Spitalkirche Ettenheim und Spitalkapelle


Stift und Spitalkirche - In früheren Zeiten war das Spital eine Einrichtung für Hilfsbedürftige wie Arme, Alte und Kranke. Und eine solche Sozialstation des Mittelalters hat Walther von Keppenbach zusammen mit dem Mitstifter Hans Dürr und der Stifterin Ennelin von Wasselnheim um 1452 der Stadt Ettenheim gestiftetDieter Weis - Die Spitalkirche zu Ettenheim (Schau-ins-Land - 120 / 2001, 77 - 98)

"Ein schönes neues Kirchle und Thürmle mit weißem Blech gedeckt"(1)

Im Mittelalter waren Spitäler Stätten der Nächstenliebe und des Gottesdienstes zugleich. Spitalsaal und Kapelle blieben lange räumlich verbunden, damit auch bettlägerige Kranke und Sterbende am Gottesdienst teilnehmen konnten. Das mittelalterliche Spital war jedoch nicht in erster Linie Krankenhaus! Es stand für alle Arten von Leid und Hilfsbedürftigkeit offen, für Armut, Alter und Krankheit, es nahm auch Findelkinder, Waisen und durchziehende Pilger auf. Nur lepröse und venerische Kranke, überhaupt von infektiöser Krankheit Befallene fanden in eigenen Spitälern Aufnahme, während Geisteskranke, soweit sie nicht aggressiv waren, und Blinde meist im Schoße ihrer Familie blieben.(2)

Dem Straßburger Urbar zufolge gab es schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts außerhalb der Stadt Ettenheim ein Gutleuthaus. Dieses Spital für Aussätzige stand - wie es in einer Quelle vom Jahre 1312 heißt - "in Altwick". Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war es bereits verschwunden.(3)

Um das Jahr 1452 stifteten einige reiche Privatleute unter Mithilfe der Stadt Ettenheim das alte Ettenheimer Spital. Der eigentliche Stiftungsbrief ist nicht erhalten geblieben. Wahrscheinlich ging er beim Stadtbrand im Dreißigjährigen Krieg verloren. Es liegt nur eine in Abschriften überlieferte Urkunde vom 21. März 1452 vor, mit der Schultheiß, Bürgermeister und Rat der Stadt Ettenheim sich zur Einhaltung der Bestimmungen des Stiftungsbriefs verpflichten, nachdem Abt Heinrich Reiff und der Konvent des Klosters Ettenheimmünster als Kirch- und Zehntherr zu Ettenheim auf Ansprüche gegen die neue Stiftung verzichtet haben und auch Pfarrer Johannes Tierlin (auch Türlein) als "Erzpriester und ewiger Vikar" zugestimmt hat. In dieser Urkunde wird erwähnt, dass das "Spital und Messen darin" durch Junker Walther von Keppenbach, Meister Hans Dürr und Frau Ennelin von Wasselnheim unter Mithilfe der Stadt Ettenheim gestiftet wurden.(4) Nur beiläufig erfahren wir so überhaupt etwas über die Stifter. Die Stiftung selbst wird sehr wahrscheinlich kurz zuvor erfolgt sein.

Als Stifter wird Walter von Keppenbach genannt. Die Burg Keppenbach in der Gemeinde Freiamt (Kreis Emmendingen) war der Stammsitz dieses Adelsgeschlechts, das auch Beziehungen zu Ettenheim hatte.

Abb. 1 Älteste erhaltene Abschrift des verlorenen Stiftungsbriefs [sic! richtig: "verlorene Urkunde", Korrektur des Autors] von 1452 März 21 für das Ettenheimer Spital im Kopialbuch des Klosters Ettenheimmünster von 1548 (Generallandesarchiv Karlsruhe, 67 / 594) [hier wiedergegeben wie abgedruckt. Vergrößerte Darstellung nach Angaben des Autors korrigiert]
Abb. 1 Älteste erhaltene Abschrift des verlorenen Stiftungsbriefs [sic! richtig: "verlorene Urkunde", Korrektur des Autors] von 1452 März 21 für das Ettenheimer Spital im Kopialbuch des Klosters Ettenheimmünster von 1548 (Generallandesarchiv Karlsruhe, 67 / 594) [hier wiedergegeben wie abgedruckt. Vergrößerte Darstellung nach Angaben des Autors korrigiert]

So empfing Bernhard von Keppenbach als Edelknecht am 6. September 1404 für sich, sowie für Walter und Engelhard, die Söhne des verstorbenen Hesso von Keppenbach, die bischöflich-straßburgischen Lehen in Ettenheim und Beilstein. Der Stifter Walter von Keppenbach wird 1401 und 1413 als Altlandbürger (früherer auswärtiger Bürger) der Stadt Straßburg bezeichnet. Er war mit Ursula, Tochter des Ritters Konrad von Geudertheim und der Clara zu den Störken, verheiratet.(5) Einen Hinweis auf seine Verbindung zu Ettenheim und zu Besitz auf seiner Gemarkung gibt der Eintrag einer Jahrtagsstiftung im Verzeichnis des Ettenheimer Pfarrers Arbogast Arnold über die Jahrzeiten, die 1648 in der Ettenheimer Pfarrkirche gehalten wurden. Er verzeichnet eine Jahrtagsstiftung des "armiger" (Ritter) Walther von Keppenbach, seiner Frau Ursula von Godertheim (!), und ihrer beiden Söhne Hesso und Walther. Sie sollen 1458 einen jährlichen auf Martini fälligen Zins von fünf Schilling Straßburger Pfennige aus der Wiese "Rohrmatt" auf Ettenheimer Gemarkung zu einer Jahrzeit gestiftet haben. Das Jahrzeitgedächtnis sollte am dritten oder vierten Wochentag nach Kreuzerhöhung durch den Pfarrer und die Kapläne der Altäre der Muttergottes, des Erzengels Michael, des Bischofs Erhard, der 10 000 Märtyrer und Johannes des Täufers "super ossorio" (über dem Beinhaus auf dem Friedhof) gefeiert werden. Die Stiftung wurde im Jahre 1519 durch den Ettenheimer Pfarrer Theobald erneuert und ist noch im Hauptnachweis der gestifteten Anniversarien von 1864 / 66 verzeichnet.(6)

Das Patrozinium der heiligen Barbara für die Spitalkapelle bestand von Anfang an, denn schon 1454 wird eine "Kaplanei der hl. Barbara im Spital" genannt.(7) Ob der an erster Stelle als Stifter des Spitals genannte Junker Walther von Keppenbach auch das Patrozinium der Spitalkirche bestimmte, ist nicht bekannt, wäre aber möglich, denn die Keppenbacher betrieben unterhalb ihrer Burg Silberbergbau, und die heilige Barbara gilt als Patronin der Bergleute. Der Wert des Keppenbacher Lehens lag vor allem in dem zur Burg Keppenbach gehörigen Wildbann einschließlich des Bergregals. Außerdem stand im Kirchspiel Wöplinsberg, zu dem Keppenbach gehörte, eine sehr alte, der heiligen Barbara geweihte Kapelle. Andererseits muss man aber berücksichtigen, dass die Heilige auch als Patronin der Sterbenden verehrt wird und dies ebenfalls ein Grund für ihre Bestimmung zur Patronin des Ettenheimer Spitals gewesen sein könnte.

Über den Mitstifter Hans Dürr weiß man nur, daß die Sippe Dürr seit dem 13. Jahrhundert in Ettenheim ansässig war. Ein Jeckelin Dürre gehörte 1326 zu den Stiftern der Ettenheimer Kaplanei. Über die Stifterin Ennelin von Wasselnheim / Elsaß wurde bisher nichts bekannt.

Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte wurde das Spital durch viele Zuwendungen zur reichsten aller Ettenheimer Stiftungen. Es diente vor allem den Ettenheimern selbst. Fremde Kranke schob man - wie auch sonst üblich - gerne ab. Das Spital besaß viele Äcker, Matten und Reben, die meist verpachtet waren; außerdem lieh der Spitalfonds Gelder gegen Zins aus. Ein Spitalmeier bewirtschafte die Güter, ein Schaffner beaufsichtigte das Spital, verwaltete das Vermögen und legte jährlich Rechnung. Die Aufsicht lag bei der Stadt.(8)

Die alte Spitalkirche

Über das alte Spitalgebäude ist sehr wenig überliefert. Es stand auf demselben Platz, den später auch der Neubau von 1781 / 86 einnahm. Das Grundstück "in der hindern gaßen" (jetzt östliche Ringstraße) grenzte an die östliche (innere) Stadtmauer und war im 17. Jahrhundert etwa 20 ar groß. Darauf standen Haus, Hof, Scheuer und Stall zur Bewirtschaftung der Spitalgüter, außerdem das "Armenhäuslein" und die Barbara-Kapelle, deren kleiner Turm auf den ältesten Abbildungen der Stadt zu sehen ist. Nach der Überlieferung wurde das Spital durch den Stadtbrand von 1637 nicht beeinträchtigt.(9)

Im Protokoll über die Visitation der Pfarrei Ettenheim am 6. Mai 1762 durch den Straßburger Weihbischof Tussanus Duvernin werden auch das Spital und die Patronin seiner Kapelle genannt: "Ein Spital befindet sich in dieser Stadt, dessen Haus in einem erbärmlichen Zustand ist und dessen Kapelle von uns heute besucht worden ist. Ihr Patron ist die hl. Barbara. In der Kapelle liest der Frühmesser jeden Mittwoch eine Messe." Es wird angeordnet, die Gebäude wiederherzustellen, damit sie den Zwecken des Spitals genügen.(10) Im Straßburger Realschematismus, der im Anschluss an die große bischöfliche Visitationsreise erschien, wird ebenfalls die heilige Barbara als Patronin der Spitalkapelle angegeben.

