum Dank-Altar.
Er war! Sein Nahme aber schwebet
in manchem Nacht-Gebet empor,
doch wenn sich einst der Vorhang hebet,
dann strahhlt er rein durchs Dunkel vor.
Wie der Vers sagt, hat der Sohn, Franz von Frosch-Bender, den Stein setzen lassen. In der Nähe der Gradstein des Erbauers des Rathauses, Victor Kretz, gest. 1786. Auf dem Friedhof noch zwei Dornblüthsche Grabsteine mit Palmenumrahmung, Wappen und langatmiger Inschrift, des Georg Friedrich, der Maria Cleopha Schmelzer geb. Dornblüth und eines zweiten Georg Friedrich.
An der Mauer liegt ein Rocailiepostament, das ehemals ein jetzt abgehauenes Kruzifix trug; die rührende Inschrift lautet:
HIER UNDEN IN DEM GRAB
DA LIGT WAS ICH GELIEBET HAB
MEIN HOFNUNG TROST UND LEBEN
WO GOTT MIR HAT ZUR HILF GEGEBEN
LIGT JEZUND IN DER ERDEN
KANN MEINER AUCH NICHT MEHR WERDEN
ZUM ZEICHEN MEINER TREY
SETZ ICH DAS CREIZ HERBEI
GOTT WOLLE DIE RUHE IM GEBEN UND AUCH DAS EWIG LEBEN
AMMEN
DEN 27 BRACHMONATH IST GOTTSELIG ENTSCHLAFEN DER
EHRSAME JOHANNES RITTER
GWESTER SCHARFRICHTER IN GENGENBACH
1767.
DA LIGT WAS ICH GELIEBET HAB
MEIN HOFNUNG TROST UND LEBEN
WO GOTT MIR HAT ZUR HILF GEGEBEN
LIGT JEZUND IN DER ERDEN
KANN MEINER AUCH NICHT MEHR WERDEN
ZUM ZEICHEN MEINER TREY
SETZ ICH DAS CREIZ HERBEI
GOTT WOLLE DIE RUHE IM GEBEN UND AUCH DAS EWIG LEBEN
AMMEN
DEN 27 BRACHMONATH IST GOTTSELIG ENTSCHLAFEN DER
EHRSAME JOHANNES RITTER
GWESTER SCHARFRICHTER IN GENGENBACH
1767.
Die Eingänge des Friedhofes sind von Barockpfeilern flankiert, die bauchige Vasen tragen. An der Westmauer, außen auf hohem viereckigen Sockel mit Engelsköpfen und Fruchtgehängen ein halblebensgroßer Kruzifixus von 1704.
Östlich von dem Friedhof, am Wege zum Haigeracher Tor, eine Kapelle,(113) Rundbogennische mit jetzt ganz neuem Gemälde und ebenfalls neuem Porträt des Cornelius Eselsperger, an der Stelle von dessen angeblichem wundertätigen Sterben errichtet, sichtlich eine Erneuerung des 18. Jhs., bei der man am Sockel Reste des früheren Renaissancebaues verwendet hat, nämlich einen Stein mit reichem Beschlägornament und einen mit dem Wappen (Hand mit brennender Lampe und drei Sternen) sowie der Inschrift:
IN PASSIONIS DO
MINI AE MEMORIA
ERIGEBAT D * IOA KVN
PASTOR IN GENGEB *
SIC LVCEAT LVX VESTRA
neben dem Wappen: MINI AE MEMORIA
ERIGEBAT D * IOA KVN
PASTOR IN GENGEB *
SIC LVCEAT LVX VESTRA
16 - 09.
In der Nähe Sandsteinkruzifix von 1734. Noch eine abgebrochene Brückenkapelle ist zu verzeichnen, die einst die alte, jetzt durch eine eiserne ersetzte Kinzigtalbrücke zierte. Sie ist in ihren Steinen noch vollständig erhalten und wird hoffentlich wieder irgendwo aufgerichtet. Es war ein schlichter, aber malerischer Bau; am Rundbogen der Nische das Stadtwappen; dieser Bogen flankiert von ionischen Pilastern, die das verkröpfte Gebälk trugen, an dem die Jahreszahl 1703 sich befand. Auf dem Bergle die schon erwähnte, in ihrer Gründung uralte Einbethenkapelle. So, wie sie heute ist, verdankt sie im wesentlichen der Erneuerung unter Abt Placidus Thalmann 1681 bis 1682 ihre Erscheinung. Aus den Protokollen wissen wir darüber,(114) daß 1681 "statim post festa paschalia, incoeptum est renovari sacellum s. s. Einbethae virginis et Perpetuae, Felicitatis, Martyrum in monte extra oppidum Gengenbacense, dicto S. Einbethae vel Jacobi- oder Castellberge". Das alte muß sehr zerstört gewesen sein, und der Abt erbittet sich und erhält vom Generalvikar die Erlaubnis: "partem dimidiam cum duobus altaribus amovere et cum angustia loci frequentiam occurentium non capiat et ab ingressu prohibeat, spatiosius reaedificare". Denn es wird beschrieben als sehr dunkel im Langhaus, wegen der ganz kleinen Fenster, die unregelmäßig darin angebracht seien; man möchte danach an einen überarbeiteten romanischen Bau denken.
Der Chor sei heller gewesen, weil er drei moderne Fenster gehabt hätte. Ein Altar im Chor und einer vorn unter dem Triumphbogen werden erwähnt. Einen Eingang habe die Kapelle gehabt, außerdem "loco fastigii seu, ut vocant, der Bohrküchen" ein "hypocaustum seu culinam quod sustentabatur a lignea columna, cuius pes erat lapideus, 3 autem plurium pedum altus, in quo lapide olim a gentilitate collocatum statione simulachrum Jovis etc." Man wird wohl an einen heizbaren Raum denken müssen, etwa zur Erwärmung der Wallfahrer; loco fastigii läßt sich wohl nur als Empore denken, unter der diese Vorrichtung angebracht war. Hier war also der alte Jupiterstein verwendet. Der Prior Ziegler war die Seele des Neubaues, seine Brüder und Eltern mit unter den hauptsächlichsten Stiftern. Der Grundstein wurde am 10. April 1681 gelegt. Schon nach dem Fest der h. Dreifaltigkeit konnte der Bau unter Dach gebracht, seinen Dachreiter erhalten und mit drei Glocken ausgestattet werden. Den 6. September 1682 wurde er eingeweiht. Es war ein fast gänzlicher Neubau "praeter murum illum ab altari b. Mariae virg. a cornu evangelii seu ad sinistram ingressus usque ad usque ad maiorem portam huius sacelli", aber auch diese Nordwand erhielt neue Fenster.
"Das Kapellein außerhalb des Kürchleinss hat in allem 15 fl. gekostet. Notandum quoque, dass weylien alle Fuohren undt Handtarbeit gratis undt in Frondienst geschehen, also hat man den Fuohrleuten und Handarbeitern jedesmahl neben Brodt einen Trunckh gegeben; in allem beiläuffig 30 Ohm, der Ohm per 1 fl. 5 kr. gerechnet." Auch die einzelnen Ausgaben für die große Kapelle sind sorgfältig angegeben. "Summa summarum 1.356 fl." mit der ganzen Ausstattung. Auch in der kleinen Kapelle durfte celebriert werden auf einem Tragaltar.
