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Die Gutacher Vogtsbauernhöfe

Das Freilichtmuseum hat seinen Namen vom Vogtsbauernhof, der seit 1612 an dieser Stelle steht und dessen Eigentümer um 1650 Talvogt in Gutach war. Mit diesem Schwarzwaldhaus gründete Hermann Schilli 1963 das Museum. Im Lauf der Jahre kamen weitere Bauernhöfe hinzu, die an ihrem ursprünglichen Standort abgebaut und im Museum Vogtsbauernhof wieder aufgebaut wurden.
Ergänzt wird dies durch zahlreiche Funktionsgebäude wie Mühlen, Speicher, Backhäuser und Sägen. Auf dem ca. 5,5 Hektar großen Gelände des Museums leben außerdem Bauernhoftiere alter Rassen.
2017 wurde das 1980 erbaute Hermann-Schilli-Haus für die Besucher zugänglich gemacht. Im März 2018 wurde das erste Gebäude aus dem Nordschwarzwald vorgestellt, das Schlössle von Effringen aus dem Jahre 1379.
Zum Veranstaltungsangebot des Schwarzwälder Freilichtmuseums Vogtsbauernhof gehören tägliche Mühlenvorführungen, Handwerksvorführungen, Sonderführungen, Mitmachprogramme für Kinder und Familien sowie Themen- und Aktionstage.
Das Museum hat von Ende März bis Anfang November täglich geöffnet. (aus wikipedia)
Übersicht - Höfe - unter denkmalpflegerischer Sicht

Über das wichtige Jahr 1980 - Hermann Schilli "bilanzierte" und hielt die Arbeiten am Freilichtmuseum für nahezu abgeschlossen. Dem war bei weitem nicht so, denn das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof entwickelt sich permanent weiter. Anerkannt muss die Leistung von Professor Schilli als maßgeblich treibende Kraft für die Erbauung unbedingt werden und mit Recht findet sich heute das "Hermann-Schilli-Haus" auf dem Museumsgelände. Lassen wir Professor Schilli über das Jahr 1980 selbst berichten:
Die Neubauten im Schwarzwälder Freilichtmuseum - die Ortenau 1980 - Hermann Schilli - S. 305 ff.
Im Sommer 1979 wurde im Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach im Schwarzwald mit der Aufstellung eines Archivgebäudes begonnen, das eine Wohnung für einen Museumsbediensteten, eine dringend benötigte Werkstätte und ein Archiv für meine Bauaufnahmen von Schwarzwaldhäusern und Bauernhäusern der Rheinebene, Negative und Dias aus diesen Landstrichen sowie meine Hausbücherei aufnehmen wird. Dieses Gebäude wird in der Art einer Mischform zwischen Gutacher- und "Heidenhaus" erstellt werden, wie sie in der Umgebung des Museums üblich waren. Es ist damit eine Neuschöpfung, jedoch in der hierzulande üblichen Bauweise (Abb. 1,2). Gleichzeitig wird im Museumsgelände ein Hotzenhaus erbaut werden. Im folgenden Jahr soll dann ein Schauinslandhaus folgen. Damit wäre das Schwarzwälder Freilichtmuseum vollständig; es wird dann alle Schwarzwälder Hausformen beherbergen. Dieser erfreuliche Abschluß ist zu danken dem Kultusausschuß des Ortenaukreises unter der Führung von Herrn Landrat Dr. Gamber und der Landesregierung in Stuttgart, die erhebliche Mittel zugeschossen hat.

Da erhielt ich Mitte April die Nachricht, der Klausenhof dürfe nicht versetzt werden, weil der Kreis Waldshut das Haus erwerben, als Denkmalhof versetzen und herrichten werde. Hierauf entschloß ich mich zu einer Nachbildung, da ein Hof mit allen für den Hotzenwald bezeichnenden Eigenheiten nicht mehr zu finden ist und ein Hotzenhaus im Gutacher Museum nicht fehlen darf. Der Entschluß fiel mir sehr leicht, weil das eigentliche, in Holz gezimmerte Haus von der umgebenden "Schildwand" restlos verdeckt wird. Ferner sind zwei Überlegungen bei diesem Mißgeschick tröstlich: Wir hätten aus diesem baufälligen Haus nur sehr wenig Holz nach Gutach überführen können. Es ist doch sehr vom Wurm befallen und altersmorsch. Im Innern ist es restlos vergammelt; die meisten Türen und alle Fenster sowie die Einrichtung sind herausgerissen, selbst der Kachelofen mit dem Nebenofen, der "Chouscht" (Kunst) ist abgebaut. (Glücklicherweise konnte mein Mitarbeiter, Herr Breithaupt, einen alten Hotzenwälder Kachelofen mit Nebenofen erwerben, der im neuerstellten Nachbau etwas vom alten Hotzenwälder Geist verspüren läßt). Außerdem ist das Haus stark verändert worden. 1864 sind über dem Kammerfach auf der Südseite weitere Kammern eingebaut worden. Das Haus erhielt dadurch auf dieser Seite einen Halbwalm, ein im Hotzenwald ursprünglich fremdes Bauelement. Auch auf der Nordseite ist das Haus zu einem unbestimmten Zeitpunkt verlängert worden. Wir haben mit dem Nachbau den alten Bauzustand wieder hergestellt.
Hammerschmiede und Ölmühle im Freilichtmuseum - Hermann Schilli 1975