Die ältesten Teile des heutigen Altares standen sehr wahrscheinlich bereits in der alten Spitalkapelle. Es sind die Mittelteile in Eichenholz über dem Altartisch mit den gewundenen Säulen, den beiden Engeln und den Ölgemälden mit der heiligen Barbara als Hauptbild und der Marienkrönung als kleinerem oberen Bild. Anlässlich der Restaurierung des Altares im Jahre 1978 schätzte Restaurator Johannes Berger die Entstehungszeit dieser Teile auf die Jahre 1600 bis 1620. Die beiden großen Figuren an den Außenseiten des Altars - es sind die Stadtpatrone St. Bartholomäus und St. Martin - könnten aus der früheren Ettenheimer Pfarrkirche stammen, die vor dem Beginn des Baues der heutigen Kirche im Jahre 1768 abgebrochen wurde.

Für diese Annahme gibt es eine ganze Reihe von Anhaltspunkten: Nach größeren Baumaßnahmen an der älteren Pfarrkirche auf dem Berg richtete der Klosterschreiner von Ettenheimmünster dort um 1748 / 49 einen neuen (?) Altar auf.(11) Um 1750 fasste der Münchweirer Maler Johann Jacob Kutterer für 22 Gulden die Figuren der Patrone St. Bartholomäus und St. Martin in der alten Pfarrkirche, die vermutlich zum kurz zuvor errichteten Altar gehörten.(12) Als Urheber dieser neuen Figuren käme der damalige Klosterbildhauer Bruder Paulus Schramm in Frage. Im Jahre 1773 befestigte Schlossermeister Josef Pfaff die Figuren der Heiligen Bartholomäus und Martin aber an einer Wand in der alten (!) Spitalkapelle.(13) Da wenige Jahre zuvor die alte Pfarrkirche ausgeräumt worden war, ist es naheliegend, dass man diese Figuren in die Spitalkapelle übertrug. Über weiteres Inventar aus der alten Spitalkapelle ist nichts mehr bekannt. Ob die Madonna mit Kind (zum Ankleiden!) und das alte, doppelseitig bemalte Bild sich schon in der alten Kapelle befanden, ließ sich bisher nicht nachweisen. Das Dachreiter-Türmchen auf der Spitalkirche von 1782 / 86 stand bereits auf der Vorgängerkapelle, denn es wurde dort im Jahre 1781 abgebrochen und auf dem "anderen Haus" aufgeschlagen.(14)

Die neue Spitalkirche

Im Jahre 1780 fertigte Schulmeister Antoni Trunck, der aus Walldürn kam und seit 1779 in Ettenheim tätig war, die Risse und einen Kostenüberschlag für den Neubau des Spitals samt Kapelle.(15) Leider ist nur noch der Voranschlag vom 24. August 1780 erhalten. Demnach sollten die Spitalkirche 38 Schuh, 6 Zoll (ca. 11,70 m) lang und 42 Schuh, 6 Zoll (ca. 12,92 m) breit sowie das Spital 36 Schuh, 9 Zoll (ca. 11,17 m) lang und 42 Schuh, 6 Zoll (ca. 12,92 m) breit werden. Also waren beide Teile, Kirche und Spital, fast gleich groß geplant. Die rohen Kosten betrugen 2.470 Gulden.

Aus den Spitalrechnungen der betreffenden Jahre lassen sich Einzelheiten über den Gang der Arbeiten entnehmen: Beim Abbruch des alten Spitals durch Maurermeister Friedrich Kirn wurde mit dem Dach am 22. Juni 1781 begonnen. Maurermeister Karl Schilling, der den Neubau am 1. September 1781 in Angriff nahm, schachtete auch den neuen Keller aus. Zimmermeister Rochus Strobel führte die Zimmererarbeiten durch, wobei er - wie bereits erwähnt - auch das achteckige "Thirnle" (Türmle) abzubrechen und zu versetzen hatte. In der Kostenberechnung von Schulmeister Trunck war eigentlich ein neues, sechseckiges Türmlein vorgesehen, das aber vermutlich aus Kostengründen nicht ausgeführt wurde. Viele Bauern mussten für das neue Spitalgebäude Steine herbeiführen und bekamen dafür zusammen 260 Gulden 8 Schilling. Weitere Fuhren beziehen sich auf das Beibringen von Kalk. Naglermeister Antoni Booz erhielt am 5. Dezember 1781 für 561 "Lat- und Leistnägel" aller Art 1 Gulden 7 Schilling und 2 Pfennige. Schreinermeister Joseph Bintz, der Mesner, hatte am 31. Juni 1781 den Altar in der alten Spitalkapelle abgebaut und den "Boden aufgebrochen" (?), wofür man ihm 2 Gulden zahlte. An Schulmeister Trunck wurden am 10. Januar 1782 für Riss und Überschlag sowie verschiedene andere kleinere Arbeiten (Abmessen und Abstecken des Bauplatzes) anstelle der geforderten 33 nur 11 Gulden ausbezahlt. Bisher ließ sich über Trunck und seine frühere Tätigkeit in Walldürn nichts Näheres feststellen. Woher hatte er als Schulmeister seine Kenntnisse über das Bauwesen? Jedenfalls geht das ausgeführte Spitalgebäude auf einen zwar einfachen, jedoch nicht ungeschickten Plan zurück. Für den vorderen Giebel am Eingang nahm er offensichtlich die barocken Stadttore zum Vorbild. Wie Chronist Machleid berichtet, weihte Pfarrer Xaveri Mast die Spitalkirche nach einer Bauzeit von fünf Jahren am 13. Juni 1786 ein. Spitalschaffner war zu diesem Zeitpunkt Bastian Miller. Der Grund für die lange Bauzeit ist nicht bekannt.

Etwa zwanzig Jahre nach dem Aufschlagen des alten Türmleins auf der neuen Spitalkirche war bereits eine gründliche Instandsetzung nötig. Im Jahre 1806 beschlug Kupferschmiedemeister Xaver Fahrländer das Türmlein mit Weißblech. Die benötigten 392 Stück Weißblech lieferte ihm der Spitalschaffner und Handelsmann Franz Xaver Laible, von dem auch 10 Pfund Bleiweiß-Farbe zum Anstrich des Turmblechs und eines "Dachkähners" stammten.(16)

Nach den erhaltenen Rechnungsunterlagen zahlte der Spitalschaffner am 4. Dezember 1806 dem Schullehrer Müller anlässlich des St. Barbara-Festes fünf Gulden für die Chormusikanten aus. Daneben wurden den Chorsängern vier Maß Wein und für vier Schilling Brot gewährt.(17) Ob dies jedes Jahr der Fall war, wäre noch zu überprüfen.

Abb. 2 Die barocke Eingangsfassade des Spitals (Stadtarchiv Freiburg, Photo Corcodel)
Abb. 2 Die barocke Eingangsfassade des Spitals (Stadtarchiv Freiburg, Photo Corcodel)

Vergrößerung des Altars (1807)

Im Jahre 1807 wurde der Altar der Spitalkirche größtenteils neu hergestellt. Dabei verwendete man aber wichtige Teile des alten Altars wie Säulen, Engel und Gemälde wieder. Das Aussehen des heutigen Altars geht hauptsächlich auf diesen Umbau zurück, der auf geschickte Weise Altes und Neues zusammenbrachte. Möglicherweise basiert der Umbau auf einem Entwurf des beteiligten Bildhauers Joseph Wagner. Man wollte vermutlich den vorhandenen kleinen Altar aus der alten Spitalkapelle dem neuen, größeren Kirchenraum von 1782 / 86 anpassen. Für diesen Zweck wurde auch Geld gestiftet. So übergab Metzger Joseph Müller dem Spitalschaffner Laible das von seinem verstorbenem Vater, dem Küfer Joseph Müller, zu einem Altar in die Spitalkirche vermachte Legat über 22 Gulden. Den Großteil der Kosten hatte aber der Spitalfonds selbst zu tragen.(18)

Die neuen Altarteile aus Tannenholz fertigte Schreinermeister Martin Weite für 63 Gulden 7 Schilling. Aus seiner Rechnung sind Einzelheiten des Vorgehens ablesbar: Die Säulen wurden verändert (verkürzt?) und an den aufrechten Lisenen (hinter den Säulen) sechs Füllungen mit 24 Schraubenköpfen (aus Holz) angebracht. An den Engeln mussten Hände und Füße repariert werden. Der Rahmen am Altarblatt war zusammenzufügen, an der Statue des heiligen Bartholomäus galt es, die Hand mit dem Palmzweig instandzusetzen, und an dem Postament unter den Säulen waren 13 Füllungen mit 56 Schraubenköpfen (!) anzubringen. Zwei "Schniergel" (Verzierungen mit jeweils zwei viereckigen Voluten außen am Altaraufsatz), ein Postament (mit ebenfalls 13 Füllungen!) unter dem Säulen-Postament, zwei Postamente unter den Heiligen Bartholomäus und Martin sowie das Antependium (Verkleidung des Altartisches) und der Tabernakel mussten neu angefertigt werden. Dem Drechsler Chavoen zahlte Weite für 164 Schraubenköpfe und die zwei Eicheln unter den Postamenten der Kirchenpatrone 2 Gulden 4 Schilling.(19) Bis auf den Tabernakel sind die hier angegebenen Arbeiten Weites heute alle noch vorhanden. Der Tabernakel wurde ca. 1894 durch den jetzigen neubarocken der Firma Simmler & Venator in Offenburg ersetzt.