Nötig war nun noch ein Haus "pro aedituo" für den Mesner, und man kaufte dafür den Jüngelschen Erben ein Häuschen vor Einach ab, das man auf das Bergle transportierte. Es ist wohl das heute östlich der Kapelle stehende kleine, schlichte Haus. Die Verwaltung der Kapelle blieb beim Prior des Klosters.(115) 1717 ging der damalige Inhaber dieses Amtes, Cölestin Weippert, den Dornblüth als recht guten Kerl, aber sehr einfachen Geistes und wenig gebildet charakterisiert, daran, sieben kleine Stationskapellen auf dem Weg zur Einbethenkapelle zu erbauen, in der Hoffnung, daraus eine bedeutende Wallfahrt, wie in Harmersbach, zu machen. Er baute auch eine Sakristei, stellte die Orgel auf "auf einem porticus", schaffte ein Tabernakel an und ein silbernes Ciborium. Die Hoffnung scheint aber nicht in Erfüllung gegangen zu sein, und so waren die Kapellen dem Kloster eine ewige Last. Immerhin scheint Dornblüth in seinem Bericht den Plan zu geringschätzig zu behandeln, denn daß man 1747 offenbar noch die Außenkanzel errichtete, beweist doch, daß die Wallfahrer nicht ganz fehlten.
Von den zuletzt erwähnten Kapellen stehen noch zwei.
Der heutige Bau ist ein einschiffiges Langhaus, an das in der gleichen Breite der achteckig geschlossene Chor stößt, um einige Stufen erhöht und durch einen Rundbogen von jenem getrennt. Überall die Rundbogenfenster des 18. Jhs. Von dem Chor aus an der Nordwand der Zugang zu der Außenkanzel. Diese, in der beliebten bauchigen Form des 18. Jhs., zeigt an ihrer in das Kircheninnere führenden Tür neben dem Monogramm Christi die Jahreszahl 1747. An der Nordwand ist ein Stein eingemauert (nicht aber die Reste einer ganzen Tür) mit der Jahreszahl
die also auf eine Renovation des alten Baues im 16. Jh. hinweist. Das Portal der Westfassade, rundbogig, ist profiliert in eckigen Stäben und Hohlkehlen, es läuft unten in kleinen Voluten aus. Es weist dasselbe Steinmetzzeichen auf wie der Niklasturm und stammt jedenfalls aus einer Bauzeit vor 1681, wurde also damals hier wieder verwendet. An älterer Ausstattung finden sich zu beiden Seiten des neuen Hochaltarbildes die Holzstatuen des h. Rochus und eines h. Bischofs in neuer Fassung, stark bewegte Figuren vom Ende des 17. Jhs. Am Triumphbogen holzgeschnitztes Abtswappen in Rollwerkschild von 1681 mit der Umschrift:
Placidus abbas hoc erexit sacellum.
Darunter hängt ein holzgeschnitztes Kruzifix des 18. Jhs. In der Sakristei einige Meßgewänder mit eingewirkten Blumen der gleichen Zeit. Die Glocken nicht zugänglich. Die Kirche ist am Ende des 19. Jhs. renoviert worden, besonders die Westfassade. Nördlich der Kirche die erwähnte kleine, im Rundbogen sich öffnende Kaelle, an der ältere Steine, vielleicht von der alten Einbethenkapelle, verwendet wurden. So am linken Eingangspfosten zu unterst ein Stein mit einer jetzt auf dem Kopfe stehenden und nur teilweise erhaltenen deutschen Inschrift des. 16. Jhs., zu entziffern etwa:
zu Ehr der diß Bildniß
im creutz Christi...
...Gotshauses schawen...
Jakob Nordhauer mit...
...na...
Böschin (?) sein hausfrow.
...8 APR...9
im creutz Christi...
...Gotshauses schawen...
Jakob Nordhauer mit...
...na...
Böschin (?) sein hausfrow.
...8 APR...9
(wohl 1609). Darüber ein zweiter Stein verwendet mit reichem Beschlägornament etwa aus der Zeit um 1600. An der Hinterwand der Kapelle ein geringes Gemälde der Kreuzigung Christi. Angebaut eine h. Grabkapelle, wie immer mit dem liegenden Leichnam Christi, holzgeschnitzt.(116) Etwas weiter unten am Berge eine der kleinen Kapellen, die Prior Weippert errichtete; einfaches Bauwerk des 18. Jhs.
Das bedeutendste Profangebäude der Stadt ist sinngemäß das Rathaus. Es ist nicht mehr das alte, in dem sich alle die geschilderten Kämpfe abspielten, sondern es stammt aus den letzten Zeiten der Reichsunmittelbarkeit, von 1784, laut der Inschrift auf dem Giebel, und ist von dem auf dem Friedhof bei der Leutkirche ruhenden Mitgliede des Jungen Rats und Baumeister Victor Kraetz errichtet.
Fig.236. Rathaus in Gengenbach.
Eine besondere Schwierigkeit lag darin, daß nur etwa 17 m hinter dem Marktplatz, der wohl nicht verengert werden durfte, sich die Klostermauer herzog, und daß es also galt, auf diesem engen Platz ein in Grundriß wie Aufbau genügendes Gebäude zu errichten. Aus dem Grundriß in Fig. 235 sehen wir, wie der Baumeister sich geholfen hat. Da die Nachbarhäuser direkt anschlossen und das Terrain von der Seite aus verengerten, insbesondere nach der Klostermauer zu, so bequemte er sich in glücklicher Weise der zu seiner Rückmauer und Fassade schrägen Grenzlinie dieser Besitztümer an und gewann dadurch eine imposantere Ausdehnung der Fassade, als bei gerader Führung möglich gewesen wäre.
Das Erdgeschoß behandelte er als Sockel in Quadermanier und öffnete es in einer Halle mit Rundbogen auf Pfeilern, die den Wartenden Schutz bot, dem Markte zu. Durch das in drei Bogen sich öffnende Mittelrisalit betritt man das Vestibul, dessen gerade Decke zwei Säulen tragen, und hat von da einen hübschen Blick auf das im Hintergrund in die Höhe führende Treppenhaus. Zu beiden Seiten gruppieren sich dann die Geschäftsräume.
Die elffenstrige zweistöckige Fassade wird von verdoppelten ionischen Pilastern flankiert, die das verkröpfte Gebälk und die Attika mit ovalen Fensterchen tragen; die drei mittleren Fenster sind durch zwei ionische Pilaster zusammengefaßt und treten als Risalit vor, über demselben ein Dreieckgiebel, auf demselben die Gestalten der Justitia und Prudentia, auf dem First ein kräftig bewegter Adler mit dem Fischwappen. Die Fenster sind mit einfachem flachbogigen Giebel überspannt, im Mittelrisalit in denen des ersten Geschosses als Schlußsteine Köpfe in Rocaillekartuschen, im zweiten Geschoß ähnliche Kartuschen als Girlanden.
Zu erwähnen sind noch die schmiedeeisernen Gitterbrustwehren in den unteren Hallenöffnungen, das Gitter der Treppe, sowie der Balkon, der dem ersten Stock des Mittelrisalits vorgelegt ist, mit gutem schmideeisernen Rocaillegitter auf der Bodenplatte, die von vier größeren mit Menschengesichtern und drei kleineren mit Blattwerk verzierten Konsolen getragen wird. Der Bau, aus verputztem Bruchsteinmauerwerk, Arkaden, Gewände etc. aus rotem Sandstein, ist außerordentlich geschickt gestellt und wirkt als Ruhepunkt schon von ferne im Straßenbild. Die geschickte Ausnutzung des schwierigen Platzes, die maßvolle Verteilung und Steigerung der architektonischen Motive, die guten Verhältnisse zeugen von der bedeutenden künstlerischen Veranlagung seines Urhebers.