Die Güterteilung verursachte den Niedergang des Bauerntums. Sie wurde von den starrköpfigen Hotzen in einem Anhang zur "Landesordnung des Schwarzwaldes" zu Beginn des 17. Jahrhunderts erzwungen. Die Folge war eine Wohnungsnot, da: "in einem Häusel zwey und mehrere Hausgesessene sich befinden, wodurch sie sich selbsten überlästig machen", und damit eine unbotmäßige Bevölkerung das Land bewohnte, die den Landes- und Territorialherren, Vorderösterreich und

Das Hotzenhaus. Diese Hausart ist wie alle Schwarzwaldhäuser ein Einhaus, das Menschen, Tiere und Erntegut unter einem Dach birgt. Ein quaderförmiger Hauskörper mit vorgelagertem Umgang, dem "Schild", von 18,50 m Länge und 12,25 m Breite trägt ein strohgedecktes Dach, das über den Schmalseiten in Vollwalmen endet (Abb. 3). Auf der Rückseite führt eine Erdrampe durch das "Einfahrtshäusle" in die Tenne, die über dem Stall im Erdgeschoß liegt.
Die Firstlinien des Hauptdaches und des "Einfahrtshäusles" enden in kegelförmig gestalteten Strohschaubenbüscheln, auf denen oben kleine Holzkreuze stecken. Zum Erscheinungsbild dieses Haustyps gehören ferner der Baumhag auf der Südseite, der gleichlaufend mit der Traufkante des Walmes angepflanzt ist. Er besteht aus drei Vogelbeerbäumen, die das Haus gegen die Wetterunbilden schützen. Dieser Baumschutz spielte früher im Brauchtum eine Rolle; unter ihm schlichtete der Hausvater Streitigkeiten zwischen den Bewohnern.
Die Schwarzwälder Mühle (erläutert an der Mühle des Vogtebauernhofes in Gutach) von Hermann Schilli 1966


Der ursprüngliche Wohnteil ist nach Schwarzwälder Art in Stube und Küche aufgeteilt, denen wohl in jüngerer Zeit die drei Kammern auf der Südseite vorgelagert worden sind. In der Stube stehen sich der Eßtisch unter dem "Herrgottswinkel" und der mächtige Kachelofen mit Nebenofen, der "Chouscht" (Kunst), diametral gegenüber. Dieser Ofen mit seiner "Chouscht" ist das einzige Originalstück in unserer Stube. Die "Chouscht" wird ebenfalls wie die Schwarzwälder "Kunst" von den Abgasen des Küchenherdes geheizt. Unter dem Kachelofen ist eine Vertiefung, die oben durch ein Bodenbrett abgedeckt ist. Sie ist das Geheimfach, die "Kalt" des Hauses, in der die wichtigsten Schriftstücke und die wenigen Wertsachen aufbewahrt werden. Neben dem Kachelofen mit seinem Nebenofen führt eine schmale Treppe in die darüberliegende Schlafkammer. Diese Treppe ist oben mit einem Falladen abgedeckt, der am Abend geöffnet wird, um die Schlafkammer zu erwärmen. Die Stube ist ausgeschmückt mit billigen Heiligenbildern, Erinnerungsbildern an die Soldatenzeit und einer Schwarzwälder Lackschilduhr. In der gemauerten Wand hinter dem Ofen ist eine Durchreiche nach der Küche angebracht.
In dieser steht der Herd. Über ihm fängt ein geflochtenes und mit Lehm verschmiertes Gewölbe, die "Rauchhurd", die Funken auf. Nach dem Verglühen der Funken tritt der Rauch des Herdes und des Kachelofens durch Schlitze in der Küchendecke - die Küche geht durch beide Geschosse hindurch - in den Dachraum. Durch ein Feuerloch in der Kunstwand wird der Kachelofen in der Stube beschickt. Ein Tisch, ein einfacher Schrank ergänzen die Ausstattung.
Stube und Küche sind durch den Hausgang vom Stall mit dem Futtergang getrennt. Im Hausgang führt eine gerade einläufige Treppe in das Obergeschoß.
Der Stall und der Futtergang sind auf beiden Langseiten durch den "Schild" zugänglich. An der Trennwand des Stalles gegen den Futtergang sind die Futterkrippen angeordnet. Vor ihnen ist der Stallboden mit lose aufgelegten Bohlen abgedeckt, so daß sie abgehoben werden können, und der "Salpeterer" aus dem von Jauche durchtränkten Boden Salpeter aussieden kann. Das Gewerbe der "Salpeterer" hat, wie oben bemerkt, durch seine Aufstände im 18. Jahrhundert Geschichte gemacht. Die Viehstände sind sehr kurz, denn auch hier wurde das kleine "Hinterwälder" Vieh gehalten. Gegen den Laufgang für das Vieh sind die Viehstände durch eine Rinne, ein gehöhltes Halbholz, den "Schorbaum", begrenzt. Im Unterschied zu den Schwarzwaldhäusern ist der Stall von dem Futtergang durch eine Bretterwand getrennt. Unter der Decke ange