Die gesamte neue Bildhauerarbeit fertigte im Jahre 1807 der Herbolzheimer Schreiner und Bildhauer Joseph Wagner an. Für vier Blindflügel (?), einen Schild auf das Antependium, einen Schild auf den Altarrahmen, zwei Urnen mit Blumengirlanden, einen Aufsatz samt Kreuz (oberer Altarabschluss) und vier Laubblätter auf dem Antependium (jeweils zwei Stück an den vorderen Ecken) berechnete er insgesamt 35 Gulden und 35 Kreuzer. Auf Anweisung des Ettenheimer Malers Xaver Kopp hatte Wagner noch weitere Arbeiten zu fertigen, die mit 4 Gulden zu Buche schlugen. Zum Tabernakel des Schreiners Weite schuf er einen Aufsatz mit vier geschnittenen Tragsteinen samt einer Blumengirlande und zwei Lorbeergirlanden mit einem Pelikannest. Hinzu kam noch ein "Auggottes mit Wolken und Strahlen".(20) Von Wagners Arbeiten sind nur noch eine Urne mit Blumengirlande und Kreuz (am oberen Abschluss des Altars) sowie die vier Laubblätter am Antependium vorhanden. Alles andere verschwand im Laufe der Zeit. Leider fehlt heute auch der Tabernakel mit dem Pelikannest. Dieses beliebte Motiv zierte früher auch den Ringsheimer Hochaltar. Vermutlich stellte Wagner seine Schnitzarbeiten für den Altar der Spitalkirche im frühklassizistischen Stil her, passend zu Schreiner Weites Füllungen und "Schraubenköpfen". Die von Wagner im Jahre 1789 ebenfalls gelieferte Ausstattung der Grafenhausener Kirche (drei Altäre mit Statuen, Kanzel, Chorgestühl, Beichtstühle und Kommunionbank) ist dagegen noch größtenteils dem Spätbarock verpflichtet. Frühklassizistische Verzierungen wurden aber schon reichlich verwendet. Für Ettenheim hatte Joseph Wagner schon im Jahre 1804 die "Knöpfe" auf den Tragestangen des Traghimmels geschnitzt.(21)

In der Spitalrechnung von 1807 werden noch andere Arbeiten genannt: Drechslermeister Sebastian Chavoen lieferte für den Altar auch vier "Lichtstöcke" (Altarleuchter), die vom Maler Xaver Kopp vergoldet wurden. Kopp fasste sehr wahrscheinlich auch den gesamten Altar, eventuell aus Kostengründen erst Jahre später (Marmorierung und Vergoldung). Die betreffende Rechnung wurde noch nicht gefunden. Schließlich wurden links und rechts vom Altaraufsatz an der Wand noch Statuen der beiden Heiligen Bartholomäus und Martin auf Konsolen angebracht, die Schreiner Weite hergestellt hatte. Das Beschlag am Tabernakel, sechs Bandeisen an dem Altar und anderes lieferte und befestigte Schlossermeister Baptist Kollefrath. Die Kirchenfenster reparierte Glasermeister Balthasar ("Baltzer") Hammerstiehl. Ebenfalls im Jahre 1807 wurde das Dach des Spitals instandgesetzt: Dazu lieferten Ziegler Georg Müller 700 Ziegel und Joseph Enderle von Münchweier 6000 Schindeln. Aus einer Reparaturrechnung des Schreiners Bartel Weite geht hervor, dass im Spital auch ein "Kripple" vorhanden war.(22)

Das Ergebnis der Arbeiten am Altar im Jahre 1807 wird teilweise bestätigt durch eine Rechnung des Malermeisters Bernhard Hog für Restaurierungsarbeiten am Altar 1858.(23) Dort werden das Pelikannest, das große Ölgemälde mit der heiligen Barbara und die beiden Urnen erwähnt. Die "Restaurierung" bestand übrigens weitgehend in einer Lackierung mit weißer Farbe sowie Versilberungen und Vergoldungen.

Die geplante Umwandlung des Spitals in ein Krankenhaus (1832 / 33)

Am 22. Dezember 1832 berichtete Amtsphysikus (Amtsarzt) Dr. Hergt dem Ettenheimer Bezirksamt über den Zustand des Ettenheimer Spitals unter anderem: "Wenn man mit dem Worte 'Hospital' ein Haus bezeichnet, dessen Bestimmung ist, Kranke aufzunehmen, (...) so kann von einem Hospital in Ettenheim eigentlich keine Sprache sein. Es befindet sich hier wohl ein Haus, welches den Namen Hospital führt, ohne aber, wie es doch als seine Bestimmung betrachtet werden muß, Kranken als Unterkunftsort zu dienen, eben so wenig als der unter dem Namen Hospitalfond vorhandene bedeutende Fond zu genanntem Zwecke ausschließlich verwendet wird." Nach Hergts Meinung wurden die reichlich vorhandenen Mittel nicht zweckmäßig verwendet. Der frühere Amtsphysikus Dr. Schlecht habe dies schon im Jahre 1812 mit folgenden Worten berichtet: "Es ist schade für das schöne Gebäude, worin man so viel gutes und nützliches leisten könnte, schade für die schönen Einkünfte dieser Stiftung, daß sie so unwürdig an so Unwürdige vergeudet werden, während der wahrhaft ärmste, der arme Kranke, nur kärglich unterstützt wird." Hergt schreibt weiter, dass das Hospitalgebäude, "in dem es an Platz durchaus nicht gebricht, da es nebst der Wohnung des Hospitaldieners und mehrere kleineren Zimmer, zwei geräumige Säle hat", zur Aufnahme von Kranken gar nicht eingerichtet sei. Die Säle stünden leer, und nur einige der kleinen Zimmern seien von armen Personen bewohnt.

Die Einkünfte des Fonds, die sich auf circa 2.000 Gulden belaufen, werden verbraucht für Hausmieten, die für Arme bezahlt werden, für wöchentliche Unterstützungen, für Arzneirechnungen und Verwaltungskosten. Bis zum Jahr zuvor hatte der Spitalfonds auch zur Erziehung der unehelichen Kinder beitragen müssen. Die Einkünfte des Fonds sollten nach Auffassung Hergts nun wieder ausschließlich den Kranken zugewendet und "solche Arme, die nicht wirklich krank waren", aus Gemeindemitteln unterstützt und unterhalten werden. Er forderte, das Hospital so herzurichten, dass Kranke darin untergebracht werden könnten. Seiner Ansicht nach war das gerade jetzt um so leichter zu realisieren, als in Anbetracht der Choleragefahr ohnehin 12 Betten zusätzlich angeschafft worden sind und damit "die beträchtlichste Ausgabe" bereits geleistet sei.

Stiftungsvorstand, Gemeinderat und Bürgerausschuss waren sich in der Ablehnung der Forderungen des Amtsarztes einig. Am 8. Februar 1833 bezogen sie einstimmig zu seinem Gutachten Stellung: "Die Urkunde über die Stiftung des Hospitals ist abhanden gekommen, und es liegen nur ältere Verträge über die Verlehnung der Spitalgüter vor, welche aber keinen Aufschluß geben, zu welchem Zwecke der Fond eigentlich gestiftet worden seye(!). Bisher und seit dem längsten Gedenken wird dieser Fond als Ortsarmenfond behandelt und angesehen, wie die vorliegenden ältesten Spitalrechnungen zur Genüge darthun." Die These, dass das Spital "nicht so sehr Krankenanstalt als vielmehr ein Armenfond sei", hatte der Stadtrat bereits 1813 einmal zu Protokoll gegeben. Mit Bedauern wurde daher das Ansinnen des großherzoglichen Amtsphysikus, das Spital in ein Krankenhaus umzuwandeln und die Spitalsgefälle entsprechend zu verwenden, zurückgewiesen, "weil die Gefalle dieses Armenfondes seinem ursprünglichen Zweck, aller Armenunterstützung, als welcher (er) schon seit unfürdenklichen Zeiten bestehet, dadurch entzogen würde, und man muß darauf bestehen, daß solcher wie bisher als Armenfond betrachtet, und dessen Gefalle auf die Ortsarmen zweckmäßig verwendet werden". Überdies, so wurde hinzugefügt, würden schon jetzt nicht nur alte, zur Arbeit unfähige Arme aus dem Fonds unterstützt, sondern die Unterstützung fließe hauptsächlich den armen Kranken zu. So war es kein Wunder, dass am 18. April 1833 Stiftungsvorstand und Gemeinderat die Vorschläge des großherzoglichen Amtsphysikats, das Spital in ein Krankenhaus umzuwandeln, ablehnten. Sie wurden darin am 26. April durch eine Entscheidung der Regierung des Oberrheinkreises in Freiburg bestätigt. Danach war das Ettenheimer Spital "auch fortan als ein allgemeiner Armenfond zu behandeln, und die reinen Einkünfte desselben (seien) nicht blos zur Heilung und Verpflegung der Armen zu verwenden. Dadurch wird aber natürlich nicht ausgeschlossen, daß einige Kranke in das Spitalgebäude zur Verpflegung aufgenommen (werden), und dasselbe muß daher auch diesem Zwecke gemäß gehörig eingerichtet werden". Immerhin wurde angeordnet, dass der bisherige Missbrauch, die Schullehrerbesoldungen aus dem Spitalfonds zu bezahlen, sogleich abzustellen sei.(24)