Fig. 235. Grundriss des Rathauses in Gengenbach
Im Rathaus wird aufbewahrt:
Der Brustschmuck der ehemaligen Bürgermeisterkette, Amtsschild (s. Fig. 237). Das große schildförmige Stück, silbervergoldet, mit eingravierten Blumen geschmückt, trägt in der Mitte, umgeben von zwei Engeln, Puttenkopf und Löwenkopf (getrieben), das Wappen der Stadt, in silbernem Grunde eingraviert und emailliert den einköpfigen Adler, Brustschild mit silbernem springenden Salmen in rotem Feld. Maskarons und Rollwerk, sphinxartige Figuren endigend, in freier, gegossener Arbeit zieren das Hauptstück, über in dem eine getriebene Kaiserkrone angebracht ist und das an schöner geriefelter und punktierter Kette hängt, die in einem Anhängsel mit Puttenkopf endigt. Das Stück ist Gengenbacher Arbeit, das Goldschmiedezeichen ein springender Salm (Rosenberg 712), zeigt im Wappen sowie auf der Rückseite die Jahreszahl 1618 und hat damals offenbar einem der Stettmeister bei feierlichen Anlässen gedient.(117)
Hier auch eine Beitafel, die beim Bau der neuen Kinzigbrücke bezw. beim bedauerlichen Abbruch der alten gefunden wurde und Bauzeit wie Baumeister angibt:
ANNO M * DCC * LXXVI * den IZt Augusti
IST DER ERSTE STEIN ZV DISEN PFEILER
VNTER AVFSICHT HEREN LORENTZ ZIMERMAN
ZWELFFERS VND LOHNERS UND HEREN
UICTOR KRÆTZ DES IVNGEN RATHS UND
BAVMEISTERS DAHER, GELEGT WORDEN
VORSITZENDE IM ALTEN RATH WAREN
HER IOSEPH ANTON SEGER REICHS
SCHULTHEIS
HERR IOHANN GEORG KREMPP
STETTMEISTER,
IN IUNGEN RATH
HERR IOHANN GEORG LEHMANN
STÆTTMEISTER.
IST DER ERSTE STEIN ZV DISEN PFEILER
VNTER AVFSICHT HEREN LORENTZ ZIMERMAN
ZWELFFERS VND LOHNERS UND HEREN
UICTOR KRÆTZ DES IVNGEN RATHS UND
BAVMEISTERS DAHER, GELEGT WORDEN
VORSITZENDE IM ALTEN RATH WAREN
HER IOSEPH ANTON SEGER REICHS
SCHULTHEIS
HERR IOHANN GEORG KREMPP
STETTMEISTER,
IN IUNGEN RATH
HERR IOHANN GEORG LEHMANN
STÆTTMEISTER.
Richtschwert, mit einfachem Horngriff, messingener Parierstange, breiter Klinge mit undeutlicher Marke. In den oberen Teil der Klinge hübsches Rankenwerk eingeätzt, dann folgt die Blutrinne, um die die Umschrift: Die hersen steüren Dem vunheil = Ich exequire Ihr endts vrtheil Ao 1698. Auf der Rückseite: Wan Ich Daß Schwert thue Aufheben Wünsche Ich Dem Sünder Das ewige leben. Dann noch in Spuren eine Hinrichtung eingraviert. Dazu erhalten die einfache lederne Scheide. In der Registratur eiserne Truhen: eine mit spärlichem Rankenornament des 17. Jhs., die andere reich am Deckel und an den Seiten mit schmiedeeisernem Rankenwerk, an den Henkeln mit Maskarons geschmückt.
Fig. 237. Amtsschild der Bürgermeisterkette von Gengenbach
Ölgemälde auf Leinwand: Porträt des Cornelius Eselsperger, Ende 16. Jhs., sowie drei Kaiserbilder des 18. Jhs.
Eine Anzahl guter Bucheinbände des 16. Jhs. in gepreßtem Schweinsleder; hervorzuheben:
1. ein Protokollbuch mit den Ratsprotokollen, ciselierten Messingbeschlägen, in der Zierleiste Grotesken und in Medaillons die Köpfe des Erasmus, Hus, Luther und Melanchthon; ein früher Einband also sorglos in der wieder katholisch gewordenen Stadt verwendet;(118)
2. eines mit dem eingepreßten Bild der Caritas und reichem Bandgeschlinge sowie wieder Medaillons in der Zierleiste (s. Fig. 238);
3. mit Wappen, Putten und Halbfiguren von Heiligen;
4. mit David auf der einen, Anbetung des Kindes auf der anderen Seite und den Helden des Alten Testamentes;
5. von 1565 mit den Figuren der Tugenden, im einen Mittelstück das Jüngste Gericht, im anderen Scene aus der Apokalypse;
6. mit Verkündigung, Anbetung der Könige, Schmerzensmann, barmherzigem Samariter und Medaillons mit Köpfen in den Zierleisten;
7. mit dem segnenden Jesuskind, Halbfiguren von Propheten in den Zierleisten, elegantem Rankenornament mit Wappen auf der Rückseite, von 1575;
8. mit großen Halbfiguren der David, Paulus u. a. und Medaillons mit Gelehrtenköpfen;
9. mit den Bildern der Fortuna und Justitia sowie Rankenwerk, von 1579.
Nur noch die Nummern 1, 2 und 8 sind vorhanden, die übrigen schon vor vielen Jahren verloren gegangenen sind mir nur aus Photographien bekannt.
Im Rathaussaal zwei hübsche Louis XVI.-Konsolen mit Spiegeln.
Auf dem Speicher zwei zerrissene Gengenbacher Fahnen des 18. Jhs. Im Hof am Hinterbau der Rest eines Steines eingemauert, an dem noch die Zahl 522* und unten ein Abtswappen zu erkennen ist.
Fig. 238. Bucheinband in Gengenbach, Rathaus.
Am Marktplatz noch die sogen. Gewerbehalle, Mansardenhaus mit einfachen Fenstern des 18. Jhs.; in dieser Zeit ist das Haus offenbar, so wie es jetzt ist, hergestellt worden, auf älterer Grundlage, von der noch das Renaissanceportal (s. Fig. 239) herrührt. Dorische Säulen auf hohen Basen vor quaderartig behandelten Pilastern tragen das verkröpfte Gesims. Darüber der Aufsatz mit Beschlägornament, Löwenköpfen, dem Stadtwappen und endlich der flache Giebel mit der Jahreszahl 1696, die mir etwas spät für die Formen des Tores vorkommt. Das Innere des Hauses ohne Bedeutung.
Fig. 239, Portal der Gewerbehalle in Gengenbach.
Hier auf dem Marktplatz dann auch der Brunnen (s. Fig. 240). Ein achteckiges Bassin mit eckigen Voluten an den Ecken und der Jahreszahl 1718 in der einen Füllung, daraus wächst der Brunnenstock hervor, zunächst auf einem achteckigen Postament der gleichen Zeit, dann folgt die mehrfach geteilte und geschwellte Renaissancebalustersäule, unten mit Akanthusblättern verziert, am Mittelstück mit Früchten, zwischen denen die vier Maskarons, aus deren Rund die Röhren hervorgehen, darauf dann das Kompositkapitell und endlich der Ritter mit dem Panzer über der spanischen Tracht und dem Schild mit dem Gengenbacher Wappen, einen ergänzten Speer in der Hand (nach älteren Angaben eine Rolle), und an der Fußplatte die Jahreszahl 1582 (s. Fig. 241). - Der Brunnen ist offenbar in der Franzosenzeit zerstört worden, 1718 hat man ihn wieder aufgerichtet, fand aber nur die Balustersäule und den Ritter verwendbar, während man das Bassin ganz erneuerte. Auch die Röhren mit ihren schön geformten Stützen stammen wohl aus dieser Zeit.