Wir haben den Stall und den Futtergang nur auf ein kurzes Stück der ursprünglichen Verhältnisse zur Darstellung gebracht, weil die restlichen Raumteile für die Aufnahme einer Bilderausstellung vorgesehen sind. Diese Nutzung ist der Künstlervereinigung Wolfach zu Beginn der Errichtung des Museums zugestanden worden, und wir wollen an diesem Zugeständnis nicht rütteln, zumal wir in diesem Raum zwei berühmte Schwarzwaldmaler, Hasemann und Liebich, ehren, die mit ihren Bildern die Schwarzwaldhäuser weithin bekannt gemacht haben.
Im Obergeschoß liegt über der Stube die Schlafkammer der Bauersleute. Sie birgt ein Himmelbett, einen Kasten, eine Truhe, einen Stuhl und eine Schwarzwälder Uhr. An den Wänden hängen Heiligenbilder. Neben der Schlafkammer erstreckt sich der Küchenraum bis auf dessen Abdeckung in der Höhe der Schlafkammerdecke. In der Abdeckung der Küche, der "Feuerbühne", befinden sich Schlitze, die den Rauch in den Dachraum entlassen. Über einem Drittel dieses Raumes liegen in der Höhe des Schlafkammerbodens einige Bohlen, die von außen begangen werden können. Sie ermöglichen das Aufhängen der Fleisch- und Wurstwaren, die hier geräuchert werden. Der "Schild" ist in der Höhe des Schlafkammerbodens abgedeckt, so daß hier ein dreieckiger Umgang, die "Laube" entstanden ist. Sie ist vom oberen Hausgang her betretbar. In ihr schliefen vor dem Anbau der Kammern die Kinder. Über dem Stall verläuft die Tenne, in die eine Erdrampe durch das Einfahrtshäusle führt. Von der Tenne aus kann der Heustock, der über dem Futtergang liegt, beschickt werden. Dorthin gelangt man einmal vom Futtergang aus über eine Leiter durch eine Öffnung in der Decke dieses Ganges, die zugleich der Boden des Heustocks ist. Durch diese Öffnung wird auch der Futtergang beschickt. Einen weiteren Zugang ermöglicht der "Heusteg", der in der Mitte des Heustocks in der Höhe der Tennwand über den Heustock hinweg führt. Von diesem "Heusteg" aus wird das Heu im Heustock aufgestapelt. Auf den "Heusteg" gelangt der Bauer über eine Leiter, die er an die Tennwand lehnt. An diesem Vorgang erkennt man wiederum den noch nicht ausgereiften Aufbau des alten Hotzenhauses.
Das Schwarzwälder Freilichtmuseum "Vogtsbauernhof" in Gutach - Dieter Kauß in die Ortenau 1994 S. 105 ff.


Dieser Haustyp gehört zu der Familie der "Schwarzwälder Heidenhäuser". Dabei erhebt sich die Frage, ob nicht diese Modifikation eine alte, vielleicht sogar die ursprüngliche Form des "Heidenhauses" gewesen ist. Diese Vermutung drängt sich auf, wenn man bedenkt, daß die ältesten Hotzenhäuser, wie unser Beispiel eindringlich zeigt, noch technisch nicht so ausgereifte Hausgerüste aufweisen wie die "Heidenhäuser", und daß dieses Gebiet ein geschlossener Flächenstaat mit einem Freibauerntum gewesen ist, der vor dem Schwarzwald besiedelt worden ist. Dafür zeugen u.a. auch die zahlreichen Ortsnamen mit der -ingen Endung, wenn auch die Hotzenwälder -ingen Orte nicht zur Schicht der ältesten -ingen Siedlungen gehören.
Literaturangaben:
G. Endriss, Landschaft, Siedlung und Wirtschaft des Hotzenwaldes. Quellen und Forschungen zur Siedlungs- und Volkstumsgeschichte der Oberrheinlande, Karlsruhe 1941.
H. Hansjakob, Die Salpeterer, eine politisch-religiöse Sekte aufdem südöstlichen Schwarzwald, Waldshut 3. A. 1896
G. Haselier, Geschichte des Hotzenwaldes, Lahr 1973, Th. Lehner, Die Salpeterer, Berlin 1977
H. Schilli, Das Schwarzwaldhaus, Stuttgart 3. A. 1977. In diesem Werk findet der Leser noch weitere Quellenhinweise.