Aufhebung der Spitalkapelle? (1838 / 39)

Im Jahre 1838 wird in den Akten wieder von Klagen des Amtsarztes über die fehlerhafte Einrichtung des Spitals berichtet. Bei einer Amtsvisitation stellte man fest, das Spital stehe in einer Sackgasse und sei "besonders für eine Krankenanstalt, als von allen Seiten ganz nahe von Häusern und Dunghäufen umgeben, sehr unzweckmäßig gelegen, (...) Einen größeren Theil des Hauses nimmt eine nicht gut unterhaltene Capelle ein und ein anderer Theil desselben ist zum Lehrzimmer für die Industrieschule bestimmt. Der Commissarius glaubt, daß in der Einrichtung dieser Anstalt mögliche Abänderungen getroffen werden können." Am 3. Januar 1839 entsprachen Stiftungsvorstand, Vertreter des Gemeinderats und Spitalrechner der Auflage des Visitators und berieten mit Oberamtmann Rieder vom Bezirksamt Ettenheim "wegen besserer Einrichtung beziehungsweise nothwendiger Verwendung des s. g. Spitalgebäudes". Dabei wurde übereinstimmend anerkannt, dass die Lage des Gebäudes ungesund und für ein Krankenhaus ungeeignet sei. Andererseits war man sich auch einig darüber, "daß die fehlerhafte innere Einrichtung nur mit großem Kostenaufwand und dennoch nicht dem Zweck vollkommen entsprechend abgeändert und verbessert werden könnte".

Zur Lösung des Problems wurde die Veräußerung des Spitalgebäudes und der Erwerb eines geeigneteren und nur als Krankenhaus zu benutzenden Gebäudes vorgeschlagen. Für ein Armenhaus war ohnehin derzeit kein Bedarf. Wohnungslose Ortsarme sollten bei Privaten untergebracht werden. Voraussetzung für einen Verkauf war allerdings, "daß die geistliche Behörde wegen der Kapelle, die den größten Theil des Spitalgebäudes einnimmt, keine Anstände erheben wird". An Argumenten für einen Verzicht auf die Kapelle fehlte es nicht: Sie war feucht und in schlechtem Zustand. Eine Herstellung würde teuer kommen. Dabei reichten die Einkünfte des Fonds kaum für die übrigen dringlichen Aufgaben aus. Zu berücksichtigen war auch, dass in der Kapelle schon seit langem nur einmal im Jahr Gottesdienst gehalten wurde; der aber könnte in Zukunft in der prächtigen und geräumigen Stadtkirche "mit mehr Würde und Andacht" gefeiert werden. Während der Verkauf des weitläufigen Gebäudes finanziellen Vorteil versprach, würde der Erhalt des Bauwerks den Spitalfonds nur viel Geld kosten und durch das Fortbestehen desselben der leidenden Menschheit doch nicht geholfen.

Stadtpfarrer Baumann, dem das Ergebnis der Beratungen beim Bezirksamt mit der Bitte um Beantragung der Zustimmung des Erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg zur Execration (Entweihung) der Kapelle zugeleitet wurde, legte das Protokoll zunächst noch einmal dem gesamten Gemeinderat mit der Bitte um Stellungnahme vor. Bei seiner Sitzung am 12. Januar 1839 zeigte sich der Gemeinderat verwundert über die in dem Protokoll des Bezirksamts ausgesprochene Behauptung, dass alle bei dem Gespräch anwesenden Mitglieder des Gemeinderats dem Verkauf der Spitalkapelle zugestimmt hätten. Das könne nur ein Missverständnis sein, meinte man, denn die Gemeinderäte Werber, Osner, Jäger und Joseph Kollefrath hätten "ausdrücklich gegen die Entfernung dieser Kapelle gestimmt (!), und die übrigen Gemeinderaths Glieder, weil sie hiezu nicht mehr aufgefordert wurden, ihre Stimme gar nicht abgegeben". Übereinstimmend sprachen sich die Gemeinderäte nunmehr gegen die Veräußerung der Kapelle aus, und zwar weil sie glaubten, dass der Verkauf nicht nur gegen den Willen des Stifters sondern auch gegen den Wunsch einer Mehrheit der Gesamtbürgerschaft verstieße: "Da nach der hohen Regierungsverfügung die Revenüen-Überschüsse des Spitalfonds nicht allein für arme Kranke sondern für alle Armen verwendet werden müssen, da in der letzten Zeit mehrere Hundert Gulden zur Einrichtung und Verbesserung der Krankenzimmer sowie zur Anschaffung von Requisiten in dieselben verwendet worden sind, und überhaupt jetzt den Anforderungen des Gr. Amtsphysikats in dieser Beziehung soviel möglich entsprochen worden zu sein scheint, so tragen wir darauf an, daß vorderhand mit den projektierten Veränderungen an dem Spitalgebäude auf jedenfall in so lange Umgang genommen werde, bis sich zur Anschaffung eines andern Krankenhauses eine günstige Gelegenheit darbieten wird."(25)

Bei der Einschätzung dieses Vorgangs ist zu berücksichtigen, dass in jener Zeit viele höhere Beamte im Großherzogtum als Anhänger der Aufklärung und treue Staatsdiener keinen Sinn für Kapellen hatten und sie für entbehrlich hielten, zumal dadurch Unterhaltskosten gespart werden konnten. Dies entsprach der kirchlichen Politik "Wessenbergischer Richtung", führte aber immer wieder auch zu Konflikten mit der katholischen Bevölkerung und einzelnen Pfarrern, die oft Widerstand gegen die Beseitigung beliebter Kapellen leisteten. Auch Stadtpfarrer Baumann vermutete hinter dem Ansinnen des Bezirksamts, die Spitalkapelle aufzuheben, einen Versuch der Staatsmacht, die katholische Kirche zu attackieren. Das brachte er jedenfalls am Ende des Schreibens zum Ausdruck, mit dem er am 10. März 1839 das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg von der Absicht des Ettenheimer Bezirksamtes, die Spitalkapelle zu profanieren, in Kenntnis setzte: "Auf jedenfall scheint dies eine Gelegenheit darzubieten, sich an dem Orts Pfarrer reiben zu können. Der gehorsamst Unterzeichnete gibt seine Ansicht unmaßgeblich dahin: das Hochwürdigste Ordinariat wolle hochgefälligst die Einwilligung zur Execration dieser Hauscapelle nur auf den Fall hin ertheilen, wenn das Spitalgebäude zum entschiedenen Nutzen des Fondes sollte verkauft werden können."(26)

Der daraufhin am 19. April 1839 ergangene Erlass Erzbischofs von Vicari trug den Vorstellungen des Ettenheimer Stadtpfarrers voll Rechnung: "In Erwägung, daß bey einem Spitale eine Kapelle für die Kranken nothwendig ist; und in fernerer Erwägung, daß zur Winterszeit die auf der Anhöhe gelegene Pfarrkirche wegen des Eises für ältere Leute, die deshalb die Spitalkapelle besuchen, weniger zugangbar ist; und in Erwägung endlich, daß der Gemeinderath in Ettenheim in seinem Protokoll vom 12. Jenner d. J. einstimmig den Wunsch ausgesprochen hat, daß die Spitalkapelle fortbestehen möchte, können wir die Einwilligung zur Exekration der Spitalkapelle nur für den auch zur Sprache gekommenen Fall hin ertheilen, wenn das ganze Spitalgebäude zum entschiedeneren Nutzen des Fondes verkauft werden sollte. Da aber sodann wahrscheinlich ein anderes, gesünderes Spitalgebäude erbaut oder eingerichtet wird, so wolle unser Pfarramt darüber wachen, daß in dem neuen Spitalgebäude ebenfalls nach Bedürfnis eine Hauskapelle hergestellt werde."(27) Der Fortbestand der Spitalkapelle war damit gesichert.