Fig. 240. Marktplatz in Gengenbach mit dem Brunnen.
Über die Bedeutung derartiger, oft auf Marktbrunnen wiederkehrender Figuren ist vielfach gestritten worden.(119) Irgendwie sollen sie offenbar die Marktgerechtigkeit der betreffenden Stadt andeuten; die Gengenbacher Figur - selbstverständlich nicht Karl V. vorstellend - scheint ziemlich deutlich auf die Reichsunmittelbarkeit der Stadt und, wenn die Ergänzung mit der Rolle richtig ist, auf ihre Privilegien anzuspielen. Aus diesem Sinne versteht es sich auch, daß man die alte Figur sorgfältig wieder aufrichtete. (Das Ganze aus rotem Sandstein gefertigt.)
Fig. 241. Brunnenfigur vom Marktbrunnen in Gengenbach.
Von Privathäusern sind zu erwähnen:
Das Pfaffsche Haus (Nr. 97), das leider in den letzten Jahren einem Umbau unterzogen werden mußte. Es bestand aus zwei Teilen (s. Fig. 242). Der vortretende, aus Bruchsteinmauerwerk - Gewände und Quaderbekleidung der Ecken Sandstein -, war mit einem wirkungsvollen Volutengiebel des 17. Jhs. abgeschlossen, an dessen Ecken Obelisken aufgesetzt waren. Die Fenstergewände der beiden oberen Geschosse waren und sind mit flachen Dreieckgiebeln gedeckt.
Fig. 242. Ehemaliges Pfaffsches Haus in Gengenbach
Im Erdgeschoß ein Türvorbau (s. Fig. 243), dorische Säulen auf hohen diamantierten Postamenten tragen ein weit vorkragendes Gesims mit der Jahreszahl 1699, auf ihm das kupferne Walmdach. Entsprechende Säulen flankieren das Portal, über ihrem Gesims schmiedeeisernes Oberlicht. Treppen führen von beiden Seiten zu dem Vorbau in die Höhe. Die Türe ist unten mit rautenförmigen Gebilden, oben in zwei Feldern geschnitzt. Der Giebel und die Fensterbehandlung legen den Gedanken nahe, daß ein Plan des Vorarlberger Meisters Beer, der damals gerade an dem Klosterbau arbeitete, vorlag. Dieser Teil ist ziemlich intakt erhalten.
Fig. 243. Türvorbau an dem Pfaffschen Hause in Gengenbach.
Dieser Giebel legte sich dem Satteldach des ganzen Hauses vor, das mit der Traufrinne nach der Straße stand und vielleicht etwas älter als der vorspringende Teil ist. Der zurücktretende Teil war ein außerordentlich reizender Fachwerkbau, das erste vorkragende Stockwerk hatte ein wirkungsvoll in runden Zacken geschnitztes Blumenbrett (s. Fig. 244). Darüber sprang im zweiten Stock eine Galerie vor mit Balustersäulchen und originell ausgebildeter Stütze mit Unterzugshölzern, welche das Dach trugen (s. Fig. 245).
Fig. 244. Galerie, Blumenbrett und Haustürgewände vom Pfaffschen Hause in Gengenbach.
In das Erdgeschoß führte eine spitzbogige Tür, Sandstein, das Gewände abgetreppt, mit Hohlkehlen und Wulsten und interessantem Ablauf. Von diesem Haus konnten ziemliche Reste am Neubau, die Balustergalerie am Haigeracher Tor-Turm verwendet werden.
Fig. 245. Detail von dem Pfaffschen Hause in Gengenbach.
Ähnliche Behandlung des Holzwerkes wie an diesem Haus zeigt die Tür von Höllgasse Nr. 6 mit Balustersäulchen im Oberlicht (s. Fig. 246).
Das Löwenbergsche Haus Nr. 16 der Hauptstraße, noch heute der Familie gehörig, ein Bau des 18. Jhs. mit Mansardendach, weist ein Löwenbergsches Wappen auf mit fünfzackiger Krone, geviertetem Schild. Das Wappen ist von steigenden Löwen mit Schwertern und von Trophäen umgeben.
Fig. 246. Holztür mit Oberlicht in Gengenbach.
Am Haus Nr. 6 (ehemals Rinecksches Haus) in der Hauptstraße die Jahreszahl 1770 in Rocaillekartusche, darüber Wappen, zwei Lilien in Rot, Adler in Gold. Am Hintergebäude teilweise zerstörtes Türgewände mit abgefaster Kante, Hohlkehle, Rosetten, am flachbogigen Sturz ein Schild und 1690; dazu die in originellem Gitterwerk geschnitzte Holztür (s. Fig. 247).
Fig. 247. Tür am ehemals Rineckschen Hause.
Hauptstraße Nr. 35, gut wirkendes Haus des späten 18. Jhs., Sandstein, vierfenstrig, zweistöckig, mit Mansardendach, rustizierten Eckpilastern, Fenstergewände mit Girlanden, Triglyphen etc.
Fig. 248. Straße in Gengenbach (nach einer Federzeichnung K. Weyßers).
Gasthaus und Brauerei "Zum Salmen": 18. Jh., zweigestuftes Mansardendach, Tür mit Pilastern, verkröpftem Gebälk und eckigem Volutengiebel. Am Hause Nr. 100 (Herm. Wölffle) ein Sandstein eingemauert mit der Zahl
In einer Seitenstraße das Stammhaus Scheffels mit barockem steinernen Treppenaufgang.
Vor allem aber besitzt Gengenbach noch eine große Fülle höchst malerischer und in einzelnen Motiven sehr interessanter älterer Fachwerkhäuser mit Holzgalerien, vorgekragten Stockwerken, Fenstererkern mit Schutzdächern über den Fenstern, glücklicherweise nur zum Teil bis jetzt verputzt. Hervorgehoben sei u. a. das Haus auf dem Gänsebühl (s. Fig. 249 u. 249a) mit der Jahreszahl 1747 und AM an seiner Holztüre; ferner das leider sehr verwahrloste, ganz hervorragende Haus Nr. 6 der Höllgasse mit dem obenerwähnten Oberlicht. Des weiteren zu nennen die Häuser Engelgasse Nr. 1, 6, 7, 8, 9 von 1691, Nr. 23, 24, 28, sowie die leider verputzten Nr. 4, 12 und 13.
Fig. 249. Fachwerkhaus auf dem Gänsebühl Nr. 1 in Gengenbach
Fig. 249a. Fachwerkhaus auf dem Gänsebühl Nr. 1 in Gengenbach
Ganz besonders reich an solchen Häusern ist die Engelgasse, von der Fig. 250 nach einem Aquarell eine Vorstellung gibt. Ein zum Teil leider überputztes Fachwerkhaus mit vorkragender Galerie und guten Stützhölzern des Daches steht an der Hauptstraße Nr. 34 (s. Fig. 251), leider hat es wieder in neuester Zeit eine eingreifende bauliche Veränderung erfahren.
Fig. 250. Ansicht der Engelgasse in Gengenbach.
Auch das vor dem Haigeracher Tor sich erstreckende Oberdorf - schon 1397 wird eine "muly gelegen in dem dorffe" erwähnt, 1571 Oberndorff - birgt noch eine Fülle des Interessanten. Ich führe die Häuser Nr. 3, 10 (leider verputzt), 14, 15, 21, 24, 25 (verputzt), 26, 28, 35, 36, 38 (verputzt) und 39, 41, 43, 46, 47, 68 (verputzt), Nr. 71 von 1794, Nr. 77, 78, 79, 173 an sowie Nr. 12 mit vorkragender Balustergalerie. Letzteres benötigte dringend einer Wiederherstellung in seiner alten Form. Ganz besonders sind hier die Giebel bemerkenswert (s. Fig. 252 u. 253).
Fig. 251. Überputztes Fachwerkhaus an der Hauptstraße Nr. 34 in Gengenbach.
Zu erwähnen sind noch eine Anzahl schmiedeeiserne Wirtshausschilde des 13. Jhs., so am "Schwarzen Adler" (erneuert), ehemals am Gasthaus "Zur Sonne", am ehemaligen Gasthaus "Zur Blume", ein reicheres am Gasthaus "Zum Engel", an der Hauptstraße Nr. 155 ein Schild mit Schlüssel als Zeichen eines Schlossers?
Fig. 252. Giebel eines Fachwerkhauses im Oberdorf (Nr. 12) zu Gengenbach,
(Nach einer Federzeichnung K. Weyßers.)
(Nach einer Federzeichnung K. Weyßers.)
Fig. 253. Fachwerkgiebel von den Häusern Nr. 15 und Nr. 14 im Oberdorf zu Gengenbach.
Am Ausgange der Stadt und der Vorstadt Leutkirch das Spital, ein guter, einfacher Bau des 18. Jhs., zweistöckig, die Türe, zu der eine siebenstufige Treppe führt, von Pilastern flankiert, die mit Bandornament geziert sind und gebrochenen, runden Giebel tragen, in dem das Wappen der Reichsstadt und die Umschrift:
BenIgnItas gengebaCensIs
PaVperIbVs
XenoDoChIVM eXstrVXIt
PaVperIbVs
XenoDoChIVM eXstrVXIt
(also 1756). In der Nähe ein Bildstock: die übliche Ädicula auf achteckigem Sockel mit Volutenendigung, auf dem steht (in Kapitale):
Gott mit unß
Was die Ur-Ur Elteren
errichtet der Ur groß
Vatter Georg den 12 Manij 18
erneuert ist von dem Ur
enkel Blasio Columbano
freuherrn von Bender
kayße: königl: General
Feldmareschall Lieut.
Obersten eines Infanterie
Regmts und Comendanten
der haubt festung
Ollmütz den 15 Sept: 1784
als erin. seiner geliebten
Vatterstadt ware
wiederum renovieret
worden.
Was die Ur-Ur Elteren
errichtet der Ur groß
Vatter Georg den 12 Manij 18
erneuert ist von dem Ur
enkel Blasio Columbano
freuherrn von Bender
kayße: königl: General
Feldmareschall Lieut.
Obersten eines Infanterie
Regmts und Comendanten
der haubt festung
Ollmütz den 15 Sept: 1784
als erin. seiner geliebten
Vatterstadt ware
wiederum renovieret
worden.
Unten an der Seite des Sockels steht: 1618 den 12 may Gott zu ehrn ward ernewret durch Georg Bender. - Der hier sich nennende Blasius Columban ist nicht nur dem Lokalruhm nach, sondern auch in Wirklichkeit ein in seiner Zeit berühmter Offizier gewesen. 1713 geboren, machte er 1733 unter dem Prinzen Eugen den Türkenkrieg mit, überall durch Bravour hervorragend, wurde in weiteren Feldzügen bei Mollwitz, Prag etc. schwer verwundet. 1785 zum Kommandant von Luxemburg ernannt, wußte er dasselbe bei dem Aufstande der Niederlande infolge der Josefinischen Politik in Ruhe zu halten, mit der Heeresführung betraut, unterwarf er die Niederlande und hielt 1790 seinen Einzug in Brüssel. 1798 starb er.
Ein weiteres Bildstöckchen in ähnlicher Form trägt die Jahreszahl 1618.(120) Weiterhin an der Offenburger Straße der Park der Freiherren von Löwenberg, ein Rest jener entzückenden Parkanlagen des 18. (und 19.) Jhs., die in ihrer Verlassenheit und träumerischen Einsamkeit alle Poesie desselben aufleben lassen. Der heutige Garten ist ziemlich frei angelegt, in demselben vier Statuen der Götter Mars, Venus, Neptun und Minerva, ein großes Bassin mit Schilfrosen und dahinter ein Pavillon (s. Fig. 254), dessen Grundriß sich in konkaven und konvexen Linien bewegt (Bruchsteinmauerwerk mit Hausteingewänden). Mit diesem anmutenden Bilde schließt die ältere Baugeschichte Gengenbachs
Fig. 254. Löwenbergscher Pavillon in Gengenbach.
An der Straße nach Fußbach-Biberach ein Kruzifix auf Volutensockel von 1753; weiterhin auf ähnlichem Sockel mit Rocailleornamenten eine Statue der Immakulata, noch teilweise in alter Bemalung, am Sockel steht:
VIRGO MATER DEI
SINE LABE CONCEPTA (1763).
Weiterhin Bildstöcke von 1742, 1778 und 1798. - Grenzsteine aus Gengenbach in der Karlsruher Sammlung unter Nr. 6402 und 6403.
Anerkungen:
1.) Da alle allgemeinere Literatur auch für die Geschichte der Stadt in Betracht kommt, ist sie schon hier angeführt, nur die Nachrichten, welche sich rein auf das Kloster beziehen, bei diesem. ▲
2.) Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes I, S. 209. ▲
3.) Baumgarten, Schauinsland 20, S. 12. Ihm folge ich in dieser Frage, da mir das einschlägige Werk: Panzer, Bayer. Sagen und Bräuche, leider nicht zur Verfügung steht. ▲
4.) Z. NF. 8, S. 662. ▲
5.) Ebenda S. 666. ▲
6.) Fabricius, Die Besitznahme Badens durch die Römer, Neujahrsblatt d. bad. hist. Komm. 1905, S. 39. ▲
7.) Gothein a. a. O. S. 210. ▲
8.) Woher Kolb zu der Annahme kommt, am Abhang des Kastelberges hätte sich jetzt ein fränkisches Dynastenschloß erhoben, in dem der Stifter des Klosters gewohnt, weiß ich nicht. Baumgarten hat sie übernommen. ▲
9.) Gothein a. a. O. S. 211, auf dem überhaupt der größte Teil der Darstellung, oft wörtlich, fußt. ▲
10.) Schulte, Acta Gengenbacensia 1233 bis 1235, Z. NF. 4, S. 90 ff., und Gothein a. a. O. S. 212 f. ▲
11.) Gothein a. a. O. S. 214. ▲
12.) Krieger I, S. 690. ▲
13.) Gothein a .a. O. S. 236. ▲
14.) Gothein a. a. O. S. 237. ▲
15.) Gotheins Vermutung. Gewöhnlich nimmt man an, daß er aus dem elsäß. Geschlecht von Niederbronn stammt. ▲
16.) Gothein a. a. O. S. 246. ▲
17.) Ebenda S. 247. ▲
18.) FDA. XVI, S. 172. ▲
19.) In: Deductione Ruthardiana de Fundatore Monasteriorum Schwarzach et Gengenbach; zitiert bei Kolb a. a. O. I, S. 369. ▲