Abbruch der Sakristei (1847)

Nur noch ein Wandschrank befindet sich heute hinter einer stuckverzierten Tür in der Wand des Spitalkirchenchors, die an die östliche Ringstraße grenzt. Einst gewährte diese Tür den Durchgang zu einer einstöckigen Sakristei, die 1847 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste.(28) Aufschluss über das Aussehen der Sakristei geben ein von Zimmermeister Fritschi 1833 angefertigter Grundriss der Spitalkapelle, der auch die Sakristei als ein mit drei verschieden langen Wänden an den Chor angehängtes schiefwinkliges Viereck abbildet, und Kostenvoranschläge, die das Bezirksamt 1847 für den Abbruch und für Reparaturen am Spitalgebäude einforderte.(29) Einem der Voranschläge ist zu entnehmen, dass am Sakristeigebäude "zwei Kreuzstöck mit runden Scheiben und eisernen Fensterkreuzen" angebracht waren. Der Durchgang von der Sakristei zum Chor war "nach der äußeren Flucht auf 1 Schuh dick zuzumauern, so dass es gegen der Kirche einen Wandkasten bildet". Da überdies die bisherige Verbindungstür anders gestaltet werden musste, wird klar, wie es zum heutigen Wandschrank in der Spitalkirche kam.

Übergang der Verwaltung des Spitalfonds auf die politische Gemeinde 1870

Infolge des Gesetzes vom 5. Mai 1870 über die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stiftungen übernahm der Gemeinderat die Verwaltung des Spitalfonds allein. In einer gemeinsamen Sitzung der Katholischen Stiftungskommission und des Gemeinderats der Stadt Ettenheim am 8. Juli 1870 fand die vorgeschriebene Übergabe der Archivalien rein formal statt. Bereits am 6. Juni hatte Pfarrverweser Gutgesell zu Protokoll gegeben, dass er bei seinem Amtsantritt weder Urkunden noch Rechnungen noch Wertpapiere des Ettenheimer Spitalfonds im Pfarrhaus vorgefunden habe. Spätestens seit der Zeit, als Pfarrer Grafmüller in Ettenheim amtierte (1849 / 62), sei schon alles auf dem Rathaus aufbewahrt worden.(30)

Renovation der Spitalkirche 1883 / 84

In den Jahren 1883 / 84 wurde die Spitalkirche renoviert. Offensichtlich lief die Aktion über das katholische Pfarramt, denn die Rechnungen befinden sich im Pfarrarchiv.(31) Möglicherweise wurden für diesen Zweck Spendengelder verwendet.

An Malermeister Joseph Fahrländer wurden "für das Ausmalen und Vergolden der Spitalkapelle" 215 Mark bezahlt. Zimmermeister Peter Schwarz fertigte 14 neue Kirchenstühle aus Tannenholz für 400 Mark an. Diese wurden von Maler Fahrländer für 70 Mark mit einem viermaligen Ölfarbenanstrich in Eichenton versehen. Die Zementwaren-Fabrik Brenzinger & Cie aus Freiburg, lieferte den heute noch vorhandenen Zementplattenboden für 539,92 Mark (67,49 qm), und von der Freiburger Glasmalerei Heimle & Merzweiler stammen vier Glasgemälde im Werte von insgesamt 380 Mark, die einen kreuztragenden Christus, eine schmerzhafte Muttergottes, den heiligen Dominikus und den heiligen Bernhard darstellen. Diese Glasgemälde wurden im Jahre 1965 wieder entfernt. Die Maurerarbeiten erledigten Franz Meyer und Karl Philipp Oechsler für 80 Mark (Verlegung des neuen Plattenbodens?). Die Firma Heinrich Lange aus München lieferte einen "Kirchen Rouleaux" mit einem nicht näher bezeichneten Gemälde in Öl für 70 Mark. Über dieses Ausstattungsstück ist nichts weiteres mehr bekannt. Der Altar wurde von A. Flick aus Bühl für 186 Mark gefasst und vergoldet. Die Bühler Bildhauerei A. Mechler berechnete jeweils

25 Mark für "eine Baldachin-Rückwandnische zur Madonna" und "das Postament unter die Marienstatue mit Engels-Köpfchen, Band und Ornamentik samt Anpassen an den Altar".

Im Rahmen dieser Renovation wurden vermutlich das ursprüngliche Altarbild mit der heiligen Barbara (Patronin) entfernt und an seiner Stelle eine Altarnische und ein Postament zur Aufnahme der Muttergottesfigur, die früher bekleidet war, angebracht.

Abb. 3 Der Innenraum der Spitalkirche (Februar 2002) (Stadtarchiv Freiburg, Photo Corcodel)
Abb. 3 Der Innenraum der Spitalkirche (Februar 2002) (Stadtarchiv Freiburg, Photo Corcodel)

Auch der ursprüngliche Tabernakel vom Jahre 1807 wurde entfernt und ca. 1894 durch den heute noch vorhandenen, neubarocken der Offenburger Firma Simmler & Venator ersetzt.(32)

Umwandlung des Spitals in ein Krankenhaus (1885 - 1911)

Mit dem Einzug von drei barmherzigen Schwestern des Ordens vom heiligen Kreuz aus Ingenbohl / Schweiz in das Spital am 1. Januar 1885 begann die langsame Umwandlung des Spitals in ein Krankenhaus. Die Anstellung von Ordensschwestern war zu dieser Zeit wegen des Verbots der Niederlassung religiöser Orden im Großherzogtum Baden nicht ohne weiteres möglich. Das Ettenheimer Bezirksamt schrieb am 5. August 1887 dem Gemeinderat, dass gemäß § 11 des Gesetzes vom 9. Oktober 1860 über die rechtliche Stellung der Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate ohne Genehmigung der Staatsregierung kein religiöser Orden im Großherzogtum eingeführt werden dürfe. Da nach Auffassung des Bezirksamtes dies auch für die Anstellung der Schwestern im Spital gelte, sei dem Bezirksamt "ein genügend begründetes Gesuch" zur Weiterleitung an das Großherzogliche Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts vorzulegen. Das Ministerium entschied am 24. September 1887, dass nach dem vorgelegten Anstellungsvertrag vom 2. Januar 1886 der Verwaltung des Spitals zu Ettenheim nicht nur allein das Recht vorbehalten sei, das ganze Dienstverhältnis jederzeit mit einer Frist von acht Wochen zu kündigen, sondern auch einen Wechsel in der Person der einzelnen Schwestern zu verlangen.

Die Schwestern, die gegen eine vereinbarte Vergütung das Hauswesen und die Krankenpflege besorgten, erschienen lediglich als Bedienstete der Spitalverwaltung (privatrechtliches Dienstverhältnis). Ihr Aufenthalt im Großherzogtum war daher nicht als eine Niederlassung der Ingenbohler Ordenskongregation oder als Errichtung einer Anstalt dieser Kongregation zu betrachten. Der Großherzogliche Verwaltungshof erklärte daraufhin am 4. April 1888 seine grundsätzliche Zustimmung zur Anstellung von barmherzigen Schwestern aus dem Orden zum heiligen Kreuz in Ingenbohl als Krankenpflegerinnen bzw. Haushälterinnen im Ettenheimer Spital, diese dürfe jedoch nicht auf der Basis einer Vereinbarung mit der Generaloberin des Ordens, sondern in der Form eines persönlich mit den einzelnen Ordensschwestern selbst abzuschließenden Vertrages geschehen.

Dem Bericht des Ettenheimer Gemeinderats vom 16. August 1887 in dieser Angelegenheit an das Bezirksamt ist zu entnehmen, dass die drei Schwestern die Krankenpflege besorgten, teils in der Stadt, teils im Spital und zugleich die Haushaltung und Wirtschaft im Spital führten. Nach dem Einzug der Ordensschwestern wurde auch die Ausstattung des Spitals verbessert. Besonders als am 1. Januar 1888 der Bezirksarzt Dr. Walther den ärztlichen Dienst dort antrat, wurden auch größere operative Eingriffe möglich. Vorher war das Spital eher ein Armen- und Pfründnerhaus. Schon am 5. November 1887 hatte Dr. Walther dem Gemeinderat verschiedene Verbesserungsvorschläge vorgelegt (Auszug): "Die Verfassung, in der sich jetzt das hiesige Spital befindet, entspricht mehr der eines Pfründnerhauses; es ist aber nöthig, daß bei plötzlich vorkommenden Unglücksfällen, bei operativen Eingriffen, die rasch gemacht werden müssen; bei Krankheiten, die eine sorgfältige, fortwährende und sachkundige Behandlung und Ueberwachung erheischen, ein Ort vorhanden sei, wohin der behandelnde Arzt mit voller Zuversicht seine Patienten verbringen kann: ein solcher Ort ist das Spital. Es würde eine Neuerung in meinem Sinne dem Spitalfond keine Opfer aufbürden, da die Aufgenommenen bezahlen müssen; es wäre die Maßregel human, eine große Wohlthat für Ettenheim und die benachbarten Orte; es würde ferner die Neuerung für die Amtsstadt Ettenheim und ihr Spital ehrenvoll sein (!); endlich muß noch zugefügt werden, daß die Maßnahme nöthig ist; denn vielfach besitzen die Bewohner des Bezirkes so kleine und niedrige Wohnungen, daß der behandelnde Arzt es nicht wagen kann, eine unter anderen Umständen dringend gebotene Operation zu unternehmen." Anschließend machte Dr. Walther noch "Spezialvorschläge" zur Ergänzung der Spitalordnung, mit denen sich der Gemeinderat einverstanden erklärte. Umfangreiche Baumaßnahmen folgten: zum Beispiel im Jahre 1898 ein neuer Toilettenanbau und im Jahre 1904 der Ausbau des 3. Stockwerkes, wo ein Operationssaal eingerichtet wurde. Die Pfründner wurden nach und nach aus dem Spital entfernt. Ab 1911 war das Spital nur noch Krankenhaus.(33)