20.) Kolb a. a. O. I, S. 368. ▲
21.) Der Turm am südlichen Ausfluß ist wohl der, welcher nach Feinleins Bericht 1643 gesprengt wurde. ▲
22.) Ich vermag nicht, wie Baumgarten in Schauinsland XX, S. 28, bestimmt anzunehmen, daß obenzitierte Inschrift sich gerade auf diese Mauerverstärkung bezieht. ▲
23.) Kammer bis zu 90 cm sich erweiternd. ▲
24.) Baumgartens Angabe (a. a. O. S. 25), daß der Turm hinter die Mauerflucht etwas zurückgezogen sei, ist irrig, er steht in derselben. Daß der Wehrgang nicht durch sein Inneres durch geführt ist, wie beim Obertor, ist selbstverständlich, das Gegenteil wäre eine seltene Ausnahme. ▲
25.) Nach der Stadt im Rundbogen. ▲
26.) Vgl. hierüber Fr. Baumgarten in Z. NF. VIII, S. 441 ff. ▲
27.) Grandidier, Hist. de l’égl. II, Nr. 152. ▲
28.) Mone, Quellensammlungen III, S. 57 ff. Vgl. über Rudhard noch weiter Gerbert, Hist. Nigr. Silv. I, S. 60 ff. Grandidier, Hist. de l’égl. I, S. 421 ff. ▲
29.) Vita Pirmini c. 5, Mon. Germ., S. 15, 26. ▲
30.) Schulte, Reste romanischer Bevölkerung in der Ortenau, Z. NF. IV, S. 300 ff. ▲
31.) Seine Mönche im Liber Confraternit., herausg. von Piper, S. 214, Sp. I - 197, 37. ▲
32.) Monum, Germ., Dipl. reg. et imperat. Germ. III, S. 197. Bestätigt wurde diese Verfügung durch Kaiser Konrad 1024. ▲
33.) Vgl. Jaffé, Reg. Pontif., II. 412. Mezlers Monumenta, FDA. XIV, S. 161. Mone, Quellensammlungen III, S. 81, 82. Annal. Gengenb., MG.S. V u. 390. Annal. Bertholdi, MG.S. V u. 276. Lambert von Hersfeld, Annal. Scriptor. rer. German. in usum scholar., Hannov. 1894, S. 259. ▲
34.) Mone, Quellensammlungen III, S. 46. ▲
35.) Annal. Gengenb., MG. SSV. S. 390. ▲
36.) Nach Mabillon (Annal. ord. Bened. V, S. 363, 418) scheinen raschwechselnde kaiserliche Gunst und Ungnade ihm die Abtswürde von Lorsch gebracht und wieder genommen zu haben. ▲
37.) Trithemius, Chronicon Hirsaug. I, S. 276. ▲
38.) Gerbert, Hist. Nig. Silv. I, S. 297. Grandidier, Oeuvres hist. inéd. I, S. 177. ▲
39.) Winkelmann, Acta Imp. II, S. 892. ▲
40.) Vgl. Gothein, Wirtschaftsgesch. I, S. 222 ff. ▲
41.) Böhmer-Redlich, Reg. Imp. VI, Nr. 379; dazu von Weech in Z. NF.I, S. 74 ff. ▲
42.) Böhmer-Redlich V, Nr. 1576. ▲
43.) Vgl. die vom Kloster Gengenbach ausgegangene eingehende Darstellung der Acta Gengenbacensia (in Wien, Kaiserl. Reichs und Hofarchiv) in Z. NF. IV, S. 90 - 114. ▲
44.) Vgl. das Schreiben Innocenz’ IV. in Mon. Germ. Ep. Pont. Roman. saec. XIII, II, S. 237. ▲
45.) Böhmer-Redlich, Regg. Imp. VI, Nr. 459. ▲
46.) Vgl. Gothein a. a. O. I, S. 238 ff. ▲
47.) Vgl. FDA. XVI, S. 103. Z. NF. VII, S. 446. Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und Cisterzienserorden XVI, S. 89 f. Remling, Gesch. der Bischöfe von Speyer I, S. 630 - 642. ▲
48.) Vgl. das abfällige Urteil Dornblüths, Z. NF. VII, S. 446. ▲
49.) Vgl. die langen Verhandlungen über diesen Konflikt bei Ruppert, Z. 31, S. 315 ff.; 32, S. 309 ff. ▲
50.) Mitgeteilt von Franck in FDA. VI, S. 1 - 26. ▲
51.) Vgl. Ruppert, Z. 33, S. 128 - 159, ▲
52.) Vgl. FDA. VI, S. 21, 22. ▲
53.) Ebenda S. 24. ▲
54.) Vgl. Baumgartner in Schauinsland 23, S. 12 ff. ▲
55.) Vgl. Vierordt, Gesch. der evang. Kirche in Baden I, S. 314 - 319. ▲
56.) Vgl. Franck, FDA. VII, S. 83 - 105. Ruppert, ebenda XVI, S. 196 - 215. ▲
57.) Vgl. Baumgartner in Schauinsland 23, S. 29 ff. ▲
58.) "Antwurt auf die geschrifft einer tabelenn, in welcher das Ampt der heyligen Mäß unbilliger weyß angetastet und verworfen". Vierordt sah diese handschriftlich erhaltene Kontroversschrift seiner zeit beim Medizinalrat Dr. Schwörer in Freiburg (Gesch. der evang. Kirche in Baden V, S. 397). ▲
59.) Vgl. Z. NF. 9, S. 254. ▲
60.) Vgl. die Aktenstücke darüber, FDA. VI, S. 297 ff. ▲
61.) Vgl. über ihn Z. NF. 8, S. 690 ff. ▲
62.) Vgl. FDA. XX, S. 137 ff. ▲
63.) vgl. Z. NF. 8, S. 463. ▲
64.) Mone, Quellens. I, S. 59 ff. ▲
65.) Vgl. Z. NF. 8, S. 663 ff. ▲
66.) Von dem Pfeiler, der nach Baer mit vier Halbsäulen geziert war, kann ich nichts entdecken. ▲
67.) Lübkes Angabe, daß wie in Maulbronn von dem Gesimsband sich Vertikalstreifen zu den Pfeilern herabziehen, ist irrig; er hat sich wohl durch die Wandpilaster des Barocks täuschen lassen. ▲
68.) Eine Jahreszahl, von der Baumgarten spricht, konnte ich an ihm nicht entdecken. Die Kapitelle der Pfeiler sind aus Holz. ▲
69.) Auch ein im Privatbesitz befindliches gleichzeitiges Gemälde zeigt die zwei Türme. ▲
70.) Z. NF. 8, S. 474. ▲
71.) Z. NF. 8, S. 672. ▲
72.) Ebenda S. 694. ▲
73.) Ruppert, Z. NF. 8, S. 312. ▲
74.) Die äußere Türe der Kapelle ist neueren Datums. ▲
75.) Wie mir Herr Simmler so liebenswürdig war, mitzuteilen, waren keine Konsolen vorhanden, d.h. also entweder abgeschlagen oder, was wahrscheinlicher, die Rippen gingen ohne weiteres in die Wand über. An der einen Stelle war im Geschmack des 18. Jhs. ein Engelskopf in Stuck vorgeklebt. ▲
76.) FDA. XVI, S. 190. ▲
77.) Baumgarten, Z. NF. 8, S. 672. ▲
78.) S. B. Pfeiffer, Die Vorarlberger Bauschule, Würtemb. Vierteljahrshefte NF. XIII, S. 31 f. ▲
79.) Abgedruckt in Z. NF. 8, S. 674 f. ▲
80.) Z. NF. 8, S. 677. ▲
81.) Ebenda S. 678/679. ▲