Plan des Eintrags eines ausschließlichen Gebrauchsrechts an der Spitalkapelle für katholische Gottesdienste in das Grundbuch

Im Jahre 1920 forderte der Katholische Oberstiftungsrat im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Eintrag des kirchlichen Eigentums an der Spitalkapelle in das Grundbuch den Katholischen Stiftungsrat in Ettenheim auf, über die Verhältnisse hinsichtlich der Spitalkapelle zu berichten. Der Antwort des Stiftungsrats zufolge wurden bis 1895 jährlich in der Kapelle nur am Patroziniumsfest (heilige Barbara, 4. Dezember) ein Gottesdienst und am 5. Dezember ein Requiem für die Wohltäter und Stifter des Spitals gefeiert. Erst nachdem Stadtpfarrer Baumann dann die Erlaubnis erwirkt hatte, auch das Allerheiligste in der Kapelle aufbewahren zu dürfen, wurde dort fortan wöchentlich einmal eine heilige Messe, vom Jahre 1911 an fast täglich an den Werktagen gehalten: "Da diese hl. Messe eine Stunde vor dem Pfarrgottesdienst beginnt, besuchen dieselbe gerne die Arbeiterinnen der Fabrik (Vennemanns Zigarren-Fabrik?) und da die Kapelle mitten in der Stadt liegt, gehen ältere und gebrechliche Personen gerne hinein, weil der Weg zur hochgelegenen Kirche für sie beschwerlich ist. Daraus ist ersichtlich, daß recht wohl ein kirchliches Interesse an dieser Kapelle besteht, die etwas um 100 Sitzplätze hat."

Aufgrund dieses Berichts hielt es der Oberstiftungsrat für angebracht, wenn "ein ausschließliches Gebrauchsrecht an der Spitalkapelle zugunsten der röm. kath. Kirchengemeinde begründet und im Grundbuch eingetragen wird. Der Stiftungsrat wolle wegen Bewilligung eines solchen mit dem Gemeinderat verhandeln und über das Ergebnis berichten". Nach wiederholtem Drängen des Oberstiftungsrats beantragte der Ettenheimer Stiftungsrat endlich am 22. Januar 1926 beim Gemeinderat die Eintragung des ausschließlichen Gebrauchsrechts der katholischen Kirchengemeinde an der Spitalkapelle in das Grundbuch. Diesen Antrag lehnte der Gemeinderat in seiner Sitzung am 28. Januar jedoch ab, da es keinen Anlass gebe, "daß das Grundstück, auf dem die Spitalkapelle steht, mit dem Gebrauchsrecht hinsichtlich der letzteren zugunsten der katholischen Kirchgemeinde belastet wird". Der Oberstiftungsrat wollte sich damit nicht abfinden und fragte in den folgenden Jahren wiederholt nach dem Stand der Angelegenheit an. Zuletzt schrieb Pfarrer Winterhalter am 30. April 1937 unter dem Eindruck der Verhältnisse in der NS-Zeit: "Ein Eintrag auf Bewilligung und Eintragung eines ausschließlichen Gebrauchsrechts der Spitalkirche zugunsten der römisch-katholischen Kirchengemeinde hat heute begreiflicherweise weniger Aussicht als je zuvor." Dabei ist es bis heute geblieben.(34)

Renovation der Spitalkirche 1927

Im Jahre 1927 wurde eine neuerliche Instandsetzung der Spitalkirche erforderlich. Nach der Kostenberechnung des Stadtbaumeisters Josef Müller war ein "zweimaliger Ölfarbanstrich auf Sockel und Holzwerk und Leimfarb- oder Kaseinanstrich auf dem alten Decken- und Wandputz (in zweimaligem Anstrich)" vorgesehen. Am 26. Juni 1927 erhielt Malermeister Franz Blum die Malerarbeiten zum Angebotspreis von 608,50 Mark übertragen. Später legte er noch ein weiteres Angebot über zusätzliche Vergoldungsarbeiten vor, das ebenfalls vom Gemeinderat angenommen wurde: "1) Namenszug I. H. S. mit Zeichen, anlegen, vergolden und fertigstellen wie auf der Skizze, Arbeit und Gold berechnet (auf) 80 Mark, im Goldton plastisch behandelt 55 Mark. 2) Vergoldungen in der Kapelle: Rundstab um Kreis, Fenstereinrahmung, Gesimsstab um die ganze Kapelle, Stab am Deckengesims, Blumengehänge und Akanthusblatt, Gehänge an der Empore, Türaufsatz, Fenstergehänge und Stab an den Fensterrahmen, 4 Stäbe an den Ovalrahmen, 2 Kapital 380 M."(35)

Ein Bericht in der Ettenheimer Zeitung vom 17. September 1927 anlässlich der Fertigstellung erwähnt weitere interessante Einzelheiten: "Nun ist das Kirchlein fertiggestellt und macht durch die schöne, schlichte Ausführung einen würdigen Eindruck. Die Umarbeiten hatten Herr Malermeister Blum hier und Herr Kirchenmaler Schuhmacher von Offenburg übernommen. Das Altarbild, die hl. Barbara darstellend, ist z. Z. noch in Arbeit bei Herrn Vogt in München (!). Dank der Opferwilligkeit verschiedener Familien konnte auch der Altar neu hergerichtet werden (!), was vor allem den Bemühungen der Schwester Oberin im Spital zu verdanken ist, die Gaben für die Herstellung des Altars gesammelt hat." Aus diesem Zeitungsbericht geht klar hervor, dass auch der Altar renoviert und ein neues Altarbild der heiligen Barbara durch den Ettenheimer Kunstmaler Rudolf Vogt hergestellt wurde. Dies alles wurde mit Spendenmitteln bezahlt, weshalb - wie so oft in solchen Fällen - in den Akten nichts zu finden ist. Das Inventar der Spitalkirche kam vor allem durch Spenden zusammen.

Über den Kirchenmaler Schuhmacher und dessen Arbeit am Altar der Spitalkirche konnte nichts festgestellt werden. Das Altarbild des Malers Rudolf Vogt zeigte die heilige Barbara als große Figur mit Kelch und Hostie, die wie ein Engel einem am Boden liegenden Soldaten erscheint, der ein kleines Sterbekreuz in den Händen hält. Im Hintergrund sah man einen Turm, das Hauptattribut der heiligen Barbara. Das Bild wies besonders auf die Verehrung der heiligen Barbara als Patronin der Sterbenden hin. Bei der Kirchenrenovation 1964 / 65 wurde es nicht wiederverwendet, sondern in die Nische in der Mitte des Altars die alte Muttergottesfigur gestellt, wie es 1884 / 85 schon einmal geschehen war. Seither ist das Altarbild des Malers Vogt verschwunden.

Abb. 4 Altargemälde des Ettenheimer Kunstmalers Rudolf Vogt von 1927 für die Spitalkapelle, das 1964 entfernt wurde und seither verschwunden ist (Rekonstruktion nach einer alten Ansichtskarte / Bildvorlage des Autors)
Abb. 4 Altargemälde des Ettenheimer Kunstmalers Rudolf Vogt von 1927 für die Spitalkapelle, das 1964 entfernt wurde und seither verschwunden ist (Rekonstruktion nach einer alten Ansichtskarte / Bildvorlage des Autors)

Neues Deckenbild von Maler Winand Victor (1948)

Im Jahre 1948 führte Malermeister Max Henninger Malerarbeiten in der Spitalkirche durch, über die nichts Näheres angegeben werden kann. Schwierigkeiten gab es bei der Beschaffung des Blattgoldes, das man für die Vergoldung des Decken- und Wandstucks benötigte. Der Altar wurde nicht renoviert.(36) Die Stadt ließ aber von dem damals in Ettenheim wohnhaften Maler Winand Victor ein Deckengemälde herstellen. Das runde Bild mit einem Durchmesser von knapp zwei Metern zeigte eine Ansicht der Stadt Ettenheim von Osten mit der Altstadt und der Pfarrkirche, darüber schwebte die Muttergottes auf Wolken als Beschützerin der Stadt. Das Bild sollte den Dank der Stadtgemeinde gegenüber der Gottesmutter zum Ausdruck bringen, dass Ettenheim von Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont geblieben war.(37) Victor malte das Bild auf eine runde Holzfaserplatte, die in der Mitte der Decke der Spitalkirche angebracht wurde.(38) Victor schrieb zu seiner Arbeit, er habe den ehrenvollen Auftrag mit großer Freude, Liebe und in der Überzeugung ausgeführt, dass durch sein Werk "kommenden Generationen der Dank der Stadt an die Gottesmutter für die Behütung vor den Schrecknissen des Zweiten Weltkrieges immer vor Augen geführt bleibt". Das Bild entfernte man aber bereits im Jahre 1964, worüber noch zu berichten ist! Von den vereinbarten 3.000 RM erhielt Maler Victor kurz vor der Währungsreform 2.000 RM ausbezahlt. Victor bat am 3. Dezember 1949 um eine Nachzahlung, weil er praktisch nur 150 DM bekommen habe. Die Stadt zahlte ihm daraufhin noch 50 Mark ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs nach.(39) So kam die Stadt zu einem preiswerten Votivbild.

Erneuerung des Dachstuhls und Renovation des Kirchenraums 1964 / 65

Nachdem das neue Krankenhaus auf dem Meierberg eröffnet worden war, stellte sich die Frage nach der weiteren Verwendung des Spitalgebäudes. Die Stadt beschloss, ein Altersheim darin einzurichten, das von 1953 bis 1974 bestand.

Bald nach seiner Ankunft äußerte Stadtpfarrer Birkenmeier gegenüber der Stadt den Wunsch, für die Alten und insbesondere den ehrwürdigen Schwestern zuliebe die Spitalkirche würdig herzustellen. Bei einer näheren Untersuchung des Gebäudes zeigte es sich, dass der gesamte Dachstuhl und das Türmchen baufällig geworden waren. Eine Totalerneuerung war unumgänglich, wenn das Spitalgebäude erhalten werden sollte.(40) Neben dem gesamten Dachstuhl über der Kirche musste auch die Kirchendecke vollständig erneuert werden. Das Türmchen erhielt eine neue Kupferverkleidung. In der Kirche fielen umfangreiche Gipserarbeiten an der Decke an, die von der Firma A. Hessemann erledigt wurden. Den neuen Dachstuhl baute die Firma K. Edelmann, die Dacheindeckung erfolgte durch die Firma Wilhelm Angster, und die Malerarbeiten führte die Firma K. Bildstein durch. Durch die Firma Fritz Vogl wurden vier neue Kirchenfenster in Bleiverglasung (Antikglas, grau) eingesetzt und die alten Fenster mit den Glasgemälden vom Jahre 1884 ausgebaut. Diese alten Fenster sind seither verschwunden! Die heute noch vorhandenen 14 Kirchenbänke aus Eichenholz mit geschnitzten Kopfteilen und abgeplatteten Füllungen in der Rückwand fertigte Schreinermeister Stefan Hedrich an. Die Gesamtkosten betrugen für das Kirchengebäude 116.649,13 Mark. Zur gleichen Zeit wurde auch die Küche für 11.363,31 Mark renoviert.(41)

Anlässlich dieser Renovation musste das Inventar des Kirchenraumes ausgeräumt werden. Der Altar wurde nach der Fertigstellung der Kirche wieder aufgerichtet, aber nicht renoviert. Dabei setzte man - wie bereits erwähnt - das Altarbild der heiligen Barbara von Maler Rudolf Vogt nicht mehr ein. Abgebaut wurde auch das Deckengemälde des Malers Victor vom Jahre 1948. Da es vermutlich niemand haben wollte, nahm es Heinrich Roser ("D'r Roser Heiner") an sich, in dessen Haus es letztmals gesehen wurde. Vom Altarbild des Malers Vogt fand sich zum Glück noch eine alte schwarz-weiße Ansichtspostkarte, während vom ehemaligen Deckenbild des Malers Victor bisher keine Abbildung gefunden werden konnte.(42)

Altarrenovation und neuer Kristallüster (1978 / 79)

Als die Ordensschwestern 1974 abberufen wurden, war es aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich, das Altersheim weiterzuführen. So blieb der Stadt nur übrig, das Altersheim aufzulösen. Sie entschloss sich, die Räume einem eigens gegründeten Altenwerk zur Verfügung zu stellen, das dort eine Altenbegegnungsstätte einrichtete. In den nicht benötigten Räumen fanden ab November 1974 Brüder des Ordens der christlichen Lehre einen Altersruhesitz. Für die neue Verwendung des Spitalgebäudes waren umfangreiche Renovationen erforderlich. In diesem Zusammenhang erneuerte man auch die Außenfassade und den Kirchenraum.(43)

Restaurator Johannes Berger aus Bad Krozingen, der zu einem Angebot für die Restaurierung des Altars in der Ettenheimer Spitalkirche aufgefordert wurde, führte eine Untersuchung und Freilegungsproben durch. Dabei stellte er fest: "Der Barockaltar, der aus der Zeit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt, wurde im 19. Jahrhundert bei seiner letzten Renovierung (?) vollständig übermalt. Die gelbbraune Ölmarmorierung des 19. Jahrhunderts steht im Gegensatz zur sehr guten Qualität der Architektur und den Plastiken des Altares (!). Die Figuren wurden mit einer gelbweißen Ölfarbe überstrichen, darunter befindet sich die originale, farbige Fassung mit Vergoldung. Ferner konnte ein starker Holzwurmbefall festgestellt werden. Die Muttergottesfigur wurde erst bei der letzten Renovierung, nachdem mehrere Veränderungen durchgeführt wurden, hineingestellt. Ursprünglich war hier das Bild der hl. Barbara als Altarbild. Dieses Bild hängt heute noch in der Kirche. Unter anderem wurde auch der Tabernakel (von Fa. Simmler & Venator aus dem Jahre 1894) bei der letzten Renovation entfernt. Auch dieser konnte wieder aufgefunden werden. Es wurde nach Rücksprache mit Herrn Pfarrer von Ettenheim und Herrn Stadtbaumeister Kern beschlossen, den für den Altar bestimmten Tabernakel wieder in der Kirche aufzustellen."(44)

Bei einer Besprechung am 23. Oktober 1978, an der neben Stadtbaumeister Kern und Restaurator Berger auch ein Vertreter des Landesdenkmalamts teilnahm, wurde hauptsächlich darüber verhandelt, ob die bisher im Altar aufgestellte Madonna an diesem Platz bleiben solle oder nicht. Das alte Bild der heiligen Barbara war zwar noch vorhanden, jedoch hatte man früher den oberen Teil der Malerei mit der Rundung entfernt, um eine rechteckige Rahmung zu ermöglichen. Man war sich darüber einig, dem Bauausschuss zu empfehlen, das alte Gemälde wieder am Altar anzubringen. Hierzu wäre es nötig, das Altarbild wieder auf seine ursprüngliche Größe zu bringen und den fehlenden unteren Teil des geschnitzten Rahmens zu ergänzen. Als beste Lösung hinsichtlich der Beleuchtung des Kirchenraums wurde die Anbringung eines Kristallüsters mit eingebauten Strahlern innerhalb des runden Deckenspiegels angesehen. Diesen Empfehlungen folgend wurden die Arbeiten durchgeführt.

Schließlich erhielt Restaurator Berger auch noch den Auftrag zur Restaurierung des beidseitig bemalten alten Wandbildes. Dieses Bild zeigt auf der Vorderseite eine rätselhafte apokalyptisch-allegorische Szene mit Christus und Maria (17. Jahrhundert) und auf der Rückseite eine bei der letzten Renovierung stark übermalte Verherrlichung der heiligen Theresia (18. Jahrhundert). Beide Bildseiten waren durch Feuchtigkeit beziehungsweise Temperatureinwirkung beschädigt.

Zum Inventar der Spitalkirche

Zum Inventar der Spitalkirche gehört die frühbarocke, schöne Statuette einer stark taillierten, gekrönten Madonna mit Szepter und Kind, die - wie bereits geschildert - zeitweise in der Altarnische stand und jetzt an einer Kirchenwand befestigt ist.(45) Diese Muttergottesfigur wurde früher bekleidet. So sind im Inventar von 1830 zwei "Muttergottes Kleider" im Wert von 4 fl. aufgeführt(46) und in einem späteren Inventar (ca. 1900) wird eine "Mutter Gottes Statue mit Jesuskind (Holz mit Stoffkleidung)" angegeben.(47) Diese Kleider sind heute nicht mehr vorhanden. Der Kreuzweg der Spitalkirche wurde im Jahre 1897 inventarisiert und dabei charakterisiert als: plastisch "aus Masse", gefasst, im Rokoko-Stil.(48) An Statuen sind verzeichnet: Mutter Anna mit Sockel, Herz Jesu, Unbefleckte Empfängnis, die Heiligen Thadäus, Franziskus, Antonius und Josef.(49) Auch eine Krippe ist aufgeführt (1908). Da die Inventarstücke in der Regel von Ungenannten gestiftet wurden, ist über ihre Herkunft meist nichts verzeichnet. Von den genannten Statuen sind neben der zu bekleidenden Muttergottesfigur nur noch die Statuen des heiligen Josef und des heiligen Franziskus vorhanden. 1992 ergänzte die Lieferung eines Ambo in Eiche mit drei nussbaumfarbigen Hockern und einem Podest dafür auf der Westseite des Altars durch die Firma Stefan Hedrich das Kircheninventar.