82.) Z. NF. 8, S. 679. ▲
83.) Wohl der in dem citierten Aufsatz Württemb. Vierteljahrshefte NF. XIII, 1904, unter Nr. 94 genannte Johann Jakob Rüscher. ▲
84.) Z. NF. 8, S. 459. ▲
85.) a. a. O. S. 474. ▲
86.) a. a. O. S. 475. ▲
87.) a. a. O., auch über die Reliquien der Altäre. ▲
88.) a. a. O. S. 670. ▲
89.) Nach gütigst zur Verfügung gestellten Photographien des Herrn J. N. Schöndienst in Gengenbach. ▲
90.) Z. NF. 8, S. 700. ▲
91.) Ebenda S. 474. ▲
92.) FDA. XVI, S. 190. ▲
93.) Z. NF. 8, S. 687. ▲
94.) a. a. O. S. 700. ▲
95.) a. a. O. S. 669. ▲
96.) a. a. O. S. 700. ▲
97.) Z. NF. 9, S. 240. ▲
98.) a. a. O. S. 243. ▲
99.) Z. NF. 9, S. 243. ▲
100.) FDA. XVI, S. 173. ▲
101.) Z. NF, 8, S. 661. ▲
102.) FDA. XVI, S. 190. ▲
103.) Josephskapelle. ▲
104.) Dem jetzigen Staffelgiebel über dem südlichen Querhaus. ▲
105.) Z. NF. 8, S. 678. ▲
106.) a. a. O. S. 684. ▲
107.) Z. NF. 8, S. 454. ▲
108.) FDA. XVI, S. 172. ▲
109.) Z. NF. 8, S. 454. ▲
110.) a. a. O. S.455. ▲
111.) Nirgends ein Anhaltspunkt dafür, daß, wie Lübke meint, der Unterteil des Turmes noch romanischen Ursprungs ist, so wahrscheinlich das nach dem Alter der Kirche auch wäre. ▲
112.) Sollte jemals aus praktischen Gründen eine Renovation der Kirche nicht zu umgehen sein, so wäre dringend zu wünschen, daß im Innern der Rocaillecharakter im Anschluß an die vorhandenen Farbenspuren beibehalten wird. ▲
113.) Abb. s. Schauinsland 22, S. 29. ▲
114.) Z. .NF. 8, S. 662 f. ▲
115.) Z. NF. 8, S. 701. ▲
116.) Baumgarten meint in Schauinsland 22, S. 39, daß auf diese Figur die übliche Redensart zurückgeht: der liegt do wie der Gengenbacher Heiland. ▲
117.) Ausstellung Karlsruhe 1881, Katalog Nr. 1118. Abgebildet in Ältere kunstgewerbliche Arbeiten auf der Ausstellung Karlsruhe 1881. ▲
118.) Mittelstück abgebildet in Schauinsland 22, S. 36. ▲
119.) Siehe E. Wagner, Die Statue des Markgrafen Karl II. in Durlach. Z. NF. 17, S. 123. ▲
120.) Abgebildet in Schauinsland 22, S. 38. ▲
2.) Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes I, S. 209. ▲
3.) Baumgarten, Schauinsland 20, S. 12. Ihm folge ich in dieser Frage, da mir das einschlägige Werk: Panzer, Bayer. Sagen und Bräuche, leider nicht zur Verfügung steht. ▲
4.) Z. NF. 8, S. 662. ▲
5.) Ebenda S. 666. ▲
6.) Fabricius, Die Besitznahme Badens durch die Römer, Neujahrsblatt d. bad. hist. Komm. 1905, S. 39. ▲
7.) Gothein a. a. O. S. 210. ▲
8.) Woher Kolb zu der Annahme kommt, am Abhang des Kastelberges hätte sich jetzt ein fränkisches Dynastenschloß erhoben, in dem der Stifter des Klosters gewohnt, weiß ich nicht. Baumgarten hat sie übernommen. ▲
9.) Gothein a. a. O. S. 211, auf dem überhaupt der größte Teil der Darstellung, oft wörtlich, fußt. ▲
10.) Schulte, Acta Gengenbacensia 1233 bis 1235, Z. NF. 4, S. 90 ff., und Gothein a. a. O. S. 212 f. ▲
11.) Gothein a. a. O. S. 214. ▲
12.) Krieger I, S. 690. ▲
13.) Gothein a .a. O. S. 236. ▲
14.) Gothein a. a. O. S. 237. ▲
15.) Gotheins Vermutung. Gewöhnlich nimmt man an, daß er aus dem elsäß. Geschlecht von Niederbronn stammt. ▲
16.) Gothein a. a. O. S. 246. ▲
17.) Ebenda S. 247. ▲
18.) FDA. XVI, S. 172. ▲
19.) In: Deductione Ruthardiana de Fundatore Monasteriorum Schwarzach et Gengenbach; zitiert bei Kolb a. a. O. I, S. 369. ▲
20.) Kolb a. a. O. I, S. 368. ▲
21.) Der Turm am südlichen Ausfluß ist wohl der, welcher nach Feinleins Bericht 1643 gesprengt wurde. ▲
22.) Ich vermag nicht, wie Baumgarten in Schauinsland XX, S. 28, bestimmt anzunehmen, daß obenzitierte Inschrift sich gerade auf diese Mauerverstärkung bezieht. ▲
23.) Kammer bis zu 90 cm sich erweiternd. ▲
24.) Baumgartens Angabe (a. a. O. S. 25), daß der Turm hinter die Mauerflucht etwas zurückgezogen sei, ist irrig, er steht in derselben. Daß der Wehrgang nicht durch sein Inneres durch geführt ist, wie beim Obertor, ist selbstverständlich, das Gegenteil wäre eine seltene Ausnahme. ▲
25.) Nach der Stadt im Rundbogen. ▲
26.) Vgl. hierüber Fr. Baumgarten in Z. NF. VIII, S. 441 ff. ▲
27.) Grandidier, Hist. de l’égl. II, Nr. 152. ▲
28.) Mone, Quellensammlungen III, S. 57 ff. Vgl. über Rudhard noch weiter Gerbert, Hist. Nigr. Silv. I, S. 60 ff. Grandidier, Hist. de l’égl. I, S. 421 ff. ▲
29.) Vita Pirmini c. 5, Mon. Germ., S. 15, 26. ▲
30.) Schulte, Reste romanischer Bevölkerung in der Ortenau, Z. NF. IV, S. 300 ff. ▲
31.) Seine Mönche im Liber Confraternit., herausg. von Piper, S. 214, Sp. I - 197, 37. ▲
32.) Monum, Germ., Dipl. reg. et imperat. Germ. III, S. 197. Bestätigt wurde diese Verfügung durch Kaiser Konrad 1024. ▲
33.) Vgl. Jaffé, Reg. Pontif., II. 412. Mezlers Monumenta, FDA. XIV, S. 161. Mone, Quellensammlungen III, S. 81, 82. Annal. Gengenb., MG.S. V u. 390. Annal. Bertholdi, MG.S. V u. 276. Lambert von Hersfeld, Annal. Scriptor. rer. German. in usum scholar., Hannov. 1894, S. 259. ▲
34.) Mone, Quellensammlungen III, S. 46. ▲
35.) Annal. Gengenb., MG. SSV. S. 390. ▲
36.) Nach Mabillon (Annal. ord. Bened. V, S. 363, 418) scheinen raschwechselnde kaiserliche Gunst und Ungnade ihm die Abtswürde von Lorsch gebracht und wieder genommen zu haben. ▲
37.) Trithemius, Chronicon Hirsaug. I, S. 276. ▲