Umbau des Spitalgebäudes (1988 / 89) und letzte Renovation der Kirchenraums (1992)

Weitere Veränderungen hinsichtlich der Verwendung des Spitalgebäudes traten ein, als die am 13. Juli 1979 gegründete "Kirchliche Sozialstation Ettenheim e. V." 1980 das Spitalgebäude bezog und das "Altenwerk" im Jahre 1986 das Gebäude räumte.(50) Zur besseren Nutzung des Spitalgebäudes für die Zwecke der Sozialstation wurde es mit einem Aufwand von rund 560.000 Mark in den Jahren 1988 / 89 gründlich umgebaut.(51)

Die vorläufig letzte Renovation der Spitalkirche führte Malermeister Josef Schul im Jahre 1992 durch. Nach der Reinigung der Decke und der stellenweise erheblich verschmutzen Wände erhielten diese einen neuen Anstrich: die Wände in einem freundlichen Gelbton und der Stuck weiß mit partieller Vergoldung. Der Altar wurde gereinigt und die Schäden ausgebessert. Seither zeigt sich die Kirche wieder in gutem Zustand und wird für die Werktagsgottesdienste gerne benutzt. (52)

Es bleibt zu hoffen, dass das Spitalgebäude samt Kirche auch weiterhin gut unterhalten und sinnvoll genutzt werden kann, damit es weiterbesteht, nicht zuletzt den künftigen Generationen als Erinnerung an eine alte Stiftung.

Anmerkungen

1.) Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen des Ettenheimer Chronisten Joann Conrad Machleid (1708 - 1794). Band II (1776 - 1794), 76. Das Original dieser Quelle befindet sich in Privatbesitz. Eine Photokopie liegt im Stadtarchiv Ettenheim (StadtAE). Der nachfolgende Beitrag ist ein überarbeiteter und ergänzter Nachdruck des vierteiligen Beitrags "Spitalkirche vor 210 Jahren eingeweiht", der im Juni und Juli 1996 im Ettenheimer Stadt-Anzeiger veröffentlicht wurde.
2.) ALFRED WENDEHORST: Die Spitäler. In: Würzburg - Geschichte in Bilddokumenten. Hg. v. Alfred Wendehorst. München 1981. S. 35 - 38.
3.) HUBERT KEWITZ: Geschichte der Pfarrei Ettenheim bis in die erste badische Zeit. In: St. Bartholomäus Ettenheim. Beiträge zur 200. Wiederkehr der Weihe der Ettenheimer Stadtpfarrkirche. Hg. v. Dieter Weis. München / Zürich 1982, S. 109 - 146, hier S. 131f.
4.) HUBERT KEWITZ: Vor 200 Jahren begann der Bau des Spitals. In: Badische Zeitung (Ettenheimer Heimatbote) Nr. 189, 19. Aug. 1981. Zwei Abschriften der Urkunde von 1452 März 21 aus dem 17. Jahrhundert bzw. von 1548 sind in Kopialbüchern des Klosters Ettenheimmünster enthalten (Generallandesarchiv Karlsruhe 67 / 593 und 67 / 594). Weitere Abschriften aus dem 18. Jahrhundert liegen im Stadtarchiv Ettenheim (StadtAE), davon eine mit richtiger Datierung im Urkundenbestand und zwei mit falscher Jahresangabe 1453 in der Akte Nr. 1048. Ich danke Herrn H. Kewitz für freundliche Hinweise zu den Quellen und die Übersetzung der lateinischen Texte.
5.) JULIUS KINDLER VON KNOBLOCH: Oberbadisches Geschlechterbuch, Bd. 2. Heidelberg 1905, S. 270 - 275.
6.) Pfarrarchiv Ettenheim (PFAE), Buch "Haupt-Ausweis über die gestifteten Anniversarien (...)"
7.) PHILIPPE ANDRÉ GRANDIDIER: Etat Ecclésiastique du Diocèse de Strasbourg en 1454. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Elsaß, II. Folge 18 (1896), S. 425.
8.) KEWITZ (wie Anm. 3): Der Spitalfonds besteht noch heute.
9.) Ebd.
10.) Erzbischöfliches Archiv Freiburg (EAF), Ha 582a, Visitationsprotokoll S. 85 und 89 Nr. 9.
11.) Pfarrarchiv Ettenheim (PFAE), Kirchenrechnung 1748 / 49.
12.) PFAE, Kirchenrechnung 1750.
13.) StadtAE, Spitalrechnung 1773: Pfäff fertigte vier Bandeisen, gab 2 Pfund Blei dazu und goss sie ein.
14.) StadtAE, Spitalrechnung 1781, Juli 30 und 31.
15.) HUBERT KEWITZ / DIETER WEIS: Die anderen kirchlichen Denkmäler in Ettenheim. In: St. Bartholomäus Ettenheim (wie Anm. 3), S. 148 - 160, hier S. 149, und StadtAE Akte Nr. 1049.
16.) StadtAE, Spitalrechnung 1806, Beil. 61 und 68.
17.) Ebd., Beil. 22.
18.) StadtAE, Spitalrechnung 1807, Beil. 7 1 / 2.
19.) Ebd., Beil. 78.
20.) Ebd., Beil. 62 und 74.
21.) DIETER WEIS: Der Ettenheimer Traghimmel. In: Ettenheimer Stadt-Anzeiger Nr.23 vom 9. Juni 1993.
22.) StadtAE, Spitalrechnung 1807, Beil. 63, 67 - 68, 70, 72, 75 und 80.
23.) StadtAE, Spitalrechnung 1858, Beil. 210 und 212.
24) StadtAE, Akte Nr. 1048.
25.) Ebd.
26.) EAF, Ordinariat-Akte Nr. 2573.
27.) PFAE, Akte XVI Spitalfonds
28.) Staatsarchiv Freiburg (STAF), B 701 / 9 Akte Nr. 105.
29.) Ebd. und StadtAE, Spitalrechnung 1846 / 47, Beil. 56 und 57.
30.) PFAE (wie Anm. 27).
31.) PFAE, Akte IX C3 Spitalkapelle.
32.) PFAE, Inventar des Kirchenfonds Ettenheim ab 1893 mit Nachträgen, S. 4, Zugang 1894, Wert 700 Mark: "Tabernakel und Untersatz in der Spitalkirche, verfertigt von Simmler & Venator in Offenburg, von Gutthätern bezahlt."
33.) StadtAE, Akte Nr. 1048.
34.) PFAE, Akte XIV Eintragung des kirchlichen Eigentums ins Grundbuch.
35.) StadtAE, Akte Nr. 1050.
36.) Freundliche Mitteilung von Friedrich Bronnenkant, Ettenheim.
37.) StadtAE, Akte Nr. 1050, Brief von Winand Victor vom 3. Dez. 1949.
38.) Nach Angabe von Stefan Hedrich stammte die Hartfaserplatte von der Schreinerei Franz Hedrich.
39.) StadtAE, Akte Nr. 1050.
40.) "Spitalkirche wird renoviert", Artikel in: Ettenheimer Heimatbote vom 23. Sept. 1963.
41.) StadtAE, Akte Nr. 1439 - 925.45.
42.) Mitteilung von WINAND VICTOR, Reutlingen, am 10. April 1996: "Leider kann ich zu dem Verschwinden des Deckenbildes nichts sagen, da ich nicht informiert wurde. Ich besitze selber weder Fotos noch Skizzen von dem Bild."
43.) "Spitalgebäude wird renoviert", Artikel in: Badische Zeitung (Ettenheimer Heimatbote) vom 27. Juni 1978.
44.) Akte des Stadtbauamts Ettenheim (ohne Nummer).
45.) Sehr ähnliche Statuen stehen in der sogenannten "Roßkapelle" (Hofkapelle) am Hinteren Geisberg und (bekleidet) in der Kapelle "Maria Frieden" in Kippenheim.
46.) Staatsarchiv Freiburg, B 701 / 4 Akte Nr. 109 "Inventarium über das dem hiesigen Spitalfond zugehörige Mobiliar Vermögen zur Spitalrechnung von Georgi 1830 bis dahin 1831."
47.) PFAE, Akte XIII b.
48.) PFAE, Inventar des Kirchenfonds Ettenheim, 1894 mit Nachträgen.
49.) StadtAE, Akte Nr. 1055 (enthält Fahrnisinventare des Spitals, 1908 und o. D.).
50.) Das "Altenwerk" hielt kurz vor Weihnachten 1986 im umgebauten St. Josefshaus Einzug.
51.) Ettenheimer Stadtanzeiger Nr. 32 vom 21. Sept. 1989 und Nr. 33 vom 28. Sept. 1989.
52.) Pfarrbrief der katholischen Pfarrgemeinde Ettenheim Nr. 11 für die Woche vom 15. bis 22. März 1992 und Akten des Stadtbauamts Ettenheim.

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