38.) Gerbert, Hist. Nig. Silv. I, S. 297. Grandidier, Oeuvres hist. inéd. I, S. 177. ▲
39.) Winkelmann, Acta Imp. II, S. 892. ▲
40.) Vgl. Gothein, Wirtschaftsgesch. I, S. 222 ff. ▲
41.) Böhmer-Redlich, Reg. Imp. VI, Nr. 379; dazu von Weech in Z. NF.I, S. 74 ff. ▲
42.) Böhmer-Redlich V, Nr. 1576. ▲
43.) Vgl. die vom Kloster Gengenbach ausgegangene eingehende Darstellung der Acta Gengenbacensia (in Wien, Kaiserl. Reichs und Hofarchiv) in Z. NF. IV, S. 90 - 114. ▲
44.) Vgl. das Schreiben Innocenz’ IV. in Mon. Germ. Ep. Pont. Roman. saec. XIII, II, S. 237. ▲
45.) Böhmer-Redlich, Regg. Imp. VI, Nr. 459. ▲
46.) Vgl. Gothein a. a. O. I, S. 238 ff. ▲
47.) Vgl. FDA. XVI, S. 103. Z. NF. VII, S. 446. Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und Cisterzienserorden XVI, S. 89 f. Remling, Gesch. der Bischöfe von Speyer I, S. 630 - 642. ▲
48.) Vgl. das abfällige Urteil Dornblüths, Z. NF. VII, S. 446. ▲
49.) Vgl. die langen Verhandlungen über diesen Konflikt bei Ruppert, Z. 31, S. 315 ff.; 32, S. 309 ff. ▲
50.) Mitgeteilt von Franck in FDA. VI, S. 1 - 26. ▲
51.) Vgl. Ruppert, Z. 33, S. 128 - 159, ▲
52.) Vgl. FDA. VI, S. 21, 22. ▲
53.) Ebenda S. 24. ▲
54.) Vgl. Baumgartner in Schauinsland 23, S. 12 ff. ▲
55.) Vgl. Vierordt, Gesch. der evang. Kirche in Baden I, S. 314 - 319. ▲
56.) Vgl. Franck, FDA. VII, S. 83 - 105. Ruppert, ebenda XVI, S. 196 - 215. ▲
57.) Vgl. Baumgartner in Schauinsland 23, S. 29 ff. ▲
58.) "Antwurt auf die geschrifft einer tabelenn, in welcher das Ampt der heyligen Mäß unbilliger weyß angetastet und verworfen". Vierordt sah diese handschriftlich erhaltene Kontroversschrift seiner zeit beim Medizinalrat Dr. Schwörer in Freiburg (Gesch. der evang. Kirche in Baden V, S. 397). ▲
59.) Vgl. Z. NF. 9, S. 254. ▲
60.) Vgl. die Aktenstücke darüber, FDA. VI, S. 297 ff. ▲
61.) Vgl. über ihn Z. NF. 8, S. 690 ff. ▲
62.) Vgl. FDA. XX, S. 137 ff. ▲
63.) vgl. Z. NF. 8, S. 463. ▲
64.) Mone, Quellens. I, S. 59 ff. ▲
65.) Vgl. Z. NF. 8, S. 663 ff. ▲
66.) Von dem Pfeiler, der nach Baer mit vier Halbsäulen geziert war, kann ich nichts entdecken. ▲
67.) Lübkes Angabe, daß wie in Maulbronn von dem Gesimsband sich Vertikalstreifen zu den Pfeilern herabziehen, ist irrig; er hat sich wohl durch die Wandpilaster des Barocks täuschen lassen. ▲
68.) Eine Jahreszahl, von der Baumgarten spricht, konnte ich an ihm nicht entdecken. Die Kapitelle der Pfeiler sind aus Holz. ▲
69.) Auch ein im Privatbesitz befindliches gleichzeitiges Gemälde zeigt die zwei Türme. ▲
70.) Z. NF. 8, S. 474. ▲
71.) Z. NF. 8, S. 672. ▲
72.) Ebenda S. 694. ▲
73.) Ruppert, Z. NF. 8, S. 312. ▲
74.) Die äußere Türe der Kapelle ist neueren Datums. ▲
75.) Wie mir Herr Simmler so liebenswürdig war, mitzuteilen, waren keine Konsolen vorhanden, d.h. also entweder abgeschlagen oder, was wahrscheinlicher, die Rippen gingen ohne weiteres in die Wand über. An der einen Stelle war im Geschmack des 18. Jhs. ein Engelskopf in Stuck vorgeklebt. ▲
76.) FDA. XVI, S. 190. ▲
77.) Baumgarten, Z. NF. 8, S. 672. ▲
78.) S. B. Pfeiffer, Die Vorarlberger Bauschule, Würtemb. Vierteljahrshefte NF. XIII, S. 31 f. ▲
79.) Abgedruckt in Z. NF. 8, S. 674 f. ▲
80.) Z. NF. 8, S. 677. ▲
81.) Ebenda S. 678/679. ▲
82.) Z. NF. 8, S. 679. ▲
83.) Wohl der in dem citierten Aufsatz Württemb. Vierteljahrshefte NF. XIII, 1904, unter Nr. 94 genannte Johann Jakob Rüscher. ▲
84.) Z. NF. 8, S. 459. ▲
85.) a. a. O. S. 474. ▲
86.) a. a. O. S. 475. ▲
87.) a. a. O., auch über die Reliquien der Altäre. ▲
88.) a. a. O. S. 670. ▲
89.) Nach gütigst zur Verfügung gestellten Photographien des Herrn J. N. Schöndienst in Gengenbach. ▲
90.) Z. NF. 8, S. 700. ▲
91.) Ebenda S. 474. ▲
92.) FDA. XVI, S. 190. ▲
93.) Z. NF. 8, S. 687. ▲
94.) a. a. O. S. 700. ▲
95.) a. a. O. S. 669. ▲
96.) a. a. O. S. 700. ▲
97.) Z. NF. 9, S. 240. ▲
98.) a. a. O. S. 243. ▲
99.) Z. NF. 9, S. 243. ▲
100.) FDA. XVI, S. 173. ▲
101.) Z. NF, 8, S. 661. ▲
102.) FDA. XVI, S. 190. ▲
103.) Josephskapelle. ▲
104.) Dem jetzigen Staffelgiebel über dem südlichen Querhaus. ▲
105.) Z. NF. 8, S. 678. ▲
106.) a. a. O. S. 684. ▲
107.) Z. NF. 8, S. 454. ▲
108.) FDA. XVI, S. 172. ▲
109.) Z. NF. 8, S. 454. ▲
110.) a. a. O. S.455. ▲
111.) Nirgends ein Anhaltspunkt dafür, daß, wie Lübke meint, der Unterteil des Turmes noch romanischen Ursprungs ist, so wahrscheinlich das nach dem Alter der Kirche auch wäre. ▲
112.) Sollte jemals aus praktischen Gründen eine Renovation der Kirche nicht zu umgehen sein, so wäre dringend zu wünschen, daß im Innern der Rocaillecharakter im Anschluß an die vorhandenen Farbenspuren beibehalten wird. ▲
113.) Abb. s. Schauinsland 22, S. 29. ▲
114.) Z. .NF. 8, S. 662 f. ▲
115.) Z. NF. 8, S. 701. ▲
116.) Baumgarten meint in Schauinsland 22, S. 39, daß auf diese Figur die übliche Redensart zurückgeht: der liegt do wie der Gengenbacher Heiland. ▲
117.) Ausstellung Karlsruhe 1881, Katalog Nr. 1118. Abgebildet in Ältere kunstgewerbliche Arbeiten auf der Ausstellung Karlsruhe 1881. ▲
118.) Mittelstück abgebildet in Schauinsland 22, S. 36. ▲
119.) Siehe E. Wagner, Die Statue des Markgrafen Karl II. in Durlach. Z. NF. 17, S. 123. ▲
120.) Abgebildet in Schauinsland 22, S. 38. ▲